13.06.2018 - 18 Urteil des Verwaltungsgerichts zum Thema Luftre...
Grunddaten
- TOP:
- Ö 18
- Gremium:
- Rat der Stadt Aachen
- Datum:
- Mi., 13.06.2018
- Status:
- gemischt (Niederschrift freigegeben)
- Uhrzeit:
- 17:00
- Anlass:
- Öffentliche/Nichtöffentliche Sitzung
Beratung
Die Stadt Aachen habe das Urteil des Verwaltungsgerichtes mit Spannung erwartet, weil sie entsprechend der Vorgaben zu reagieren habe, so der Oberbürgermeister. Das Urteil folge vielen vorangegangenen Urteilen zu der Frage, ob Fahrverbote auf kommunaler Ebene generell denkbar seien und hierbei die Verhältnismäßigkeit zu wahren sei. Hier gebe es keine neuen Erkenntnisse. Nichtsdestotrotz gebe es Neuerungen, die nunmehr gefordert würden. So sollen Wirkungsprognosen zukünftig nur dann akzeptiert werden, wenn sie von einer entsprechenden Behörde geprüft und bestätigt worden seien. Dies gestalte sich bei reinen Prognosen entsprechend schwierig.
Zudem habe die Frage der Messpunkte eine andere Gewichtung erhalten. Hier müsse man zwischen zweierlei Messstellen unterscheiden. Zum einen gebe es offizielle Messpunkte des Landesamtes für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz Nordrhein-Westfalen (im Folgenden LANUV), bei denen die Stadt Aachen die Grenzwerte nahezu einhalte und gute Ergebnisse vorweisen könne.
Daneben seien jedoch weitere Orientierungsmessungen in die Bewertung eingeflossen. Diese seien dabei den Messstellen des LANUV gleichgesetzt worden. Dabei habe die Stadt Aachen diese jedoch nur an besonderen Problemstellen vorgenommen, die eigentlich der Emissionsanalyse dienen sollten und der Abbildung der Reduzierung aufgrund der Umrüstung von Bussen und des Einsatzes von Elektrobussen. Dass man diese Punkte gleich behandle, habe die Stadt nicht erwartet.
Durch das Urteil sei deutlich gemacht worden, dass die im Luftreinhalteplan enthaltenen Maßnahmen nunmehr zu beschleunigen und durch Instrumente zu ergänzen seien, die eine möglichst schnelle Reduzierung der Messwerte mit sich bringen. Entsprechend führe man nun Gespräche auf vielerlei Ebenen, nicht zuletzt, um auch Maßnahmen in den Blick zu nehmen, die man bisher nicht im Blick hatte. Man werde auch weitere Messstellen einrichten, um beurteilen zu können, ob ein flächiges Fahrverbot eingeplant werden müsse und welche Auswirkungen ein Streckenfahrverbot auf andere Bereiche, in denen es Ausweichverkehre gebe, habe. Da das Urteil erst wenige Tage zurück liege, könne es noch kein fertiges Konzept und keine fertige Antwort geben. Aber es sei richtig, sich bereits heute über das Thema auszutauschen, was er sehr unterstütze.
Ratsherr Baal, Vorsitzender der CDU-Fraktion, bedankt sich bei den anderen Fraktionen für die kurzfristige gemeinsame Erstellung des Tagesordnungsantrags.
Der Tenor des Urteils sei relativ deutlich zu verstehen. In der Gesamtabwägung der Güter, die ein Rat bei Entscheidungen zu beachten habe, habe eben die Luftreinhaltung wegen der betroffenen Gesundheit der Menschen eine besondere Bedeutung. Die bisherigen Maßnahmen, um Grenzwerte einzuhalten, seien hierfür nicht ausreichend. Eine Diskussion darüber, ob Grenzwerte zutreffend ermittelt worden seien oder nicht, sei hinfällig. Dies bedeute im Kern, dass man den Luftreinhalteplan für die Stadt Aachen dahingehend entwickeln müsse, dass man möglichst zeitnah in der Lage sei, hinsichtlich der Sickoxide den Grenzwert von 40 µg einzuhalten und in der zweiten Jahreshälfte in Abstimmung mit der Bezirksregierung zu einer Beschlussfassung komme.
Es sei bedauerlich, dass sich der Fokus fast ausschließlich auf die Problematik der Stickoxide richte, obwohl die Problematik vielschichtiger sei.
