16.01.2007 - 8 Novellierung des Baugesetzbuches (BauGB)
Grunddaten
- TOP:
- Ö 8
- Gremium:
- Ausschuss für Umwelt und Klimaschutz
- Datum:
- Di., 16.01.2007
- Status:
- gemischt (Sitzung abgeschlossen)
- Uhrzeit:
- 17:00
- Anlass:
- Öffentliche Sitzung
- Beratung:
- öffentlich
- Vorlageart:
- Kenntnisnahme
- Federführend:
- FB 61 - Fachbereich Stadtentwicklung und Stadtplanung
- Beschluss:
- ungeändert beschlossen
Beratung
Herr von Conta äußert seine Überraschung über den von der Verwaltung gefassten Beschlussvorschlag, der beinhalte, dass die Verwaltung beauftragt werden solle, für alle zukünftigen Verfahren nach § 13a Baugesetzbuch (Innenentwicklung der Städte) in einem Scopingtermin die Auswirkungen der Planung auf die Umwelt zu untersuchen.
Dabei sei er auch über das Wort Scopingtermin gestolpert, dessen Bedeutung sich ihm nicht eindeutig erschließe und er habe sich die Frage gestellt, ob mit dem Beschlussvorschlag wirklich die vom Gesetzgeber gewollte Verfahrensbeschleunigung erreicht werden könne. Der Beschlussvorschlag der Verwaltung sei seines Erachtens nicht konform mit dem Willen des Gesetzgebers. Herr von Conta verweist auf die Ausführungen der Vorlage unter Ziffer 3 auf Seite 82, die seiner Auffassung nach nicht dem Willen des Gesetzgebers entsprechen würden.
Frau Beigeordnete Nacken erklärt diesbezüglich, dass möglicherweise mit dem Begriff Scopingtermin einfach der falsche Begriff gewählt worden sei. Mittels Scopingtermin wolle die Verwaltung im Vorfeld festlegen, welche erheblichen Umweltbelange für das jeweilige Planverfahren von Bedeutung seien. Umweltbelange seien beispielsweise berührt, wenn Thermalwasserfragen oder Altlastenproblematiken geklärt werden müssten. Durch die vorzeitige Klärung werde sichergestellt, dass das Verfahren am Ende nicht verlangsamt oder gar ausgebremst werde.
Dem Planungsausschuss habe die Verwaltung darüber hinaus auch vorgeschlagen, so Frau Beigeordnete Nacken, auf die Bürgerbeteiligung nicht gänzlich zu verzichten und weiterhin eine frühe Bürgerinformation durchzuführen. Von der frühzeitigen Unterrichtung und Erörterung nach §§ 3 und 4 (frühzeitige Bürgerbeteiligung) könne zwar infolge der Novellierung des Baugesetzbuches abgesehen werden; dennoch halte es die Verwaltung aus Erfahrung für sinnvoll, die Bürger frühzeitig zu informieren. Denn nur dann habe die Verwaltung die Möglichkeit auf die Anregungen und Vorschläge der Bürger, insbesondere wenn komplexe Bauprojekte betroffen seien, frühzeitig zu reagieren. Als Beispiel verweist Frau Beigeordnete Nacken auf das Projekt Trendbox Büchel. Mit der frühzeitigen Bürgerbeteiligung könne verhindert werden, dass wesentliche Punkte im Vorfeld nicht geklärt würden und die Klärung dann im Nachgang im Rahmen einer zweiten Offenlage erfolgen müsse.
Ähnlich sei auch die Einführung eines Scopingtermins zu verstehen. Grundsätzlich entfalle zwar die Verpflichtung, eine Umweltprüfung für Bebauungspläne der Innenentwicklung durchzuführen; aber mit Hilfe des Scopingtermins könne frühzeitig geklärt werden, ob nicht gravierende Umweltbelange zu prüfen seien. Eine flächendeckende Prüfung aller Punkte müsse zwar nicht mehr erfolgen; eine Prüfung erfolge nur noch da, wo die Verwaltung der Auffassung sei, dass tatsächlich Bedarf bestehe.
Herr Kriesel führt zur Diskussion aus, dass in der Abwägung zum Bebauungsplan alle Belange gelöst werden müssten. Es könne zwar beschlossen werden, auf eine formelle Umweltverträglichkeitsprüfung zu verzichten, aber dennoch müssten berührte Umweltbelange im Rahmen der Aufstellung des Bebauungsplanes berücksichtigt werden. Die zu berücksichtigenden Belange wolle man im Vorfeld mit dem Fachbereich Umwelt prüfen und dabei im Vorfeld klären, was genau punktuell zu bearbeiten sei, um damit letztlich das gesamte Verfahren zu beschleunigen.
