16.01.2018 - 6 Zukünftige Finanzausstattung des Eigenbetriebs ...

Beschluss:
geändert beschlossen
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Beratung

Ratsfrau Plum erläutert, dass die Frage der Finanzausstattung des Theaters und im Besonderen die Erstellung einer Zielvereinbarung ein bereits lange andauernder Prozess gewesen sei. Die Zielvereinbarung führe im Ergebnis einerseits zu einer hohen Planungssicherheit für das Theater, da hierin steigende Zuschusse verbindlich und unabhängig der Haushaltsplanung einzelner Jahre zugesagt würden. Umgekehrt sichere die Zielvereinbarung aber auch die Einbindung des Theaters in die gesamtstädtischen Konsolidierungsbemühungen ab, ohne der Flexibilität des Theaters starre Grenzen zu setzen. Hinzu komme, dass die vorgesehene Rückstellung ein „Polster“ für den Fall der teilweisen Zielverfehlung ermögliche. Sie begrüßt, dass sich das Kulturdezernat auf diese Zielvereinbarung einlasse und bereits Einsparungsmöglichkeiten identifiziert habe, die auf die Laufzeit der Vereinbarung bezogen die Konsolidierungsvorgaben bereits nahezu erreichen.

 

Ratsherr Pilgram erwidert, dass die schwierige finanzielle Lage bereits seit mehreren Jahren offenkundig und darauf auch hingewiesen worden sei. Zudem stelle die Zielvereinbarung keine Lösung dar, sondern begründe ausweislich der Aussage des Intendanten kontraproduktive Stresssituationen für die Theaterbeschäftigten. Die Erreichung der Konsolodierungsziele sei aus seiner Sicht nicht ohne Eingriff in die Struktur und den Personalkörper möglich, auch wenn Entlassungen angesichts der tarifvertraglichen Regelungen nicht zu befürchten stünden. Mit der Zielvereinbarung werde die Diskussion ohne wirkliche Lösung befriedet. Zielführender wäre die Bildung einer Strukturkommission, in der auch fachlich diskutiert werde.

Zudem kritisiert er die Höhe des vereinbarten Ziel-Kostendeckungsgrades als nicht begründet. Die Reduktion von ursprünglich 18% auf nunmehr 16% wirke willkürlich. Es fehle an konkreten Belegen, dass ein Kostendeckungsgrad von 16 % erreichbar sei. Auch die bereits identifizierten Maßnahmen begründeten lediglich Einsparungen in Höhe von 0,3 Mio. Euro p.a.. Dem Eigenbetrieb drohe die Schuldzuweisung im Falle der Nichterreichung eines aus seiner Sicht nicht erreichbaren Ziels.

Außerdem moniert er, dass die Ernsthaftigkeit der Zielvorgaben nicht eindeutig erkennbar sei. In der Diskussion werde der Konsolidierungsrahmen durch die mögliche Abfederung durch die zu bildende Rückstellung fortwährend relativiert. Eine Konsequenz im Falle der Zielverfehlung sei nicht vorgesehen.

 

Ratsfrau Plum führt aus, dass die erfolgreichen Umstrukturierungen der VHS nicht auf das Theater übertragbar seien. Die VHS habe tatsächlich strukturelle Veränderungen vornehmen müssen, die im Falle des Theaters nicht notwendig seien. Die Vorlage führe deutlich aus, dass die Kostensteigerungen des Theaters durch den städtischen Zuschuss kompensiert worden seien, die Zuschusserhöhungen aber nicht darüber hinausgehende Ertragsminderungen haben auffangen können. So müsse man sich schon die Frage stellen, ob die Ertragslage nicht verbessert werden könne. Man müsse sich auch an den Eintrittspreisen anderer Einrichtungen messen, die wirtschaftlich agieren, wobei der Zugang zum Theater selbstverständlich auch für sozial benachteiligten Menschen offen gehalten werden müsse. Ausreichende Stellschrauben abseits der Sozialvergünstigungen seien vorhanden.

Die vorgesehene Evaluation sei zwingend erforderlich, um nötigenfalls Korrekturen vornehmen zu können. Der Ziel-Kostendeckungsgrad von 16 % entspreche dem Kostendeckungsgrad zum Zeitpunkt der Umsetzung der Maßnahmen der letzten Strukturkommission. Hinzuweisen sei auch darauf, dass die noch bestehende Lücke zwischen Konsolidierungsrahmen in Höhe von rund 1,3 Mio. Euro und den über die Laufzeit aufsummierten, identifizierten Optimierungen in Höhe von rund 1,15 Mio. Euro (300 T€ p.a. über 3 Jahre zzgl. 250 T€ Einmaleffekt) durch eine erhöhte Landeszuweisung noch reduziert würde.

