06.11.2019 - 4 Bürgerbegehren "Radentscheid Aachen"hier: Zulä...

Beschluss:
geändert beschlossen
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Beratung

Der Oberbürgermeister ruft eine Vertreterin oder einen Vertreter des Bürgerbegehrens dazu auf, das Bürgerbegehren zu begründen.

 

Herr van den Hurk begründet sodann das Bürgerbegehren „Radentscheid Aachen“ mit den dieser Niederschrift beigefügten Ausführungen.

 

Der Oberbürgermeister dankt den Initiatoren des Bürgerbegehrens und gratuliert zur erfolgreichen Arbeit. Zu seiner persönlichen Haltung erläutert er, dass er den Zielen des Bürgerbegehrens zustimmen werde, weil er diese für richtig halte. Die Zielsetzung, mehr Sicherheit und mehr Raum für Radfahrer in Aachen zu schaffen, werde von ihm unterstützt. Benötigt würden mehr Fahrradwege, mehr Abstellmöglichkeiten und es wäre falsch, wegen einiger Details, auf die er noch eingehen werde, nicht zuzustimmen. Allerdings gebe es einige Dinge, die er für schwierig halte, zum einen seine dies sehr konkrete Angaben zu Mengen und Zeiten, bei denen sich die Frage der Machbarkeit stelle. Im Gespräch sei geklärt worden, dass der Radentscheid so gemeint sei, dass Dinge, die ohnehin geplant und gemacht werden, angerechnet werden und als Gesamtpaket zu betrachten sind mit dem, was nun noch zusätzlich hinzukomme. Dies mache es leichter, sei aber nicht eindeutig in der Formulierung gewesen. Zudem fänden sich in den Formulierungen die Zielkonflikte nicht wieder, die entstehen werden. Diese seien noch zu diskutieren und ob es geschafft werde, in den Abläufen und Beteiligungen, in den Beratungen und Entscheidungen der Gremien all das, was nötig ist, zu diskutieren und in jedem Punkt zurechtzukommen, könne nicht versprochen werden. Er befürchte, dass man immer stärker auf eine Polarisierung in Verkehrsfragen zulaufen werde und glaubt, dass im Moment eigentlich genau das Gegenteil gebraucht werde. Er plädiert dafür, mit allen Verkehrsteilnehmern gemeinsame Lösungen zu suchen, wie man am besten intermodal zurechtkomme. Gebraucht würden Signale, die dazu führen, einen insgesamt saubereren, sichereren, leiseren und bedarfsgerechteren sowie flüssigeren Verkehr herzustellen und nicht auf nur ein Modul zu setzen. Trotz der Bedenken glaube er, dass es richtig sei, das starke Signal der heutigen Sitzung auch positiv anzunehmen. Die Verwaltung werde alles tun, um auch zeitgerecht in der Umsetzung klarzukommen und möglichst viele mitzunehmen. Zur Beschleunigung werde derzeit daran gearbeitet, ein Meldesystem für Vorschläge aus der Bürgerschaft zu Detailfragen der Umsetzung einzurichten.

 