Damit werde die bislang gegebene Qualität erhalten und sichergestellt; was im übrigen auch zur Rechtssicherheit der Bebauungspläne beitrage. Vielleicht, so Herr Kriesel, sei der Begriff Scopingtermin missverständlich gewählt worden. Außerdem weist er darauf hin, dass die Stadt die Planungshoheit habe und Herrin des Verfahrens bei der Erstellung eines Bebauungsplanes sei. Die Stadt verlange mit dem Beschlussvorschlag daher nichts, was nicht gesetzeskonform wäre.
Darüber hinaus, so Herr Kriesel, wolle man auch die Bürger nicht außen vorlassen und auf eine Bürgerbeteiligung verzichten und die Träger öffentlicher Belange vernachlässigen. Dies auch, um eine mögliche zweite Offenlage nicht zu riskieren, die in letzter Konsequenz zu einer erheblichen Zeitverzögerung im Rahmen der Durchführung der Aufstellung des Bebauungsplanes führen würde.
Herr Alt-Küpers erklärt, er sei grundsätzlich der Meinung, dass auf das, was erkennbar verzichtet werden könne, auch verzichtet werden dürfe. Seines Erachtens müsse der Form halber nicht die gesamte Palette der Umweltbelange abgeprüft und zur Prüfung ggf. noch zusätzlich Gutachter beauftragt werden. Er gibt zwar zu bedenken, dass die weitere Durchführung eines Scopingtermines möglicherweise zu Problemen bei Investoren führen könne; aber er gehe davon aus, dass die Investoren doch sensibel genug seien, damit richtig umzugehen.
Ratsherr Corsten hat Bedenken, einen Beschluss zu fassen, der vorsehe, dass für alle zukünftigen Verfahren nach § 13a Baugesetzbuch in einem Scopingtermin die Auswirkungen der Planung auf die Umwelt zu untersuchen seien. Laut Novellierung des Baugesetzbuches und Willen des Gesetzgebers werde eine Beschleunigung des Verfahrens beabsichtigt. Mit der vorgeschlagenen Beschlussfassung seitens der Verwaltung unterlaufe man seines Erachtens die Intention des Gesetzgebers und damit habe er ein Problem.
Ratsherr Rothe schließt sich dem an und erklärt, dass man mit einer solchen Beschlussfassung den Grundsatz von Regel und Ausnahme umkehre. Der Gesetzgeber sehe eigentlich vor, einen Scopingtermin nur durchzuführen, wenn besondere Fälle vorliegen würden und die Verwaltung beabsichtige grundsätzlich verpflichtend einen Scopingtermin einzuführen. Damit mache die Verwaltung die Ausnahme zur Regel. Seines Erachtens könnten Bedenken im Vorfeld auch vom Tisch aus in Form von Stellungnahmen beantwortet werden.
Herr Alt-Küpers führt diesbezüglich aus, dass sich das Verfahren sicherlich nicht beschleunige, wenn alles über schriftliche Stellungnahmen abgewickelt werde. Im Gegenteil, im Vergleich zu einem mündlichen Termin, bei dem alle Beteiligten bereits an einem Tisch sitzen würden, verzögere sich die Bearbeitungszeit eher.
Ratsherr Corsten richtet an Herrn Kriesel die Nachfrage, ob Mehrkosten entstünden oder sich das Verfahren verlängere, wenn die Verwaltung tatsächlich so verfahre, wie in dem Beschlussvorschlag der Vorlage beschrieben.
Herr Kriesel erläutert daraufhin nochmals das Verfahren und erklärt, dass, sollte ein Bebauungsplan aufgestellt werden, zunächst alle Ämter mit einer Frist zur Abgabe ihrer Stellungnahmen innerhalb von 3 bis 4 Wochen beteiligt würden. Laut bisheriger Praxis gebe es einen Termin beim Fachbereich Umwelt (UVP-Runde), an der die betroffenen Vertreter aller Bereiche der Verwaltung teilnehmen würden, gemeinsam mit den Investoren, die dort die Möglichkeit erhielten, ihr Projekt vorzustellen und sowohl Fach- als auch Zuständigkeitsfragen zu klären. Dieser Ablauf sei bereits seit Jahren gängige und gut funktionierende Praxis, sodass sicherlich keine höheren Kosten und längere Bearbeitungszeiten anfallen würden. Das sei der ganz normale Verwaltungsablauf der immer schon so praktiziert werde. Nach Durchführung dieses Verfahrens gehe dann der Bebauungsplan an die Bezirksvertretungen und den Planungsausschuss im Rahmen der Programmberatung.
