25.04.2007 - 19 Resolution zur Reform der Gemeindeordnunghier: ...
Grunddaten
- TOP:
- Ö 19
- Gremium:
- Rat der Stadt Aachen
- Datum:
- Mi., 25.04.2007
- Status:
- gemischt (Niederschrift genehmigt)
- Uhrzeit:
- 17:05
- Anlass:
- Öffentliche Sitzung
Beratung
(Hierzu war zur Sitzung eine Neufassung der Resolution von den Fraktionen von CDU, SPD und Grünen vorgelegt worden.)
Der Vorsitzende der Fraktion der FDP, Ratsherr Helg, führt aus, dass seine Fraktion der heute vorgelegten Resolution selbstverständlich nicht zustimmen könne und voll umfänglich die vorliegende aktuelle Fassung der Landesregierung zur Reform der Gemeindeordnung und insbesondere die Novellierung der wirtschaftlichen Betätigung der Gemeinden nach § 107 GO NW unterstütze. Sehr ausführlich geht er auf die Details der anstehenden Änderungen näher ein und begründet den Standpunkt der Liberalen zu dieser Reform. So legt er u.a. dar, dass die Chancen von Mittelstand und Handwerk gesichert werden sollen und dem wirtschaftlichen Expansionsdrang der Kommunen in verschiedenen Bereichen entgegengewirkt werden müsse. Die von verschiedenen Stellen verbreitete Behauptung, die Stadtwerke würden dadurch in ihrem Bestand gefährdet, sei grundfalsch und werde als Panikmache angesehen. Anhand von Beispielen nennt er Aufgabenfelder, die von Kommunen übernommen wurden und die in Konkurrenz zu Mittelstand und Handwerk stehen würden, und dies werde von der FDP nicht länger geduldet, da es hier keine fairen Wettbewerbsbedingungen gebe. Es komme zu Wettbewerbsverzerrungen, gravierenden Wettbewerbsnachteilen, und personelle Verflechtungen führten zu Informationsvorsprüngen. Daher sei die FDP bestrebt, die mittelständische Wirtschaft und das Handwerk vor unfairer Konkurrenz zu schützen; die Kommunen sollten sich auf die Kernaufgaben der öffentlichen Daseinsvorsorge konzentrieren.
Er erläutert, dass durch die beabsichtigte Gesetzesänderung die Kommunen diesbezüglich an strengere Voraussetzungen gebunden würden, da ein dringender öffentlicher Zweck gefordert sei. Andererseits werde es für die Bereiche der Energie- und Wasserversorgung, der Abfallentsorgung oder Abwasserbeseitigung, bei sozialen und kulturellen Einrichtungen keine Änderungen geben. Zudem enthalte der Gesetzentwurf eine weit reichende Bestandsschutzregelung.
Aus den dargelegten Gründen werde die FDP-Fraktion im Rat der Stadt diese Resolution nicht unterstützen und appelliere an ihre Landtagsfraktion, keinerlei Aufweichungen dieses Gesetzentwurfes zu akzeptieren.
Ratsherr Pabst hatte im Verlaufe der weiteren Diskussion die Ausführungen seines Vorredners unterstützt und verdeutlicht, dass beispielsweise die Bereiche Energie, Wasser und Verkehr von dieser Novellierung nicht betroffen seien. Zudem wurde auf Bedenken im Bereich der Energieversorgung gegenüber großen Konzernen entgegnet und hinterfragt, wer das unternehmerische Risiko trage, wenn kommunale Unternehmen neue Geschäftsfelder eröffneten. Zu einzelnen Äußerungen von Vorrednern wird Stellung bezogen und verwundert hinterfragt, wieso die CDU-Fraktion beabsichtige, dieser Resolution auf kommunaler Ebene zuzustimmen.
Für die Fraktion der SPD beziehen der Vorsitzende, Ratsherr Höfken, sowie die Ratsmitglieder Haase und Schultheis zu dem Resolutionsantrag ihrer Fraktion, der nunmehr durch den gemeinsamen Antrag der Fraktionen von SPD, CDU und Grünen ersetzt wurde, Stellung und entgegnen auf den vorhergehenden Beitrag von Ratsherrn Helg. Insbesondere wird auf die bereits seit längerer Zeit hierzu geführte Diskussion und die unterschiedlichen Positionen zur wirtschaftlichen Betätigung der Kommunen hingewiesen und verdeutlicht, dass die Städte sich sicherlich beispielsweise nicht im Bereich der Gastwirtschaft oder von Beerdigungsinstituten betätigen sollten, andererseits allerdings schon z.B. bei Versorgungsaufgaben durch privatrechtlich organisierte Unternehmen bzw. bei der Weiterentwicklung derartiger Unternehmen, soweit der Markt es erfordere. Diese Weiterentwicklung kommunaler Energieversorger sei für die Zukunft außerordentlich wichtig, u.a. auch mit Blick auf die Konkurrenz durch die großen Energieversorger. Die Stadt könne einen Teil ihrer Aufgaben auf vielen Gebieten nicht mehr wahrnehmen, wenn beispielsweise durch die erwirtschafteten Gewinne der STAWAG nicht der Verlust der Verkehrsbetriebe ausgeglichen werde. Zudem wird auf das Sponsoring von Vereinen hingewiesen, den notwendigen Erhalt der Arbeitsplätze vor Ort, den vorhandenen Wettbewerb auf diesem Markt und die Preise für die hiervon betroffenen Bürger der Stadt. Durch die Ausschüttungen von städtischen Unternehmen sei es möglich, im städtischen Haushalt zahlreiche Aufgaben zu erfüllen. Die Unterstützung dieser Resolution sei auch notwendig, um viele Dinge auf kommunaler Ebene finanzieren zu können.
