02.02.2012 - 6 Projekt Campusbahn Aachen, weitere Vorgehensweise

Beschluss:
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Beratung

Anhand einer Präsentation erläutert Herr Mohnen von der Verwaltung ausführlich die vorliegende Machbarkeitsstudie zur Einrichtung eines schienengebundenen Verkehrsmittels. Ausgehend von der aktuellen Beschlusslage wirft er zum Vergleich einen Blick auf verschiedene Stadtbahnen in Frankreich, weil in dem Nachbarland nicht nur in großen Städten Stadtbahnen etabliert werden konnten. Herr Mohnen geht zur Begründung der Einführung des Hochleistungssystems auf die Entwicklung der Einwohnerzahlen, Anzahl der Studienplätze und Arbeitsplätze im Bereich Campus Melaten ein. Da der heutige ÖPNV bereits an der Grenze der Leistungsfähigkeit angelangt sei, müsse für die weitere Entwicklung ein entsprechendes System eingeplant werden. Dies werde auch dem geänderten Mobilitätsverhalten der jüngeren Generation geschuldet. Zurzeit könnten noch entsprechende Fördermittel beantragt werden. Im Einstiegskonzept werde eine erste Achse ausgehend vom Campus Melaten über Templergraben, Bushof, Adalbertsteinweg und Trierer Straße bis Brand berücksichtigt. Diese Achse sei förderfähig, da der volkswirtschaftliche Nutzen höher sei als die damit verbundenen Kosten. Das zugehörige Fahrzeugkonzept sehe 30 m lange Einheiten vor, die bei entsprechendem Bedarf kombiniert werden könnten. Bei dem Projekt sei der Innovationsaspekt in Bezug auf die Koppelung mit Maßnahmen zur Förderung der Elektromobilität maßgeblich. Beispielsweise könnten auch Busse auf Elektromobilität umgestellt werden und die für die Stadtbahn notwendigen Oberleitungen mit nutzen. Im Stadtzentrum solle jedoch in jedem Fall oberleitungsfrei gefahren werden. Darüber hinaus sei eine Verknüpfung zur individuellen Mobilität durch gemeinsame Nutzung der Infrastruktur möglich. Angedacht sei die Nutzung mehrerer Verkehrssysteme mit einem Ticket zu ermöglichen. Auf Anforderung des Bundes und des Landes sei bereits im Januar eine Bewerbung zusammen mit den Projektpartnern vorgenommen worden. Abschließend geht Herr Mohnen auf die geschätzten Kosten des Projektes und den im Endeffekt verbleibenden jährlichen Finanzierungsbedarf in Höhe von 4 bis 6,5 Mio. € ein. Im weiteren Verlauf sei eine umfangreiche Information der Bürgerschaft geplant, die zunächst nach einer Veranstaltung im Super C in den Stadtbezirken aufgegriffen werde.

 

Der Vorsitzende, Herr Jahn, verweist auf einen Beschlussantrag der Fraktionen CDU und Grüne, der den Vorschlag der Verwaltung aufgreift und hinsichtlich des Finanzierungsaspektes ergänzt.

 

Aus Sicht von Frau Breuer von der CDU-Fraktion würde sich die Realisierung des Vorzeigeprojektes positiv für Aachen auswirken. Auch die gewählte Verbindungsachse zwischen Campus Melaten und Brand sei richtig gewählt. Ob das Projekt aber tatsächlich umgesetzt werden könne, sei eine Finanzierungsfrage. Zunächst müsse genau ermittelt werden, wie sich die Förderung auswirken würde. Erst wenn belastbare Zusagen vorlägen, könne eine verbindliche Entscheidung getroffen werden.

 

