26.10.2016 - 12 Einrichtung eines Härtefallfonds zur Vermeidung...

Beschluss:
ungeändert beschlossen
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Beratung

Ratsherr Deumens erklärt als Vorsitzender der Fraktion Die Linke, dass es ihrer Ansicht nach keine Energiesperren geben dürfe. Wenngleich dies eine Entscheidung auf bundespolitischer Ebene voraussetze, auf die man nur wenig Einfluss nehmen könne, könne man dennoch dafür Sorge tragen,

die Zahl der Energiesperren auf kommunaler Ebene zu verringern. Hinsichtlich der Bearbeitung des Antrags sei man in vielerlei Hinsicht überrascht. Während man einerseits die Geschwindigkeit der Antragsbearbeitung und die Einbringung in den öffentlichen Teil der Sitzung begrüße, wundere man sich andererseits jedoch über die Einbringung in dieses Gremium. Energiesperren berührten die menschenwürdige Existenz der betroffenen Menschen, bedeuteten sie doch gleichzeitig eine massive Einschränkung der alltäglichen Lebensqualität. Deswegen wünsche man sich bei der Diskussion des Antrages die Hinzuziehung von Fachleuten, weshalb man dessen Behandlung im Ausschuss für Soziales beantrage.

 

Ratsfrau Seufert erklärt stellvertretend für die Fraktion Die Grüne, dass diese dem Antrag der Fraktion Die Linke zustimme. Zwar gebe es bereits eine Vielzahl von Maßnahmen zur Vermeidung von Energiesperren seitens der STAWAG oder der Verbraucherzentrale, trotzdem empfinde man die Zahl der Energiesperren mit 1.480 pro Jahr als sehr hoch. Um diese zu vermeiden, könne ein Härtefallfonds ein durchaus sinnvolles Instrument sein.

 

Ratsherr Baal, Vorsitzender der CDU-Fraktion, hält die derzeitige Verfahrensweise der Kundenbetreuung durch den Energieversorger sowie das der Sperrung als Ultima Ratio bei Verzug für richtig. Der Antrag der Fraktion Die Linke sei kein Fonds für Härtefälle, sondern ein Überwälzen der Stromrechnung von bedürftigen Personen auf den städtischen Haushalt. Neben dem fehlenden finanziellen Spielraum seitens der Stadt stelle dies eine Ungleichbehandlung gegenüber nicht säumigen Zahlern dar. Aus diesem Grunde sei der Antrag abzulehnen, was die CDU-Fraktion folgerichtig auch tun werde.

 

Ratsherr Mohr, AfA-Ratsgruppe, sieht in dem Härtefallfonds keine adäquate Lösung und ein falsches  Zeichen an diejenigen, die ihre Stromrechnungen trotz geringer finanzieller Mittel zahlten. Diejenigen zu belohnen, die ihrer Zahlungen nicht nachkämen, sei der völlig falsche Ansatz.

 

Ratsfrau Griepentrog, Fraktion Die Grüne, sieht ebenfalls die Notwendigkeit der Beratung im zuständigen Fachausschuss, denn schließlich wisse man derzeit nicht, welcher Personenkreis letztendlich von dem Härtefallfonds partizipieren werde. Dieser könne lediglich unterstellt werden, weshalb die Beratung unter Hinzuziehung von Fachleuten erforderlich sei.

 

Bürgermeister Plum, SPD-Fraktion, stellt klar, dass die Ablehnung des Antrags nicht auf einer personengebundenen Unterstellung beruhe, sondern auf der Tatsache, dass aus haushaltsrechtlicher Sicht keine Mittel zur Verfügung stehen. Zudem gebe es bereits unterschiedliche Hilfsmöglichkeiten. Während die Stromkosten bei ALG-II-Beziehern über die im SGB verankerten Kosten der Unterkunft und Heizung abgedeckt würden, gebe es für diejenigen, die keine Transferleistungen beziehen, ebenfalls Ausweichmöglichkeiten über Härtefallregelungen. Überdies bedeute die Zahl von ca. 1.400 Stromsperren nicht gleichzeitig, dass hiervon auch die gleiche Anzahl von Haushalten betroffen sei. Vielmehr betreffe dies oftmals die gleichen Haushalte mehrfach.

