17.06.2015 - 4 Flüchtlingssituation in AachenPlanungen für Brand
Grunddaten
- TOP:
- Ö 4
- Zusätze:
- Es wird mündlich berichtet.
- Gremium:
- Bezirksvertretung Aachen-Brand
- Datum:
- Mi., 17.06.2015
- Status:
- gemischt (Niederschrift freigegeben)
- Uhrzeit:
- 17:00
- Anlass:
- Öffentliche/Nichtöffentliche Sitzung
Beratung
Herr Bezirksbürgermeister Tillmanns begrüßt Herrn Emonts, Leiter des Fachbereichs Integration und Soziales. Die Bezirksvertretung Brand sei daran interessiert, Informationen über die Flüchtlingssituation im gesamten Stadtgebiet, insbesondere über den Stadtbezirk Brand zu erhalten.
Herr Emonts führt aus, dass der Fachbereich Integration und Soziales als Aufgabengebiet auch die Unterbringung der Flüchtlinge sowie die adäquate Betreuung umfasse. In der nächsten Woche werde ein von der Verwaltung entwickeltes Konzept zur Versorgung der Menschen mit Wohnraum und den sonstigen Bedürfnissen vorgestellt. Im Stadtgebiet Aachen seien 970 Flüchtlinge untergebracht, wovon ca. 500 in abgeschlossenen Wohnungen leben. Die übrigen 300 Flüchtlinge seien in Übergangswohnheimen und Schulen untergebracht. Es seien weitere 150 Plätze für Flüchtlinge vorhanden, die in nächster Zeit zureisen würden. Die Flüchtlinge würden nach einem Quotenprinzip, dem sog. Königsberger Schlüssel, in Nordrhein-Westfalen gleichmäßig auf die Städte verteilt. Die Stadt Aachen nehme weit mehr unbegleitete minderjährige Flüchtlinge auf als andere Städte. Da diese Menschen bei der vorgenannten Verteilung zahlenmäßig berücksichtigt würden, habe die Stadt Aachen seit Februar keine weiteren Zuweisungen mehr erhalten. Ab Juli müsse allerdings mit 100 – 200 neu zugewiesenen Flüchtlingen monatlich gerechnet werden. Wegen der unerlaubt Einreisenden könne aber nicht genau gesagt werden, wie viele Flüchtlinge tatsächlich insgesamt nach Aachen kommen. Es sollten auf Dauer ca. 1.000 Unterbringungsplätze bereitgehalten werden. Von den 979 in Aachen aufhaltenden Flüchtlingen würden in Relation zur Gesamtbevölkerung (6,68 %) auf den Stadtbezirk Brand 67 entfallen. Aktuell seien in Brand 16 Flüchtlinge in 6 Wohnungen untergebracht. 2 weitere Wohnungen seien angemietet, potentiell seien 26 von 67 möglichen Plätzen vorhanden. Weitere Objekte seien wegen der hohen Mietkosten oder der baurechtlichen Situation noch nicht konkret. Für die Schagenstraße bestünden Überlegungen, Wohncontainer neben der Kita aufzustellen, soweit entsprechender Bedarf bestehe. Der Standort sei zurzeit aber noch unten auf der Prioritätenliste angesiedelt.
Einer Hochrechnung zufolge könnten Ende 2015 ca. 2.200 Flüchtlinge in der Stadt Aachen leben, hiervon würden ca. 134 Personen auf Brand entfallen. Um die Sozial- und Quartiersverträglichkeit zu gewährleisten, würden in erster Linie Bestandswohnungen angemietet. Die Stadt nutze eigene Wohnungen und Wohnungen der GeWoGe, mit der eine Kooperation bestehe. Darüber hinaus komme die Anmietung von Wohnimmobilien von Dritten sowie Gewerbeprojekten oder Schulen in Betracht. Erst wenn damit der Bedarf nicht gedeckt werden könne, würden Container in Riegeln von jeweils 57 Stück auf der Grundlage einer europaweiten Ausschreibung aufgestellt. Deren Lieferzeit betrage ca. drei bis vier Monate.
Herr Bezirksbürgermeister Tillmanns bedankt sich bei Herrn Emonts für seine Ausführungen.
Ratsfrau Lürken von der CDU-BF bedankt sich ausdrücklich bei Herrn Emonts für seine geleistete Arbeit. Die Zahl der Flüchtlinge wechsele ständig, ebenso die Planungssicherheit und Planungsgrundlage. Die Anstrengungen zur adäquaten Unterbringung der Menschen finde sie beachtenswert. Der Stadtbezirk Brand pflege eine Willkommenskultur und das „Brander Wir Gefühl“ beziehe sich auf alle Menschen.
Herr Hellmann von der SPD-BF schließt sich den Ausführungen von Ratsfrau Lürken an. Der Stadtbezirk Brand habe Erfahrungen mit Flüchtlingen. Er hoffe, dass bei einem weiteren Zuzug von Flüchtlingen die Akzeptanz in der Bevölkerung weiterhin hoch sein werde, damit diese adäquat untergebracht werden könnten. In der nächsten Woche finde eine Konferenz statt, zu der die Fraktionssprecher der politischen Gremien geladen seien. Er fragt an, was diese Konferenz im Unterschied zu heute bringen würde.
Herr Emonts möchte den Dank und die Anerkennung an seiner Mitarbeiter weitergeben. Der Fachbereich habe ein umfangreiches Konzept zur Unterbringung und Betreuung der Flüchtlinge in Aachen erarbeitet. Sein Vortrag in der Bezirksvertretung gebe nur einen groben Überblick, bei der anstehenden Konferenz werde aber näher ins Detail eingegangen.
