22.03.2006 - 16 Erklärung des Rates: "Nicht auf Kosten von Kin...

Beschluss:
ungeändert beschlossen
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Beratung

 

Für die Fraktion der SPD beziehen zu Beginn der Sitzung Ratsherr Künzer, und im späteren Verlauf der Sitzung Ratsherr Schultheis, eingehend zu dem gestellten Tagesordnungspunkt und Ratsantrag Stellung und verdeutlichen zunächst, dass man damit auch den betroffenen Eltern – die dieses Thema in der Fragestunde angesprochen hätten – zur Seite stehe. Es wird auf die Haushaltsplanberatungen im Landtag hingewiesen und verdeutlicht, dass die Gefahr bestehe, die Förderung von Kindern und Jugendlichen außerhalb der Schule nicht in dem Umfang fortzusetzen, wie dies bisher der Fall gewesen sei. Daher seien bereits zwei Volksinitiativen gegen diese Kürzungen gestartet mit dem Ziel, die geplanten Sparmaßnahmen im Kindertagesstättenbereich und die vorgesehenen Kürzungen im Landesjugendplanbereich – der insbesondere die Förderung der offenen und verbandlichen Jugendarbeit betreffe – zurückzunehmen. Mit dem unterbreiteten Antrag fordere der Rat der Stadt das Land NRW auf, diese Kürzungen, die erhebliche Auswirkungen auf die kommunale Kinder- und Jugendarbeit und auf das Beitragsaufkommen der Eltern hätten, in diesem Umfang nicht vorzunehmen. Die Kinder- und Jugendarbeit sei eine Gemeinschaftsaufgabe von Bund, Ländern und Kommunen und daher müsse auch hier im Rat die Diskussion hierüber geführt werden. Kurz wird zurückgeblickt auf seinerzeit geplante Kürzungen, die auch zurückgenommen wurden und auf die politische Glaubwürdigkeit gerade für diesen wichtigen Bereich der Jugendarbeit hingewiesen. Im Bereich Kinder, Jugend und Familie habe die Stadt Aachen immer schon Schwerpunkte gesetzt und diese dürften nicht gefährdet werden. Wenn die Stadt ausfallende Landesmittel auffangen bzw. an die Eltern weitergeben müsse, sei damit auch die zusätzliche Schaffung von Plätzen für unter Dreijährige in Frage gestellt. Entsprechende Kürzungsabsichten im Bereich des Jugendhaushaltes durch den Ministerpräsidenten und Herrn Minister Laschet werden kritisiert, ebenso wie die Aussage, dass überhaupt keine Kindergartenbeiträge mehr erhoben werden sollen. Im Sinne der Kinder und Jugendlichen werde appelliert, dieser Entschließung zuzustimmen und die Landesregierung zu einem Umdenken zu bewegen.

 

Bürgermeisterin Scheidt bezieht seitens der Fraktion der Grünen zu dem Antrag Stellung und bedauert zunächst, dass gerade im Jahr des Kindes 2006 diese Kürzungen vorgesehen seien. Im Kinder- und Jugendbereich müsse investiert werden und dieses zahle sich dann später auch deutlich aus. Es gelte, durch geeignete Maßnahmen die Jugendkriminalität, die Gewalt und das Bandenwesen zu unterbinden und daher habe man in Aachen auch besonders darauf geachtet und bestanden, dass in diesen Bereichen nicht gekürzt werde. Im Gegenteil, Kindergartenplätze, die Unter-Drei-Betreuung und die Offene Ganztagsschule würden mit viel finanziellem Aufwand ausgebaut und Schulen renoviert, um den Kindern beste Startmöglichkeiten zu geben. Dieser Resolution sollten sich auch die Mitglieder der CDU- und FDP-Fraktion im Rat der Stadt anschließen und insofern auch die eigene Landesregierung kritisieren, dazu seien sie als Kommunalpolitiker verpflichtet. Sie spricht die Hoffnung aus, dass der Landtag seine bisherigen diesbezüglichen Pläne noch ändern werde zugunsten der Jugendlichen, die mit viel ehrenamtlichem Engagement in den Jugendverbänden arbeiten würden. Kurz geht sie auf das Engagement zahlreicher Jugendlicher wie beispielsweise beim Weltjugendtag oder auch bei Ferienspielen ein und daher müsse diese Arbeit unterstützt werden. Der heutige Protest der Eltern und Kinder vor und im Rathaus werde unterstützt und gehofft, dass die vorgelegte Resolution heute mit großer Mehrheit beschlossen werde. Auch die beiden Aachener Landtagsabgeordneten der CDU sollten diese Erklärung mit unterstützen. Seitens der Fraktion der Grünen werde die Resolution voll und ganz unterstützt, es dürfe nicht angehen, dass das Land insbesondere in dem sensiblen und zukunftsträchtigen Bereich der Kinder und Jugendlichen deutliche Einsparungen vornehme.

