26.08.2015 - 6 Genehmigung einer Dringlichkeitsentscheidung fü...
Grunddaten
- TOP:
- Ö 6
- Gremium:
- Rat der Stadt Aachen
- Datum:
- Mi., 26.08.2015
- Status:
- gemischt (Niederschrift genehmigt)
- Uhrzeit:
- 17:00
- Anlass:
- Öffentliche/Nichtöffentliche Sitzung
- Beratung:
- öffentlich
- Vorlageart:
- Entscheidungsvorlage
- Federführend:
- Fachbereich Soziales und Integration
- Beschluss:
- ungeändert beschlossen
Beratung
Ratsherr Müller, CDU-Fraktion, dankt der Verwaltung für die hervorragende Vorbereitung der Dringlichkeitsentscheidung, die von fast allen Fraktionen getragen worden sei und deren Genehmigung die CDU-Fraktion selbstverständlich heute zustimmen werde. Sein Dank gelte aber auch den Bürgerinnen und Bürgern und vielen freiwilligen Helfern und Organisationen, die gemeinsam innerhalb weniger Stunden die Organisation im Inda-Gymnasium in Kornelimünster vorangetrieben und aufopferungsvolle Arbeit geleitstet haben. Gerade vor dem Hintergrund der aktuellen Entwicklungen in anderen Städten dürfe man stolz sein, dass eine Stadt so zusammen stehe und zeige, dass der braune Mob keine Chancen habe. Man beweise sich hier als Stadt als Trägerin von von europäischem Gedankengut, wie es in der EU noch nicht überall gelebt werde. Die Devise in Aachen laute „Fremde sind Freunde, die man noch nicht kennt“. Hilfeanfragen seien überflüssig, da die Bürgerinnen und Bürger der Stadt von selbst reagierten und ihre Hilfe anböten. Auch das vorausschauende Handeln der Stadtverwaltung, die bereits jetzt diverse Unterkünfte bezugsfertig vorhalte und über weitere Möglichkeiten stetig verhandle, sei vorbildlich. Dank dieser Willkommenskultur gebe es in der Stadt bald wieder eine sprudelnde Vielfalt.
Ratsherr Linden, SPD-Fraktion, schließt sich den Ausführungen von Ratsherrn Müller vollumfänglich an. Es gebe in einigen Städten Deutschlands einige befremdliche Situationen, die sehr nachdenklich stimmten. Umso erfreulicher sei die Tatsache, dass die Stimmung in Aachen ermutigend sei. Zwar habe es in den Sitzungen vom Bürgerforum und der verschiedenen Bürgerinformationsveranstaltungen in den Bezirken auch berechtigte Fragen, Zweifel und zum Teil auch Ärger gegeben, aber dies habe sich durchweg auf sachliche Debatten beschränkt. Ein Umschlagen in Ressentiments habe es an keiner Stelle gegeben. Auch er wolle es nicht unterlassen, die große Welle der Hilfsbereitschaft in der Aachener Bevölkerung und die ausdauernde und hervorragende Arbeit der Verwaltung zu loben, dank derer immer wieder aufs Neue Flüchtlinge menschenwürdig und sozial- und raumverträglich untergebracht werden konnten.
Mit der Dringlichkeitsentscheidung habe man ein gutes Instrument in der Hand, sich an fast täglich ändernden Herausforderungen orientierend Entscheidungen treffen zu können. Mit der letzten Dringlichkeitsentscheidung habe man auch Beschlüsse für Rückfalloptionen, d.h. Wohnmodule und Turnhallen gefasst, um der Verwaltung an dieser Stelle den Rücken freizuhalten. Nichtsdestotrotz seien Land und Bund noch stärker in die Pflicht zu nehmen, worum er die Verwaltung hier auch bitten möge. Dies sei auch im Interesse der Bürgerinnen und Bürger, für die oftmals Entscheidungen auf diesen Ebenen nicht nachvollziehbar seien.
Ratsherr Helg erklärt als Vorsitzender der FDP-Fraktion, dass diese der Dringlichkeitsentscheidung am 10.08.2015 selbstverständlich ebenfalls zugestimmt habe und folgerichtig auch heute ihrer Genehmigung geschlossen zustimmen werde.
Auch er sehe den Bund in der Hauptverantwortung für die Asylbewerber, weshalb er auch die Kosten zu tragen habe. Entsprechend sei es absolut nicht ausreichend, wenn der Bund die bis zum Beginn der Sommerferien zugesagten 500.000 Euro nunmehr verdopple bzw. die für 2016 vorgesehenen Kosten auf das Jahr 2015 vorziehe. Außerdem müsse dringend das Asylverfahren beschleunigt werden. Die FDP fordere grundsätzlich, dass Schutzsuchende aus Syrien, dem Irak und Eritrea nach einer Identitäts- und Sicherheitsüberprüfung pauschal anerkannt werden sollen. Was ungefähr die Hälfte der Asylanträge anbelange, die aus dem Balkan kommen, werde insofern fast niemand als Flüchtling anerkannt. Diese Einwanderer gehören nach Auffassung der FDP auch nicht ins Asylverfahren, sondern in die Verfahren der qualifizierten Einwanderung. Deswegen sei es höchste Zeit, dass auch die Bundesregierung nochmals über die Einführung eines modernen Einwanderungsgesetzes nachdenke, weil dies mit Sicherheit der richtige Weg wäre, insofern eine Besserung in den Fallzahlen herbeizuführen.
