28.04.2005 - 4 Bericht der Suchthilfe Aachen über ihre Arbeit ...

Beschluss:
zur Kenntnis genommen
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Beratung

Herr Wilms, Geschäftsführer der Suchthilfe Aachen, berichtete  über die Arbeit der Suchthilfe im Trägerverbund Diakonie/Caritas in der Zeit vom 01.04.2004 bis 31.12.2004. Die Suchthilfe Aachen sei an den Standorten Hermannstraße, Herzogstraße sowie Kaiserplatz vertreten. An allen drei Standorten sei ein Datensystem eingerichtet worden, auf das alle Einrichtungen der Suchthilfe zugreifen können; damit verfüge man über ein transparentes System.  An jedem Standort sei die Aufnahme der Klienten, eine Anamnese sowie gegebenenfalls die anschließende Weiterleitung der Klienten an den zuständigen Dienst möglich. In der Beratungsstelle Hermannstraße würden die Klienten bezüglich legaler Drogen, Essstörungen sowie Spiel- und Online-Sucht beraten. Für den Bereich illegaler Substanzen würden am Standort Herzogstraße Beratungen angeboten. In beiden Einrichtungen seien im Berichtszeitraum insgesamt ca. 1.500 Personen beraten oder behandelt worden. Für Kinder und Jugendliche seien erste Angebote in der Beratungsstelle Herzogstraße eingerichtet.  Beabsichtigt sei, weitere Angebote zu etablieren. Die städtischen Mitarbeiter aus den Bereichen Kaiserplatz und Streetwork seien in das Suchthilfesystem integriert; auch sie könnten die Möglichkeiten und Ressourcen der neuen Suchthilfe nutzen. Die Situation am Kaiserplatz habe sich in der vergangenen Zeit beruhigt. Dies ergebe sich auch aus Rückmeldungen der sogenannten kleinen Ordnungspartnerschaft. Dennoch werde die Suchthilfe weiterhin tätig sein, um u. a. die Probleme zu reduzieren, die durch die teilweise Verlagerung der Szene (so zum Beispiel zum Willy-Brandt-Platz) entstehen. Diesbezüglich sei man mit dem Ordnungsamt und der Polizei bereits im Gespräch. Das Café Relax werde derzeit von ca. 231 Besucherinnen und Besuchern regelmäßig frequentiert. Für den Drogenkonsumraum seien derzeit 75 Nutzerausweise ausgegeben. Im Bereich der ambulanten medizinischen Rehabilitation Sucht werde versucht, in Kooperation mit dem Alexianer-Krankenhaus Alternativen zu stationären Entwöhnungsmaßnahmen anzubieten. Zum Thema Prävention seien im Zeitraum 01.04. bis 31.12.2004 insgesamt 153 Veranstaltungen durchgeführt worden. Hierdurch seien insgesamt 1.753 Kinder, Jugendliche und junge Erwachsene erreicht worden. Diese und weitere statistische Daten seien in Kürze in dem Jahresbericht der Suchthilfe nachzulesen.

 

Herr Verholen wies ergänzend darauf hin, dass es sich bei dem Berichtszeitraum um lediglich neun Monate handele. Viele der anfänglichen Befürchtungen hätten sich zwischenzeitlich als unbegründet herausgestellt. So habe man der Forderung nach dezentralen Anlaufstellen für die Klientenvermittlung nachkommen können. Die mit der Einrichtung einer Beratungsstelle in der Herzogstraße verbundenen Bedenken hätten sich nicht bewahrheitet. Einen Schwerpunkt in der Arbeit der Suchthilfe stelle die Jugendberatung und Prävention dar. Auch das Aufgabengebiet Essstörung habe sich etabliert; hier gebe es keine Zugangsschwierigkeiten.

 

Auf Nachfrage von Frau Schulz bestätigte Herr Wilms, dass tatsächlich ein Anstieg des Konsums im Bereich legaler und illegaler Drogen bei Kindern und Jugendlichen festzustellen sei. Diesbezüglich stehe man in Kontakt mit dem Jugendamt, mit dem gemeinsam versucht werde, Projekte in diesem Bereich zu etablieren. Erste Gespräche seien auch mit dem Alexianer-Krankenhaus und dem Krankenhaus in Viersen geführt worden. Die stationäre Unterbringung von Kindern und Jugendlichen sei jedoch nach wie vor schwierig, da die Krankenhäuser  hoffnungslos ausgelastet seien.

