08.02.2006 - 1 Eröffnung der Sitzung

Reduzieren

Beratung

Vor Eintritt in die Tagesordnung stellt der Oberbürgermeister Herrn Martin Droigk, Betriebsratsvorsitzender der LG Philips vor. Aufgrund der ernsten Situation schlägt er dem Hauptausschuss vor, sich über den Sachstand vor Ort durch Herrn Droigk informieren zu lassen, im Anschluss daran würde er selbst berichten, was seitens der Stadt bisher initiiert wurde.

 

Der Hauptausschuss stimmt dem Vorschlag einstimmig zu.

 


Herr Droigk bedankt sich herzlich für die Möglichkeit der Berichterstattung. Er schildert anschaulich die Entwicklung, die sich bereits 2002 durch die Schließung der Bildröhren- fabrik abzeichnete, insbesondere auch die Vorleistungen, die die Arbeitnehmer unter dem Gesichtspunkt der Standortsicherung eingebracht haben. Dies waren seit 2002 pro Jahr 2,7 % Gehaltsverzicht der Wegfall des Weihnachts- und Urlaubsgeldes sowie Vergütungen für Überstunden. Die Ersparnis für den Betrieb beläuft sich auf über 8 Mio Euro. Dies alles wurde im festen Glauben auf eine faire und soziale Partnerschaft zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer eingebracht. Mit dem Insolvenzantrag sind alle getroffenen betrieblichen Vereinbarungen null und nichtig.

Die unmittelbar nach der außerordentlichen Betriebversammlung erfolgte Arbeitsniederlegung sowie die Blockade des Werksgeländes unter großartiger Anteilnahme der Bevölkerung, der Politik und auch der Belegschaft hat dazu geführt, dass wenigstens der Konzern Philips eingelenkt hat und einen Betrag von 13 Mio € zur Verfügung gestellt. Damit kann allerdings lediglich die Beschäftigungsgesellschaft mit der Option der Qualifizierung und Spezialisierung gegründet werden. Der Konzern LG (Lucky Goldstar) Electronics mit der Konzernleitung in Korea hat sich bisher überhaupt nicht geäußert. Alle Versuche der Kontaktaufnahme, - auch durch den Insolvenzverwalter - sind bisher fehlgeschlagen. Er betont noch einmal, dass das Einlenken von Philips nicht zustande gekommen wäre, hätte es nicht die breite Unterstützung und den Druck vor den Werktoren gegeben.

Das das Unternehmen schon länger in einer schwierigen Lage war, sei bekannt gewesen. Aus diesem Grunde haben auch schon vor einem halben Jahr Gespräche mit der RWTH stattgefunden, mit dem Versuch über ein Projekt das Recyclen von Blei aus Glas zu ermöglichen.

Die Ministerin für Gesundheit Ursula Schmidt hat in Berlin das Gespräch mit dem koreanischen Botschafter gesucht. Dieser bedauert außerordentlich das destruktive Verhalten der Konzernleitung LG Electronics.

Für die aktuelle Situation ist es jetzt erforderlich, schnellstmöglich die Beschäftigungsgesellschaft zu betreiben und in die Qualifizierung und Spezialisierung der Mitarbeiter einzusteigen. Von Vorteil ist, dass im Gegensatz zur Mitarbeiterschaft bei der Schließung des Bildröhrenwerkes die Mitarbeiter weitgehend über einen Berufsabschluss verfügen und daher auch Qualifizierungsmaßnahmen besser greifen.

 

Sodann berichtet der Oberbürgermeister, dass er sich in einem persönlichen Brief an das Auswärtige Amt gewandt hat und Herr Bundesaußenminister Steinmeier  in der nächsten Woche auf seiner Reise nach Südostasien den Brief des Oberbürgermeisters seinem südkoreanischen Amtskollegen zu übergeben und hierbei nochmals das Befremden über das Verhalten der Konzernleitung zum Ausdruck bringt. 