 

Für die Fraktion der CDU beziehen der Vorsitzende, Ratsherr Einmahl, und Bürgermeisterin Verheyen ausführlich zu diesem Punkt Stellung. Sie legen u.a. dar, dass die neue Mehrheit von CDU und FDP aufgrund der angetroffenen Haushaltssituation an den Rand der Zahlungsunfähigkeit gebracht wurde und aufgrund der vorhandenen Schuldenlast der Bewegungsspielraum fast gleich null sei. Für diese Schuldenlast sei die Haushaltspolitik der vergangenen Jahre von SPD und Grünen wesentlich verantwortlich. Aufgrund der notwendigen Haushaltskonsolidierung müssten Schwerpunkte gesetzt werden, und dies seien vor allem die Bereiche Schule und Bildung sowie Wissenschaft und Forschung. Auf die vorhandene Schuldenlast und die notwendigen Einsparungen wird näher eingegangen, um dann im Jahre 2010 einen Punkt zu erreichen, wo wieder ein verfassungsgemäßer Haushalt vorgelegt werden könne. Auf den Inhalt des Kindergartenbeitrags-Defizit-Ausgleichsgesetz und die grundsätzliche Verteilung der Mittel geht er näher ein und führt hierzu u.a. aus, dass die Kommunen hierdurch ein geringeres Risiko gehabt hätten. Gleichzeitig hält er es für notwendig, die Einkünfte der Eltern bezüglich der zu zahlenden Kindergartenbeiträge regelmäßig zu überprüfen und beispielsweise andere oder weitere Staffelungen vorzunehmen, zumal 35 % der Eltern mit einem Jahreseinkommen bis 16.000,- € keinen Beitrag zahlten. Auch richtet er den Blick auf Änderungen seitens der Bundesregierung in Berlin, wo in bestimmten Fällen durch Steuerersparnisse mögliche Beitragserhöhungen im Kindergartenbereich aufgefangen würden.

Ferner wird der Aussage widersprochen, dass an der Jugendverbandsarbeit gekürzt werde und dargelegt, dass eine Politik betrieben werde, die aus der Notwendigkeit heraus das Ziel habe, Haushaltskonsolidierung zu betreiben. Aus den dargelegten Gründen könne die CDU-Fraktion dieser unterbreiteten Resolution nicht zustimmen.

