03.11.2004 - 11 Umsetzung des Sozialgesetzbuches (SGB) Zweites ...

Beschluss:
ungeändert beschlossen
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Beratung

(Hierzu waren zur Sitzung verschiedene Tischvorlagen verteilt worden.)

 

Der Oberbürgermeister verweist zunächst auf die vorherige kurze Befassung des Hauptausschusses mit diesem Thema und die dahingehend vorgenommene Veränderung des Beschlussentwurfes, dass nicht die Vorsitzenden der für Arbeits- und Sozialpolitik zuständigen Ausschüsse, sondern je ein Vertreter bzw. eine Vertreterin der Fraktionen dem Beirat angehören können.

 

Der Vorsitzende der Fraktion der CDU, Ratsherr Einmahl, hält die vorgeschlagene grundsätzliche Beteiligung der Stadt Aachen an der Arbeitsgemeinschaft mit der Agentur für Arbeit richtig und geht auf das Gesetzgebungsverfahren und den schließlich im Vermittlungsausschuss erzielten Kompromiss kurz ein. Er signalisiert hierzu Zustimmung seitens der CDU-Fraktion, nicht zuletzt deshalb, weil dies jetzt eine Selbstverwaltungsaufgabe sei und man dadurch nicht irgendwelchen Weisungen übergeordneter Stellen unterlegen sei.

Überrascht zeigt er sich allerdings darüber, dass gemäß Vorlage auf die Stadt eine Mehrbelastung von 19,5 Mio. Euro zukommen soll und dies in der jetzigen Haushaltssituation weitere Defizite bewirken und daher nicht zumutbar sei. Er erbittet hierzu nähere Erläuterungen durch die Verwaltung.

 

Durch den Oberbürgermeister und Beigeordnete Nacken wird erläutert, dass gerade mit Blick auf neu gewählte Ratsmitglieder seitens der Verwaltung eine informative Vorlage unterbreitet wurde mit den Entwicklungen seit Anfang des Jahres. Daher resultiere auch die zuvor benannte Mehrbelastung. Nach der späteren Beschlussfassung über das Optionsgesetz - in der geregelt sei, dass ca. 29 % der Unterkunftskosten von der Bundesregierung übernommen würden - sei diese Zahl nicht mehr aktuell.

Auf weitere Nachfrage von Ratsherrn Einmahl wird dargelegt, dass durch die im Vermittlungsausschuss erzielte Revisionsklausel ein Minus in diesem Bereich nicht zu erwarten sei, es andererseits der Verwaltung zum jetzigen Zeitpunkt aber auch nicht möglich sei, mit irgendwelchen Prognosezahlen an die Öffentlichkeit zu treten. Es wird dargelegt, dass vor März/April 2005 keine verlässlichen Zahlen unterbreitet werden könnten und dies insbesondere abhängig sei von der Verteilung des vom Bund bereitgestellten Betrages von 2,5 Mrd. Euro auf alle Städte und Gemeinden in Deutschland.

 

Bürgermeisterin Scheidt lobt in ihren grundsätzlichen Ausführungen seitens der Fraktion der Grünen zunächst die Verwaltung für die bisherige sorgfältige Arbeit im Hinblick auf die Umsetzung der Hartz-IV-Gesetzgebung für Aachen, weist auf den Zeitdruck hin und macht deutlich, dass durch die gute Vorarbeit die Grundlage geschaffen wurde für die Zahlung der Geldleistungen ab 01.01.2005 an die Betroffenen. Sie spricht sodann die schwierige Situation für alle Beteiligten durch diese Änderung der Sozialstruktur an, spricht finanzielle Einbußen für Empfänger dieser Leistungen an und beziffert die Zahl der Menschen, die Zugang zum Arbeitsmarkt in Aachen finden müssten, auf über 6.000.

Verdeutlicht wird in den weiteren Ausführungen, dass man gewillt sei, die neue Gesetzeslage auch in der Weise umzusetzen, dass Arbeitsmöglichkeiten geschaffen werden sollen in kommunalen Beschäftigungsinitiativen, so wie dies beispielsweise auch bisher schon der Fall gewesen sei über das Programm „Arbeit statt Sozialhilfe“.

Sie wünscht sich schließlich einen fairen Umgang zwischen den Beteiligten, sieht in dem Gesetz auch eine Chance für die Betroffenen und signalisiert Zustimmung ihrer Fraktion zur anstehenden Beschlussfassung.

