03.11.2004 - 2 Fragestunde für Einwohnerinnen und Einwohner
Grunddaten
- TOP:
- Ö 2
- Sitzung:
-
Sitzung des Rates der Stadt Aachen
- Zusätze:
- Auf die Abhaltung der Fragestunde wird ordnungsgemäß durch Veröffentlichung der Tagesordnung der Sitzung des Rates der Stadt in den Aachener Tegeszeitungen hingewiesen
- Gremium:
- Rat der Stadt Aachen
- Datum:
- Mi., 03.11.2004
- Status:
- gemischt (Sitzung abgeschlossen)
- Uhrzeit:
- 17:00
- Anlass:
- Sitzung
Beratung
Der
Oberbürgermeister führt aus, dass zur heutigen Sitzung keine schriftlichen
Fragen
eingegangen
seien, erläutert das Verfahren bezüglich von mündlichen Fragen an Rat und
Verwaltung und deren Beantwortung und erkundigt sich bei den Besuchern nach
entsprechenden Fragen.
1. Frage
von Herrn Franz Voigt, Freunder Weg 27, 52068 Aachen
betr.: 1-Euro-Jobs
-
gerichtet an den Oberbürgermeister -
----------------------------------------------------------------------------------------
Herr Voigt
gibt das nachfolgende Statement zu den 1-Euro-Jobs ab und appelliert an die
Fraktionen, Änderungen vorzunehmen.
Unter Punkt
11) entscheiden Sie heute über die Umsetzung des Sozialgesetzbuches SGB II
Grundsicherung für Arbeitssuchende. Es geht um den Abschluss eines Vertrages
zwischen der Agentur für Arbeit und der Stadt Aachen zur Gründung einer
Arbeitsgemeinschaft. Es geht also um die 1-Euro-Jobs. Wer hier zustimmt, macht
sich zum Erfüllungsgehilfen für erzwungene Arbeitsdienste. Ich nenne es
Zwangsarbeit. Es stand auch heute in den Aachener Nachrichten, ich bin nicht
alleine mit dieser Meinung. Bald heißt es also, willkommen im Jahre 2005, wo
erzwungene Arbeitsdienste für 1 Euro erfolgen, für deren Durchführung die
Wohlfahrtsverbände, kirchliche und freie Qualifizierungs- und
Beschäftigungsträger in Deutschland rekrutiert werden. Jetzt habe ich eine
Frage, weil alle Damen und Herren gesagt haben, die Hartz-Empfänger werden
nicht umziehen müssen. Auf der Sitzung, wo auch die Bürgermeisterin Hilde
Scheidt war, wurde sogar davon gesprochen, dass bis zu 560 Euro Miete gezahlt wird für den Alleinstehenden,
ich habe die Summe genannt. Es stimmt nicht. Es wurde geflüstert, das stimmt
nicht, was ihr gesagt, das haben Sie auch gehört, sehr geehrter Herr Dr.
Linden. Es ist noch schlimmer, wie ich gesagt habe. Hier steht es drin!
Versuchen Sie bitte nicht, die Öffentlichkeit zu täuschen, da werden auch die
Richter nicht mitspielen. Ich werde dagegen klagen! Dankeschön, meine Damen und
Herren!
Der
Oberbürgermeister sagt die schriftliche Beantwortung der Frage durch die
Verwaltung zu.
2. Frage
von Frau Marion Hein, Reumontstraße 13, 52064 Aachen
betr. Herbstlaub
auf dem Straßenbelag
-
gerichtet an Bürgermeisterin Verheyen -
---------------------------------------------------------------------------------------
Der Herbst
ist da, wie jedes Jahr damit verbunden das gefallene goldene Herbstlaub auf dem
Straßenbelag. Eine sehr große Rutschgefahr für alle Fahrradfahrer ist die
mittlere Fahrspur der Mozartstraße stadteinwärts in Richtung Karmeliterstraße,
denn hier gerät der Radfahrer schnell ins Rutschen. Liegt das Herbstlaub erst
am Boden und kommt auch noch Regen dazu, wird aus dem Blätterberg schnell
gefährlicher Matsch, sofern das Laub nicht rechtzeitig weggekehrt wird. Hiermit
möchte ich folgende Frage an Sie richten: Besteht nicht die Möglichkeit, in
Zukunft häufiger die Fahrspur vom glitschigen Herbstlaub zu reinigen oder für
eine vollständige Rutschsicherheit zu sorgen, nicht zuletzt, um Verletzungen
und evtl. Regressansprüchen zu entgegnen.