Man habe bereits in den letzten Jahren die Erfahrung gemacht, dass die Erhaltung von Luftqualität und Kaltluftschneisen zur Belüftung der Stadt in der Nacht gerade an Sommertagen an Bedeutung gewonnen hat, weshalb die Abarbeitung dessen, was als Folge des Urteils zwingend erforderlich sei – nämlich ein Luftreinhalteplan – eine Hausaufgabe sei. Hierbei seien Punkte natürlich auch mit konkreten Maßnahmen zu benennen.
Die zweite Hausaufgabe sei, das Thema Stadtklima bzw. Luftreinhaltung so in den täglichen Ablauf und in die politischen Entscheidungen einzubauen, dass nicht an anderen Stellen Probleme entstünden. Im Moment sei nicht abschätzbar, welche Konsequenzen das für Dieselfahrzeuge habe.
Dass es aber Veränderungen geben werde, sei deutlich absehbar. Eigentlich habe man sich vorgenommen, mit dem Thema Elektromobilität einen großen Wurf in Richtung Luftreinhaltung umzusetzen, leider müsse man jedoch feststellen, dass man nicht im Stande sei, die Technik rechtzeitig an den Start zu bringen. So habe man eigentlich geplant, schon jetzt elektrische Busse in Betrieb zu haben, die Umsetzung hake jedoch an allen Ecken und Enden. In der Quintessenz sei das Urteil nicht erfreulich, aber in der Konsequenz schlüssig. Die Konsequenz müsse nun gezogen werden.
Ratsherr Servos, Vorsitzender der SPD-Fraktion, fühlt sich betroffen, weil durch das Urteil deutlich geworden sei, dass der Luftreinhalteplan, den alle gemeinsam beschlossen haben, am Ende nicht in der Umsetzung so erfolgreich, wie ursprünglich vermutet, gewesen sei. Viele der geplanten Maßnahmen habe man dabei einfach nicht in der Hand gehabt. So erwarte man schon lange die Auszahlung der Fördergelder für die SCR-Filter, die ja auch schon zugesagt worden sei. Vermutlich werde die Auszahlung letzten Endes bundesweit eine hohe Anzahl von Bestellungen auslösen, die wiederum lange Wartezeiten und massive Kostenerhöhungen nach sich ziehen werde.
Mit der Entscheidung zur Campusbahn, die seinerzeit unter anderen Gesichtspunkten als den Luftreinhalteplan geführt worden sei, falle ein zentrales Element der Stadt nun wieder auf die Füße.
Man habe einen langfristigen Plan aufgestellt mit Maßnahmen, die auch davon ausgegangen seien, dass z.B. Vorgaben von Automobilherstellern auch der Wahrheit entsprechen. So gestalte sich aber die eigene Planung als Kampf gegen Windmühlen.
Das Gericht habe lediglich die Maßnahmen akzeptiert, die quantifiziert worden seien. Entsprechend seien weitere Maßnahmen nunmehr stets mit Zahlen und Fakten zu belegen.
Schaue man sich die Chronologie seit 1999, dem Jahr, in dem die Grenzwerte festgelegt worden seien, an, werde deutlich, dass man ganze 10 Jahre gebraucht habe, um überhaupt einen Luftreinhalteplan zu entwickeln. Zwar habe man seitdem die einzelnen Maßnahmen Schritt für Schritt abgearbeitet, allerdings habe man wegfallende Faktoren nicht umgehend durch neue ersetzt. Deswegen hoffe er nun umso mehr, dass man schnell in die Umsetzung treten könne, um die Luft in Aachen nachhaltig zu verbessern, was wesentlich wichtiger sei, als Dieselfahrverbote zu verhindern.
Ratsherr Deumens berichtet als Vorsitzender der Fraktion Die Linke, dass ihn das Urteil wenig überrascht habe. Dabei liege die Luftunreinheit in Aachen nicht unbedingt ausschließlich an Faktoren, die die Stadt selbst zu verschulden habe. Ein Beispiel hierfür seien die jahrelangen Manipulationen der Autoindustrie, deren Ende wohl noch lange nicht absehbar sei, die aber trotzdem seitens der Bundesrepublik mit einem Achselzucken hingenommen würden. Leidtragende seien am Ende die Autofahrer/innen und die Kommunen.