 

Ratsherr Schultheis führt aus, dass die SPD-Fraktion dem ausgearbeiteten Vertrag zwischen der Bundesagentur für Arbeit und der Stadt Aachen mit Blick auf die Handlungsfähigkeit und die Nutzung der neuen Instrumente durch die geänderte Gesetzeslage zustimmen werde. Er verdeutlicht, dass die bisherigen Instrumente nicht ausgereicht hätten, um Sozialhilfeempfänger in das Arbeitsleben zu integrieren und hier durch Nutzung der neuen Gesetzeslage die Situation in diesem Bereich voraussichtlich verbessert werden könne.

Er sieht sicherlich auch weiterhin Risiken, empfiehlt daher die neue Situation genau zu beobachten und behutsam die Umsetzung zu begleiten. Er richtet den Blick sodann auf die schwierige Haushaltssituation der Kommunen und hofft, dass diese gesetzliche Neuregelung zu Einsparungen bei der Stadt führen und die Stadt wieder aktionsfähig werde.

 

Ratsherr Müller führt seitens der PDS aus, dass das vom Bundestag beschlossene Gesetz vielen Menschen große Probleme bereiten werde und er sich daher gegen das Gesetz und die entsprechende Umsetzung in Aachen ausspreche. Nach einem ihm vorliegenden Rechtsgutachten verstoße das Gesetz in 7 Punkten gegen das Grundgesetz und daher sei zu erwarten, dass hiergegen Klagen erhoben würden bis hin zum Bundesverfassungsgericht. Da er die Umsetzung des Gesetzes insgesamt nicht verhindern könne, regt er an, die Gestaltungsspielräume vernünftig zu nutzen und beispielsweise den Betroffenen mehrere Auswahlmöglichkeiten anzubieten. Auf einzelne Kritikpunkte geht er näher ein und verweist auf die von ihm und Ratsherrn Treude schriftlich unterbreiteten Vorschläge zu Änderungen, bezogen auf den Aachener Vertrag.

Wichtig sei ihm insbesondere auch, das nicht nur Vertreter der Fraktionen über die Umsetzung informiert würden, sondern alle Mitglieder des Rates der Stadt und auch Vertreter von Arbeitslosen-Initiativen.

Über den als Tischvorlage verteilten Antrag der PDS und die beiden Anträge von PDS und GGSO bittet er, entsprechend abstimmen zu lassen.

 

Der Vorsitzende der FDP-Fraktion, Ratsherr Helg, teilt mit, dass seine Fraktion dem vorgelegten Vertragswerk zustimmen werde, auch wenn auf Bundesebene die Fraktion den Gesetzentwurf abgelehnt habe. Er geht kurz auf die Gründe hierfür ein und vertritt die Ansicht, dass die Umsetzung im Interesse aller notwendig sei. Über die finanziellen Rahmenbedingungen der Beschlussfassung durch den Bund sollten die Gremien des Rates im März 2005 informiert werden.

 

Ratsherr Schnitzler - UWG - schließt sich den Ausführungen von Ratsherrn Müller grundsätzlich an und unterbreitet dann mündlich seinen Änderungsantrag zu einzelnen Punkten.

Danach soll die Beschlussvorlage dahingehend verändert werden, dass

-           auf Wunsch einzelner Ratsmitglieder Bericht zu erstatten ist

-           der zu erstattende Bericht allen Ratsmitgliedern zuzuleiten ist und auch der Öffentlichkeit zur Verfügung gestellt werden soll,

-           dem Beirat auch 3 Vertreter gewerkschaftlicher und/oder freier Arbeitsloseninitiativen angehören sollen

-           die Widerspruchsstelle alle Widersprüche statistisch, übersichtlich und transparent erfasst und dies den Ratsmitgliedern sowie Journalisten unter Wahrung des Datenschutzes zur Verfügung stellt,

-           den Ratsmitgliedern auf Wunsch Akteneinsicht zu einzelnen Widerspruchsverfahren gewährt wird und

-           bei der Vergabe von sog. 1-Euro-Jobs die Freiwilligkeit der Job-Partner (Arbeitnehmer, Arbeitgeber) beachtet wird und nicht der Charakter von Zwangsarbeit entsteht.

Der Antrag ist der Originalniederschrift als Anlage beigefügt.

 

 

Zur Frage der späten Zusendung der umfangreichen Vorlage durch Ratsherrn Treude bezieht Beigeordnete Nacken Stellung und verweist u.a. darauf, dass die abschließenden Vertragsverhandlungen zwischen der Stadt und der Agentur für Arbeit abgewartet werden mussten und es insofern nicht möglich gewesen sei, dies eher zuzusenden.

