03.11.2004 - 11 Umsetzung des Sozialgesetzbuches (SGB) Zweites ...
Grunddaten
- TOP:
- Ö 11
- Sitzung:
-
Sitzung des Rates der Stadt Aachen
- Zusätze:
- Unterlagen werden nachgereicht
- Gremium:
- Rat der Stadt Aachen
- Datum:
- Mi., 03.11.2004
- Status:
- gemischt (Sitzung abgeschlossen)
- Uhrzeit:
- 17:00
- Anlass:
- Sitzung
- Beratung:
- öffentlich
- Vorlageart:
- Entscheidungsvorlage
- Federführend:
- Fachbereich Soziales und Integration
- Beschluss:
- ungeändert beschlossen
Beratung
(Hierzu
waren zur Sitzung verschiedene Tischvorlagen verteilt worden.)
Der
Oberbürgermeister verweist zunächst auf die vorherige kurze Befassung des
Hauptausschusses mit diesem Thema und die dahingehend vorgenommene Veränderung
des Beschlussentwurfes, dass nicht die Vorsitzenden der für Arbeits- und
Sozialpolitik zuständigen Ausschüsse, sondern je ein Vertreter bzw. eine
Vertreterin der Fraktionen dem Beirat angehören können.
Der
Vorsitzende der Fraktion der CDU, Ratsherr Einmahl, hält die vorgeschlagene
grundsätzliche Beteiligung der Stadt Aachen an der Arbeitsgemeinschaft mit der
Agentur für Arbeit richtig und geht auf das Gesetzgebungsverfahren und den
schließlich im Vermittlungsausschuss erzielten Kompromiss kurz ein. Er
signalisiert hierzu Zustimmung seitens der CDU-Fraktion, nicht zuletzt deshalb,
weil dies jetzt eine Selbstverwaltungsaufgabe sei und man dadurch nicht
irgendwelchen Weisungen übergeordneter Stellen unterlegen sei.
Überrascht
zeigt er sich allerdings darüber, dass gemäß Vorlage auf die Stadt eine
Mehrbelastung von 19,5 Mio. Euro zukommen soll und dies in der jetzigen
Haushaltssituation weitere Defizite bewirken und daher nicht zumutbar sei. Er
erbittet hierzu nähere Erläuterungen durch die Verwaltung.
Durch
den Oberbürgermeister und Beigeordnete Nacken wird erläutert, dass gerade mit
Blick auf neu gewählte Ratsmitglieder seitens der Verwaltung eine informative
Vorlage unterbreitet wurde mit den Entwicklungen seit Anfang des Jahres. Daher
resultiere auch die zuvor benannte Mehrbelastung. Nach der späteren
Beschlussfassung über das Optionsgesetz - in der geregelt sei, dass ca. 29 %
der Unterkunftskosten von der Bundesregierung übernommen würden - sei diese
Zahl nicht mehr aktuell.
Auf
weitere Nachfrage von Ratsherrn Einmahl wird dargelegt, dass durch die im
Vermittlungsausschuss erzielte Revisionsklausel ein Minus in diesem Bereich
nicht zu erwarten sei, es andererseits der Verwaltung zum jetzigen Zeitpunkt
aber auch nicht möglich sei, mit irgendwelchen Prognosezahlen an die
Öffentlichkeit zu treten. Es wird dargelegt, dass vor März/April 2005 keine
verlässlichen Zahlen unterbreitet werden könnten und dies insbesondere abhängig
sei von der Verteilung des vom Bund bereitgestellten Betrages von 2,5 Mrd. Euro
auf alle Städte und Gemeinden in Deutschland.
Bürgermeisterin
Scheidt lobt in ihren grundsätzlichen Ausführungen seitens der Fraktion der Grünen
zunächst die Verwaltung für die bisherige sorgfältige Arbeit im Hinblick auf
die Umsetzung der Hartz-IV-Gesetzgebung für Aachen, weist auf den Zeitdruck hin
und macht deutlich, dass durch die gute Vorarbeit die Grundlage geschaffen
wurde für die Zahlung der Geldleistungen ab 01.01.2005 an die Betroffenen. Sie
spricht sodann die schwierige Situation für alle Beteiligten durch diese
Änderung der Sozialstruktur an, spricht finanzielle Einbußen für Empfänger
dieser Leistungen an und beziffert die Zahl der Menschen, die Zugang zum
Arbeitsmarkt in Aachen finden müssten, auf über 6.000.
Verdeutlicht
wird in den weiteren Ausführungen, dass man gewillt sei, die neue Gesetzeslage
auch in der Weise umzusetzen, dass Arbeitsmöglichkeiten geschaffen werden
sollen in kommunalen Beschäftigungsinitiativen, so wie dies beispielsweise auch
bisher schon der Fall gewesen sei über das Programm „Arbeit statt Sozialhilfe“.