Die vorgetragenen Bedenken zum Eingriff in den Personalkörper teile sie nicht. Eingriffe in die Struktur seien ausdrücklich nicht beabsichtigt. Die Umsetzung der konkreten Konsolidierungsmaßnahmen obliege entsprechend der gesetzlich verankerten Eigenverantwortung der Theaterverwaltung und dem Betriebsausschuss.

 

Ratsherr Linden bemängelt, dass die Erreichung des Ziel-Kostendeckungsgrades von vornherein für unerreichbar erklärt und damit die Vorgehensweise generell abgelehnt werde. Man müsse Konsolidierungsmaßnahmen ernsthaft diskutieren und umsetzen. Wenn die Evaluation dann zeigt, dass das Ziel nur zum Teil erreicht worden sei, habe man dennoch zur Steigerung der Wirtschaftlichkeit insgesamt beigetragen. Angesichts umfangreicher Variablen, wie z.B. der Entwicklung der Landeszuweisungen oder möglichen Synergien in den Werkstattabläufen, halte er Optimierungen durchaus für möglich und erstrebenswert. Die Identifizierung von Konsolidierungspotentialen habe schließlich bereits zum jetzigen Stand – ohne die Einberufung einer Strukturkommission – ein Volumen von 300 T€ p.a. erreicht. Er halte die vorgehensweise der Zielsteuerung für den richtigen Weg. Die inhaltlichen Diskussionen im Betriebsausschuss seien jedoch – auch hinsichtlich der immanenten Dynamisierung – zwingend erforderlich.

 

Ratsherr Teuku hält die Vereinbarung von Zielen ebenfalls für zweckdienlich. Er bemängelt jedoch die Ausrichtung am Kostendeckungsgrad. Die verschiedenen Variablen seien nicht einschätzbar. So erlaube z.B. die Erhöhung der Landeszuweisung um 1 Mio. Euro Mehraufwendungen in Höhe von rund 6 Mio. Euro. Er betont, dass das Theater nicht mit einem Wirtschaftsbetrieb, etwa einem Kino, zu vergleichen sei. Zudem kritisiert er, dass die Politik in die Ausgestaltung der Zielvereinbarung im Vorfeld nicht ausreichend eingebunden worden sei.

 

Ratsherr Deumens befürwortet ebenfalls grundsätzlich die zielorientierte Steuerung, nicht aber die konkret vorliegende Zielvereinbarung. Er bezweifelt, dass der Kostendeckungsgrad in Höhe von 16% erreichbar sei. Zudem habe das Theater kultur- und gesellschaftspolitische Aufgaben zu erfüllen. Auch wenn sich das Theater grundsätzlich nicht vom Konsolidierungszwang lossagen könne, halte er Einsparungen in der vorgesehenen Höhe nur für erreichbar, wenn entweder Personal abgebaut werde oder aber die Preise erheblich angehoben würden. Ersteres führe zu Arbeitsverdichtungen beim Personal, letzteres hindere insbesondere Menschen in angespannter wirtschaftlicher Lage am Besuch des Theaters.

 

Frau Grehling stellt klar, dass die grundsätzliche Ausrichtung der politischen Diskussion vorbehalten sei. Ein Theater könne aus ihrer Sicht schlichtweg nicht kostendeckend betrieben werden. Die vorliegende Zielvereinbarung ermögliche die Einbindung in die gesamtstädtisch wirkungsorientierte Zielsteuerung und könne bei Bewährung als Beispiel auch für andere Eigenbetriebe herangezogen werden. Es werde eine Venetzung mit dem Haushalt über die reine Zuschussgröße hinaus ermöglicht.

Der avisierte Kostendeckungsgrad von 16% sei keinesfalls willkürlich gewählt, sondern entspreche dem Ist-Wert im Jahresabschluss zum Zeitpunkt der Strukturkommission. Ergänzend stellt sie noch einmal klar, dass die Zielvereinbarung als Zielerreichung zum einen den Kostendeckungsgrad von 16 % in der Spielzeit 2020/2021 vorsehe, zum anderen aber auch die Erreichung des ermittelten Gesamtkonsolidierungsvolumens von rund 1,3 Mio. Euro. Dieses Gesamtvolumen entspräche im gleichen Zeitraum beinahe den bereits identifizierten Einsparpotentialen.

Hinsichtlich der Bedenken des Ratsherrn Teuku führt sie aus, dass gerade für diese Fälle, in denen zum heutigen Zeitpunkt nicht absehbare Veränderungen der Ausgangslage einträten, die Evaluationsklausel mit der Folge greife, dass eine Anpassung der Vereinbarung auszuhandeln ist. Außerdem würde eine evtl. über den Konsolidierungsrahmen hinausgehende Rücklage mit der Stadt hälftig geteilt. Im Sinne beiderseitiger Sicherheit solle weder das Theater einen „Sparstrumpf“ anlegen, noch die Stadt über die Maße hinaus Konsolidierungen verlangen können.