Zum anderen müsse jedoch auch konstatiert werden, dass in den letzten Jahren einfach zu wenig unternommen worden sei, um die Grenzwerte beim Stickstoffdioxid einzuhalten. Die Ratsmehrheit favorisiere nach wie vor das Auto und kämpfe um jeden Parkplatz. Weniger Elan hingegen sei bei dem Ausbau des Radwegenetzes oder der Attraktivierung des ÖPNV festzustellen. Letzterer sei schlichtweg zu teuer und zu unkomfortabel.
Auch die Fraktion Die Linke wünsche sich keine Fahrverbote, denn schließlich träfen diese erneut die Bürgerinnen und Bürger, die nicht in der Lage seien, sich einfach ein neues Fahrzeug zu beschaffen. Aber der Zeitdruck sei enorm. Es bringe daher nichts, Aachens Vorreiterrolle in der E-Mobilität wie ein Banner vor sich herzutragen. Man müsse neue Wege gehen. Eine Möglichkeit sei bspw. ein fahrscheinloser abgabenfinanzierter ÖPNV oder schlichtweg eine Preissenkung. Daneben sei der motorisierte Individualverkehr deutlich zu reduzieren. Statt verkaufsoffener Sonntage solle man lieber über autofreie Sonntage nachdenken. Ob man es innerhalb eines halben Jahres schaffen werde, die Vorgaben des Gerichts zu erfüllen, wisse derzeit niemand. Nichtsdestotrotz müsse man die Situation zum Anlass nehmen, über mittel- und langfristige Maßnahmen und Planungen nachzudenken, die die Luft in Aachen grundlegend verbessern.
Wohl allen sei die Dramatik, die das Urteil mit sich bringe, bewusst so Ratsherr Neumann, Fraktion Die Grüne. Dabei wolle keine der Fraktionen Fahrverbote. Allerdings haben die Bürgerinnen und Bürger in dieser Stadt ein Recht auf saubere Luft. Sein Appell gehe daher an alle Ratsmitglieder, insbesondere aber an die Mitglieder der Großen Koalition, konkrete Maßnahmen wirklich umzusetzen.
Hierzu gehörten ein deutliches Umdenken und eine daraus resultierende Verkehrswende. Hierfür bedürfe es keines neuen Luftreinhalteplans, dieser sei in seiner Ausgestaltung sehr gut. Es bedürfe lediglich seiner Umsetzung. Als die wohl dringlichsten und auch am schnellsten zu realisierenden Punkte hieraus seien der Ausbau des Radverkehrs und die Nachrüstung der Busse mit den Abgasreinigungssystemen zu nennen. Sicherlich sei es auch daran, wohl eher unbequeme Maßnahmen umzusetzen, wie bspw. die Erhöhung der Parkgebühren in der Innenstadt oder die Schließung des Parkhauses Büchel. Damit einhergehend müsse man natürlich den ÖPNV attraktiver gestalten und entsprechende Mittel hierfür einsetzen. Der Umstieg vom PKW auf den Bus könne nicht gelingen, wenn die Kapazitäten nicht vorhanden seien. Viel Zeit sei nicht vorhanden. Deswegen sei es wichtig, in den kommenden Monaten in die Gespräche zu gehen und die Maßnahmen aus dem Luftreinhalteplan, deren schnelle Umsetzung möglich sei, auch anzugehen.
Ratsherr Pütz, Vorsitzender der Piraten-Fraktion, zeigt sich wenig überrascht von dem Urteil des Verwaltungsgerichtes. Leider sei seine Fraktion die einzige, die einen Plan mit sehr harten Einschnitten vorgelegt habe, die ihres Erachtens nach dringend von Nöten seien.
Dass man von der Entwicklung überrascht sei, ließe sich angesichts des folgenden Satzes der Verwaltung, welcher aus einer Antwort auf eine Anfrage seiner Fraktion stamme, nicht nachzuvollziehen: „Die Verwaltung ist optimistisch, dass bei konsequenter Umsetzung der geplanten kommunalen Maßnahmen und gleichzeitiger Nachrüstung von Dieseln (durch die Automobilindustrie) verbunden mit einer nachhaltigen Mobilitätspolitik des Bundes und des Landes ein Fahrverbot für die Stadt vermieden werden kann.“ Der aktuelle Luftreinhalteplan enthalte so ziemlich jede Maßnahme in der Stadt, die sich in der aktuellen Planung befinde, so bspw. auch Campus West oder Brückenneubauten. Es scheitere jedoch an der Umsetzung, weil man sich innerhalb der Großen Koalition stets nur auf den kleinsten gemeinsamen Nenner einige. Dabei seien in einigen Punkten die Weichen schon längst gestellt. So gebe es in Bezug auf den ticketlosen ÖPNV bereits seit 2006 ein Gutachten, welches diesen zumindest im Innenstadtbereich für möglich erachte. Nicht möglich sei es hingegen, von Monschau aus im Viertelstundentakt Busse kostenfrei in die Stadt fahren zu lassen. Man müsse eben auch auf solche Gegebenheiten eingehen und eine vernünftige Verkehrspolitik betreiben. Hierbei sehe er vornehmlich die Große Koalition in der Pflicht.
