25.10.2005 - 4 Neustrukturierung der Bezirksämter

Beschluss:
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Beratung

Herr Beigeordneter Lindgens gibt einen kurzen Rückblick über die Kommunale Neugliederung Anfang der 70-er Jahre und die damit verbundenen gesetzlichen Regelungen in der Gemeindeordnung des Landes NRW. Überleitend erläutert er die Verwaltungsvorlage und gibt dabei einen Überblick über die Leistungen, die bei den Bezirksämtern bleiben, wenn die Standesämter aufgelöst bzw. zentralisiert werden. Er erklärt die Verbesserungen für die Bürger und verweist ausdrücklich darauf, dass die übrigen Servicebereiche wie Friedhofs-, Wohnungs-, Ordnungs- und Einwohnermeldeamt (Paßamt) nach wie vor in den Bezirken verbleiben. Die Beibehaltung der Sozialämter in den Bezirksämtern sei durch die gesetzlichen Vorgaben der Hartz IV-Gesetze  organisatorisch nicht möglich gewesen. Hinsichtlich der Standesämter teilt er mit, dass sich die Stadt Aachen mit nahezu 250 TSD Einwohnern den Luxus erlaubt, insgesamt 7 selbständige Standesämter zu unterhalten. Eine Arbeitsgruppe habe nach den Gesichtspunkten der Vernunft und Sparsamkeit überlegt, auf welche Leistungen in den Bezirksämtern verzichtet werden kann. Dabei habe man festgestellt, dass das Serviceangebot der Standesämter eingeschränkt  werden kann. Das erarbeitete Modell sieht vor, dass noch in den Bezirken Trauungen durchgeführt und benötigte Urkunden angefordert und wenige Tage später abgeholt oder zugesandt werden können. Am Beispiel einer Richtericher Familie, deren zwei Kinder in verschiedenen Bezirken geboren sind, zeigt er auf, welche Behördengänge erforderlich sind, um für beide Kinder die Geburtsurkunden zu besorgen. Finanziell würde sich die Auflösung der Standesämter rechnen. Danach belaufen sich die Einsparungen auf insgesamt 184 TSD Euro.

 

 

Herr Verheyen (CDU) verweist darauf, dass Herr Frings in der Fragestunde die Geschichte der Bezirke richtig dargestellt habe. Seine Fraktion fühle sich dieser Verpflichtung verbunden. Viele Eilendorfer Bürger fragen sich, was hat die Stadt Aachen für den Bezirk Eilendorf überhaupt geleistet; welche überragenden Investitionen wurden erbracht? Spontan könne er nur die Erweiterung der Kläranlage in der Scheidmühle, den Sportplatz Nirm und einige Straßenbaumaßnahmen benennen. Die alte Gemeinde Eilendorf hätte bis zur Eingliederung vorbildlich gewirtschaftet. In den bei der Kommunalen Neugliederung abgefaßten Verträgen wäre beispielsweise vereinbart worden, dass den Eilendorfer Vereinen jährlich 48 TSD Deutsche Mark an Vereinszuschüssen bereitgestellt werden sollte. Davon sei man bei der heutigen Haushaltslage der Stadt Aachen weit entfernt. Nachdem etliche Aufgaben in den letzten Jahren nach Aachen verlagert worden sind, fällt es jetzt besonders schwer, das Standesamt aufzugeben. Gegen diese Salamitaktik muß die Bezirksvertretung sich wehren. Heute ist es das Standesamt, morgen das Friedhofsamt, übermorgen die Zusammenlegung der Bezirke Eilendorf und Haaren und so endlos weiter, und letztlich stehe die völlige Auflösung der Bezirksämter an. Er versteht das Mandat der Eilendorfer Bürger dahingehend, dass seine Fraktion sich für eine ortsnahe, bürgerfreundliche und aufgabenreiche Verwaltung vor Ort einsetzt und keine weiteren Verwaltungsaufgaben aufgibt. Wenn der Rat der Stadt Aachen mehrheitlich eine andere Entscheidung treffen sollte, wird seine Fraktion alle rechtlichen Möglichkeiten (Bürgerentscheid/Normenkontrollverfahren) ausschöpfen. Er stellt fest, dass sich kein städtisches Amt in den letzten Jahren derart stark verändert habe, wie die Bezirksämter. Auch sei der Abbau von Personal und Stellen überproportional erfolgt. So komme ihm immer wieder zu Ohren, dass die Fachämter in der Zentralverwaltung die Aufgaben der Bezirksämter auffangen können. Für ihn ein Indiz dafür, dass der Personalabbau vorrangig bei den Fachämtern erfolgen sollte, anstatt die Aufgaben den Bezirksämtern zu entreißen. Mit dem Weggang des Standesamtes gehe auch ein Identifikationverlust einher. Was nützen da alle bisherigen Lippenbekenntnisse bzw. Sonntagsreden der Politiker. Im Übrigen können die angestrebten Einsparungen auch in anderen Bereichen erzielt werden. Beispielsweise könnte auf den Architektenwettbewerb, der für die Montessori-Grundschule erfolgen soll, verzichtet werden. Ebenso kann der Bürger heute in der Tageszeitung lesen, aber nicht nachvollziehen, dass das Bauhaus Europa zukünftig jährlich 3 Millionnen Euro an Unterhaltungskosten verschlingt. Diesen Luxus leistet sich die  Stadt Aachen, aber hier wird um 184 TSD Euro gestritten. Das alles paßt nicht zusammen und widerspricht sich. Die CDU-Fraktion wehrt sich deshalb mit allen Mitteln gegen die Auflösung des Standesamtes Eilendorf.

