25.10.2007 - 4 Anhörung des Vereins Aachener Tafel e.V., Goerd...
Grunddaten
- TOP:
- Ö 4
- Datum:
- Do., 25.10.2007
- Status:
- gemischt (Sitzung abgeschlossen)
- Uhrzeit:
- 17:00
- Anlass:
- Öffentliche Sitzung
- Beratung:
- öffentlich
- Vorlageart:
- Kenntnisnahme
- Federführend:
- Fachbereich Soziales und Integration
- Beschluss:
- zur Kenntnis genommen
Beratung
Die Ausschussvorsitzende, Frau Höller-Radtke, begrüßte zu diesem Tagesordnungspunkt vom Verein Aachener Tafel e. V, Frau Schlockermann. Frau Höller-Radtke bedauerte, dass Tafeln in unserer Gesellschaft erforderlich seien. Andererseits sei dieses Bürgerengagement sehr zu begrüßen und ein großer Dank den Mitarbeitern der Aachener Tafel für ihre Arbeit auszusprechen. Frau Höller-Radtke hob zudem die Unterstützungsaktion des Vereins für die Schulanfänger in diesem Jahr hervor.
Sodann stellte Frau Schlockermann anhand einer Präsentation, die dieser Niederschrift beigefügt ist, die Arbeit des Vereins Aachener Tafel vor. Darüber hinaus sagte Frau Schlockermann, dass die Aachener Tafel im kommenden Jahr ihr zehnjähriges Bestehen feiern könne. Auch wenn die Tafeln primär lokal orientierte Initiativen seien, hätten sich die 730 Tafeln des gesamten Bundesgebietes und die 120 NRW-Tafeln in Verbänden zusammengeschlossen.
Alle Tafeln würden 3 Hauptintentionen verfolgen:
- die Vernichtung von Lebensmitteln zu verhindern und
- die Weitergabe von Lebensmitteln an Bedürftige,
- die Abgrenzung von Essenküchen, da die Hilfe zur Selbsthilfe unterstützt werden soll.
Zur Bedürftigkeitsprüfung sagte Frau Schlockermann, dass die Bescheide der ARGE oder des Sozialamtes für die Bezieher von Grundsicherung im Alter als Grundlage dienen würden. Hilfeempfänger nach dem Asylbewerberleistungsgesetz kämen sehr selten.
Da ein besonderes Interesse an der Unterstützung von Familien bestehe, würden Familien mit Kindern unter 18 Jahren einen besonderen Nutzerausweis erhalten, da so beim Warenangebot auf die besonderen Bedürfnisse eingegangen werden könne. Zudem würden 2 Familieneinkaufstage angeboten.
Zu der auf dem Dia 4 dargestellten Mitarbeiterzahl sagte Frau Schlockermann, dass hier noch eine Kombilohn-Stelle ergänzt werden müsse.
Hinsichtlich der Nutzungsfrequenz ergänzte Frau Schlockermann, dass viele Bedarfsgemeinschaften zum Monatsende in kürzeren Abständen kämen, da dann das vorhandene Geld ausgeschöpft sei und verstärkt auf das Tafelangebot zurückgegriffen werde. Dies geschehe ebenfalls verstärkt in „Krisensituationen“, etwa wenn eine größere Reparatur oder Neuanschaffung im Monat erforderlich war.
Zum Abschluss ging Frau Schlockermann auf die von der Ausschussvorsitzenden genannten Schulanfängeraktion ein und sagte, dass nur aufgrund einer großen Geldspende die
Grundausstattung für Erstklässler organisiert werden konnte. Hierzu hätten die jeweiligen Schulen
eine Bedarfsliste erstellt, die dann von der Tafel abgearbeitet wurde.
Frau Scheidt sagte, dass durch die Arbeit der Aachener Tafel ein gesamtgesellschaftliches Problem gemildert, aber nicht behoben werde. Der Vortrag sei für die Politik wichtig, damit sie sehe, was zu tun sei. Nach der Einführung des Landesprogramms „Kein Kind ohne Mahlzeit“ in den Aachener
Grundschulen müsse nun auf bundespolitischer Ebene die Einführung einer Grundsicherung für Kinder diskutiert und umgesetzt werden. Bzgl des von Frau Schlockermann dargestellten größeren Raumbedarfes (S. 8 der Präsentation) bat Frau Scheidt die Verwaltung, zusammen mit der Aachener Tafel nach einem größeren Objekt zu suchen. Die Schulanfängeraktion aufgreifend regte Frau Scheidt an, dass in Brennpunktschulen ein größeres Materiallager für eine Grundausstattung der Kinder angelegt werden sollte.