Auch der Allianz für Aachen sei daran gelegen, Maßnahmen für eine saubere Luft in Aachen zu ergreifen, so Ratsherr Mohr. Auch aus diesem Grunde habe man jüngst einen Antrag zum Thema kostenfreies Parken für Elektroautos eingebracht, wenngleich man die Elektromobilität kritisch sehe.
Gleichwohl müsse man ein gesundes Augenmaß bewahren. Während bis zum Jahr 2010 die Obergrenze bei 200 µg gelegen habe, gebe es nunmehr eine willkürliche Reduktion auf 40 µg. Dass diese Grenze vollkommen überzogen sei, werde von vielen Wissenschaftlern bestätigt. Auch Professor Drexler, der Präsident der Deutschen Gesellschaft für Arbeits- und Umweltmedizin, komme zu dem Schluss, dass 100 µg vollkommen ausreichend seien. Die Kommunen seien hier die Opfer einer absolut verfehlten Politik auf Bundesebene, die sich dem Regelungswahnsinn der EU unterwerfe. Aus diesem Grunde wolle er an den Oberbürgermeister appellieren, sich im Deutschen Städtetag dafür stark zu machen, dass Entscheidungen auf Bundesebene nicht zu Lasten der Kommunen gehen.
Alle seien nach dem Urteil des Verwaltungsgerichts überrascht und auch betroffen gewesen, so Ratsherr Helg, Vorsitzender der FDP-Fraktion. Ob man Berufung hiergegen einlege, werde man zunächst noch in Abstimmung mit der Bezirksregierung prüfen müssen, die ebenfalls beteiligt gewesen sei. Unabhängig davon sei der Luftreinhalteplan dringend fortzuschreiben und weiterzuentwickeln. Dass diese Grenzwerte erreicht würden, fuße jedoch nicht alleine auf der Politik der Großen Koalition. Schließlich seien es die Bürgerinnen und Bürger, die weiterhin auf den motorisierten Individualverkehr setzen. Insbesondere der Handel, das Handwerk und die Pendler seien auf ihre Fahrzeuge angewiesen. Fahrverbote dürften stets nur Ultima Ratio sein. Dies werde aktuell am Beispiel der Stadt Hamburg deutlich. Sicherlich müsse man sich in den nächsten Monaten mit aller Kraft für saubere Luft in Aachen einsetzen. Er hoffe dennoch, dass ein Fahrverbot nicht zu den zwingenden Maßnahmen gehören werde.
Ratsherr Servos, Vorsitzender der SPD-Fraktion, sieht in dem Erlass der Grenzwerte eine absolute Notwendigkeit zur Sicherung einer bestimmten Lebensqualität. Die Behauptung, es handele es sich hierbei um eine reine Regelungswut, halte er für vollkommen falsch. Von daher könne es auch nicht die Frage sein, ob man sich als Nationalstaat hiergegen zu behaupten habe.
Er stimme Ratsherrn Helg dahingehend zu, dass man tatsächlich auf sein Auto angewiesen sei. Dies sei aber nur solange der Fall, wie keine vernünftigen Alternativen angeboten würden. Aus diesem Grunde seien eben viele der Maßnahmen im Luftreinhalteplan schnell umzusetzen, wie bspw. der Ausbau des Park & Ride-Systems oder des Radschnellwegs. Hier sei man definitiv zu langsam. Schuldzuweisungen in die Vergangenheit seien hierfür nicht zielführend. Das Gericht habe das Fahrverbot deshalb als notwendige Maßnahme gesehen, weil es das einzig quantifizierte Mittel sei. Sicherlich gebe es wesentlich effizientere Maßnahmen, diese seien jedoch nicht quantifiziert in ihrer Wirkung für die Luftreinhaltung. Ob Maßnahmen wie die Erhöhung der Parkgebühren oder eines ticketlosen ÖPNV hierzu geeignet seien, sei dezidiert zu prüfen. Auch zu letzterem gebe es geteilte Meinungen. Das verkehrswissenschaftliche Institut aus Köln bewerte diese Maßnahme als nicht zielführend und schlage eher vor, in die Qualität zu investieren. Dies habe auch seine Meinung zu diesem Thema vor einigen Jahren geändert. Welche Maßnahmen am Ende auch zum Ziel führten, wichtig sei, dass diese quantifiziert würden, damit den Fachausschüsse eine sachliche Beratungsgrundlage zur Verfügung stehe.