 

Bürgermeisterin Verheyen bedauert eingangs ihrer Ausführungen, dass viele der zuvor protestierenden Eltern leider bei der jetzigen Diskussion hierzu nicht mehr anwesend seien und damit die sachliche Auseinandersetzung mit diesem Thema nicht verfolgen könnten. Sie zeigt Verständnis dafür, dass viele Kommunen und Verbände nicht glücklich seien, wenn es um Einsparungen im Bereich Kinder und Jugendliche gehe, andererseits müssten Zahlen und Fakten miteinander verglichen und dann könne festgestellt werden, dass beispielsweise im Bereich des Kinder- und Jugendförderplanes die Zuschüsse gleich hoch bleiben würden. Der Landesregierung obliege die Verantwortung, mit den Mitteln sorgfältig umzugehen. Sie verweist hierzu auf den Bereich Schule und Weiterbildung, in welchem zusätzliche Finanzmittel zur Verfügung gestellt würden und dadurch eine Entlastung an anderen Stellen erfolge. Ihres Erachtens handele es sich um eine Einsparung mit Augenmaß, wenn die Mittel optimal und gewinnbringend für die Kinder eingesetzt würden, sei eine Kürzung vertretbar. Anhand von Beispielen verdeutlicht sie anschließend, dass die Beitragsstaffelung überdacht werden sollte, Flexibilität gezeigt und die Beiträge so bemessen werden sollten, dass ein sozial gerechter Ausgleich möglich sein müsse und die Familien mit Kindern nicht stärker belastet würden als unbedingt notwendig.

 

Ratsherr Müller kritisiert zunächst Ausführungen der CDU-Fraktion zur Schuldenlast. Dieses Problem gebe es im Bund, in den Ländern und den Kommunen und hiermit werde sehr unterschiedlich umgegangen. Politisch sei festzulegen, welche Dinge Vorrang hätten, allerdings nur unter der Maßgabe, wenn das Geld hierfür auch zur Verfügung stehe. Die geplante Wiedereinführung der Reiterstaffeln halte er beispielsweise für unsinnig, gerade mit Blick auf die für Kinder und Jugendliche notwendigen Finanzmittel. Er verweist auf ein gutes Beispiel aus Berlin, wo das letzte Kindergartenjahr gebührenfrei sei und auf das progressive Steuersystem mit den verschiedensten Auswirkungen.

Die geplante Volksinitiative und die zur heutigen Sitzung unterbreitete Resolution hält er für absolut richtig, um größtmöglichen Druck zu erreichen. Er stimme dieser Resolution zu und hoffe, dass viele andere Städte sich mit ähnlichen Resolutionen anschließen würden und die Landesregierung ihre Kürzungsabsichten für diesen Bereich zurücknehmen werde.

 

Ratsherr Schaffrath – ABL – hält in seinen Ausführungen der Landesregierung entgegen, dass nicht erst im Bereich der Schulen und der Wissenschaft die notwendigen Finanzmittel zur Verfügung gestellt werden müssten, sondern bereits vorher bei den Kindergärten angefangen werden müsse. Andererseits sei zu bedenken, dass die vorhandene Schuldenlast gesenkt werden müsse und hier nicht erörtert werden könne, warum und wieso dies so sei. Da die vom Land vorgesehenen Kürzungen gravierenden Einfluss auf die Kommunalpolitik hätten, sei es notwendig, diese Debatte hier zu führen, obwohl eine derartige Resolution voraussichtlich wenig weiterhelfe. Er halte es für einen richtigen Ansatz, wenn darüber diskutiert würde, dass Kindergartenplätze grundsätzlich kostenfrei sein sollten. Es dürfe nicht sein, dass Gesetze und Verordnungen auf Bundes- und Landesebene erlassen würden und die Kommunen die Leidtragenden davon seien. Die anstehende Entscheidung bezeichnet er als problematisch, da er auf der einen Seite die Notwendigkeit der Förderung im Kindergartenbereich sehe, andererseits aber auch die dargelegte Notwendigkeit zu Einsparungen und zur Konsolidierung des Haushaltes. Auf die beantragten Fördermittel für das Bauhaus geht er sodann näher ein und hielte es für richtig, wenn angesichts der Schuldensituation auf kommunaler Ebene und auf Ebene des Landes diese nicht in Anspruch genommen würden.

Dem Inhalt und Anliegen der Resolution stimme er einerseits zu, habe andererseits aber Probleme hinsichtlich der Umsetzung, sehe die Notwendigkeit zu Einsparungen und werde sich daher bei der Abstimmung über diese Resolution der Stimme enthalten.