Ratsherr Baal, CDU, bedankt sich zunächst bei den Vertretern des Bürgerbegehrens für die kooperativen Gespräche und Debatten, die er als qualifiziert und auf die Inhalte konzentriert bewertet. Sein Dank gelte auch der Verwaltung, insbesondere dem Rechtsamt, für die Darstellung der Zulässigkeit des Bürgerbegehrens, vor allem vor dem Hintergrund, des es in anderen Städten juristische Rangeleien um diese Frage gegeben habe. Für seine Fraktion kündigt er an, den Inhalten des Radentscheides zuzustimmen und begrüßt, dass der Rat dies insgesamt mit großer Mehrheit tun werde. Sodann geht er darauf ein, dass 20 % der Wahlberechtigten das Bürgerbegehren mit ihrer Unterschrift unterstützten, obwohl hierfür nur ein Quorum von 4 % vorgesehen sei. Hierdurch werde ein starker Bürgerwille dokumentiert und als Ratsmitglied könne er nicht sagen, sich dem verweigern zu können. Von daher werde man die faire, qualifiziert und solide erledigte Arbeit des Bürgerbegehrens in die eigene Arbeit zum Thema Mobilität aufnehmen. Herrn van den Hurk als Vertreter des Bürgerbegehrens stimmt er zu, dass Mobilität mehr sei als Fahrradfahren. Es sei aber auch mehr als Autofahren. Dies sei in der Vergangenheit anders bewertet worden. Andere Zeiten bedürften allerdings anderer Antworten. Das Mobilitätsverhalten der Aachenerinnen und Aachener werde sich auch durch die E-Mobilität verändern. Er erinnert an einen gemeinsam mit der SPD-Fraktion eingebrachten Antrag zu Mobilität-Hubs und sieht im Inhalt des Radentscheids eine gute und qualifizierte Grundlage, die Säule Radmobilität zu beschreiben. Es bedürfe darüber hinaus aber auch Veränderungen im Bereich des ÖPNV. Von daher spreche er sich für die Einrichtung einer Regiotram aus. Aufgrund der Pendlerzahlen und der Attraktivität der Stadt werde der Verkehr dauerhaft nicht mit Kraftfahrzeugen abgebildet werden können. Auch gebe es in der Innenstadt Fußgängerzonen, in denen Radfahren nicht angezeigt sei. Handlungsbedarf sehe er bei der Erhöhung der Sicherheit für Radfahrer. Er werbe für ein gesellschaftliches Einvernehmen über Mobilität in Aachen. Dieses Einvernehmen herzustellen sei eine wichtige Grundlage dafür, dass jeder den anderen akzeptiere und respektiere. Es gehe nicht um die Dominanz einzelner Verkehrsmodule, sondern um den Schutz von Minderheiten und Schwächeren. Dieser Schutz sei gerechtfertigt und legitim und gehöre in eine Abwägung hinein. Die Debatte über die Mobilitätsveränderung beginnen nun. Hierbei werde seine Fraktion gerne Partner und Debattenbeiträger sein. Dem Radentscheid wünsche er viel Erfolg.

 

Ratsherr Servos, SPD, sieht im Radentscheid eine demokratische Teilhabe, die so in Aachen noch nicht vorgekommen sei. Es sei das erste Bürgerbegehren, das für ein Großprojekt eintrete. Sachlich, fair und sehr inhaltlich habe es sich positioniert. Der Radentscheid sei ein Schlüsselbaustein und eine Schlüsselentscheidung in einer neuen Mobilitätspolitik. Hierzu gehöre mehr als das Radfahren, nämlich auch der ÖPNV, die Bahn, die Premium-Fußwege und der schon vom Vorredner benannte Minderheitenschutz schwächerer Verkehrsteilnehmer. Seine Fraktion habe bereits seit langem gespürt, dass man in der Frage des Straßenraums und seiner Aufteilung etwas ändern müsse. Er geht sodann auf frühere Verkehrskonzepte ein und kritisiert das damalige Ziel, durch Integration von Radstreifen auf der Fahrbahn die Sicherheit zu erhöhen und verweist in diesem Zusammenhang auch auf das Wahlprogramm der Grünen zur letzten Kommunalwahl, das dieses Ziel verfolgte. Mittlerweile seien alle weiter, weil Politik ihre Positionen überdenken müsse. Schon mit der Ausrufung des Radentscheids habe es Veränderungen in der politischen Sicht auf das Thema Radfahren und die Aufteilung des Straßenraums gegeben. Er erinnert an gemeinsame Anträge von CDU und SPD zum Radvorrangroutennetz, zum Aachener Standard für die Fahrradstraßen, zum Umbau des Grabenrings zum Radvorrangroutennetz, zum Ausbau der Radverkehrsanlagen auf dem Grabenring, zu Protected Bike Lanes, zur Anlage von Fahrradparkhäusern bzw. Bike&Ride- Anlagen an Bahnhöfen sowie zum Umbau von Parkplätzen und Parkhäusern zur sicheren Abstellmöglichkeit für Pedelecs und Fahrräder. All diese Ideen bräuchten eine Legitimation und der Ratentscheid habe diese Legitimation mit über 37.000 Unterschriften messbar gemacht. Für die Zukunft sieht er die Aufgabe der Verwaltung darin, mit den Verbänden Abstimmungsrunden zu organisieren und zu klären. Für seine Fraktion erklärt er die Zustimmung zu den und die Übernahme der Inhalte des Radentscheides. Zwei wichtige Fragen der Mobilitätspolitik würden hierdurch beantwortet, zum einen die Frage, wem die Straße gehöre, zum anderen die Frage, wieviel davon man pro Kopf bekomme. Für die SPD wird der anstehende Beschluss auch einen Kompass für neue Mobilitätspolitik sein.

