24.10.2012 - 28 Aufruf des Rates der Stadt Aachen zur geplanten...

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Beratung

Ratsherr Baal, Vorsitzender der CDU-Fraktion, erklärt sich fassungslos über die Nachricht zur Schließung des Bombardier-Werkes, für die von Seiten der Geschäftsführung des Traditionsunternehmens bis zum heutigen Tage kein nachhaltiger Grund genannt worden sei. Zumindest seien Kapazitätsprobleme und wirtschaftlicher Verlust objektiv auszuschließen. Man könne nur mutmaßen, dass die Entscheidung nicht in Aachen selbst, sondern im Ausland getroffen worden sei. Für die Stadt selbst sei die Schließung eine Katastrophe. Betroffen seien 600 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sowie deren Familien. Ebenfalls betroffen von der Schließung seien die Zulieferer von Bombardier. Das Unternehmen, bestehend seit immerhin 175 Jahren, habe stets eine starke Solidarität von der Stadt Aachen erfahren, nicht zuletzt deshalb, weil es enorm zu dem Ruf beigetragen habe, dass in Aachen im Industriebereich Qualität produziert werde. Dieses so etablierte Markenzeichen brenne man nun einfach aus. Ein solches Verhalten, insbesondere gegenüber den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, sei absolut nicht hinnehmbar.

Die Resolution, die von den Mitgliedern des Rates der Stadt zusammen verfasst worden sei, solle das Zeichen sein, dass diese Stadt eben nicht auf Talbot verzichten wolle und zu den Menschen stehe, die dort gerade um ihren Arbeitsplatz kämpfen. Es bleibe zu hoffen, dass dieser Kampf nicht vergeblich sei. Um das zu erreichen, setze man sich gemeinsam mit diesen Menschen überall für den Erhalt des Werkes ein.

 

Der Oberbürgermeister weist darauf hin, dass am morgigen Tag eine Versammlung vor dem Werkstor geplant sei, um gegen 11.30 Uhr die Entscheidung des Wirtschaftssausschusses zu vernehmen. Jedes Ratsmitglied sei eingeladen, an diesem Treffen teilzunehmen,

 

Ratsherr Müller, Vorsitzender der Fraktion Die Linke, dankt den Ratsmitgliedern fraktionsübergreifend für die schnelle und reibungslose klar formulierte Erklärung in Richtung Bombardier. Hier habe man an eine alte und gute Tradition angeknüpft, auch wenn die Chancen, hierdurch in den weiteren Verlauf eingreifen zu können, als gering einzuschätzen seien.

Die Schließung des Unternehmens sei nicht nur eine von Kälte geprägte Entscheidung, sondern leider vielmehr ein Beispiel für die derzeitige Entwicklung, in der auf die Mitarbeiter und deren Bedürfnisse immer weniger Rücksicht genommen werde. Entsprechend kalt müsse man auf solche und ähnliche Entscheidungen reagieren.

Bemerkenswert finde er die Zusage des Landes Nordrhein-Westfalen, sich für den Erhalt des Werkes einzusetzen. Ob dies allerdings auf den Muterkonzern in Kanada Eindruck zu schinden vermöge, wage er zu bezweifeln.

 

Die Firma Talbot sei ein gutes oder schlechtes Beispiel dafür, was passiere, wenn Unternehmen vor Ort durch Großunternehmen aus dem Ausland übernommen werden, so Ratsherr Höfken, Vorsitzender der SPD-Fraktion. Entscheidungen werden nicht mehr vor Ort und auch unabhängig von den örtlichen Gegebenheiten getroffen. Talbot habe bereits mehrmals schmerzlich die Auswirkungen solcher Entscheidungen erfahren müssen.

Was die Schließung angehe, fühle man sich ohnmächtig. Als Rat der Stadt habe man lediglich die Möglichkeit, mit dieser Resolution zu zeigen, dass man sich an die Seite der Mitarbeiter stelle und bekunde, dass alle gemeinsam für den Erhalt des Werkes kämpfen. Was der Verlust industrieller Arbeitsplätze für die Stadt Aachen bedeute, habe Ratsherr Baal schon ausgeführt. Es bleibe zu hoffen, dass man sich von Seiten des Unternehmens doch noch anders entscheiden werde, wahrscheinlich sei es jedoch nicht.

 

Ratsherr Schaffrath, FWG, schließt sich seinen Vorrednern an, bringt seine Unterstützung der Resolution zum Ausdruck und bittet darum, die FWG unter dem Resolutionstext mit zu erfassen.

 

Ratsherr Helg, Vorsitzender der FDP-Fraktion, schließt sich ebenfalls seinen Vorrednern an. Die Resolution zeige trotz der unterschiedlichen Aisrichtungen der Fraktionen wieder einmal, dass trotzdem all ihre Vertreter sowie auch alle parteigebundenen Vertreter dieses Rates im Stande seien, gemeinsame Signale nach außen zu setzen. Die Nachricht über die bis jetzt nicht begründete und auch nicht begründbaren Schließung des Werkes sei absolut schockierend gewesen. Es bleibe zu hoffen dass die Unternehmensleitung ihre getroffene Entscheidung nochmals überdenken werde.