 

Ratsherr Deumens, Vorsitzender der Fraktion Die Linke, betont, dass den Anträgen auf Nutzung des Härtefallfonds natürlich eine entsprechende Prüfung vorangehen müsse. Von einer inhaltlichen Begründung des fraktionseigenen Antrages für die Einrichtung des Härtefallfonds wolle er an dieser Stelle absehen, um keine Diskussion in Gang zu setzen, die nach Ansicht der Fraktion im Fachausschuss zu führen sei. Entsprechend wiederhole er seinen Antrag auf Verweisung.

 

Ratsherr Servos, Vorsitzender der SPD-Fraktion, erklärt, dass man sich sehr wohl inhaltlich auf eine Diskussion vorbereitet habe und diese entsprechend auch im Rat der Stadt geführt werden könne. Abgesehen davon habe man die Thematik bereits im Rahmen der Aufsichtsratssitzungen mit der STAWAG diskutiert. Prinzipiell sei zwischen zwei Gruppen zu unterscheiden, nämlich zwischen denjenigen, die punktuell finanzielle Probleme bekämen, denen aber über die bereits von Bürgermeister Plum angesprochenen Härtefallregelungen geholfen werden könne, und denjenigen, die sich auch bis zu einem gewissen Grad nicht helfen lassen wollten. Er wolle außerdem darauf hinweisen, dass die Sperrungen, wie man in Rücksprache mit der STAWAG erfahren habe, im Regelfall von kurzfristiger Dauer seien, weil sie in Abstimmung mit der Stadtverwaltung gelöst würden. Entsprechend gebe es bereits ineinander greifende Mechanismen, die einen weiteren Härtefallfonds überflüssig machen.

 

Ratsherr Rau, Fraktion Die Grüne, weist darauf hin, dass nicht die Fraktion Die Linke die Beratung im Rat der Stadt eingefordert habe, sondern die Verwaltung die Beratung für dieses Gremium vorgesehen habe. Umso unverständlicher sei die Aussprache der Mehrheitsfraktionen gegen eine Verweisung in den Fachausschuss, seien doch diese üblicherweise Verfechter dieser Verfahrensweise. Die Fraktion Die Grüne sehe dabei durchaus einen Sinn in der Diskussion des Antrages unter Hinzuziehung von Fachleuten. Eine Ablehnung im ersten Schritt sei der falsche Weg und entspreche nicht dem üblichen Prozedere, dass er auch hier einzuhalten bitte.

 

Da der Diskussionsstand nicht auf eine Verweisung in den Fachausschuss schließen lasse, wolle Ratsherr Deumens den Antrag der Fraktion Die Linke noch einmal inhaltlich begründen.

Die Verwaltung habe in ihrer Vorlage löblich die große Anzahl der bereits bestehenden Beratungs- und Hilfsangebote dargestellt, die sicherlich zur Verringerung von Energiesperren beizutragen vermögen. Auch wisse man, dass gerade die Stadt sehr behutsam mit säumigen Kunden vorgehe und einen gangbaren Weg der Schuldenabtragung wähle, wie bspw. durch das Angebot von Ratenzahlungen.

Gleichzeitig stelle die STAWAG aber fest, dass es seit Jahren einen gleichbleibenden Stand von 2.100 Zählersperren gebe. Sicherlich sei diese Zahl nicht eins zu eins mit der Zahl der betroffenen Haushalte gleichzustellen, sie zeige aber auch, dass ein Teil der Menschen durch die vorhandenen Angebote nicht erreicht werde. Genau dort setze der Vorschlag eines Härtefallfonds an. In Hannover habe man hierdurch die Energiesperren um 20 bis 25 % senken können.