Der Oberbürgermeister warnt bezüglich der Quantifizierung vor einer zu einfachen Sichtweise. Es sei nicht damit getan, Maßnahmen mit Zahlen zu hinterlegen. Es gehe vielmehr darum, Annahmen im Hinblick auf das Verhalten von Menschen auf geänderte Bedingungen und im Hinblick auf Lenkungswirkungen und zu treffen. Dies sei extrem schwierig.
Auch im Hinblick auf die Messungen sei eine Quantifizierung nicht einfach durchzuführen, weil die Werte im Tagesverlauf oftmals großen Sprüngen unterliegen. Es gebe hier extrem differenzierte Wettereinflüsse, vor allem Windrichtung und –stärke spielten eine große Rolle. Eine Quantifizierung höre sich in der Theorie einfach an. Ob diese auch in der Praxis so leicht umzusetzen sei, sei derzeit noch nicht abschließend zu beurteilen.
Ratsfrau Lux, AfD, hält die Maßnahmen im Luftreinhalteplan für noch lange nicht ausreichend und innerhalb der vorgegebenen Zeit auch nicht für umsetzbar. Dabei gehe jeder in der Diskussion von sich selbst aus und verliere dabei bspw. in ihrer Mobilität eingeschränkte und ältere Menschen außen vor. Man denke über die Schließung von Parkhäusern nach, bedenke dabei aber nicht, dass Touristen, insbesondere aus dem benachbarten Ausland, dazu beitragen, dass der Einzelhandel in Aachen weiterhin funktioniere. Aus diesem Grunde sei es oberste Priorität, ein Fahrverbot zu verhindern, weil dieses der Stadt als Wirtschaftsstandort erheblich schaden werde.
Ratsherr Baal, Vorsitzender der CDU-Fraktion, stellt fest, dass eine gemeinsame Linie schwierig sein wird. Wenngleich hier die Kritik laut werde, dass man in den letzten 15 Jahren Maßnahmen stärker hätte umsetzen können und vielleicht auch müssen, bleibe dennoch festzuhalten, dass die Verwaltung in einer sehr guten, detaillierten und sehr nachhaltigen Arbeit das Thema Luftreinhaltung auf ein Niveau gebracht habe, das weit von dem entfernt sei, welches man noch vor eben diesen 15 Jahren gehabt habe. Zu konstatieren sei: niemand besitze hier den Stein der Weisen. Alle Ansätze, die im Laufe der Diskussion eingebracht worden seien, seien stets nur Teilaspekte für eine Gesamtlösung. Man müsse sich auch im Klaren darüber sein, dass es keinen Sinn mache, die Probleme als Stadt alleine lösen zu wollen, weil alleine schon die Touristen- und Pendlerströme eine Herausforderung darstellten. Wenngleich man sich einig sei, dass man ein Fahrverbot verhindern wolle, dürfe man sich dennoch nicht dem Ideal hingeben, dass man es auch schaffen werde, denn der Zeitplan sei extrem knapp. Spätestens in der Ratssitzung im Dezember werde man sich mit der Frage auseinandersetzen müssen, ob die bis dahin umgesetzten Maßnahmen geeignet gewesen sind, die Vorgabe von 40 µg zu erreichen oder ob man doch ein Fahrverbot wird erlassen müssen.
Ratsherr Fischer, Fraktion Die Grüne, sieht vor allem in der fehlenden Wirkung nach außen ein Problem. Hierdurch mangele es auch bei der Bürgerschaft an einer klaren Orientierung.