Herr Servos hält es als Mitglied der SPD-Fraktion für selbstverständlich, dass die Finanzierung gesichert sein müsse. Dies entspreche faktisch auch der Verwaltungsvorlage. Da es sich bei der Campusbahn um ein Jahrhundertprojekt mit massiven Änderungen für die Stadt Aachen handele, könne die Bürgerbeteiligung nicht umfangreich genug ausfallen. Entscheidend für die Nutzung des neuen Verkehrsmittels sei der Wandel im Mobilitätsverhalten der Bürger, wonach die Bedeutung des eigenen Autos abnehme. Darüber hinaus würden immer mehr ältere Personen den ÖPNV benutzen und die bessere Barrierefreiheit einer Bahn benötigen. Auch der langfristige Rückgang der Ölförderung dürfe nicht außer acht gelassen werden. Insoweit müsse eine vergleichende Kostenrechnung für den Fall aufgestellt werden, dass die Bahn nicht gebaut würde. Die Vorlage der Verwaltung reiche hierzu nicht aus, weil die Kosten der Bahn zu konservativ gerechnet worden seien. So sei beispielsweise der Kraftstoffverbrauch nach heutigen Preisen zugrunde gelegt worden. Außerdem müssten die höheren Kosten für Straßenunterhaltung und Busnetzoptimierung gegen gerechnet werden. Auch die Kosten für den Betriebshof seien zu hoch angesetzt worden. Bei der Frage, wo ein Depot eingerichtet werden könnte, sollte unter Berücksichtigung der zweiten Trassenvariante der Standort Bombardier an der Jülicher Straße geprüft werden. Dort könnten vorhandene Hallen im Rahmen einer Kooperation mit dem Fahrzeughersteller genutzt werden. Bei Bewertung des Finanzierungsvorbehaltes plädiere er für einen fairen Vergleich, der nicht nur eine Fortschreibung für den ÖPNV berücksichtige. Abschließend bekundet Herr Servos seine persönliche Meinung, dass der erhöhte Komfort eines schienengebundenen Transportsystems die damit verbundenen Mehrkosten rechtfertige.

 

Als Mitglied der Fraktion Die Linke begrüßt Herr Müller, dass kein ideologischer Grabenkampf mehr ausgetragen werde und neben der Bürgerinitiative auch die Industrie- und Handelskammer das Projekt befürworte. Schließlich seien die mit einer Bahn verbundenen Vorteile hinreichend bekannt und insbesondere im Nachbarland Frankreich zu erfahren. Da die Franzosen viel zu früh auf das Auto als Verkehrsmittel gesetzt hätten, sei deren Bussystem an Grenzen gestoßen. Bereits seit den 80er Jahren würden in Frankreich neue schienengebundene Systeme aufgebaut. In diesem Zusammenhang seien immer hohe Prognosen hinsichtlich der Nutzung aufgestellt worden. Trotzdem seien diese Schätzungen in der Praxis sogar übertroffen worden. Der Doppelgelenkbus stelle nun das Ende der Entwicklung im Busverkehr dar, danach fange die Bahn an. Zudem ließe sich diese Technologie weiter ausbauen. Der finanzielle Aspekt dabei sei zwar schwierig aber bei entsprechender Prioritätensetzung machbar.

 

Für die FDP-Fraktion nimmt Herr George ausführlich Stellung. Demnach bleibe seine Fraktion bei einer Ablehnung eines schienengebundenen Systems, da es sich insbesondere um ein Jahrhundertprojekt für den städtischen Haushalt handeln würde. Das erarbeitete Konzept sei toll und innovativ, Platz und Geld sei in Aachen jedoch nicht dafür vorhanden. Die Darstellung der Straßenräume in Fotomontagen sei unrealistisch, da die Straßenquerschnitte tatsächlich zu gering seien. Daraus ergäben sich Probleme für den Liefer- und Andienungsverkehr. Auch die Anfahrbarkeit der öffentlichen Parkhäuser werde sich durch die Bahntrasse nicht verbessern. Massive Platzprobleme gäbe es darüber hinaus im Bereich des Adalbertsteinweges und der Trierer Straße. Auch die Haltestellen für eine Doppeltraktion mit insgesamt 60 m Länge bräuchten viel Raum. Da er nicht glaube, dass der Individualverkehr in Zukunft wesentlich abnehmen werde, werde der vorhandene Straßenraum nicht für ein zusätzliches System ausreichen. In diesem Zusammenhang sei von der Verwaltung bereits dargestellt worden, dass es am Adalbertsteinweg und anderen Straßen keine zwei Fahrstreifen mehr pro Richtung geben könne. Ein anderer Aspekt sei die als Begründung für die Bahn angeführte Steigerung der Nutzungszahlen. Aus seiner Sicht sei es nicht nachvollziehbar, warum die Studentenzahl weiter zunehmen werde, da bereits jetzt die Doppeljahrgänge auf die Universitäten zukämen. Die höchsten Studentenzahlen sollten voraussichtlich in den Jahren 2015 und 2016 erreicht werden. Schon allein wegen des demographischen Wandels glaube er daher nicht an eine weitere Steigerung. Dem Beschlussentwurf der Verwaltung könne seine Fraktion nicht zustimmen, da keine weiteren Kosten verursacht werden sollten.