Er habe weiterhin mit dem Arbeitsminister des Landes Laumann Gespräche geführt, mit die Studie zum Recycling-Programm in auftrag zu geben. Danach muß ein Partner gesucht werden, der dieses Projekt betreibt. Er sieht jedoch in einem ersten Schritt nur maximal 30 Arbeitsplätze, die eine solche Projektgesellschaft schaffen könnte.

Man müsse leider klar zur Kenntnis nehmen, dass die Betriebsstätte als solche nicht zu retten ist, gleichwohl alle Anstrengungen unternommen werden müssen, um eine sozial Abfederung zu erzielen aber auch ganz deutlich das unethische und unmoralische Verhalten von LG Electronics aufzeigen.

 

Herr Schultheis bemerkt, dass die Behandlung dieses Themas im Hauptausschuss die Solidarität der Politik zum Ausdruck bringen soll und seitens der SPD-Fraktion Hilfestellungen angeboten werden soweit nur irgendwie denkbar. Es sei klar, dass die Politik keine Arbeitsplätze schaffen kann, aber zumindest für die entsprechenden Rahmenbedingungen sorgen könne. Wichtig sei - wie das heutige Beispiel aus Herzogenrath mit der Fa. Vetrotex zeige - das die Zeit der Massenherstellung im Glasbereich in der Aachener Region vorbei sei, gleichwohl Kompetenz in Glas vorhanden ist und dieses auch ein Werkstoff der Zukunft ist. Es muß daher die Nähe zur Hochschule genutzt werden, in Forschung und Entwicklung investiert und so Arbeitsplätze zukunftssicher zu machen.

 

Herr Müller -PDS- führt aus, dass in der Bewertung des Verhaltens von LG Electronics  alle einer Meinung seien. Die Politik könne immer nur Schadensbegrenzung betreiben. Als Lehre für die Zukunft sieht er, das speziell bei Förderung von Arbeitsplätzen im Rahmen von Förderprogrammen hier eine Nachhaltigkeit gefordert werden müsse.

 

Herr Schabram spricht für die Fraktion der Grünen seine volle Unterstützung der Mitarbeiter und deren Familien an und sagt auch weitere Unterstützung im Arbeitskampf zu. Er empfinde es als empörend wie sich hier in einer sozialen Marktwirtschaft eine Unternehmen in unverantwortlicher Weise sich der Verantwortung entzieht.

 

Herr Einmahl bezeichnet das Verhalten von LG Electronics als unsozial und unakzeptabel und bittet den Oberbürgermeister einen Beschluss herbeiführen zu lassen in dem die Mißbilligung der Stadt Aachen zum Ausdruck gebracht wird und diesen auch öffentlich zu machen.

 

Herr Treude ist beeindruckt von der totalen Kampfbereitschaft und der allgemeinen Solidarität. Nur der Ausstand habe bewirkt, dass es Zugeständnisse von Philips gibt. Er bittet Herrn Droigk um Auskunft zur aktuellen Stimmung und wie möglicherweise aus seiner Sicht der Druck auf LG Electronics weiter erhöht werden könne.

 

Herr Helg spricht für die FDP-Fraktion Grüße und Solidarität aus und unterstützt vollinhaltlich den Antrag von Herrn Einmahl.

 

Herr Droigk zeichnet eine düstere Zukunft und bedankt sich im Namen der Belegschaft  für die Unterstützung.

 

Sodann formuliert der Oberbürgermeister den nachfolgenden Beschlussentwurf:

 

Der Hauptausschuss verurteilt das unsoziale und unternehmerisch unverantwortliche Vorgehen von LG Philips Displays gegen die Mitarbeiter des Glaswerkes Aachen. 

Der Rat der Stadt fordert den Konzern auf, seine Verpflichtungen für den Sozialplan schnellstmöglich zu erfüllen.

Reduzieren