Sie
wünscht sich schließlich einen fairen Umgang zwischen den Beteiligten, sieht in
dem Gesetz auch eine Chance für die Betroffenen und signalisiert Zustimmung
ihrer Fraktion zur anstehenden Beschlussfassung.
Ratsherr
Schultheis führt aus, dass die SPD-Fraktion dem ausgearbeiteten Vertrag
zwischen der Bundesagentur für Arbeit und der Stadt Aachen mit Blick auf die
Handlungsfähigkeit und die Nutzung der neuen Instrumente durch die geänderte
Gesetzeslage zustimmen werde. Er verdeutlicht, dass die bisherigen Instrumente
nicht ausgereicht hätten, um Sozialhilfeempfänger in das Arbeitsleben zu
integrieren und hier durch Nutzung der neuen Gesetzeslage die Situation in
diesem Bereich voraussichtlich verbessert werden könne.
Er
sieht sicherlich auch weiterhin Risiken, empfiehlt daher die neue Situation
genau zu beobachten und behutsam die Umsetzung zu begleiten. Er richtet den
Blick sodann auf die schwierige Haushaltssituation der Kommunen und hofft, dass
diese gesetzliche Neuregelung zu Einsparungen bei der Stadt führen und die
Stadt wieder aktionsfähig werde.
Ratsherr
Müller führt seitens der PDS aus, dass das vom Bundestag beschlossene Gesetz
vielen Menschen große Probleme bereiten werde und er sich daher gegen das
Gesetz und die entsprechende Umsetzung in Aachen ausspreche. Nach einem ihm
vorliegenden Rechtsgutachten verstoße das Gesetz in 7 Punkten gegen das Grundgesetz
und daher sei zu erwarten, dass hiergegen Klagen erhoben würden bis hin zum
Bundesverfassungsgericht. Da er die Umsetzung des Gesetzes insgesamt nicht
verhindern könne, regt er an, die Gestaltungsspielräume vernünftig zu nutzen
und beispielsweise den Betroffenen mehrere Auswahlmöglichkeiten anzubieten. Auf
einzelne Kritikpunkte geht er näher ein und verweist auf die von ihm und
Ratsherrn Treude schriftlich unterbreiteten Vorschläge zu Änderungen, bezogen
auf den Aachener Vertrag.
Wichtig
sei ihm insbesondere auch, das nicht nur Vertreter der Fraktionen über die
Umsetzung informiert würden, sondern alle Mitglieder des Rates der Stadt und
auch Vertreter von Arbeitslosen-Initiativen.
Über
den als Tischvorlage verteilten Antrag der PDS und die beiden Anträge von PDS
und GGSO bittet er, entsprechend abstimmen zu lassen.
Der
Vorsitzende der FDP-Fraktion, Ratsherr Helg, teilt mit, dass seine Fraktion dem
vorgelegten Vertragswerk zustimmen werde, auch wenn auf Bundesebene die
Fraktion den Gesetzentwurf abgelehnt habe. Er geht kurz auf die Gründe hierfür
ein und vertritt die Ansicht, dass die Umsetzung im Interesse aller notwendig
sei. Über die finanziellen Rahmenbedingungen der Beschlussfassung durch den
Bund sollten die Gremien des Rates im März 2005 informiert werden.
Ratsherr
Schnitzler - UWG - schließt sich den Ausführungen von Ratsherrn Müller
grundsätzlich an und unterbreitet dann mündlich seinen Änderungsantrag zu
einzelnen Punkten.
Danach
soll die Beschlussvorlage dahingehend verändert werden, dass
-
auf
Wunsch einzelner Ratsmitglieder Bericht zu erstatten ist
- der
zu erstattende Bericht allen Ratsmitgliedern zuzuleiten ist und auch der
Öffentlichkeit zur Verfügung gestellt werden soll,
- dem
Beirat auch 3 Vertreter gewerkschaftlicher und/oder freier
Arbeitsloseninitiativen angehören sollen
- die
Widerspruchsstelle alle Widersprüche statistisch, übersichtlich und transparent
erfasst und dies den Ratsmitgliedern sowie Journalisten unter Wahrung des
Datenschutzes zur Verfügung stellt,
- den
Ratsmitgliedern auf Wunsch Akteneinsicht zu einzelnen Widerspruchsverfahren
gewährt wird und
- bei
der Vergabe von sog. 1-Euro-Jobs die Freiwilligkeit der Job-Partner
(Arbeitnehmer, Arbeitgeber) beachtet wird und nicht der Charakter von
Zwangsarbeit entsteht.
Der
Antrag ist der Originalniederschrift als Anlage beigefügt.
Zur
Frage der späten Zusendung der umfangreichen Vorlage durch Ratsherrn Treude
bezieht Beigeordnete Nacken Stellung und verweist u.a. darauf, dass die
abschließenden Vertragsverhandlungen zwischen der Stadt und der Agentur für
Arbeit abgewartet werden mussten und es insofern nicht möglich gewesen sei,
dies eher zuzusenden.
