07.10.2025 - 3.4 Gesprächsrunde mit inhaltlicher Einordnung der ...
Grunddaten
- TOP:
- Ö 3.4
- Sitzung:
-
Sitzung des Bürgerforums
- Gremium:
- Bürgerforum
- Datum:
- Di., 07.10.2025
- Status:
- öffentlich (Niederschrift freigegeben)
- Uhrzeit:
- 18:00
- Anlass:
- Öffentliche/Nichtöffentliche Sitzung
Beratung
An die Vorstellung schließt sich eine Gesprächsrunde an, in der Expert*innen aus Verwaltung und Wissenschaft die Empfehlungen inhaltlich einordnen und kommentieren. Uwe Müller, Fachbereichsleiter Mobilität und Verkehr (FB 68) der Stadt Aachen, zeigt sich beeindruckt von der aktiven Teilnahme an den Arbeitssitzungen. Anschließend benennt er zentrale Herausforderungen des Themas. Herr Müller empfindet Fußgänger*innen als unterrepräsentiert in den verabschiedeten Empfehlungen. Zudem betont er, dass der digitale Zwilling ein bereits zentrales Thema des Fachbereichs 68 sei und freut sich über den zusätzlichen Input. Zum Thema Verkehrsmaskottchen verweist er auf die bereits erfolgreich durchgeführte Mobilitätskampagne.
Prof. Dr. Christoph Hebel, Verkehrsplaner des European Center for Sustainable Mobility (ECSM), der FH Aachen, betont, dass ein kostenloser ÖPNV grundsätzlich gewünscht sei, dessen Umsetzung jedoch von den verfügbaren finanziellen Ressourcen abhinge. Er lobt die Vorschläge des Bürger*innenrats als gute Impulse und hebt die hochgradige Vernetzung der Maßnahmen hervor. Hinsichtlich der Empfehlung „Neustrukturierung Parkraum“ betont er die Wirkung starker Verkehrsachsen.
Frau Peters stellt die Frage wie gut sich die Empfehlungen des Bürger*innenrats mit aktuellen wissenschaftlichen Erkenntnissen und Trends in der Mobilitätsforschung decken? Herr Prof. Hebel weist auf bestehende Defizite im Verkehr hin und betont die wachsende Bedeutung des Klimaschutzes. Als Beispiele für erfolgreiche Konzepte nennt er Städte wie Kopenhagen, in denen hohe Aufenthaltsqualität und gezielte Mobilitätsstrategien zu spürbaren Veränderungen geführt hätten. Der Trend zeige, dass sich das Verkehrsverhalten der Bevölkerung, insbesondere nach Corona, dauerhaft verändert habe und sich die Wahl der Verkehrsmittel zunehmend an Lebensqualität und Effizienz orientiere.
Herr Müller erläutert anschließend, welche Projekte und Maßnahmen bereits umgesetzt würden, darunter barrierefreie Haltestellen, digitale Angebote und Kampagnen. Kritisch bewertet er Vorschläge wie den kostenlosen ÖPNV, da deren Finanzierung nicht lokal entschieden werde. Bargeldlose Tickets würden hingegen weiterhin im Bestand berücksichtigt.
Bezogen auf die Empfehlungen hebt Müller hervor, dass der Austausch zwischen dem Fachbereich 68, der Technischen Hochschule und der FH Aachen bereits fortschreitet. Maßnahmen wie der digitale Zwilling und die App werden bereits aktiv vorangetrieben und auf bestehenden Webseiten umgesetzt.
Auf die Frage, welche Empfehlung einen besonderen Einfluss auf Aachen haben könnte, nennt Herr Müller einen attraktiven ÖPNV, der schnelle, qualitativ hochwertige Verbindungen ermögliche. Dies sei nur durch einen Systemwechsel realistisch, um mehr Fahrgäste zu gewinnen. Prof. Hebel ergänzt, dass die Attraktivität von Buslinien allein nicht ausreiche: Zur Erreichung einer nachhaltigen Verkehrswende müsse der Autoverkehr spürbar eingeschränkt und gleichzeitig Rad- und Fußverkehr gefördert werden, um ein deutliches Wahlverhalten bei den Verkehrsmitteln zu bewirken.
