08.12.2010 - 23 Bürgerbeteiligung bei HaushaltskonsolidierungAn...

Beschluss:
geändert beschlossen
Reduzieren

Beratung

Die CDU-Fraktion begrüße die Vorlage der Verwaltung, die einen möglichen Verfahrensweg der Implementierung der Bürgerbeteiligung beschreibe, obwohl der Haushaltsbeschluss kurz bevor stehe, so der Fraktionsvorsitzende, Ratsherr Baal. Hiermit werde absolutes Neuland betreten, weshalb es von besonderer Wichtigkeit sei, genau zu überlegen, welche Fragen gestellt werden und zum anderen darauf hinzuwirken, dass die Bürgerbefragung auf einer hohen Beteiligung ruhe.

Er wolle noch einmal darauf hinweisen, dass der in Anlage 1 aufgeführte Themenkatalog nicht abschließender Natur sei und erst durch den Finanzausschuss in der ersten Januarsitzung beschlossen werde. Sicherlich seien hier einzelne Punkte zu ergänzen oder auch zu streichen. Dies betreffe insbesondere den Punkt „Schließung Sparte Schauspiel im Stadttheater”, der zu großer Verwirrung bei den Beteiligten geführt habe. Gerichtet an die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Stadttheaters sowie an den Intendanten wolle er an dieser Stelle gerne stellvertretend für den Rat und den Oberbürgermeister den Ausschluss betriebsbedingter Kündigungen zusagen.

Abschließend betont er, dass einzig und alleine der Rat der Stadt das Beschluss fassende Organ sei.

 

Anknüpfend an die Ausführungen von Ratsherrn Baal weist auch Ratsherr Bruynswyck, CDU-Fraktion, darauf hin, dass die Anlage zu diesem Tagesordnungspunkt nicht dem Beschlussrecht unterliege und nur ein Arbeitspapier der Verwaltung sei. Dies betone er insbesondere in seiner Funktion als Vorsitzender des Betriebsausschusses.

Zwar habe die Theaterstrukturkommission auf Basis des vom Stadttheater zur Verfügung gestellten Materials wochenlang beraten, könne jedoch noch kein konkretes Ergebnis festschreiben, weshalb die Veröffentlichung der Anlage in der Presse ein sehr unglücklicher Zug sei.

Eine abschließende Auflistung werde erst in der Sitzung des Finanzausschusses am 18.01.2011 erstellt und zu beschließen sein.

 

Ratsherr Pilgram, Fraktion Die Grüne, verweist auf den bereits im August 2010 gestellten Antrag, mit dem erreicht werden sollte, dass in einer so zentralen Frage wie der Haushaltskonsolidierung der Stadt Aachen die entsprechende Transparenz und Information geschaffen werde, indem die Bürgerschaft an diesem Prozess beteiligt werde, selbst wenn die letzte Entscheidung dem Rat der Stadt obliege.

Zwar sei eine Beteiligung ausschließlich über das Internet möglich und aufgrund der kurz bevorstehenden Haushaltsberatungen nicht mehr in qualifizierter Form möglich, dennoch bestehe die Möglichkeit der ausführlichen Diskussion dieses und auch anderer Themen. Wichtig sei hierbei, dass der Eindruck vermieden werde, Entscheidungen zu einzelnen Fragen seien bereits getroffen worden. Dies sei beispielsweise auch bei den in der Anlage aufgeführten Punkten der Fall, die er im Ganzen nicht für geeignet halte, um den Haushalt nachhaltig zu sanieren, jedoch geeignet, um gute Diskussionen mit qualitativ hochwertigen Ergebnissen führen zu können.

 

Ratsherr Haase, SPD-Fraktion, sieht in der Ausweitung der Bürgerbeteiligung einen absoluten Vorteil, in der Vorlage der Verwaltung jedoch keinen geeigneten Ansatz. Gerade der Haushalt der Stadt Aachen sei stets ein Thema gewesen, bei dem die Beteiligung der Bürgerinnen und Bürger möglich gewesen, aber aufgrund der Komplexität des Gesamtthemas unterlassen worden sei.

Anhand zahlreicher Beispiele anderer Städte und Kommunen sei festzustellen, dass allein die Vorbereitungsdauer einer qualifizierten Bürgerbeteiligung bei ca. sechs Monaten liege. Hierfür notwendig sei die Einbindung externer Unternehmen sowie die Bereitstellung einer vernünftigen Software, die es dem Bürger ermögliche, eventuell auch Ergänzungen zu bestehenden Sparvorschlägen vorzunehmen. Die hier vorgeschlagene Verfahrensweise der zunächst oberflächlichen Bürgerbeteiligung für den kommenden Haushalt halte er für den falschen Weg und schlage daher vor, wie eben beschrieben die Aachener Bürgerinnen und Bürger erst bei der Beratung des Haushaltes 2012 zu involvieren.