Die Frage
wird schriftlich durch Bürgermeisterin Verheyen beantwortet werden.
3. Frage
von Frau Birgit Vollrath, Guaitastraße 23, 52064 Aachen
betr.:
Umsetzung von Hartz IV
-
gerichtet an die SPD-Fraktion -
------------------------------------------------------------------------------------
Laut § 10
SGB II, das ist die Zumutbarkeitsvorschrift, heißt es: Im Einzelfall ist die Arbeitsablehnung
aus wichtigem Grund möglich. Die Widerspruch gegen die Arbeitszuweisung soll
aber keine aufschiebende Wirkung haben. Das bedeutet, dass den Betroffenen,
also auch deren Kindern, das Existenzminimum auf unabsehbare Zeit gestrichen
bzw. massiv gekürzt wird, nur weil sie ihr demokratisches Recht ausüben. Was
passiert mit den Kindern, deren Eltern dadurch ihre Fürsorgepflicht nicht mehr
erfüllen können, zumal einmalige Beihilfen nicht mehr gewährt werden können?
Schriftliche
Beantwortung wird zugesagt.
4. Frage
von Herrn Gerd Brüsseler, Guaitastraße 23, 52064 Aachen
betr.: 1-Euro-Jobs
-
gerichtet an den Oberbürgermeister -
----------------------------------------------------------------------------------------
Ich bin
Sozialpädagoge und zuletzt war ich tätig bei der Drogenhilfe Aachen. Ich bin
jetzt zur Zeit arbeitslos und habe diesbezüglich dann auch eine Anfrage. Es
geht auch um die 1-Euro-Jobs und zwar um die Frage dieser Fallpauschalen, die
ja die Bundesagentur für Arbeit zur Verfügung stellt pro Hartz IV-Bezieher pro
diesem 1-Euro-Jobber. In Aachen soll das ja so sein, das haben wir ja gehört in
einer Veranstaltung von Arbeitsamt und Sozialamt, wo alle Träger eingeladen
sind, die sind ja nach und nach eingeladen worden. In dieser Veranstaltung
wurde gesagt, dass in der Regel die Anbieter von 1-Euro-Jobs das in der Regel
kostenlos tun. Ich frage mich aber, wenn die Bundesagentur für Arbeit pro Monat
500 Euro zur Verfügung stellt, wer bekommt denn dieses Geld? Soviel ich
informiert bin, ist es in Aachen so, dass die 1-Euro-Jobs mindestens 15 Stunden
bis maximal 30 Stunden sein sollen und das wären dann im besten Fall 200 Euro,
die davon gezahlt würden, dann blieben 300 Euro übrig. Wer bekommt denn diese
300 Euro?
Der
Oberbürgermeister führt aus, dass die Verwaltung noch nicht über die
Einrichtung von 1- und 2-Euro-Jobs entschieden habe, dies aber zeitnah erfolgen
soll. Im Übrigen sagt er die schriftliche Beantwortung der Frage zu.