Herr Dopatka eröffnet anschließend die Diskussionsrunde.
Herr S. aus dem Publikum lobt das Gutachten in seiner Broschürenform. Er äußert, dass Informationen zum Losverfahren, der Teilnehmerzahl und Abbruchquoten nicht transparent seien und fragt, ob diese Daten verfügbar gemacht werden können. Herr Halfmann vom Bürger*innensekrtariat antwortet darauf, dass Fragen hierzu gerne per Mail an ihn gestellt werden können.
Bürger Herr G. weist auf die Bedeutung des grenzüberschreitenden ÖPNV im Dreiländereck hin. Er erklärt, dass Bürger*innen das Gefühl gegeben werden sollte, ernst genommen zu werden, und fordert konkrete Angaben was, warum und wann umgesetzt werde. Er nennt Beispiele wie Montpellier und Maastricht, wo Autos in der Innenstadt weitgehend ausgesperrt seien. Ein anderer Bürger äußert Bedenken, dass Autofahrer*innen oft nicht bereit seien, ihre gewohnten Komfortzonen zu verlassen.
Herr S. zeigt sich begeistert über die Umsetzung des digitalen Zwillings. Er erklärt, dass er dies bereits im Vorjahr gefordert habe, damals noch als digitale Simulation, und wünscht sich, dass Bürger*innen die Planungen auf ihrem Smartphone nachvollziehen könnten.
Bürgerin Frau K. erläutert, dass sie hauptsächlich den ÖPNV nutze, und äußert Bedenken, dass das Thema ÖPNV häufig isoliert betrachtet werde. Sie fügt hinzu, dass die Attraktivität der Innenstadt ebenfalls berücksichtigt werden müsse.
Herr Fischer stellt eine konkrete Frage zur Umsetzung der Fahrradampel und bittet um eine Erläuterung, was damit genau gemeint sei. Ein Mitglied des Gremiums erklärt, dass klare Ampeln für Fahrradfahrer*innen Probleme beim gleichzeitigen Losfahren von Autos und Fahrrädern verhindern sollen. Weitere Bürger*innen bringen Beispiele von Problemstellen am Hansemannplatz und an der Vaalserstraße ein.
Herr Müller ergänzt, dass Fahrradampeln an allen Knotenpunkten separat und individuell betrachtet werden müssen, um die Sicherheit aller Verkehrsteilnehmenden zu gewährleisten.
Frau Kerinnis, vom Seniorenrat betont die Bedeutung des Fußverkehrs. Sie erklärt, dass viele Menschen in Aachen zu Fuß unterwegs seien, die Fußwege und Fußgängerzonen häufig unzureichend markiert und von Fahrradverkehr behindert würden. Aus Ihrer Sicht wurde im Gutachten zu wenig auf die zu Fuß gehenden Rücksicht genommen.
Frau F. aus dem Gremium erläutert, dass das Fehlverhalten von Fahrradfahrer*innen im Rahmen der Diskussion thematisiert wurde. Das Gremium sei sich einig gewesen, dass Personen, die sich nicht regelkonform verhalten, entsprechend reglementiert werden müssten. Dies sei jedoch nicht als eigener Handlungspunkt aufgenommen worden, da entsprechende Regelungen bereits bestehen.
Eine Bürgerin findet, dass die Moderatorinnen das Thema der Fußgänger*innen stärker hätten berücksichtigen müssen.
Ein Gremiumsmitglied erwidert, dass nicht alle Themen im Gutachten abgebildet werden konnten. Er führt aus, dass Fußverkehr in anderen Bereichen wie Barrierefreiheit und Parkraum enthalten sei.