 

Auch Bürgermeisterin Dr. Schmeer, CDU-Fraktion, kritisiert die Veröffentlichung der Anlage 1 in den Medien. Zum einen habe die Theaterstrukturkommission selbst noch keine Vorschläge zur Sanierung unterbreitet. Zum anderen sei hierdurch eine große Unruhe bei den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des Stadttheaters entstanden, die darin gipfele, dass der Personalrat von Bürgerentscheid über Einsparpotentiale spreche. So entstehende Verwirrungen seien in dieser Situation entbehrlich.

 

Ratsherr Müller, Vorsitzender der Fraktion Die Linke, führt aus, dass betriebsbedingte Kündigungen sehr wohl die Folge aus der Schließung der Schauspielsparte seien.

Die Veröffentlichung der Anlage sei umso schlimmer, da das Theater es seit Jahren schaffe, immer wieder Sparbeiträge zu leisten und gleichzeitig stets künstlerisch erfolgreich zu sein.

Ratsherrn Haase beipflichtend sehe auch er die Gefahr, dass hier die eigentlich sehr gute und zukunftsweisende Idee der weitergehenden Bürgerbeteiligung bei der Gestaltung des Haushalts durch mangelnde Vorbereitung scheitern könne. Abgesehen davon sei aus der in der Anlage enthaltenen Auflistung zu entnehmen, dass die Mehrheitsfraktionen die hierzu notwendigen Entscheidungen nicht selbst treffen wollen. Die  Ausführungen von Ratsherrn Haase unterstützend wolle er daher für die Fraktion Die Linke den Antrag stellen, den Beschlussvorschlag wie folgt zu ändern: „Die Verwaltung wird beauftragt, für den Haushalt 2012 einen Beteiligungshaushalt vorzubereiten, der die Aachenerinnen und Aachener in die Erarbeitung des Haushaltes einbezieht und sie mit den rechtlichen Grundlagen des Themas vertraut macht.“. Dies sei notwendig, um die Bürgerinnen und Bürger mit den allgemeinen Grundlagen, wie bspw. freiwillige und Pflichtaufgaben, vertraut zu machen. Ferner sei es notwendig, auch denjenigen die Chance zur Meinungsäußerung zu geben, die nicht über einen Internetzugang verfügen oder etwa gar nicht hiermit vertraut seien, wie bspw. viele ältere Menschen. Auch eine entsprechende Software, sei, wie bereits ausgeführt, gerade zur Verhinderung von Mehrfachanmeldungen, einzusetzen. Insgesamt plädiere er daher für eine gut ausgestaltete Bürgerbeteiligung für 2012.

 

Der Oberbürgermeister gibt an, über die beiden vorliegenden Beschlussvorschläge getrennt abstimmen zu lassen.

 

Dem Grunde nach sei der vorliegende Antrag zu begrüßen, so Ratsherr Blum, FDP-Fraktion, denn er biete den Bürgern die Gelegenheit, sich über die Stadtpolitik zu informieren und sich in diese einzubringen. Dennoch bliebe der Eindruck, dass er aufgrund mangelnder Konsequenz und großer verbleibender Interpretationsspielräume lediglich für die Galerie gestellt sei.

Trotzdem werde die FDP-Fraktion dem Antrag zustimmen, um einer Bürgerbeteiligung nicht im Wege zu stehen.

 

Ratsherr Schaffrath, FWG, werde dem Antrag zustimmen, da er zwar nicht allen, aber vielen Bürgerinnen und Bürgern die hervorragende Möglichkeit der aktiven Beteiligung an der Stadtpolitik gebe. Damit verbunden sei auch, unangenehme Themen, wie die Schließung der Schauspielsparte oder die Gewerbesteuererhöhung, aufzugreifen. Als Ergänzung zur einfachen Beantwortung von Fragen schlage er die Einrichtung eines Forums vor, in dem weitere Vorschläge gemacht werden können.

 

Ratsherr Schnitzler, UWG, sieht in der Vorlage gute Ansätze für die Bürgerbeteiligung. Trotzdem wolle er den Hinweis geben, dass über Internetabstimmungen sehr schnell eine missbräuchliche Nutzung möglich sei, indem die eigene IP-Adresse gewechselt werde, um erneut abstimmen zu können. Eine Zugangsregelung über Passwörter hemme die Beteiligung und sei daher auch nicht die richtige Lösung. Daher plädiere er dafür, kleine öffentliche Treffen zu veranstalten, bei denen die Bürgerinnen und Bürger eigene zu diskutierende Themenfeder vorschlagen können. Ferner solle der Fragenkatalog nicht nur durch die Verwaltung, sondern auch von der Bürgerschaft ergänzbar sein. Abschließend führt er aus, dass auch er die Nennung der Schließung der Schauspielsparte in der Anlage als unglücklich betrachte, weshalb er beantrage, diesen Punkt hieraus zu streichen. Anderenfalls sei er gezwungen, sich bei der Abstimmung zu enthalten.