Ratsherr Pütz erklärt als Vorsitzender der Piratenfraktion, dass auch sie der Dringlichkeitsentscheidung zugestimmt habe und entsprechend auch ihrer Genehmigung heute zustimmen werde. Die große Hilfsbereitschaft wie auch die Arbeit auf Seiten der Verwaltung seien über alle Maßen erfreulich. Weniger erfreulich hingegen sei die Haltung der Bezirksregierung, die ihrerseits weder durch einen guten Informationsfluss noch durch angemessene Erreichbarkeit glänze. Beides werde aber den Kommunen abverlangt. An dieser Stelle sei dringend nachzubessern.
Ratsherr Deumens, Vorsitzender der Fraktion Die Linke, nimmt Bezug auf die aktuellen Ereignisse in Heidenheim, wo zunehmend Drohungen Gewalt gegenüber Flüchtlingen an der Tagesordnung seien. In vielen anderen deutschen Städten gehe man sogar weiter und bedrohe die Bürgermeister. Dieser Fremdenfeindlichkeit und diesem Rassismus sei alles Mögliche entgegenzusetzen. In Aachen gestalte sich das Bild anders, weshalb auch er sich dem Lob an die Verwaltung gerne anschließen wolle. Aber nicht nur die adäquate Unterbringung von Menschen werde Tag für Tag gewährleistet, auch die stete Bildung von Netzwerken sei hervorzuheben, die ebenfalls unterstützend einen wichtigen Beitrag leisteten, der durch die zahlreichen Engagements in der Bevölkerung abgerundet werde. Dieser Weg sei weiter zu gehen. Aber dieser Weg sei nicht alleine zu beschreiten, der Bund sei hier wesentlich stärker in die Pflicht zu nehmen.
Ratsfrau Griepentrog, Sprecherin der Fraktion Die Grüne, schließt sich dem Lob vollumfänglich an. Wichtig sei aber auch, gleichzeitig gute Strukturen für die Zukunft zu schaffen, um die Schutzsuchenden in die Gesellschaft integrieren zu können und aus ihnen Aachener zu machen. Hierfür bedürfe es einer auskömmlichen Infrastruktur, die ebenfalls weiter zu entwickeln sei.
Ratsherr Mohr, AfD-Gruppe, nimmt Bezug auf die aktuellen Zahlen von Asylsuchenden und betont, dass an dieser Problematik auch die Kommunen durch eine vollkommen undifferenzierte Willkommenskultur Mitschuld tragen. Er plädiere für eine strikte Unterscheidung von echten hilfsbedürftigen Flüchtlingen und Personen, die in erster Linie wirtschaftliche Aspekte bei ihrer Einwanderung nach vorne stellten, sowie für eine klare Kommunikation nach außen, dass letztere nicht willkommen seien. Aus dem Grund werde er auch heute gegen den Beschlussvorschlag stimmen.
Der Oberbürgermeister dankt den Ratsmitgliedern für die vielen lobenden Worte in Richtung der Verwaltung, denen er sich gerne anschließe. Auch er freue sich sehr über die große Bereitschaft der Unterstützung in der Bevölkerung. Das Lob wolle er aber auch gerne in Richtung der Politik zurückgeben, die sich ebenfalls vor Ort stark engagiert habe, was wiederum Antrieb für die dort helfenden Menschen und Organisationen sei. Gerade die letzte Wortmeldung habe gezeigt, dass man diesen Weg mit großer Vehemenz und mit großem Engagement weiterverfolgen müsse.
Ratsherr Baal, Vorsitzender der CDU-Fraktion, verweist auf die Sitzung des Rates der Stadt von Dezember 2014, in der unter dem Stichwort „Die Würde des Menschen ist unantastbar“ die Flüchtlingssituation in Aachen diskutiert worden sei. Die Situation sei drängender geworden, die Anzahl der Flüchtlinge sei größer geworden, was aber nichts an dem Grundsatz ändere, dass die Würde des Menschen im Mittelpunkt des eigenen Handels stehe. Wer in diesem Zusammenhang Flucht auf der einen Seite sprachlich in den Zusammenhang mit dem Begriff Mitschuld bringe und dadurch fahrlässig den Eindruck vermittle, dass Flüchtlinge selbst an ihrer Situation schuld seien, der verdrehe nicht nur die Tatsachen. Wer überdies zwischen guten Flüchtlingen und schlechten Flüchtlingen unterscheide, der betreibe Selektion. Und Selektion rede Rassismus das Wort. Das werde hier abgelehnt.
Ratsherr Palm, parteilos, kritisiert die Debattenkultur im Rat der Stadt. Ratsherr Mohr habe nie die Würde von Menschen in Frage gestellt. Die von ihm geforderte Differenzierung werde bereits auch von Politikern auf Bundes- und Landesebene vertreten. Es sei zu erwarten, dass auch dieser Rat der Stadt der Argumentation irgendwann folgen werde, wenn sich die Situation weiter verschärfe.
Ratsherr Schnitzler, UWG, schließt sich den Ausführungen von Ratsherrn Baal vollumfänglich an. Die Würde des Menschen sei und bleibe unantastbar. Dies sei wohl im Sinne aller.
Anlagen zur Vorlage
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