5. Frage
von Herrn Horst Freiling, Beckerstraße 41, 52078 Aachen
betr. 1-Euro-Jobs
-
gerichtet an die SPD-Fraktion -
--------------------------------------------------------------------------------------
Sie haben
eben etwas geraunt, als ein Vorredner von Zwangsarbeit sprach. Das möchte ich
aufnehmen und sagen, solange keine echte Alternative besteht zu einer freien
Wahl eines Arbeitsplatzes ist es selbstverständlich Zwangsarbeit. Wenn ich den
nicht ablehnen kann, sondern mit Sanktionen bedroht werde, ist es
selbstverständlich Zwangsarbeit. In dem Gesetz zu Hartz IV steht etwas von
fordern und fördern. Wenn ich fordere, ohne tatsächliche Alternativen zu haben,
ist es selbstverständlich ein Zwang. Zwang unterstellt aber auch eine fehlende
Bereitschaft und ist damit eine Schuldzuweisung. Jetzt frage ich allerdings
allen Ernstes: wem unterstellen Sie eigentlich diese Schuld an fehlenden
Arbeitsplätzen? 4,5 Millionen Arbeitssuchenden oder wem? Die eigentliche Frage
geht allerdings an die SPD-Fraktion, jede andere Fraktion darf sich aber
angesprochen fühlen. Es dürfte also unstrittig sein, dass für 4,5 Millionen
Arbeitslose nur ca. 400.000 oder 500.000, wir sind großzügig dabei, das sind ja
Peanuts, wie mal jemand von einer Bank gesagt hat, wir runden also und sagen
ca. 500.000 Arbeitsplätze zur Verfügung stehen, oder andersrum ca. 10 %. Die
anderen 90 % werden also per Gesetz eindeutig und unmißverständlich zu Arbeiten
gezwungen, zu denen sie evtl. weder ein Interesse haben noch in irgendeiner
Form für qualifiziert sind. Ich frage Sie, wie Sie das mit Ihrem Gewissen vereinbaren
können, dass dieser Zwang ausgeübt wird und wie Sie das mit ihren
demokratischen Werten vereinbaren können, die Freiheit und Selbstbestimmung
beinhalten?
Beigeordnete
Nacken bezieht zur Aussage der Zwangsarbeit verwaltungsseitig Stellung, hält
dies für eine Ohrfeige gegenüber denjenigen, die darunter im
Nationalsozialismus gelitten haben und verweist auf die Möglichkeit des
Hinzuverdienstes durch diese 1-Euro-Jobs. Darin sieht sie eine große Chance in
verschiedener Hinsicht und auch die Möglichkeit, in den ersten Arbeitsmarkt zu
gelangen.
Zusatzfrage
von Herrn Freiling:
Ich habe
bewusst jede Nähe zum Nationalsozialismus bzw. soweit muß man gar nicht gehen,
man kann ja von Faschismus reden, vermieden. Ich habe die bewusst vermieden!
Ich finde das nicht in Ordnung, dass Sie das also dann darein bringen, aber
bitteschön, das ist Ihre freie Wahl. Die eigentliche Frage ist doch, nicht, was
Sie jetzt daraus machen aus 1- oder 2-Euro-Jobs, sondern die eigentliche Frage
ist doch, gibt es überhaupt eine sachlich fundierte Analyse, dass jemals wieder
so viele Arbeitsplätze geschaffen werden, dass z.B. ein Übergang in einen
ersten Arbeitsmarkt gewährleistet ist? Ich beziehe eine Computerzeitschrift,
eine Fachzeitschrift, ich lese die Tagespresse und ich frage mich, was eine
Regierung liest, die das dreisterweise behauptet?
Die
Beantwortung erfolgt schriftlich durch die SPD-Fraktion.
6. Frage
von Herrn Alexander Roentgen, Beginenstraße 12, 52062 Aachen
betr.: Bauvorhaben
„Super C“
-
gerichtet an die Fraktion Die Grünen -
--------------------------------------------------------------------------------------------------
Inwiefern
gedenken Sie, den Bau des Super C von der RWTH Aachen zu unterstützen?
Ratsherr
Rau beantwortet die Frage mündlich und legt u.a. dar, dass er dieses
Bauvorhaben der TH für richtig und wichtig halte. Er begrüßt ein solches
Gebäude an dieser Stelle, sagt der RWTH die Unterstützung seitens der Stadt zu
und beantwortet die Frage mit einem klaren Ja.