 

Ratsherr Treude - GGSO - führt sodann aus, dass 3 Ratsmitglieder an den sog. Montags-Demonstrationen teilgenommen hätten und sich aus den u.a. dort geführten Diskussionen die unterbreiteten Anträge mit den verschiedenen Punkten ergeben hätten. Sodann stellt er den Antrag zur Nicht-Umsetzung der Hartz-IV-Gesetzgebung im Interesse von 12.000 betroffenen Menschen in der Stadt. Der Zwang zur Arbeitsaufnahme und die vorgesehenen Leistungskürzungen müssten abgelehnt werden. Mit Blick auf die geschätzten bundesweiten Einsparungen in diesem Bereich, die Senkung des Spitzensteuersatzes für die Reichen und diese gigantische Umverteilung spreche er sich insgesamt gegen die vorgesehene Beschlussfassung aus.

 

An die grundsätzlichen Ausführungen der Sprecher der Fraktionen bzw. von einzelnen Ratsmitgliedern schließt sich eine weitergehende Aussprache unter zum Teil mehrfacher Beteiligung der Ratsmitglieder Schabram, Müller, Baal, Schnitzler und Treude an, in welcher verschiedene Standpunkte vertieft und näher erläutert werden bzw. auf vorherige Ausführungen entsprechend entgegnet wird.

 

Nach Beendigung der Aussprache greift der Oberbürgermeister die verschiedenen unterbreiteten Anträge auf und erläutert das nunmehr anstehende Abstimmungsverfahren.

 

Danach habe zunächst der Hauptausschuss aufgrund eines Antrages der Fraktionen von SPD und Grünen einen Empfehlungsbeschluss an den Rat gerichtet, wonach dem Beirat weiterhin je ein Vertreter bzw. eine Vertreterin der Fraktionen des Rates der Stadt Aachen (anstelle der Vorsitzenden der für Arbeits- und Sozialpolitik zuständigen Ausschüsse) angehören sollen.

 

Den von Ratsherrn Treude unterbreiteten Antrag „Die Hartz-IV-Gesetze“ insgesamt abzulehnen, werde er nicht zur Abstimmung stellen, da es sich hierbei um ein Bundesgesetz handele und die Kommunen verpflichtet seien, dies umzusetzen.

 

Zum Antrag von PDS und GGSO - die Stadt Aachen solle in ihrem Verantwortungsbereich keine 1-Euro-Jobs einrichten - verdeutlicht der Oberbürgermeister, dass dies nicht Gegenstand der heutigen Beschlussfassung sei, dies noch geprüft werde und die Verwaltung hierzu noch keine abschließende Empfehlung ausgesprochen habe.

 

In den übrigen Anträgen der PDS, GGSO und der UWG sehe er ein Aliud und werde daher zunächst über den Beschlussentwurf der Verwaltung abstimmen lassen. Finde dieser keine Mehrheit, werde er die zuvor genannten Anträge zur Abstimmung stellen.

 

Nach weiteren kurzen Beiträgen stellt der Oberbürgermeister fest, dass damit die Aussprache beendet sei und lässt wie angekündigt und beantragt, wie folgt über diesen Punkt abstimmen:

 

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Beschluss:

 

Für den Antrag der PDS und GGSO, keine sog. 1-Euro-Jobs bei der Stadt Aachen und in ihrem Verantwortungsbereich einzurichten, werden 2 Ja-Stimmen bei 1 Stimmenthaltung abgegeben.

Damit ist dieser Antrag mehrheitlich abgelehnt.

 

Abstimmung über die Verwaltungsvorlage einschließlich der Empfehlung des Hauptausschusses:

 

Auf Vorschlag der Verwaltung und Empfehlung des Hauptausschusses beschließt der Rat der Stadt Aachen bei 2 Gegenstimmen und 1 Stimmenthaltung mehrheitlich die Gründung einer Arbeitsgemeinschaft nach § 44 SGB II mit der Agentur für Arbeit Aachen auf der Grundlage des vorgelegten Vertragsentwurfes und unter Berücksichtigung der vom Hauptausschuss empfohlenen Änderung auf Vorschlag der Fraktionen von SPD und Grünen. Gleichzeitig überträgt er dieser Arbeitsgemeinschaft die Durchführung der städtischen Aufgaben nach § 22 und 23 SGB II.

Ergänzend merkt der Oberbürgermeister noch an, dass die zu den Sitzungen des Hauptausschusses und des Rates der Stadt verteilte Eingabe des Personalrates zum anstehenden Vertragswerk seitens der Verwaltung in die Verhandlungen noch aufgenommen und angestrebt wird, diesen Empfehlungen zu folgen.

 

 

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Anlagen zur Vorlage