09.04.2025 - 7 Einführung der Bezahlkarte für Leistungsempfäng...

Beschluss:
ungeändert beschlossen
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Beratung

Ratsherr Deumens (Die Linke) berichtet in seiner Funktion als Ausschussvorsitzender, dass der Ausschuss für Soziales, Integration und Demographie in seiner Sitzung am 03.04.2025 einen mehrheitlichen Empfehlungsbeschluss an den Rat getroffen habe. Im Folgenden möchte er für die Fraktion Die Linke zu dieser Angelegenheit Stellung nehmen. Er sehe der aktuellen Entwicklung mit einer verschärften Migrationspolitik mit Besorgnis entgegen. Hilfseinrichtungen für Geflüchtete, wie z.B. das Café Zuflucht, stehen zunehmend unter Druck und das Wort „Willkommenskultur“ gerate immer mehr in Vergessenheit. Wie auch bereits in vergangenen Diskussionen ausgeführt, erachte die Fraktion Die Linke die Bezahlkarte für diskriminierend und inhuman. Darüber hinaus sei die Einführung der Bezahlkarte für die Kommunen mit einem erheblichen Aufwand verbunden. Er freue sich, wenn durch den heutigen Beschluss, mit dem sich gegen die Einführung der Bezahlkarte ausgesprochen werde, ein Zeichen in Richtung Willkommenskultur in Aachen gesetzt werde.

 

Ratsfrau Braun (GRÜNE) stimmt den Ausführungen von Ratsherrn Deumens zu. Die Bezahlkarte biete keinerlei Vorteile und die Bekämpfung von Schlepperstrukturen sowie die Vermeidung von Überweisungen in das Herkunftsland beruhe nicht auf Fakten, sondern diene lediglich als Vorwand für die Einführung der Bezahlkarte. Aus ihrer Sicht solle stattdessen die Möglichkeit für legale und sichere Fluchtwege geprüft werden. Sie bedaure, dass die Einführung der Bezahlkarte auf Bundesebene umgesetzt werden soll und hinterfrage den damit verbundenen Verwaltungsaufwand. Sie betont, dass durch die Bezahlkarte die Teilhabe an der Gesellschaft massiv eingeschränkt werde, insbesondere auch für Geflüchtete unter 18 Jahren, die keine eigene Karte erhalten sollen.

Aachen sei eine vielfältige Stadt, mit dem Ziel der Integration und Teilhabe durch viele verschiedene Projekte und sie wünsche sich, dass diese Stärke mit dem heutigen Beschluss untermauert werde.

 

Ratsfrau Koentges (SPD) teilt mit, dass auch die SPD-Fraktion dem Beschluss zustimmen und sich somit gegen die Einführung der Bezahlkarte in Aachen aussprechen werde. Neben verschiedenen Umsetzungsproblemen

und einem Mehraufwand für die Verwaltung, stelle die Bezahlkarte aus Sicht der SPD-Fraktion eine Form der Diskriminierung und Stigmatisierung dar. Auch sehe die Fraktion keinen Hinweis auf flächendeckende Missbräuche von Sozialleistungen in der Vergangenheit, die einen solch tiefgreifenden Eingriff in die Rechte der Geflüchteten rechtfertigen. Das Land habe keine einheitliche Regelung getroffen und die Verantwortung an die Kommunen abgegeben. Die Sorge von Einzelnen, dass Aachen durch die Ablehnung der Bezahlkarte vermeintlich attraktiver werde sei unbegründet, da sich auch bereits andere Städte in Nordrhein-Westfalen, wie z.B. Bonn, Düsseldorf und Münster für die Opt-Out Regelung ausgesprochen haben. Sie freue sich, wenn mit dem heutigen Beschluss ein Zeichen gegen Diskriminierung gesetzt werde.

 

Ratsherr Tillmanns (CDU) führt aus, dass auch die CDU-Fraktion ihre Meinung zu der Bezahlkarte nicht geändert habe und mit dem heutigen Beschluss gegen die Opt-Out Regelung stimmen werde. Er bedaure, dass im Land Nordrhein-Westfalen und somit auch für die Städteregion Aachen keine einheitliche Regelung bestehe und die Kommunen somit unterschiedliche Entscheidungen hinsichtlich der Einführung treffen. Dies sei ein völlig falsches Signal, das allerdings aktuell nicht zu ändern sei. Bei der Entscheidung über die Einführung der Bezahlkarte handele es sich um einen politischen Abwägungsprozess, im Rahmen dessen für die CDU-Fraktion der Versuch im Vordergrund stehe, das Schleusertum einzugrenzen und zu verhindern. Auch wenn hierbei Unsicherheiten bestehen, die gegebenenfalls nachjustiert werden müssen, so möchte die CDU-Fraktion diesen Weg bestreiten. Man sehe in der Bezahlkarte keine Form der Diskriminierung, sondern sei davon überzeugt, dass diese möglichst diskriminierungsfrei gestaltet worden sei.