 

Zu der von Herrn Schäfer (SPD-Fraktion) angesprochenen Cannabis-Problematik berichtete Herr Wilms, dass Cannabis in unterschiedlichen Zusammensetzungen konsumiert werde. Unabhängig von der von Cannabis ausgehenden Gefahr müsse sich jedoch vor allem die Haltung in der Gesellschaft in Bezug auf Drogen grundsätzlich ändern. Insbesondere im Zusammenhang mit leistungssteigernden Substanzen im Sportbereich sehe er eine große Gefahr. Hier würden Vorbilder geschaffen, die gesellschaftlich hoch anerkannt seien. In diesem Zusammenhang sei es wichtig, die Dopingdiskussion neu zu führen.

 

 

 

 

 

Frau Scheidt dankte den Vertretern der Suchthilfe für den ausführlichen Bericht. Es sei deutlich geworden, dass es sich gelohnt habe, sich in der Vergangenheit intensiv mit der Problematik zu beschäftigen und die bisherige Suchthilfe umzustrukturieren. Die Cannabis-Problematik dürfe weder von der Suchthilfe noch seitens des Sozial- und Gesundheitsausschusses aus den Augen verloren werden. Sie wies auf die am 20.05.2005 in Maastricht stattfindende Konferenz zum Thema legaler Drogen in der Euregio hin und bat die Verwaltung, in einer nächsten Sitzung über eventuelle Ergebnisse zu berichten. Sie regte an, diese Problematik ebenfalls in der Städteregion und im Schulausschuss zu beraten.

 

Herr Dr. Plum teilte mit, dass anlässlich der Konferenz in Maastricht nach Lösungen gesucht werden solle, wie der illegale Anbau von Drogen reduziert werden könne. Er berichtete von der Idee, die Droge kommunal anzubauen und an bestimmten Orten zu verteilen sowie von der bestehenden Erwartung, dass ein solches Modellprojekt durch finanzielle Beteiligung von deutscher Seite unterstützt werde. Seit der in den Schulen durchgeführten Befragung stehe fest, dass tatsächlich viel Cannabis konsumiert werde und der Konsum anders als früher häufiger permanent erfolge. Die Verwaltung werde in Maastricht sicherlich Stellung zur aktuellen Situation nehmen. Wie zukünftig mit der Problematik umgegangen werde, müsse jedoch von politischer Seite entschieden werden. 

 

Auf Nachfrage von Frau Lürken berichtete Herr Verholen, dass eine Konzentration Drogenabhängiger und auch Drogendealer u. a. am Willy-Brandt-Platz, in der Robert-Koch-Straße, in Brand, in Walheim, in Kullen sowie am Steppenberg zu beobachten sei. Es sei wichtig, das Problembewusstsein in der Bevölkerung zu stärken. Die medizinischen und organischen Folgen des Drogenkonsums seien vielfach nicht  bekannt.

 

Herr Dr. Naber wies darauf hin, dass der Konsum von Cannabis auf das kindliche bzw. jugendliche Gehirn anders wirke, als bei Erwachsenen. In den letzten Jahren sei deutlich geworden, dass es zu Hirnschädigungen und ernsthaften Behinderungen kommen könne.

 

Auch Herr Müller beurteilte den Cannabiskonsum der Kinder und Jugendlichen als problematisch. Die Tatsache, etwas gesetzlich Verbotenes zu tun, stelle hierbei seiner Meinung nach einen besonderen Anreiz dar.

 

Auf weitere Nachfrage von Frau Lürken teilte Herr Wilms mit, dass derzeit 33 Mitarbeiter im Suchthilfesystem beschäftigt seien. Bei 7 Mitarbeitern handele es sich um Honorarkräfte bzw. studentische Hilfskräfte, die vor allem im Bereich Kaiserplatz tätig seien. Bei den übrigen 26 handele es sich um sozialarbeiterische, psychologische, pädagogische oder therapeutische Mitarbeiter, wovon jedoch viele lediglich in Teilzeit beschäftigt seien.

 

Herr Künzer griff die Anregung von Frau Wilms, die Thematik in einer gemeinsamen Sitzung des Schul- und des Kinder- und Jugendausschusses zu diskutieren, auf. Um in einer solchen Sitzung Handlungsempfehlungen erarbeiten zu können, sei es jedoch erforderlich, diese vorzubereiten, indem die bestehenden Schwierigkeiten benannt und gleichzeitig konkrete Anregungen zur Verbesserung der Situation gemacht werden.