Ratsherr
Treude - GGSO - führt sodann aus, dass 3 Ratsmitglieder an den sog.
Montags-Demonstrationen teilgenommen hätten und sich aus den u.a. dort
geführten Diskussionen die unterbreiteten Anträge mit den verschiedenen Punkten
ergeben hätten. Sodann stellt er den Antrag zur Nicht-Umsetzung der
Hartz-IV-Gesetzgebung im Interesse von 12.000 betroffenen Menschen in der
Stadt. Der Zwang zur Arbeitsaufnahme und die vorgesehenen Leistungskürzungen
müssten abgelehnt werden. Mit Blick auf die geschätzten bundesweiten
Einsparungen in diesem Bereich, die Senkung des Spitzensteuersatzes für die
Reichen und diese gigantische Umverteilung spreche er sich insgesamt gegen die
vorgesehene Beschlussfassung aus.
An
die grundsätzlichen Ausführungen der Sprecher der Fraktionen bzw. von einzelnen
Ratsmitgliedern schließt sich eine weitergehende Aussprache unter zum Teil
mehrfacher Beteiligung der Ratsmitglieder Schabram, Müller, Baal, Schnitzler
und Treude an, in welcher verschiedene Standpunkte vertieft und näher erläutert
werden bzw. auf vorherige Ausführungen entsprechend entgegnet wird.
Nach
Beendigung der Aussprache greift der Oberbürgermeister die verschiedenen
unterbreiteten Anträge auf und erläutert das nunmehr anstehende
Abstimmungsverfahren.
Danach
habe zunächst der Hauptausschuss aufgrund eines Antrages der Fraktionen von SPD
und Grünen einen Empfehlungsbeschluss an den Rat gerichtet, wonach dem Beirat
weiterhin je ein Vertreter bzw. eine Vertreterin der Fraktionen des Rates der
Stadt Aachen (anstelle der Vorsitzenden der für Arbeits- und Sozialpolitik
zuständigen Ausschüsse) angehören sollen.
Den
von Ratsherrn Treude unterbreiteten Antrag „Die Hartz-IV-Gesetze“ insgesamt
abzulehnen, werde er nicht zur Abstimmung stellen, da es sich hierbei um ein
Bundesgesetz handele und die Kommunen verpflichtet seien, dies umzusetzen.
Zum
Antrag von PDS und GGSO - die Stadt Aachen solle in ihrem Verantwortungsbereich
keine 1-Euro-Jobs einrichten - verdeutlicht der Oberbürgermeister, dass dies
nicht Gegenstand der heutigen Beschlussfassung sei, dies noch geprüft werde und
die Verwaltung hierzu noch keine abschließende Empfehlung ausgesprochen habe.
In
den übrigen Anträgen der PDS, GGSO und der UWG sehe er ein Aliud und werde
daher zunächst über den Beschlussentwurf der Verwaltung abstimmen lassen. Finde
dieser keine Mehrheit, werde er die zuvor genannten Anträge zur Abstimmung
stellen.
Nach
weiteren kurzen Beiträgen stellt der Oberbürgermeister fest, dass damit die
Aussprache beendet sei und lässt wie angekündigt und beantragt, wie folgt über
diesen Punkt abstimmen:
Beschluss:
Für
den Antrag der PDS und GGSO, keine sog. 1-Euro-Jobs bei der Stadt Aachen und in
ihrem Verantwortungsbereich einzurichten, werden 2 Ja-Stimmen bei 1
Stimmenthaltung abgegeben.
Damit
ist dieser Antrag mehrheitlich abgelehnt.
Abstimmung
über die Verwaltungsvorlage einschließlich der Empfehlung des Hauptausschusses:
Auf
Vorschlag der Verwaltung und Empfehlung des Hauptausschusses beschließt der Rat
der Stadt Aachen bei 2 Gegenstimmen und 1 Stimmenthaltung mehrheitlich die
Gründung einer Arbeitsgemeinschaft nach § 44 SGB II mit der Agentur für Arbeit
Aachen auf der Grundlage des vorgelegten Vertragsentwurfes und unter
Berücksichtigung der vom Hauptausschuss empfohlenen Änderung auf Vorschlag der
Fraktionen von SPD und Grünen. Gleichzeitig überträgt er dieser
Arbeitsgemeinschaft die Durchführung der städtischen Aufgaben nach § 22 und 23
SGB II.
Ergänzend
merkt der Oberbürgermeister noch an, dass die zu den Sitzungen des Hauptausschusses
und des Rates der Stadt verteilte Eingabe des Personalrates zum anstehenden
Vertragswerk seitens der Verwaltung in die Verhandlungen noch aufgenommen und
angestrebt wird, diesen Empfehlungen zu folgen.
Anlagen zur Vorlage
Nr. | Name | Original | Status | Größe | |
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23,7 kB
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