Ferner wird in der Diskussion von Seiten der SPD-Redner hinterfragt, in welchen Kommunen in Nordrhein-Westfalen beispielsweise Sonnenstudios oder Bestattungsunternehmen kommunal betrieben würden und auf die strenge EU-Rechtsprechung hingewiesen. Kommunale Unternehmen müssten sich am Markt weiterentwickeln, um gegen die Großen bestehen zu können. Auf den Erhalt und die Schaffung von Arbeitsplätzen und die adäquate Entlohnung, die Vergabe von Aufträgen an den örtlichen Mittelstand und auf die Gefahren durch Zerschlagung von gewachsenen Strukturen wird hingewiesen. Durch die gemeinsam von den großen Fraktionen getragene Resolution werde gehofft, dass die Landtagsfraktion der CDU sich einem intensiven Diskussionsprozess hierüber unterziehe. Hervorgehoben wird ferner, dass es hierbei auch um eine existenzielle Frage für die Stadt und ihre Unternehmen mit Auswirkungen auf die wirtschaftliche Situation der Stadt gehe. Es müsse faire Wettbewerbsbedingungen geben und die neuen Vorschläge dürften nicht zu einer Diskriminierung der Kommunalwirtschaft führen. Die kommunale Betätigung müsse einheitlich in der gesamten Bundesrepublik geregelt sein, in Nordrhein-Westfalen dürfe es keine schärferen Bestimmungen als in anderen Bundesländern geben. Auf die Gesellschaftsformen und die Beteiligung der Kommunen wird schließlich noch eingegangen und verdeutlicht, dass die SPD-Fraktion diese Resolution mittragen werde und hoffe, dass auch auf Landesebene die CDU-Politiker diese Resolution unterstützen würden.
Ratsherr Treude – WASG/UWG – verdeutlicht in seinen Ausführungen, dass er dem ursprünglichen Resolutionsentwurf der Fraktionen von SPD und Grünen lieber zugestimmt hätte, da dieser auf breiten Protesten u.a. auch von WASG und Linkspartei in ganz NRW basierte. Daher sollte hier nochmals darüber nachgedacht werden, über den ursprünglichen Text abzustimmen, auch wenn die CDU-Fraktion diesen nicht mittragen werde. Die jetzige Formulierung sehe er als sehr dehnbar an, werde diese aber mittragen, wenn sie mehrheitlich so aufrechterhalten werde. Ferner geht er kritisch auf die Ausführungen von Ratsherrn Helg ein und schlägt vor, über das angesprochene unternehmerische Risiko auf politischer Ebene zu diskutieren.
Für die Fraktion der CDU beziehen Ratsherr Baal und der Vorsitzende, Ratsherr Einmahl, zu dieser Thematik ausführlich Stellung und legen ihre Sichtweise zur vorgesehenen Änderung des § 107 der GO NW dar. Insbesondere wird ausgeführt, dass der heute vorliegende Resolutionstext identisch sei mit dem in der Verbandsversammlung der StädteRegion beschlossenen Text, welcher dort auch von der FDP-Fraktion mitgetragen wurde. Die CDU-Fraktion lege Wert darauf, dass die hier im Aachener Raum gewachsene Landschaft von kommunalen Unternehmen in dieser Art und Weise weiterarbeiten könne. Kommunale Unternehmen seien sinnvoll und zu fördern, wenn dies ordnungspolitisch gegeben sei. Wenn in den wichtigen Bereichen der Energiewirtschaft, des Personennahverkehrs etc. kommunale Wirtschaft nicht ermöglicht werde, könne es eine Gleichschaltung im Wege der Monopolisten geben und dies gehe zu Lasten des Wettbewerbs, des Mittelstandes und der Bürger. Sodann wird ein Rückblick gehalten auf die Entwicklung dieser gesetzlichen Regelung in den vergangenen Jahren insbesondere bezüglich des „dringenden Bedarfs“ sowie ein Vergleich angestellt zu den Bestimmungen in anderen Bundesländern. Näher eingegangen wird auch auf das Urteil des OVG Münster i.S. „Gelsengrün“ und dargelegt, dass die dort vorgesehene Konkurrenz zu privaten Gärtnereien als unlauterer Wettbewerb untersagt wurde und gerade der Mittelstand dann davor bewahrt wurde. In dem jetzt verwendeten Wortlaut „dringender öffentlicher Bedarf“ wird eine Klarstellung gesehen, die nach Jahren nunmehr notwendig geworden sei. Auf die Konkurrenz im Bereich der Energieversorgung wird ebenfalls näher eingegangen und die schwierige Situation der kommunalen Unternehmen gegenüber Weltunternehmen dargelegt. Mit Augenmaß müsse die wirtschaftliche Betätigung nach § 107 GO weiterhin ermöglicht und darüber diskutiert werden, ob die Begrenzung auf die Daseinsvorsorge ein geeignetes Kriterium sei. Zudem seien in diesem Zusammenhang noch andere Probleme für die kommunalen Stadtwerke bezüglich von Preisregulierungen im Bereich der Netze seitens der EU zu erwarten.