 

Frau Crumbach-Trommler ergänzt, dass man in Krisenzeiten mit hoher Verschuldung nicht nur auf die staatliche Förderung bauen sollte. Die geschätzten Kosten für einen Kilometer Stadtbahntrasse in Höhe von 12,5 Mio. € sollten mit den realistischen Kosten z. B. für den Transrapid oder den ICE verglichen werden. Eine zweite Strecke für das System sei unter keinen Umständen machbar. Es sei unverhältnismäßig für einen 10 %igen Anteil am ÖPNV-Verkehr 234 Mio. € investiv auszugeben. Außerdem müsse berücksichtigt werden, dass Fördermittel nur für eine eigene Trassenführung der Bahn geleistet würden. Die angedachte Koppelung an das Projekt der Elektroautomobilität werde von Experten für unrealistisch gehalten, da wegen der hohen Anschaffungskosten erst in 7 bis 10 Jahren mit einer Verbreitung von Elektrofahrzeugen gerechnet werden könne. Eine Umweltstudie des Bundes belege, dass auch in Zukunft der Strom in Deutschland mit Kohlkraftwerken produziert werde.

 

Als Vertreter der CDU-Fraktion hält Herr Janßen die Einführung der Campusbahn für verkehrspolitisch wünschenswert. Das Verkehrsmittel sei schnell, attraktiv und besser für die Umwelt. Nicht umsonst gebe es verschiedene Bürgerinitiativen in der Stadt, die für das berechtigte Interesse einträten, die Belastungen durch Verkehrsimmissionen zu verringern. Hierzu eigne sich die Entwicklung der Campusbahn. Außerdem sei es gut, die Elektromobilität in das Projekt mit einzubinden. Er glaube, dass im Straßenraum ausreichender Platz für das Verkehrsmittel vorhanden sei. Die Planung des erstrebenswerten Projektes solle weiter betrieben werden, müsse aber mit ehrlichen und konservativ berechneten Kostenansätzen einhergehen. Die weitere Bewertung solle dann Antworten zu den offenen politischen Fragen geben. Fraglich sei beispielsweise, warum die Kosten für eine Stadtbahnerweiterung in Hamburg deutlich höher liegen als die hiesigen Kostenschätzungen. Die tatsächlichen Kosten in Höhe von 338 Mio. € für die Einrichtung der Stadtbahn in Reims mit 11,2 km Länge weiche erheblich von den geschätzten Kosten in Höhe von 237 Mio. € für die Aachener Bahn mit 12 km Länge ab.

 

Aus Sicht des Herrn Ferrari von der Fraktion Grüne lege die Zunahme der ÖPNV-Nutzung den Bau der Stadtbahn nahe. Es müsse daher geklärt werden, wie in 10 Jahren ÖPNV zu betreiben sei, wenn die Grenze der Leistungsfähigkeit des Bussystems erreicht sei. Seine Fraktion unterstütze die Forderung, die Kosten zunächst zusammenzustellen und konservativ zu rechnen. Dem gegenüber müsse der Nutzen einer Bahn bewertet werden. Hinsichtlich der Nutzung des ÖPNV in der Zukunft müsse das geänderte Mobilitätsverhalten der Jugendlichen einkalkuliert werden.

 

Frau Nacken bekräftigt, dass sich die Verwaltung bei den Kosten am Benchmarking orientiert habe. Da die bisherige Schätzung von den Einen zu positiv und von den Anderen zu negativ beurteilt werde, scheine sie sich in einem realistischen Durchschnittsrahmen zu bewegen. Warum die Kosten in Hamburg so ungewöhnlich hoch seien, werde von der Verwaltung geklärt und bei nächster Gelegenheit im Ausschuss erläutert. Die Kosten der französischen Systeme seien wegen der Verwendung von Induktionseinrichtungen dreimal so teuer wie die Ausstattung mit Oberleitungen. Außerdem seien im Nachbarland die Kosten für die gesamte Stadterneuerung in die Berechnungen mit einbezogen worden. Im Stadtbezirk Brand bleibe die Bahntrasse in jedem Fall zwischen den vorhandenen Gehwegen, sodass eine umfangreiche Umgestaltung der kürzlich ausgebauten Trierer Straße nicht erforderlich würde. Die Kosten der Stadtbahn seien nicht mit einer ICE- oder einer Transrapidtrasse zu vergleichen.