Zur frühzeitigen Bürgerbeteiligung führt Herr Kriesel aus, dass gemäß § 13a Baugesetzbuch eine frühzeitige Beteiligung der Bürger gemacht werden könne aber nicht müsse. Mit einer öffentlichen Bekanntmachung habe man nach der Novellierung des Baugesetzes dem Gesetz Folge geleistet.
Seines Erachtens sei dies aber sicherlich der falsche Weg und das würden die Erfahrungen der vergangenen Jahre auch bestätigen.
Frau Beigeordnete Nacken fasst nochmals zusammen, dass sicherlich die Zeit um mindestens 30 % verkürzt werden könne, wenn die Durchführung des Scopingtermins beibehalten werde und keine Mehrkosten auf die Stadt zukommen würden. Hinsichtlich der Rechtssicherheit habe man die Verfahrensweise durch das Rechtsamt überprüfen lassen, welches diese bestätigt habe. Auch verweist sie nochmals auf die Vermeidung des Risikos einer zweiten Offenlage und die Ausführungen von Herrn Kriesel zur frühzeitigen Bürgerbeteiligung und Information.
Ratsherr Corsten führt aus, dass dies sicherlich sein möge; man aber mit der von der Verwaltung vorgeschlagenen Beschlussfassung feststelle, dass das Bundesgesetz schlecht wäre.
Herr Alt-Küpers erklärt, er sehe dies anders und könne dem Beschlussvorschlag der Verwaltung bedenkenlos zustimmen. Er sehe den Scopingtermin als Bündelung der gesamten Vorprüfung und dies sei sinnvoll, genauso wie eine frühzeitige Bürgerbeteiligung.
Durch den Scopingtermin werde das Verfahren seines Erachtens beschleunigt und damit komme man eindeutig dem Willen des Gesetzgebers nach.
Ratsherr Corsten stellt aber nochmals in aller Deutlichkeit die Frage, wieso man, wenn all die Dinge wie die Bürgerinformation und Vorprüfung mittels Scopingtermin durch den Willen des Gesetzgebers gewollt seien, dann überhaupt noch einen solchen Beschluss fassen müsse.
Frau Beigeordnete Nacken erklärt, dass die Verwaltung weder das Gesetz konkretisiere noch ändere. Die Verwaltung schlage lediglich vor, wie die Novellierung des Gesetzes in Aachen gehändelt werden solle. Nicht sinnvoll sei auf jeden Fall, die Prüfung schriftlich durch Stellungnahmen abzuwickeln und nach den Erfahrungen der vergangenen Jahre sei es günstiger und erheblich schneller alles an einem Tisch und sofern möglich in einem Termin zu besprechen. Hinsichtlich der Bürgerbeteiligung erklärt sie, dass man zwar sehr schnell eine Anzeige in die Zeitung setzen könne und damit den Vorschriften genüge; die Verwaltung dies aber aufgrund langjähriger Erfahrungen auf jeden Fall ablehne, da eine Bürgerinformation zeitig sehr sinnvoll sei und damit Rechtssicherheit und Qualität des Bebauungsplanes gesichert werden könne. Mit dem Beschlussvorschlag, so Frau Beigeordnete Nacken, solle gerade die bisherige Verfahrensweise nochmals unterstützt werden; nicht zuletzt unter Berücksichtigung des Gleichbehandlungsgrundsatzes und der Rechtssicherheit der Bebauungspläne. Von daher sei es schon gut, wenn ein Konsens zwischen dem Vorschlag der Verwaltung und der Politik bestehe und durch entsprechende Beschlussfassung dokumentiert würde.
Ratsherr Corsten erklärt, die Novellierung des Baugesetzbuches habe den Sinn, das Bebauungsplanverfahren zu beschleunigen. Er bezweifele nicht, dass die Erfahrungen der Verwaltung zuträfen und durch die Einberaumung eines Scopingtermins das Verfahren erheblich beschleunigt werde. Er wolle nur nicht, dass durch die Beschlussfassung, der Gesetzeswille unterlaufen werde und dies möglicherweise im Ergebnis Beschwerden Bauwilliger zur Folge haben könnte. Sicherlich habe er nichts gegen die Beibehaltung einer hohen Umweltqualität.
Der Umweltausschuss fasst mehrheitlich (bei 2 Gegenstimmen und 5 Enthaltungen) folgenden Beschluss:
Anlagen zur Vorlage
Nr. | Name | Original | Status | Größe | |
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1
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(wie Dokument)
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1,3 MB
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