Schließlich wird verdeutlicht, dass es sich hierbei um einen Gesetzentwurf der Landesregierung handele, dieser im Parlament beraten und anschließend dann dort auch verabschiedet werde. Die CDU-Fraktion beabsichtige, den Mittelstand vor unlauterem Wettbewerb zu schützen, werde vernünftige Wege finden, um den verschiedenen Interessen gerecht zu werden und heute dem hier vorgelegten gemeinsamen Resolutionstext zustimmen.
Ratsherr Müller, Die Linke, zeigt sich zufrieden über diese Resolution und begrüßt es, dass die CDU-Fraktion diesen veränderten Text mittragen werde. Durch eine große Mehrheit erhalte die Resolution einen höheren Wert und dies sei sicherlich auch mitentscheidend bei den Beratungen auf Landesebene. Er entgegnet auf die Ausführungen von Ratsherrn Helg, sieht hierin eine ideologische Einstellung, die er so nicht mittragen könne. Es dürfe nicht angehen, dass Verluste bei der öffentlichen Hand verbleiben würden und Gewinne bei der Privatwirtschaft. Nach kurzen Vergleichen zur finanziellen Situation am Theater und zu absurden Fällen von wirtschaftlicher Betätigung, über die diskutiert werden müsse, teilt er mit, dass er dieser Resolution zustimmen werde.
Die Ratsmitglieder Kuck und Schabram beziehen für die Fraktion der Grünen Stellung zu dieser Resolution und verdeutlichen zunächst die Gefahren durch die Energieriesen, wenn man den Wirkungskreis der kommunalen Unternehmen beschneiden würde. Die beabsichtigte Verschärfung der Gemeindeordnung habe bereits dazu geführt, dass ein Projekt der STAWAG verhindert werde zum Nachteil der Stadt, des städtischen Haushaltes und der STAWAG.
Diese Bestimmung in der GO NW werde gegenüber anderen Bundesländern bereits als restriktiv angesehen. Zudem wird die notwendige Querfinanzierung zum öffentlichen Personennahverkehr angesprochen und dargelegt, dass bei Änderungen dieser Praxis auch über die dann notwendige andere Finanzierung zu beraten sei. Dieser Wettbewerb der Stadtwerke gegenüber den großen Unternehmen EON, Vattenfall, RWE und EnBW habe sich bewährt, die STAWAG habe es geschafft, ein paralleles Handelsunternehmen aufzubauen und der günstige Einkauf komme den Bürgerinnen und Bürgern zugute. Die Förderung von Handwerk und Mittelstand durch die STAWAG wird hervorgehoben und demgegenüber auf das Facility-Management großer Unternehmen – welches auch zu Lasten örtlicher Arbeitsplätze gehe – hingewiesen. Deutlich wird hervorgehoben, dass innovative und zukunftsweisende Ideen hinsichtlich einer Energiewende von Stadtwerken ausgegangen seien und die großen Energieunternehmen dies eher behindert hätten.
Es wird schließlich bedauert, dass hier gegenüber dem Kreistag und der StädteRegion ein einstimmiger Beschluss nicht zustande kommen werde und den städtischen Unternehmen, die alle dem GmbH-Gesetz bzw. dem Aktiengesetz unterliegen würden, Fesseln angelegt, die zu einer deutlichen Beeinträchtigung führen würden. Es sei zu befürchten, dass es hierdurch im Energiebereich zu einer Monopolisierung komme und dem müsse entgegengewirkt werden. Schließlich wird begrüßt, dass der neue Resolutionstext von der CDU-Fraktion mitgetragen werde und dadurch eine deutliche Mehrheit für diese Resolution erwartet werden könne.
Nach weiteren kurzen Ausführungen der Ratsmitglieder Schultheis, Höfken und Einmahl endet die Aussprache und der Oberbürgermeister lässt über den zur heutigen Sitzung als Tischvorlage verteilten Resolutionstext abstimmen.
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