 

Ratsherr Helg (FDP) erklärt, dass auch die FDP-Fraktion sich nach ausführlicher Abwägung für die Einführung der Bezahlkarte ausgesprochen und eine Abschaffung der landesweiten Opt-Out Regelung begrüßt hätte. Insbesondere erachte die Fraktion es als problematisch, dass keine einheitliche Regelung hinsichtlich der Einführung bestehe. Bereits zu Beginn des Jahres haben diverse Großstädte in Nordrhein-Westfalen, wie z.B. Düsseldorf, Münster, Leverkusen, Mönchengladbach und Dortmund die Bezahlkarte abgelehnt. In der Städteregion Aachen hingegen haben sich manche Kommunen für die Einführung der Bezahlkarte ausgesprochen. Es bleibe abzuwarten, welche Regelungen sich aus dem heute beschlossenen Koalitionsvertrag ergeben.

 

 

Ratsherr Mohr (AfD) bezieht sich auf die Aussage der GRÜNE-Fraktion, dass der Geldfluss ins Ausland nicht belegt werden könne. Dies sei nicht korrekt, denn die Bundesbank habe für das Jahr 2023 festgestellt, dass 830 Mio. Euro in Asylherkunftsländer und davon alleine 360 Mio. Euro nach Syrien transferiert worden seien. Er führt aus, dass im Ausland eine erhebliche Erwartungshaltung an die nach Deutschland eingewanderten Menschen bestehe, dass Gelder in die Heimatländer transferiert werden. Wenn diese Möglichkeit zum Geldtransfer ins Ausland nicht mehr vorhanden sei, entfalle der Erwartungsdruck und die Menschen seien finanziell besser aufgestellt. Somit sei die Bezahlkarte alles andere als inhuman und führe zu einer höheren Kaufkraft für die Flüchtlinge. Weiterhin sei die Bezahlkarte so ausgestaltet, dass für die Inhaber eine vollumfängliche Teilhabe am Leben ermöglicht werde. Auch das Schleppernetzwerk, das die illegale Migration fördere, werde entsprechend wirkungsvoll bekämpft. Aus den vorgenannten Gründen werde die AfD-Ratsgruppe sich für die Einführung der Bezahlkarte aussprechen. Der Verwaltungsaufwand sei überschaubar, der Nutzen sei erheblich, so dass die AfD-Ratsgruppe für die Einführung werben möchte. Insbesondere auch vor dem Hintergrund, dass Aachen als Stadt ohne Bezahlkarte für Zuwanderungen innerhalb von Deutschland an Attraktivität gewinnen werde.

 

Ratsherr Szagunn (DIE Zukunft) nimmt Stellung zu der Aussage von Ratsherrn Mohr zu den Geldflüssen ins Ausland. Eine Bezifferung von Überweisungen in ein Land wie Syrien beinhalte keine Bestimmung über den Absender. Er betont, dass die Bezahlkarte diskriminierend und stigmatisierend sei. Zum einen schränke sie die Menschen in ihrem Einkaufsverhalten ein, da nicht alle Geschäfte die Karte akzeptieren und zum anderen sei nur ein geringer Bargeldbezug möglich. Aus diesen Gründen tendiere die Fraktion DIE Zukunft dazu, von der Opt-Out Regelung Gebrauch zu machen, solange dies möglich sei. Denn im Rahmen der Koalitionsbildung der Bundesregierung sei angekündigt worden, dass eine bundesweite Einführung der Bezahlkarte angedacht werde, verbunden mit der Sanktionierung im Falle eines Missbrauchs der Karte.

 

Ratsfrau Braun (GRÜNE) berichtet über eine Studie zu den Geldflüssen ins Ausland durch alle Migrant*innen, die in Deutschland leben. Diese belege, dass viele Gelder in die Herkunftsländer überwiesen werde. Es sei jedoch anzunehmen, dass Menschen, die in Deutschland arbeiten, erheblich mehr Geld für solche Überweisungen zur Verfügung haben als Menschen mit einem Regelsatz von 460 Euro.

 

Da keine weiteren Wortmeldungen vorliegen, lässt Oberbürgermeisterin Keupen sodann über den Beschlussvorschlag abstimmen.

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Beschluss:

 

Der Rat Stadt Aachen beschließt, rückwirkend ab dem 07.01.2025 (Inkrafttreten) von der Opt-Out Regelung des § 4 Bezahlkartenverordnung NRW-BKV NRW Gebrauch zu machen und die Leistungen nach dem AsylbLG im Regelfall nicht in Form der Bezahlkarte zu erbringen. 

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Abstimmungsergebnis:

Mehrheitlich, 17 Gegenstimmen

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Anlagen zur Vorlage