 

 Auf Nachfrage von Herrn Künzer berichtete Herr Wilms, dass zur Bürgerinitiative am Kaiserplatz ein regelmäßiger Kontakt bestehe. Die gemeinsamen Gespräche hätten sich in der letzten Zeit konstruktiv entwickelt. Er unterstützte weiterhin das Anliegen, den Präventionsbereich schwerpunktmäßig zu bearbeiten, wies jedoch darauf hin, dass hierfür laut Stellenplan nur zwei ganztagsbeschäftigte Mitarbeiter zur Verfügung stehen.  Gegebenenfalls sei es möglich, die Beratungen insgesamt durchlässig zu gestalten, sodass der Bereich Prävention weitere Unterstützung erfahren könne. Auch dies stoße jedoch schnell an personelle und finanzielle Grenzen. Seitens des Trägerverbundes werde versucht, auch andere als kommunale Mittel einzuwerben. Hier befinde man sich noch in der Aufbauphase.

 

Frau Scheidt regte an, zur Suchtproblematik erneut ein Hearing mit Fachleuten durchzuführen. Damit schaffe man einen Rahmen, auch mit der Öffentlichkeit diskutieren zu können.

 

Frau Behlau unterstützte den Vorschlag von Frau Scheidt und schlug vor, Kinder- und Jugendärzte, Hausärzte sowie

 

 

 

 

Kinderpsychologen dazuzuladen, um die Ursachen für den Drogenkonsum festzustellen.

 

Herr Bruynswyck bewertete den Bericht über die in der Zeit vom 01.04. bis 31.12.2004 geleistete Arbeit der Suchthilfe insgesamt als positiv. Anregungen, Perspektiven sowie Verbesserungsvorschläge seien jedoch noch nicht vorgestellt worden. Diese könnten sich auch seiner Auffassung nach aus einem Hearing ergeben.

 

Herr Dr. Plum berichtete, dass auch in der kommunalen Gesundheitskonferenz über die Thematik Prävention gesprochen worden sei. Für eine nächste Sitzung sei geplant, aufzuzeigen, welche Angebote bereits bestehen und inwiefern diese zusammengeführt werden können.

 

Frau Dr. Wolf zeigte sich erfreut darüber, dass in letzter Zeit konstruktive Gespräche mit der Bürgerinitiative Kaiserplatz geführt worden seien.

 

Auf ihre Nachfrage teilte Herr Dr. Plum mit, dass für den Drogenkonsumraum höchstens 80 Ausweise ausgestellt werden können. In der Vergangenheit habe man eine mögliche Erhöhung dieser Zahl diskutiert. Aufgrund der befürchteten Sogwirkung habe man jedoch davon abgesehen und die Nutzung des Drogenkonsumraums auf Bewohner der Stadt Aachen beschränkt. Er erläuterte, dass Drogenabhängige ca. 2 bis 3 x täglich Drogen konsumieren würden. Im Drogenkonsumraum würden lediglich 10 bis 15 % aller Konsumvorgänge stattfinden. Da somit 85 bis 90 % aller Konsumvorgänge außerhalb des geschützten Raumes stattfinden, sei nicht gesichert, dass eine Erhöhung der Zahl der Nutzer des Konsumraums positive Auswirkungen auf die Verunreinigungen im Umfeld des Kaiserplatzes hätte. Er gehe davon aus, dass eine große Anzahl von Konsumvorgängen innerhalb der Wohnungen der Abhängigen stattfänden.

 

Bezüglich der angesprochenen Konferenz in Maastricht berichtete Herr Groteclaes, dass in der Aachener Zeitung zu lesen war, dass beabsichtigt sei, in den Niederlanden eine völlige Liberalisierung der Drogen durchzuführen. Er bat Herrn Dr. Plum im Rahmen der Konferenz zu klären, inwieweit eine solche Verfahrensweise Auswirkungen auf die Stadt Aachen habe. Er befürchte, dass Coffie-Shops zukünftig in großer Anzahl in der Nähe der Grenze eröffnet würden.

 

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Der Sozial- und Gesundheitsausschuss beschloss daraufhin einstimmig:

„Der Sozial- und Gesundheitsausschuss nimmt den Bericht der Suchthilfe Aachen zur Kenntnis und beschließt, ein Hearing zum Thema Prävention im Kinder- und Jugendbereich durchzuführen.“

 

 

 

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