Tatsächlich solle die mögliche Entwicklung der Studierendenzahlen aus der Projektbeschreibung herausgenommen werden, obwohl eine hohe Studierendenanzahl und insgesamt eine konstante Einwohnerzahl für Aachen angestrebt werde. Wesentlich sei hingegen das veränderte Mobilitätsverhalten der Bürger. Während noch vor 10 Jahren die IHK gegen die Einführung der Stadtbahn plädiert habe, erkenne diese das veränderte Mobilitätsverhalten nachrückender Generationen heute an. Die Weiterentwicklung der Elektromobilität stelle einen wichtigen Kristallisationspunkt für die RWTH Aachen dar. Die Einbindung in das Projekt biete für Aachen die einmalige Chance, bei der Weiterentwicklung der Elektromobilität ganz oben mitzuspielen.

 

Herr A. Müller ergänzt, dass in Frankreich im Zusammenhang mit den Stadtbahnprojekten immer umfangreiche Stadtgestaltungsmaßnahmen durchgeführt worden seien. Darüber hinaus werde dort viel Geld für das Design der Züge ausgegeben, was in Aachen nicht notwendig sei.

 

Frau Crumbach-Trommler äußert ihre Sorge, dass nach Erreichen der Mittelbewilligung aufgehört werde zu rechnen und das Projekt letztendlich zu groß werde. Bei einer Verschuldung von jährlich aktuell 55 Mio. € könne nicht über neue Lasten nachgedacht werden. Unabhängig davon befürworte ihre Fraktion die Innovation durch Elektromobilität. Hinsichtlich der Umweltverschmutzung müsse jedoch berücksichtigt werden, dass es sich nicht nur um ein verkehrliches Problem sondern auch um ein Problem des Hausbrandes handele. Außerdem seien bereits erhebliche Verbesserungen durch die Abgasreduzierung der Fahrzeuge erreicht worden.

 

Herr Janßen regt an, auch nach einer möglichen Förderungszusage weiterhin die Finanzierung im Auge zu behalten. Zum jetzigen Zeitpunkt solle nicht aufgehört werden zu denken, da eine andere Art des ÖPNV benötigt werde.

 

Herr B. Krott von der SPD-Fraktion sieht die Chance, die Elektromobilität durch die Stadtbahn für alle Bürger bezahlbar zu machen.

 

Herr George erinnert daran, dass seine Fraktion bei der grundsätzlichen Diskussion über die Erweiterung des ÖPNV ein innovatives Buskonzept befürwortet habe. Seines Wissens nach sei die Vorstellung eines entsprechenden Konzeptes in der Lenkungsgruppe positiv aufgenommen worden. Nunmehr werde aber keine Alternative mehr zum Stadtbahnprojekt auf den Tisch gelegt, obwohl deren Probleme so gravierend seien, dass er nicht für eine Weiterverfolgung dieses Projekts plädieren könne.

 

Der Vorsitzende, Herr Jahn, lässt über den beantragten erweiterten Beschlussentwurf abstimmen.

 

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Beschluss:

Der Mobilitätsausschuss sieht eine große Chance für die Entwicklung der Stadt und Hochschule in der Fortentwicklung des ASEAG Bussystems hin zu einer Campusbahn mit einer ersten Achse von der Uniklinik bis nach Brand.

Der Mobilitätsausschuss beauftragt daher die Verwaltung, die dafür erforderlichen nächsten Schritte vorzubereiten und

-          eine intensive Bürgerinformation und Bürgerbeteiligung durch zu führen,

-          die für eine standardisierte Bewertung erforderlichen Planung für die erste Achse zu erarbeiten,

-          die standardisierte Bewertung der ersten Achse in Auftrag zu geben,

-          einen Antrag auf Förderung nach Gemeindeverkehrsfinanzierungsgesetz (GVFG) beim Bund zu stellen und

-          eine Projektgesellschaft in Abstimmung mit der ASEAG vorzubereiten.

Die Entscheidung für oder gegen den Bau der Campusbahn wird durch die politischen Gremien der Stadt Aachen erst getroffen, wenn belastbare Zahlen für die eingeworbenen Fördermittel vorliegen und die finanziellen Auswirkungen für die Stadt Aachen abschließend bewertet werden können.

Die Verwaltung wird aufgefordert, in der nächsten Sitzung in einer ausführlichen Vorlage das bisherige Finanzierungskonzept des Projektes darzulegen und zu erläutern.

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Abstimmungsergebnis: Mehrheitlich bei zwei Gegenstimmen der FDP-Fraktion

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