Herr Schäfer (CDU) sah in der Tafeln einen Seismografen der Bedürftigkeit und in der hohen Benutzerzahl eine große logistische Herausforderung. An Frau Schlockermann richtete Herr Schäfer die Fragen, ob jeder Bedürftige eine Nutzerkarte erhalte und wie sicher gestellt werde, dass kein Missbrauch betrieben werde, weil etwa die Bedürftigkeit zwischenzeitlich entfallen sei. Zu den Räumlichkeiten fragte Herr Schäfer, ob diese unbedingt im Ostviertel liegen müssten und wie die fixen Kosten gedeckt würden.
Zur Bedürftigkeitsprüfung sagte Frau Schlockermann, dass sich die Betroffen mit Unterschrift verpflichteten, die Karte zurückzugeben, wenn die Anspruchsvoraussetzung entfallen sei. Zudem sei die Karte mit einem Lichtbild und einem Gültigkeitsende versehen.
Die Ansiedlung des Ladenlokals im Ostviertel sei deshalb notwendig, weil es Realität sei, dass dort die meisten Bedürftigen lebten und die Räume in fußläufiger Entfernung zur Wohnung liegen sollten. Die fixen Kosten würden nur zu einem sehr geringen Teil aus den Verkaufserlösen gedeckt. Große und kleine Dauerspenden sowie Einzelspenden würden im Wesentlichen diese Kosten decken.
Auch Herr Müller sah in dem Engagement der Tafel eine große Hilfe für die Bedürftigen, auch wenn dies vor dem Hintergrund steigender Nutzerzahlen keine Lösung der Probleme darstelle. Die Vorschläge von Frau Scheidt fanden seine Unterstützung, und er ergänzte diese mit folgendem Resolutionsentwurf, den der Ausschuss verabschieden sollte:
Der Sozial- und Gesundheitsausschuss des Aachener Rates appelliert
angesichts der zunehmenden Armut und der immer krasseren Armutsfolgen
an die Bundesregierung:
„Wir brauchen sofort eine deutliche Anhebung der ALG II – Regelsätze.
Wir brauchen so schnell wie möglich eine existenzsichernde Grundsicherung
für alle inklusive einer eigenen Grundsicherung für Kinder.“
An Frau Schlockermann richtete Herr Müller die Fragen, ob die steigenden Lebensmittelpreise bereits
zu einen erhöhten Zulauf geführt hätten und wie die Tafel verfahren würde, wenn an manchen Tagen
ein geringeres Angebot vorläge.
Hierauf erwiderte Frau Schlockermann, dass die Menschen tatsächlich Angst vor steigenden Lebensmittelpreisen hätten, weil eben dann weniger Geld für andere Dinge verfügbar sei. Für jeden
Nutzer ständen 2 Einkaufstage in einem roulierenden System zur Verfügung, so dass jeder die Chance hätte, neu eingetroffene Ware zu kaufen.
Herr Künzer begrüßte ebenfalls die Arbeit der Aachener Tafel, die nicht Suppenküche sondern mehr ein guter alter Tante-Emma-Laden sei. Aus der Verbindung Bezug von Arbeitslosengeld II und Kinderarmut zog Herr Künzer den Schluss, dass die Pauschalierung wohl nicht der richtige Weg war und wieder über einmalige Beihilfen nachgedacht werden müsse.
Auf die Frage von Herrn Künzer, ob neben dem Verkauf auch andere Probleme der Lebensbewältigung der Kunden angesprochen würden, sagte Frau Schlockermann, dass eine individuelle Beratung und Betreuung bei einer so großen Zahl von Menschen nicht möglich sei. Die Menschen wollten in der Regel nur ihren Einkauf erledigen. Menschen in Krisensituationen würden aufgrund der guten Verbindungen zum SKM weitergeleitet, zumal die ehrenamtlichen Mitarbeiter der Tafel keine Sozialarbeiter seien.
Herr Verholen hob hervor, dass es einen kausalen Zusammenhang zwischen ALG II – Bezug und der Zahl der Tafelnutzer gäbe. Die Verabschiedung der von Herrn Müller vorgeschlagene Resolution hielte er jedoch nicht für sinnvoll, bevor nicht das Themas „Armut in Aachen“ diskutiert wurde.
Frau Lürken unterstützte die Aussage von Herrn Verholen. Der Ausschuss sei für das Thema Armut sensibilisiert, aber mit der Verabschiedung einer Resolution mache es sich der Ausschuss zu leicht. Es müsse zunächst diskutiert werden, was vor Ort gegen Armut getan werden kann und muss.
Sodann faßte der Sozial- und Gesundheitsausschuss folgende Beschlüsse einstimmig:
Der Sozial- und Gesundheitsausschuss nimmt den Bericht der Aachener Tafel e.V. zur Kenntnis.
Die Sozialverwaltung wird beauftragt, gemeinsam mit der Liegenschaftsverwaltung den Verein Aachener Tafel bei der Raumsuche zu unterstützen.
Die Verwaltung möge prüfen, ob eine höhere Budgetierung bei der Schulmittelausstattung für Schulen in Brennpunkten möglich sei.
Anlagen
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