Die Bundesregierung habe einen neuen Armuts- und Reichtumsbericht in Auftrag gegeben. Dieser beinhalte eine Untersuchung, nach der sozial Benachteiligte weniger zur Wahl gingen als sogenannte Bessergestellte. In der Untersuchung heiße es: „Dieses Wahlverhalten hat bestimmte Folgen, und zwar die Folge, dass es eine Schieflage, eine starke Schieflage bei politischen Entscheidungen zu Ungunsten der sozial Benachteiligten und zu Gunsten der sogenannten Bessergestellten gibt.“ Wenn man sich heute also gegen die Verweisung in den Sozialausschuss ausspreche, könne man zumindest eine Entscheidung zu Gunsten politisch Benachteiligter fällen. Deshalb wolle er abschließend darum bitten, dem Antrag auf Einrichtung eines Härtefallfonds zuzustimmen.

 

Ratsherr Baal, Vorsitzender der CDU-Fraktion, stimmt zu, dass es nicht zwingend üblich sei, dass ein Ratsantrag auch unmittelbar im Rat der Stadt beraten werde. Eine Verweisung könne aber durchaus bereits bei der Eröffnung der Sitzung beantragt werden. Auch beim Tagesordnungspunkt zur Metropolregion habe man überfraktionell entschieden, dass eine Beratung im Hauptausschuss zu erfolgen habe, bevor der Rat der Stadt abschließend entscheide, und dies entsprechend zu Beginn der Sitzung beantragt. Bei diesem Tagesordnungspunkt hier sei jedoch keine Vertagung beantragt worden. Entsprechend könne der Rat der Stadt seiner Kompetenz gemäß über den Sachverhalt entscheiden.

Inhaltlich bestärkten die Ausführungen von Ratsherrn Deumens die CDU-Fraktion in ihrer Einschätzung. Bezug nehmend auf die Ausführungen von Bürgermeister Plum sehe auch sie keinen Bedarf zur Einrichtung eines Härtefallfonds, weshalb man bei der Ablehnung des Antrages bleibe. Das Thema sei inhaltlich zeitnah von der Verwaltung aufgearbeitet worden und sei entsprechend entscheidungsreif.

 

Ratsherr Deumens, Vorsitzender der Fraktion Die Linke, betont, dass er den Verweisungsantrag zu Beginn des Tagesordnungspunktes gestellt habe, ohne die Einschätzung des anderen Fraktionen hierzu gekannt zu haben.

 

Ratsherr Linden berichtet aus seiner langjährigen Tätigkeit als sozialpolitischer Sprecher der SPD-Fraktion, dass er stets sehr glücklich darüber gewesen sei, wenn ein Tagesordnungspunkt aus dem Ausschuss für Soziales im Rat der Stadt in großer Breite diskutiert worden sei.

Auch die Thematik der Energiearmut sei aufgrund der Anträge der Linken-Fraktion sowie der Sozialdemokraten im Sozialausschuss immer wieder unter Beteiligung der STAWAG diskutiert worden. In der Tat sei der heute zur Diskussion stehende Antrag gut gemeint, aber nicht gleichermaßen wirksam. Ein Fonds, der immer bei ausbleibender Zahlungsunfähigkeit einspringe, sei falsch investierte Solidarität, weil er nicht zu einer nachhaltigen Lösung beitrage. Die STAWAG investiere an dieser Stelle in die klügere Lösung der Beratung, die besser und nachhaltiger wirke als ein Härtefallfonds.

 

Der Oberbürgermeister stellt den Beschlussvorschlag der Verwaltung als weitergehend zur Abstimmung.

 

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Beschluss:

Die Verwaltung empfiehlt dem Rat der Stadt Aachen bei 21 Gegenstimmen mehrheitlich, keinen Härtefallfonds zur Vermeidung von Energiesperren einzurichten.

 

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Anlagen zur Vorlage

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