Wenngleich man 2009 mit dem Luftreinhalteplan stark gestartet sei und diesen 2015 erneuert habe, habe man nichtsdestotrotz seitens der Mehrheitsfraktionen um jeden Parkplatz in der Innenstadt gekämpft und Radverkehrsmaßnahmen verzögert oder abgelehnt. Natürlich sei man auf den PKW angewiesen, denn an Alternativen fehle es überall.
Politik müsse deshalb umso mehr klare Signale nach außen richten und deutlich machen, in welche Richtung die Reise gehe. Dazu gehöre auch der Wille der Maßnahmenumsetzung. Wenn man das Radfahren und den ÖPNV als Alternativen bewerbe, müsse man beides auch vernünftig ausbauen und attraktivieren. Sicherlich könne man sich als Opfer der Autoindustrie sehen oder auch die Einbeziehung aller Messpunkte als unfair erachten, dies könne jedoch nicht der Weg sein. Wichtig sei nun, kurzfristige Maßnahmen zu ergreifen, die neben den langfristig geplanten, deshalb aber nicht schlechten, Strategien zu einer Luftreinhaltung im Sinne des Gerichts führen.
Ratsherr Mohr, Allianz für Aachen, verwehrt sich gegen die Ausführungen von Ratsherrn Servos. Bei ausführlicher Information finde man schnell heraus, dass der Richtwert von 40 µg reine Willkür sei.
In den USA sei der Richtwert mit 103 µg festgelegt, was als vollkommen ausreichend zu erachten sei.
Als Kommune müsse man den Blick für das Machbare behalten und sich nicht irgendwelchen willkürlich gesetzten Grenzwerten unterwerfen, wenn damit verbundenen Ziele einfach nicht zu erreichen seien. Er wünsche sich den Mut des Oberbürgermeisters, sich entsprechend kritisch zu diesem Grenzwert zu äußern. Hiermit sie nicht gesagt, dass man nicht weiter für saubere Luft kämpfen solle, aber eben innerhalb der machbaren Grenzen. Dies sei schließlich ebenfalls Aufgabe einer Kommune.
Ratsfrau Epstein, Fraktion Die Linke, sieht die Stadt Aachen deutlich im Hintertreffen im Vergleich zu anderen Städten. Maastricht, Sevilla und Montpellier zeichneten sich alle durch ihre Autofreiheit aus. Nichtsdestotrotz floriere hier der Einzelhandel. In Aachen hingegen quäle man sich mit engen Bürgersteigen, schlechter Luft und, nicht zu vergessen, mit Lärm. Falschparker würden in anderen Städten mit extrem hohen Bußgeldern belegt, die wiederum den städtischen Haushalten zu Gute kämen. In Aachen verwehre man sich weiterhin gegen die Parkgebührenerhebung an Sonntagen, wenngleich es hierzu bereits einen Antrag seitens der Fraktion Die Linke gegeben habe. Auch der ÖPNV sei zu hochpreisig. Man dürfe sich nicht wundern, wenn Besucher/innen mit dem Fahrzeug in die Stadt fuhren, weil dies in Fahrgemeinschaften wesentlich günstiger sei, als den Bus zu benutzen. Es bleibe festzuhalten, dass es viele geeignete Maßnahmen gebe, die Luftreinhaltung in Aachen voranzubringen, ohne ein Fahrverbot aussprechen zu müssen.
Ratsherr Blum, FDP-Fraktion, sieht ein Erreichen der Vorgaben innerhalb der verbleibenden Zeit als äußerst kritisch an. Wie bereits von Ratsherrn Baal festgestellt, sei hierzu eine Bündelung von Maßnahmen notwendig, die jedoch nicht alle kurzfristig umsetzbar seien. Es sei deshalb zu befürchten, dass das Fahrverbot unumgänglich sein werde, wenngleich man auch hierbei davon ausgehen dürfe, dass es nicht wirklich zur Luftverbesserung beitragen werde. Man werde also dafür bestraft, mit dem Luftreinhalteplan langfristig geplant zu haben. Die einzige Möglichkeit, die Vorgaben des Gerichts zu erfüllen, sei die kurzfristige Umsetzung der im Luftreinhalteplan genannten Maßnahmen. Dies werde sich als äußerst schwierig gestalten, weil der Großteil der Bevölkerung nach wie vor auf das Auto als Verkehrsmittel setze und durch die Bundesregierung im Hinblick auf den Diesellskandal hinsichtlich einer Umrüstung im Stich gelassen werde. Dabei würde dies die Luftreinhaltung erheblich erleichtern.