 

Die FDP-Fraktion werde der Anlage zu dieser Vorlage nicht zustimmen, so Ratsfrau Crumbach-Trommler. Es sei nicht zu verantworten, dass diese bereits veröffentlicht werde, obwohl die Theaterstrukturkommission keine Ergebnisse erarbeitet habe, geschweige denn die Schließung der Schauspielsparte überhaupt thematisiert habe. Auch die Gewerbesteuererhöhung sei durch den Finanzausschuss abgelehnt worden. Ein Beschluss gemäß dieser Anlage könne daher auch erst nach den ihm zugrunde liegenden Vorberatungen erfolgen.

 

Die SPD-Fraktion werde keinem der vorgelegten Anträge zustimmen, so Ratsherr Höfken, Fraktionsvorsitzender. Nicht, dass man gegen den Antrag sei, man halte ihn einfach für dilettantisch. Dem Wortlaut der Vorlage ließe sich entnehmen, dass die Verwaltung die Anlage aufgrund von Zwang formuliert habe. So heiße es hier: „Aus diesen Gesprächen leitet sich allerdings folgerichtig ab, dass in den vorgegebenen Zeiträumen eine komplexe Beteiligung zum Haushalt 2011 nicht geleistet werden kann, gleichwohl schlägt die Verwaltung vor...”. Im Übrigen sei eine Bürgerbeteiligung gut und richtig, aber eben auch entsprechend vorzubereiten. Hierzu gehöre, neben der Diskussion über vorgegebene Themen auch die Einbringung eigener Vorschläge der Bürgerschaft zu ermöglichen. Die reine Beteiligung in Form der Beantwortung vorformulierter Fragen verleite dazu, eigene Beschlüsse orientiert an potentiellen Mehr- oder Minderheiten zu fassen. Er fordere daher die Verwaltung auf, einen Vorschlag für eine möglichst umfassende Bürgerbeteiligung bei der Erstellung des Haushaltes 2012 zu erarbeiten.

 

Ratsherr Pilgram, Fraktion Die Grüne, vermisse einen Antrag der SPD-Fraktion angelehnt an die Ausführungen von Ratsherrn Haase. Sicherlich sei die derzeit geplante Bürgerbeteiligung verbesserungsfähig, jedoch gleichzeitig ein guter erster Schritt. Außerdem ginge es nicht darum, eine Abstimmung zu einzelnen Fragen zum Haushalt durchzuführen, sondern vielmehr darum, ein allgemeines Meinungsbild zu erhalten und verschiedene Themen in die Öffentlichkeit zu transportieren. Dies müsse auch mit äußerst unangenehmen Themen, wie den Sparmaßnahmen beim Stadttheater, geschehen. Selbstverständlich werde im Rahmen der Haushaltsdebatte auch an dieser Stelle diskutiert, selbst wenn nicht, wie hier aufgelistet, über die Schließung von Sparten nachgedacht werde. Er sei sich sicher, dass durch die Beteiligung der Bürgerschaft das Theater sogar gestärkt werde. Insgesamt profitieren beide Seiten von dieser Art von Beteiligung.

 

Eine gut vorbereitete Bürgerbeteiligung im Internet erfordere eben auch die Bereitstellung der entsprechenden finanziellen Mittel, so Ratsherr Gerger, Piraten-Partei.

Darüber hinaus sei das praktische Abstimmungsverfahren so zu gestalten, dass die Bürgerschaft ihre Hemmschwelle verliere und nicht den Eindruck gewinne, dass ihre Meinung und Vorschläge ungehört bleiben. Daher halte er das sehr komplexe Thema des städtischen Haushaltes für ungeeignet, um eine Bürgerbeteiligung im Internet zu etablieren. Die jährlich durch die Kämmerei zur Verfügung gestellten Unterlagen seien so umfangreich, dass es sich nur unter großem Aufwand gestalten ließe, diese in verständlicher Art für die Bürgerinnen und Bürger bereit zu stellen. Er halte es daher für sinnvoll, das Thema der Bürgerbeteiligung noch einmal detailliert zu besprechen, um einen Schnellschuss zu vermeiden.