Ratsherr Blum von der FDP bedankt sich für die geleistete Arbeit. Den Flüchtlingen müsse in jeder Hinsicht geholfen werden. Den täglichen Nachrichten könne entnommen werden, dass erneut Flüchtlinge in überfüllten Booten ihr Heimatland verlassen. Problematisch werde es bei der Schaffung von Wohnraum. Bezüglich der Finanzierung befürchte er, dass sich die Stadt Aachen auch wegen der Flüchtlinge mit einem Haushaltssicherungskonzept befassen müsse. Bei einer Tagung des Städtetages in Dresden habe diese Problematik großen Raum eingenommen. Die vom Bund an die Länder zugewiesenen Gelder würden auf die Kommunen verteilt. Diese erhielten z.B. in Bayern 95% und in Mecklenburg-Vorpommern sogar 100% zur Finanzierung der Flüchtlingsaufnahme. In Nordrhein-Westfalen gebe das Land aber nur 30-35% an die Kommunen weiter. Diese Gelder müssten auch hier unbedingt weitergeleitet werden.
Frau Reiber von der GRÜNE-BF schließt sich ihren Vorrednern an. Die Finanzierung dürfe nicht auf den Rücken der Flüchtlinge ausgetragen werden. Sie fragt nach, ob die unbegleitet eingereisten Flüchtlinge in Jugendgruppen oder wie Erwachsene untergebracht würden.
Herr Emonts teilt mit, dass diese minderjährigen Flüchtlinge in einer anderen Situation seien als die Personen, die vom Sozialamt betreut würden, da hier das SGB VIII (Jugendhilferecht) gelte, das nicht zwischen Flüchtlingskindern und anderen Kindern unterscheide. Die Kinder würden nach den Vorschriften des Landesjugendamtes untergebracht und betreut, i.d.R. in einem Familienverband. Wichtig sei die gute Zusammenarbeit zwischen den Fachbereichen Kinder, Jugend und Schule sowie dem Fachbereich Integration und Soziales, um Übergangssysteme für die jungen Menschen zu schaffen.
Ratsherr Palm bedankt sich bei Herrn Emonts und äußert die Meinung, dass bei aller Willkommenskultur die Fakten nicht aus den Augen gelassen werden dürften. Hieran komme man nicht vorbei, wenn man bedenke, dass die Anerkennungsquote lediglich bei 2 % und bei Kriegsflüchtlingen bei 25 % liege. Er unterstütze jegliche Form der Flüchtlingshilfe, soweit sie rechtens sei. Man dürfe aber nicht außer Acht lassen, dass viele junge Männer einreisten und sich in Brand dadurch einiges verändern, so z.B. die Kriminalität ansteigen werde. Er fragt nach, welche Möglichkeit zur Beschleunigung des Prüfungsverfahrens bestehen.
Für die Stadt Aachen sei es wichtig – so Herr Emonts - mit Sachargumenten gegen Vorteile anzugehen. 50% der in Aachen untergebrachten Flüchtlinge seien Kinder und Jugendliche und fast alle Flüchtlinge seien traumatisiert.
Herr Hellmann von der SPD-BF geht auf die Ausführungen von Ratsherrn Blum ein, wonach nur ca. 30 % der Bundesmittel in Nordrhein-Westfalen ankämen. Diese Behauptung könne aktuell nicht nachvollzogen und geprüft werden. Die Kinder und Jugendlichen in Aachen würden beschult, wofür das Land zusätzlich Lehrkräfte einstelle. Die Honorare dieser Lehrkräfte sollten bei den Zuschüssen berücksichtigt werden. Er bittet Herrn Emonts um Mitteilung, wieviel unbegleitet eingereiste Flüchtlinge in extra eingerichteten Klassenräumen untergebracht worden seien.
Herr Emonts reicht folgende Zahlen nach: Zurzeit leben ca. 500 unbegleitet minderjährige Flüchtlinge in Aachen und es werden insgesamt ca. 700 Flüchtlingskinder und Jugendliche in 32 Seiteneinsteigerklassen beschult.
Ratsfrau Lürken von der CDU-BF betont die gute Debattenkultur in der Bezirksvertretung Aachen-Brand. Sie wende sich jedoch gegen Redebeiträge, die auf Vorurteilen oder falschen Tatsachen beruhten. Sie sei erfreut über den Zuzug, da die Einwohnerzahl in der Stadt Aachen auf über 250.000 Menschen gestiegen sei.
Ratsherr Palm meint, dass in einer Demokratie nicht immer nur eine Meinung herrschen müsse. Er vertrete die Interessen vieler Brander Bürger, sei nicht fremdenfeindlich, aber wolle Politik realistisch machen.
Herr Bezirksbürgermeister Tillmanns erklärt abschließend, dass der Stadtbezirk Brand eine hohe Integrationsfähigkeit habe. Die evangelische und die katholische Kirchengemeinde seien in der Lage, schnellstmöglich alte Netzwerke zu reaktivieren. Der Arbeitskreis funktioniere und werde mit Leben gefüllt, auch wenn die Zahl der Flüchtlinge in Brand noch gering sei. Die Aussage des Ratsherrn Palm, dass sich Brand verändern werde, könne er bestätigen. Der Stadtbezirk verändere sich tatsächlich rasant, was allerdings nicht negativ sein müsse.