7. Frage
von Herrn Andre Hunko, Krakaustraße 17, 52064 Aachen
betr.: Umsetzung
von Hartz IV
-
gerichtet an Ratsfrau Hostettler -
--------------------------------------------------------------------------------------
Der
Kinderschutzbund sagt, Zitat: Der Deutsche Kinderschutzbund hat seit über einem
Jahr auf die dramatischen Folgen von Hartz IV hingewiesen. Schon heute müssen
in Deutschland mehr als 1 Million Kinder von Sozialhilfe leben. Mit der
Zusammenlegung von Arbeitslosen- und Sozialhilfe im Reformpaket Hartz IV werden
es 1,5 Millionen sein, jedes 10. Kind. Wir müssen damit rechnen, dass in den
Großstädten 30 % aller Kinder auf Sozialhilfeniveau leben werden, also 500.000
bundesweit mehr mit der Einführung von Hartz IV nach dem Kinderschutzbund,
d.h., in Aachen einige tausend umgerechnet. Und weiter: Kinder, die künftig von
Arbeitslosengeld II leben müssen, sind arm. Arme Kinder haben nicht nur
schlechtere Bildungschancen, die werden auch häufiger krank und ziehen sich
vermehrt chronische Erkrankungen zu usw. Ich frage Sie, Frau Hostettler: Wie
vereinbaren Sie die Umsetzung von Hartz IV, die heute hier verabschiedet wird,
mit Ihrer Tätigkeit im Kinderschutzbund? Zweitens an die Fraktionen insgesamt:
Welche Maßnahmen gedenkt die Stadt Aachen zu tun, um die Verarmung von Kindern,
wie sie der Kinderschutzbund prognostiziert, zu verhindern? Danke.
Die Frage
wird schriftlich beantwortet.
8. Frage
von Frau Jennifer Wörl, Steinkaulstraße 40, 52070 Aachen
betr.: 1-Euro-Jobs
-
gerichtet an Frau Beigeordnete Nacken -
----------------------------------------------------------------------------------------
Ich bin
auch Sozialpädagogin, wie einer meiner Vorredner ebenfalls. Ich habe gerade der
Antwort von Frau Verheyen, glaube ich wars, zugehört und habe mir dann die
Frage gestellt, wie sie wirklich denkt, (Zwischenruf!) - Ok, ich habe es nicht
gesehen, Frau Nacken war es. Wie sie sich vorstellt, dass ein 1-Euro-Job der
Integration in den Arbeitsmarkt dienen soll? Als Sozialpädagogin würde ich dann
in den sozialen Bereich kommen und wäre in irgendeinem Betrieb wie Caritas oder
sonstwo für 1 Euro beschäftigt. Warum sollten die mir dann einen Job anbieten
als Sozialpädagogin, wenn sie mich
schon für 1 Euro da haben? Da frage ich Sie ernsthaft: Wie können Sie sich
denken, dass das der Integration dienen soll?
Beigeordnete
Nacken beantwortet die Frage und verdeutlicht u.a., dass es sich hierbei um
einen Zusatzverdienst handele und es um Zusatzarbeitsplätze gehe. Hierdurch
erhalte man die Chance, wieder in den Arbeitsmarkt zu gelangen, z.B. über eine
freiwerdende Stelle.
Frau Wörl
führt ferner aus, dass sie dies anders sehe.
Man hat einmal
weniger Zeit für die Bewerbungsschreiben. Natürlich ist es ein Zuverdienst,
aber für die Caritas, die bezahlt ja nur die 1 Euro. Gleichzeitig werden bei
der Caritas oder so Leute entlassen, wie jetzt beim Bistum z.B. Da frage ich
mich jetzt schon, wie das funktionieren soll? Damit wird ja gleichzeitig das
zementiert, wenn das ein Zuverdienst sein soll, dass die Leute arbeitslos sind
und halt zuverdienen können. Aber zuverdienen können sie bisher auch, sie
werden halt nur nicht dazu gezwungen.
Der Oberbürgermeister
stellt fest, dass weitere Fragen nicht gestellt wurden und schließt daher die
heutige Fragestunde des Rates.
Die
mündlich gestellten Fragen - die nicht unmittelbar in der Sitzung beantwortet
wurden - werden schriftlich beantwortet.