 

Ratsfrau Moselage, FDP-Fraktion, führt aus, dass durch die Fraktionen hinweg generell eine Bürgerbeteiligung gewünscht sei, jedoch die Verfahrensweise noch zu diskutieren sei. Sie schlage daher vor, letzteres für die nächste Sitzung des Rates der Stadt zurückzustellen, um in der Zwischenzeit entsprechende Experten und andere, mit dieser Angelegenheit bereits vertraute, Städte zu Rate zu ziehen. Denn nichts sei schlimmer, als die Installation einer Bürgerbeteiligung, ohne dass die Bürgerschaft sich wirklich beteiligt fühle.

 

Die SPD-Fraktion sei bereit, heute den Beschluss für eine Bürgerbeteiligung an der Erstellung des Haushaltes 2012 zu fassen, so Ratsherr Höfken, Fraktionsvorsitzender. Ferner sei die Verwaltung zu beauftragen, entsprechende Umsetzungsmöglichkeiten vorzubereiten und im Fraktionsrat darzulegen. Eine Bürgerbeteiligung für den Haushalt 2011 mache deshalb keinen Sinn, weil dieser bereits eingebracht sei. Daher sei auch ein entsprechender Antrag entbehrlich gewesen.

Ohne Frage sei eine Bürgerbeteiligung wichtig, jedoch sei sie so auszugestalten, dass der Bürger sich ernst genommen fühle

 

Der Oberbürgermeister beschriebt, wie er die Abstimmung vorzunehmen gedenkt.

Vorliegend herrsche Einigkeit darüber, dass für 2012 eine umfassendere Bürgerbeteiligung gewünscht sei. Daher schlage er vor, die für die derzeit laufenden Haushaltsberatungen verkürzte Form der Bürgerbeteiligung für 2011 zu generieren und die Verwaltung zu beauftragen, für 2012 eine Bürgerbeteiligung in umfangreicherer Form auszugestalten, in die die Erfahrungen aus 2011 einfließen sollen.

In einem zweiten Schritt solle darüber abgestimmt werden, ob nun der relativ kurzfristige Weg für eine Bürgerbeteiligung in Form eines relativ plakativen Katalogs für die Haushaltsberatung 2011 frei gemacht werden solle.

 

Ratsfrau Schlick, CDU-Fraktion, stellt einen Antrag auf Ende der Rednerliste, der einstimmig angenommen wird.

 

Ratsherr Künzer, SPD-Fraktion, warnt vor der kurzfristigen Durchsetzung der Bürgerbeteiligung für 2011 und plädiert für eine solide Planung für 2012, um nicht über Sachverhalte zu diskutieren, die schlussendlich gar nicht zur Disposition stehen. Alleine die heutige Diskussion habe bewiesen, dass ein verfrühter Start des Projekts dilettantisch sei.

Er appelliere daher an den Rat der Stadt, die Bürgerbeteiligung gemeinsam Schritt für Schritt im Fraktionsrat zu besprechen und auszugestalten.

 

Auch wenn der Antrag der Mehrheitsfraktionen bereits im August 2010 gestellt worden sei, wäre es sinnvoll gewesen, den Bearbeitungsstand zu erfragen, bevor er kurzfristig zur Entscheidung frei gegeben wird, so Ratsherr Haase, SPD-Fraktion. Dieses Verfahren führe bei der Bürgerschaft zu Politikverdrossenheit, weil dieser ein größerer Entscheidungsspielraum zugesagt werde, als eigentlich vorhanden. Daher plädiere auch er für die Umsetzung der Bürgerbeteiligung für das Jahr 2012.

 

Ratsherr Gerger, Piraten-Partei, merkt an, dass bei einer Beratung im Fraktionsrat ebenfalls die Einzelmandatsträger eingeladen werden sollten, da gerade die Piraten-Partei sinnvolle Beiträge zur Bürgerbeteiligung im Internet leisten könne.

Im Übrigen plädiere auch er für eine gut ausgestaltete Plattform und einen Start in 2012.

 

Ratsherr Müller, Vorsitzender der Fraktion Die Linke, spricht sich für eine Abstimmung über das von Ratsherrn Höfken geschilderte Bürgerbeteiligungsverfahren für 2012 aus. Daneben solle über das kurze Verfahren für 2011 separat abgestimmt werden.

Reduzieren

Beschluss:

Die Verwaltung wird durch den Rat der Stadt einstimmig beauftragt, für das Jahr 2012 eine weitergehende Bürgerbeteiligung über haushaltsrelevante Punkte vorzubereiten, die Kosten sowie den Umfang und die Art der Bürgerbeteiligung darzustellen, so dass spätestens Mitte des Jahres 2011 über die Form der Bürgerbeteiligung für 2012 entschieden werden kann.

 

Im Übrigen nimmt der Rat der Stadt Aachen den dargestellten Sachverhalt zur Kenntnis und stimmt der geschilderten Verfahrensweise bei 29 Gegenstimmen mehrheitlich zu.