 

Ratsherr Schnitzler, UWG, erklärt seine Unterstützung der Resolution und bittet ebenfalls, dort erfasst zu werden.

 

Ratsherr Bosseler erklärt stellvertretend, dass auch die Piraten die Resolution unterstützen, eine Rücknahme der Entscheidung allerdings zweifelhaft sei. Im Grunde geschehe hier derzeit das Gleiche wie bei der Schließung des Nokia-Werkes in Bochum.

 

Ratsherr Rau, Fraktion Die Grüne, erklärt, ihm gegenüber sei von Unternehmensangehörigen berichtet worden, dass die Entscheidung zur Schließung wohl nicht in Kanada, sondern auf deutscher Ebene beschlossen worden sei. Diese sei umso unverständlicher, betrachte man die derzeitige weltweite Entwicklung von Schienenfahrzeugen, die einen absoluten Boom erlebe. Sowohl an der RWTH als auch an der FH in Aachen werden viele Forschungsprojekte hierzu voran getrieben. Insofern gehe man mit der Schließung eher einen Schritt zurück.

 

Der Oberbürgermeister gibt abschließend den Hinweis, dass jederzeit die Möglichkeit bestehe, mit dem Betriebsrat des Unternehmens in Kontakt zu treten. Jedes Signal der Unterstützung sei sicherlich eine kleine Hilfe in dem Kampf, der bevorstehe.

Leider müsse er in diesem Zusammenhang die weitere Hiobsbotschaft verkünden, dass in Genk ein Ford-Produktionswerk, dessen Bestehen zunächst bis zum Jahr 2020 gesichert zu sein schien, nun doch im nächsten Jahr zur Schließung anstehe und insgesamt 5.000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter entlassen müsse. Er beabsichtige, am morgigen Tag eine im Namen der Stadt und des Rates verfasste Solidaritätsbekundung nach Genk zu übersenden.

 

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Beschluss:

Der Rat der Stadt beschließt einstimmig wie folgt:

 

Der Rat der Stadt Aachen unterstützt die Belegschaft der Bombardier Transportation GmbH in ihrem Kampf um den Erhalt ihrer Arbeitsplätze am Standort Aachen und fordert die Unternehmensführung auf, die Pläne der Standortschließung aufzugeben. Die Mitglieder des Stadtrats unterstützen die bisherigen Anstrengungen von Abgeordneten und Landesregierung und fordern alle Aachener Abgeordneten in Bund und Land auf, sich aktiv für den Erhalt der Arbeitsplätze bei Bombardier einzusetzen und nichts unversucht zu lassen, die Schließung zu verhindern. Rat und Verwaltung der Stadt Aachen erklären sich bereit – wie schon in der Vergangenheit – im Rahmen ihrer Möglichkeiten bei der Sicherung und Auslastung des Produktionsstandorts Aachen mitzuwirken.

 

Mit der Schließung des 175 Jahre alten Aachener Produktionsstandortes für Schienenfahrzeuge würden rund 600 Beschäftigte ihren Arbeitsplatz, viele Familien ihr Einkommen verlieren. Enormes technisches Wissen und Können ginge verloren. Nicht nur die soziale Verantwortung für die jetzigen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter ist ein wichtiges Argument für den notwendigen Erhalt des Werks, sondern auch die Zukunftssicherung des Werks und der Arbeitsplätze durch die Einbindung des Unternehmens in die Aachener Hochschul- und Forschungslandschaft. Die Mobilitätsanforderungen unserer Zeit verlangen neue und innovative schienengebundene Produkte und Dienstleistungen. Die Aachener Hochschulinstitute mit ihrer Kompetenz in Schienentechnologie, Logistik und Mobilitätskonzepten der Zukunft sowie das Prüfzentrum für Schienenfahrzeuge in Wegberg-Wildenrath bieten hervorragende Rahmenbedingungen für den Werksstandort Aachen und das gesamte Unternehmen Bombardier.

 

Die Aussage der Geschäftsleitung, Grund für die Schließung des Standorts sei die schwierige Auftragslage, erscheint vor dem Hintergrund der Selbstdarstellung des Unternehmens als „weltweiter Marktführer in der Schienenverkehrstechnik und den damit verbundenen Dienstleistungen“ schlichtweg unaufrichtig. Die Umsätze der gesamten Bahnindustrie steigen. Der Verband der Bahnindustrie in Deutschland (VDB) e.V. zieht eine positive Bilanz für das erste Halbjahr 2012. In der erst letzten Monat vorgestellten Studie „Weltmarkt Bahn 2012“ heißt es: „Das Marktvolumen der weltweiten Bahntechnik beträgt aktuell 143 Mrd. EUR (…) und wächst bis 2016 mit 3,5 % auf 170 Mrd. EUR noch leicht an.“

 

Es besteht daher kein Grund für Bombardier, den Industrie- und Wissenschaftsstandort Aachen aufzugeben und dabei hunderte Arbeitsplätze zu vernichten, auf die diese Stadt und Region dringend angewiesen sind.

 

(Die Resolution ist der Originalniederschrift als Anlage beigefügt.)

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Abstimmungsergebnis:

Zustimmung:              Ablehnung:              Enthaltung:

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Anlagen