 

Herr Beigeordneter Lindgens antwortet darauf, dass er wohl nicht richtig verstanden worden ist. Klar sei, dass kein Mitarbeiter entlassen und kein Arbeitsplatz wegrationalisiert würde. Die Stelleninhaber müssen nur woanders arbeiten. Das zentrale Standesamt kommt nach der Zusammenlegung nicht mit dem vorhandenen, in Aachen-Innenstadt tätigen Personal aus.

 

Herr Römer (ABL) ist weder von der Verwaltungsvorlage noch vom Vortrag von Herrn Beigeordneten Lindgens überzeugt. Für ihn ist offensichtlich, dass die Bezirksämter wegrationalisiert werden sollen, und somit die vielgepriesene Bürgernähe aufgegeben wird. Die bezifferten Einsparungen können nicht belegt werden, sondern werden einfach nur behauptet. Dieser Betrag kann auch woanders eingespart werden. Er kann nicht verstehen, dass keine Arbeitsplätze verloren gehen und  es ist ihm unmöglich nachzuvollziehen wie der Betrag von 184 TSD Euro zustande gekommen ist. Durch die Hartz IV-Gesetze haben die  Bezirksämter bereits 25 % ihres Personals abgebaut. Er fordert absolut, die jetzige Form des Bezirksamtes, also mit dem Standesamt, beizubehalten. Auch er behält sich juristische Schritte gegen anderslautende Ratsbeschlüsse vor.

 

Herr Beigeordneter Lindgens erläutert die Einsparungen. Auch habe er die einzelnen Bezirksämter niemals in Frage gestellt.

 

Herr Schäfer (SPD) verweist ausdrücklich darauf, dass Herr Beigeordneter Lindgens das Bezirksamt Aachen-Eilendorf nicht zur Disposition stellt. Für seine Fraktion kann er nur sagen, das genügend Service für den Bürger vor Ort erhalten bleibt und sogar noch ausgebaut werden kann. Letztlich habe man in diesen Zeiten überall Einsparungen zu erbringen. Für ihn ist die zentrale Frage, ob es bei den heute technischen Möglichkeiten zu einer Verschlechterung des Serviceangebotes kommt. Dabei legt er Wert darauf, dass die älteren Mitbürger möglichst viele Angelegenheiten in Eilendorf erledigen können. Die Verwaltung würde im Übrigen einen Ratbeschluss umsetzen, der noch unter den Mehrheitsverhältnissen der CDU mit der SPD im Rat beschlossen worden sei. Auch er möchte die Einsparsumme aufgeschlüsselt haben.