Sie ergänzt, dass der jahresbezogen höchste Konsolidierungsbeitrag bei rund 900 T€ liege. Die Sorge, dieses Ziel nicht nachhaltig erreichen zu können, sei verständlich. Sie betont aber nochmals, dass keine Entlassungen vorgesehen seien. Nötigenfalls stünde die Möglichkeit der Neuverhandlung offen, sofern sich zeige, dass die Zielsetzung wider Erwarten nicht erreichbar sei.

Inhaltlich erfolge, wie bereits in der Vorlage und auch im Vorfeld dazu betont, keine Einmischung seitens der Finanzverwaltung. Auch diese Verbriefung stelle einen Vorteil dar und stärke die Eigenverantwortung des Theaters und des Betriebsausschusses. Letztlich würde nunmehr vom Theater das gleiche gefordert, wie von den Produktverantwortlichen im städtischen Haushalt: Im Wege der Darstellung von Zielen und Kennzahlen werde Transparenz geschaffen, um die politische und inhaltliche Beratung zu ermöglichen. Im Gegensatz zu den singulären Ergebnisse der Strukturkommission, die keine nachhaltige Verbesserung nach sich gezogen hätten, könne nunmehr ein effektives Controlling greifen.

Letztlich sei sie sich gemeinsam mit der Kulturdezernentin im Klaren darüber, dass die Zielvereinbarung ein ehrgeiziges, aber durchaus erreichbares Ziel definiere, dessen Erreichung fortwährend zu controllen sei. Natürlich müssten diese Controlling und die sich daraus ergebenden inhaltlichen Fragestellungen durch den Betriebsausschuss begleitet werden. Dazu würden die Evaluation der Zielvereinbarung und das Berichtswesen im Allgemeinen aufeinander abgestimmt.

 

Ratsherr Pilgram teilt mit, dass nach seiner Ansicht keine Erhöhungen des Landeszuschusses in nennenswerter Höhe zu erwarten sei. Zwar habe die Landesregierung die Stärkung kommunaler Theater als Ziel definiert, allerdings seien im Entwurf des Landeshaushalts lediglich eine Zuschusserhöhung von landesweit insgesamt 500 T€ vorgesehen. Angesichts des Gesamtzuschusses von rund 23 Mio. Euro falle die Erhöhung damit nur gering aus und werde wohl nicht zu einer deutlich erhöhten Bezuschussung des Aachener Theaters führen.

Er stellt fest, dass strategische Überlegungen Grundlage für die Definition eines Ziels seien. Gegen die Formulierung ambitionierter Ziele sei grundsätzlich nichts einzuwenden, allerdings müsse die Komplexität angesichts der Vielzahl von „Stellschrauben“ beachtet werden. Die nun folgenden Detailfragen hinsichtlich der Umsetzung der Konsolidierung seien bisher nicht beantwortet. Er sei insbesondere die Kulturpolitik gefragt, da die strategische Ausrichtung nicht in der Verantwortung der Verwaltung, sondern der Politik liege. Er fordere dazu auf, diese Verantwortung auch wahrzunehmen.

 

 

Der Ausschussvorsitzende Herr Claßen weist auf den vom Betriebsauschuss Theater und VHS gefassten Beschluss hin, der vom Beschlussvorschlag der Vorlage abweicht. Er schlägt vor, dem Beschlussvorschlag des Betriebsausschuss Theater und VHS zu folgen und stellt folgenden abweichenden Beschlussvorschlag zur Abstimmung:

 

Der Finanzausschuss nimmt die Ausführungen der Verwaltung sowie die Zielvereinbarung in der durch den Betriebsausschuss Theater und VHS geänderten Fassung zur Kenntnis. Er empfiehlt dem Rat der Stadt Aachen, die Zielvereinbarung in der durch den Betriebsausschuss Theater und VHS geänderten Fassung zur Kenntnis zu nehmen und zu beschließen, die entsprechenden haushalterischen Auswirkungen mit der Verabschiedung des Haushaltsplans 2018 zu bestätigen.

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Beschluss:

Der Finanzausschuss nimmt mehrheitlich mit vier Gegenstimmen die Ausführungen der Verwaltung sowie die Zielvereinbarung in der durch den Betriebsausschuss Theater und VHS geänderten Fassung zur Kenntnis. Er empfiehlt dem Rat der Stadt Aachen weiter, die Zielvereinbarung in der durch den Betriebsausschuss Theater und VHS geänderten Fassung zur Kenntnis zu nehmen und zu beschließen, die entsprechenden haushalterischen Auswirkungen mit der Verabschiedung des Haushaltsplans 2018 zu bestätigen.

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Anlagen zur Vorlage

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