 

Ratsherr Schultheis entgegnet anschließend auf den Beitrag von Ratsherrn Einmahl hinsichtlich der Schuldenlast und spricht kritisch die Anträge an, die von Seiten der CDU und FDP im Landtag gestellt wurden und die zu einer Aufblähung in den verschiedensten Einzeletats geführt hätten. Im Sinne der Kinder und der Jugend in der Stadt müsse hier eindeutig Position bezogen und deren Interessen vertreten werden. Näher geht er auf die in Aachen geltenden Kindergartenbeiträge und die soziale Situation der Eltern ein und verweist auf die hierzu im zuständigen Fachausschuss geführten Diskussionen. Deutlich spricht er sich gegen die beabsichtigte Kürzung um 21 Mio. € im Kinder- und Jugendförderplan aus, die auch für die Folgejahre gelten soll und appelliert im Interesse der Kinder und Jugendlichen, diese Resolution zu unterstützen.

 

Nach Beendigung der Aussprache lässt der Oberbürgermeister über die von der SPD-Fraktion und der Fraktion der Grünen unterbreitete Erklärung des Rates

 

            „Nicht auf Kosten von Kindern und Jugendlichen sparen“

 

abstimmen.

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Beschluss:

Bei 24 Gegenstimmen und 1 Stimmenthaltung beschließt der Rat der Stadt mehrheitlich die folgende Erklärung:

 

„Der Rat der Stadt Aachen fordert die Abgeordneten des Landtags auf, die vorgesehenen Kürzungen für Kinder, Jugendliche und Familien im Haushaltsentwurf des Landes NRW abzulehnen.

 

Weiterhin appelliert der Rat an die Abgeordneten des Landtages, die Zuschüsse des Landes an die Kommunen für Bildung, Erziehung und Betreuung von Vorschulkindern nicht zu kürzen bzw. für einen finanziellen Ausgleich zu sorgen.

 

Sinkende Landeszuschüsse gefährden das Ziel einer hochwertigen und ausreichenden Versorgung mit Kindergartenplätzen und das Ziel der Stadt Aachen, die Plätze für Kinder unter drei Jahren bedarfsdeckend auszubauen. Bleibt es bei den Kürzungen - allein für die Kindergärten in Aachen um mehr als 2 Mio € pro Jahr - müssen die Elternbeiträge schon ab 1.8.2006 erheblich angehoben werden, weil die Stadt diese Kürzung nicht kompensieren darf und kann.

 

Familienberatungsstellen, Schuldnerberatung und Erziehungsberatung mussten in der Vergangenheit empfindliche Einschnitte hinnehmen. Ihre Zusammenführung mit Kindergärten hin zu Familienzentren, wie die Landesregierung es wünscht, ist mit den jetzigen Kürzungsabsichten unvereinbar.

 

Der Rat fordert darüber hinaus die Einhaltung der im Jugendfördergesetz vorgesehenen Landesförderung für die Jugendarbeit in Höhe von 96 Millionen Euro. Das Jugendfördergesetz wurde 2004 von einer Volksinitiative mit über 175.000 Unterschriften erkämpft. Die Kürzung der Förderhöhe gefährdet die Jugendarbeit und den Bestand von Jugendeinrichtungen.

 

Die Stadt Aachen hat als Kommune im „Nothaushaltsrecht“ in allen genannten Bereichen keine Möglichkeit, den Ausfall der Landesfinanzierung zu kompensieren. Der Rat appelliert daher an die im Landtag vertretenen Parteien, die vor- und außerschulische Bildung von Kindern und Jugendlichen zu schützen.

 

Die Reduzierung der Landesmittel für Kinder, Jugend und Familien widerspricht diametral dem Ziel der Landesregierung, NRW zum kinderfreundlichsten Land Deutschlands zu machen.“