Herr Dopatka weist darauf hin, dass sich die Herangehensweise gegenüber den vergangenen Bürger*innenräten verändert habe. Ziel sei es diesmal gewesen, weniger Empfehlungen zu formulieren und sich stärker auf zentrale Punkte zu konzentrieren. Er betont, dass es immer Aspekte geben werde, die nicht berücksichtigt werden können. Zugleich hebt er die ehrenamtliche Arbeit des Gremiums hervor. Wie bereits Herr Müller angemerkt habe, sei die thematische Breite eine besondere Herausforderung gewesen. Herr Dopatka wirbt dafür, den Fokus auf das zu richten, was bereits erreicht worden ist. Es bestehe kein Anspruch darauf, dass alle Themen im Gutachten enthalten sein müssten.
Frau Peters von Zebralog erläutert, dass die Rahmenbedingungen bewusst weit gefasst waren und die Moderation keine inhaltliche Einmischung vorgenommen habe. Die Aufgabe bestand darin maximal zehn Empfehlungen herauszuarbeiten.
Ein weiteres Gremiumsmitglied nimmt Bezug auf die geäußerte Kritik und erwidert, dass das Thema der Fußgänger*innen im Gremium intensiv diskutiert worden sei. Dabei seien auch Aspekte wie das korrekte Abstellen von E-Scootern und Fahrrädern behandelt worden. In vielen Punkten seien die Belange der Fußgänger*innen bereits berücksichtigt.
Frau J. unterstreicht die Wichtigkeit, die Bedürfnisse aller Verkehrsteilnehmer*innen zu berücksichtigen und spricht sich dafür aus, die Erfahrungen des Bürger*innenrats weiterzugeben und andere zur Teilnahme zu motivieren.
Frau S. regt hinsichtlich der Parkraumsituation an, dass die Stadt zumindest eine Kartierung des einströmenden Verkehrs an den Stadteinfahrten vornehmen solle. Am Beispiel der Roermonder Straße kritisiert sie, dass dort städtische Flächen vorhanden seien, diese jedoch einer Kleingartenanlage zur Verfügung gestellt würden. Sie fordert, solche Flächen künftig für Mobilitätsstationen oder Quartiersgaragen zu nutzen.
Herr Dopatka erklärt, dass dies ein anschauliches Beispiel für die Abwägung widersprüchlicher Interessen sei. Auf der einen Seite der Wunsch nach Erhalt von Kleingartenflächen, anderseits der Bedarf an neuen Mobilitätsangeboten wie Quartiersgaragen. Er unterstreicht nochmals die Wichtigkeit des Dialogs zwischen Bürger*innen, Verwaltung und Interessengruppen.
Eine Bürgerin betont, dass das Verkehrsmaskottchen viele Diskussionen positiv beeinflussen könne. Herr Dopatka befürwortet dies.
Herr K. fordert, dass die Stadt offensiver kommunizieren solle. Im Wahlkampf seien viele Flächen und Gesichter sichtbar gewesen, doch nun fehle eine klare Kommunikation darüber, was der übergeordnete Plan sei. Er regt an, mehr Informationen bereitzustellen, damit die Bürger*innen die städtischen Maßnahmen besser verstehen und akzeptieren können. Ein Mitglied des Gremiums erklärt, dass es eine entsprechende Empfehlung leider nicht ins Gutachten geschafft habe.
Weitere Bürger*innen sprechen über gerechtere Parkkosten, beispielsweise eine Berechnung anhand der Fahrzeuggröße. Herr Dopatka erläutert, dass diese Regelung bereits eingeführt wurde und weiterhin diskutiert werde.
Ein Mitglied des Begleitgremiums betont die Herausforderungen konsensbasierter Entscheidungen und merkt an, dass dabei häufig wichtige Punkte unter den Tisch fallen. Sie verweist insbesondere auf den Radverkehr und nennt als Beispiel die Fahrradampel an der Schnellstraße stadtauswärts am Hirsch-Center. Dort entstünden beim Abbiegen Schwierigkeiten, wenn man sich regelkonform verhalte. Sie hebt hervor, dass der Verkehrsfluss für alle Beteiligten gewährleistet werden müsse.
Abschließend bedankt sich Herr B. bei den Ratsparteien und unterstreicht nochmals die Bedeutung der Demokratie.