 

Herr Beigeordneter Lindgens erläutert, wie sich die 184 TSD Euro Einsparsumme errechnen. Danach werden insgesamt 2,5 Stellen nach der Besoldungsgruppe A 10 ( je Stelle 46 TSD Euro = 115 TSD Euro) abgebaut, 3 Arbeitsplätze (je Stelle 15.600 Euro = 46.800 Euro) plus 23 TSD Euro an Verwaltungskosten eingespart.

 

Frau Eschweiler (CDU) hält Herrn Beigeordneten Lindgens vor, mit fiktiven Zahlen zu operieren. Sie komme aus der Computerbranche und wisse, dass die ausgewiesenen Stellen- und Verwaltungskosten je Arbeitsplatz viel zu hoch gegriffen seien. Die Zentralverwaltung betreibe mehr oder weniger Effekthascherei.

 

Herr Beckers (SPD) erklärt, dass er glücklich über den Erhalt des Bezirksamtes Aachen-Eilendorf ist. Auch die Mehrheitsfraktionen im Stadtrat haben deutlich gemacht, dass für sie der Bürgerservice in den Bezirken wichtig ist. Es sei nun einmal Tatsache, dass der Service des Standesamtes nicht so oft in Anspruch genommen wird, wie die übrigen Dienstleistungsangebote. Viele Leistungen bleiben nach wie vor beim Bezirksamt. Die Änderung der organisatorischen Handlungsabläufe müsse nach Jahren  möglich sein, wenn diese z.B. durch finanzielle Zwänge reformbedürftig sind.

 

 

Herr Jahn (Bündnis90/Die Grünen) erklärt, dass auf Antrag seiner Partei die Standesämter zentralisiert werden sollen. Für ihn stellt sich die Frage, ob die jetzt angestrebte Regelung bürgerfreundlich ist. Dabei macht es keinen Sinn, weit in die Vergangenheit zurückzublicken. Er verweist darauf, dass gerade die neue Regelung bürgerfreundlicher ist, als die bisher praktizierte Lösung. So müssen  bei einer Heirat beispielsweise keine doppelten Standesamtsgebühren mehr gezahlt werden, wenn zwei verschiedene Standesämter im Stadtgebiet beteiligt sind. Stadtfahrten sind ebenfalls für die Bürger in den Bezirken nicht nötig, da die Personenstandsurkunden im jeweiligen Bezirksamt bestellt und zugeschickt werden können. Genügend Serviceangebot bleibt noch erhalten. Die Fallzahlen in den bezirklichen Standesämtern seien zu gering, um diese Verwaltungsaufgabe aufrecht zu erhalten. Uneffektive Aufgaben in der Verwaltung müssen gebündelt und konzentriert werden. Die Umstrukturierung führe dazu, dass die Verwaltung schlanker und leistungsstärker wird.

 

Herr Bezirksvorsteher Dondorf fragt Herrn Beigeordneten Lindgens, ob ihm bekannt ist, dass eine Abschrift aus dem Familienbuch (Personenstandsurkunde/gelbes Kartonblatt), welches am Wohnort der Familie geführt und erhältlich ist, also auch in Richterich, jegliche Besorgungsfahrten durch Aachen  überflüssig macht? Ferner möchte er wissen, ob das Zentralstandesamt alle Familienbücher und zusätzliches Personal ohne bauliche Veränderungen aufnehmen kann?

 

Herr Beigeordneter Lindgens erklärt den Sinn und die Handhabung des Familienbuches. Die Familienbücher aus den Stadtbezirken kann das Zentralstandesamt im Verwaltungsgebäude an der Krämerstraße aufnehmen, da in den nächsten Tagen eine neue Kompaktanlage installiert wird und Umbauarbeiten ohnehin bald anstehen.

 

Herr Verheyen (CDU) zweifelt die Einsparungen an. Er möchte nochmals darauf aufmerksam machen, dass die Stadt Aachen an anderen Dingen einsparen kann, hauptsächlich bei den Personalkosten. Zum Beispiel muß die Verwaltung ausscheidende Mitarbeiter nicht ersetzen.

 

Herr Beigeordneter Lindgens erklärt, dass Einsparungen im Personalbereich zur Zeit nur durch die Fluktuation der Mitarbeiter (Ausscheiden aus dem Dienst, Pensionierung etc.) entstehen.

 

Für Frau Eschweiler (CDU) sind die vorgelegten Zahlen nach wie vor nicht schlüssig. Sie sieht die Verwaltung als einen Servicedienstleister an, der über kurze Wege erreichbar sein muß. In den letzten Jahren sei bereits 25% des Personals, auch durch Hartz IV verursacht, in den Bezirken abgebaut worden.

 

Herr Schäfer (SPD) kann die Gründe der Verwaltung Kosten zu senken verstehen, zumal sich für den Bürger nichts Wesentliches verschlechtert. 79 heiratswillige Paare müssen in Zukunft ihr Aufgebot in Aachen Stadt bestellen, können aber weiterhin in Aachen-Eilendorf heiraten und sparen gegebenenfalls Standesamtsgebühren. Er sieht den verbleibenden Servicebereich im Bezirksamt Aachen-Eilendorf als ausreichend an.

 

Für Herrn van Booven (CDU) ist die Zentralisierung der Standesämter ein Rückschritt der vielgepriesenen Bürgernähe. Die völlige Zentralisierung der Verwaltung ist der nächste Schritt. Er hält die Konzentrierung der Standesämter für die falsche Lösung. Seiner Meinung nach haben die Bezirksämter bereits in den letzten Jahren genügend an Personal und Aufgaben eingespart. Der Bürger hat für die Einschnitte kein Verständnis mehr, und die Kluft zwischen Bürger und Verwaltung wird immer größer. Er möchte, dass das Vorhaben hier und heute gestoppt wird.

 

Herr Bezirksvorsteher Dondorf merkt an, dass sich alle Fraktionen in der Bezirksvertretung einig waren, die Bezirksämter in der jetzigen Form beizubehalten. Heute müsse er nun bedauerlicherweise feststellen, dass das alles Makulatur, Schnee von gestern sei. Er sei ebenfalls der Meinung, dass der Einsparwille bei der Hauptverwaltung nicht ernst genommen würde. Erinnern möchte er nochmals an das immer noch nicht abgeschöpfte Einsparpotential im Zentralstandesamt und beim Bauhaus Europa. Dagegen seien die Einsparungen bei den Bezirksämtern geradezu Peanuts. Für ihn ist eindeutig, dass am Ende des Weges die totale Auflösung der Bezirksämter und der Bezirksvertretungen steht. Letztlich sieht auch er, dass sich eines Tages die Bürger aus den Bezirken ebenso im Katschhof in die Warteschlangen einreihen und Bedienungsnummern ziehen müssen, wie die Bewohner der Innenstadt. Mündige Bürger würden auf diese Weise zu Bittstellern degradiert. Seit seinem Amtsantritt habe er immer wieder von der Zentralverwaltung in Aachen hören müssen, dass bestimmte Aufgaben den Bezirken abgenommen werden sollen. Er habe jetzt davon „die Schnauze voll.“ Er fordert, dass Herr Oberbürgermeister Dr. Linden endlich eingreift und dem Treiben ein Ende setzt.

 

Herr Schäfer (SPD) kann die Erregung der Eilendorfer Bürger und von einigen Mitgliedern der Bezirksvertretung nicht verstehen. Für ihn ist die Einrichtung eines zentralen Standesamtes ein guter Sparvorschlag. Er hat festgestellt, dass der Bürgersevice am Katschhof von den Aachener Bürgern stark angenommen wird.

 

Herr Jahn (Bündnis 90/Die Grünen) kritisiert die emotionalen Äußerungen des Bezirksvorstehers. Er sieht in der Zentralisierung des Standesamtes die Chance, Verwaltungsstrukturen zum Wohle des Bürgers (eine Anlaufstelle/Gebührenersparnis) zu verändern.

 

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Beschluss:

Die Bezirksvertretung Aachen-Eilendorf beschließt mehrheitlich (7 Stimmen dafür/6 Stimmen dagegen), dass das Bezirksamt Aachen-Eilendorf in der jetzigen Form auf Dauer erhalten bleibt.

 

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Anlagen zur Vorlage