 

Ratsherr Deumens, Linke, bekundet, dass seine Fraktion das Bürgerbegehren von Anfang an unterstützt habe und man deshalb dem Anliegen in der Sache auch entsprechen werde. Er dankt den Vertretern des Bürgerbegehrens für die Aussage, dass man eine Mobilitätswende für alle wolle und geht sodann auf die sieben Ziele und Forderungen ein, die den Radverkehr in Aachen besser und sicherer machen werden, so dass sich mehr Menschen zutrauen werden, mit dem Fahrrad fahren. Er erwarte deshalb, dass sich der derzeitige Anteil am Radverkehr von 11 % deutlich erhöhen werde. Mehr Radverkehr bedeute auch weniger Stau, weniger Lärm und weniger Abgase. Dies werde den Menschen in der Stadt gut tun und in diesem Sinne wünsche seine Fraktion weiterhin alles Gute für die Umsetzung des Radentscheids.

 

Ratsherr Teuku, Piraten, erklärt, dass Druck nötig sei, um in der Politik etwas zu bewegen. Dies habe der Radentscheid auf vorbildliche Art und Weise geschafft, weil man immer sachlich und positiv argumentiert und nicht plump polarisiert habe. Lange Zeit sei das Thema Verkehr und Mobilität ausgebremst worden und das Bürgerbegehren habe Bewegung in die Sache gebracht. Er hoffe, dass mit dem Radentscheid die längst überfällige Verkehrswende in der Stadt eingeleitet werde. Die Piratenfraktion werde von daher dem Bürgerbegehren in der Sache zustimmen.

 

Ratsherr Palm, Allianz für Aachen, beglückwünscht die Vertreter des Bürgerbegehrens, die viele tausend Unterschriften sammeln konnten. Es sei eine erstaunliche Leistung, 20 % der Bevölkerung hierfür zu gewinnen. Gleichzeitig müsse aber auch festgestellt werden, dass 80 % der Bevölkerung oder der Stimmberechtigten nicht gefragt wurden. Aus Sicht der Allianz für Aachen wäre es deshalb kein Fehler gewesen, einen Bürgerentscheid bestimmen zu lassen. Hierdurch hätte man basisdemokratisch das Bestmögliche für die Bürger herausgeholt.

 

Ratsherr Helg, FDP, erklärt für seine Fraktion, dass man der Zulässigkeitsprüfung zustimmen werde, nicht jedoch der inhaltlichen Seite des Bürgerbegehrens. Hierzu werde Ratsherr Blum ausführlich Stellung nehmen.

 

Ratsherr Neumann, Grüne, glaubt, dass die vom Vertreter des Bürgerbegehrens vorgetragenen Visionen nicht von allen für möglich gehalten werden. Zwar höre es sich so an, als ob alle immer schon dafür gewesen seien, er glaube aber, dass in einigen Fraktionen ein Hadern vorhanden gewesen war sowie Unsicherheit, ob das, was nun komme, denn auch richtig sei. Es gehe beim Radentscheid auch nicht so sehr um einen Minderheitenschutz, sondern um eine völlig andere Art des Miteinanders im Verkehr und der Stadtgestaltung. Kernpunkt sei die Umsetzung der Verkehrswende, wie sie schon seit vielen Jahren diskutiert wurde. Gegenüber anderen Städten hinke Aachen hinterher. Den Radentscheid hätte man nicht gebraucht, wenn die Pläne der letzten Jahre umgesetzt worden wären. Vieles, was der Radentscheid vorlege, sei eigentlich schon beschlossene Sache. Ausdrücklich begrüßt er die Idee der Einrichtung eines Mobilitätsbeirats. Dieser könne regelmäßig daran erinnern, was heute beschlossen werde. Er hoffe, dass wirklich etwas voran gehe und sich dies auch in Beschlüssen wiederfinde.

 

Ratsherr Blum, FDP, drückt seinen Respekt vor dem Radentscheid aus, der viele Punkte beinhaltete, die positiv und richtig seien. Es gebe aber auch viele Punkte, die man ablehnen könne oder sogar müsse. Als Beispiel nennt er die Forderung, an jedem Bahnhof überdacht oder nicht überdacht 2500 Parkplätze für Fahrräder vorzuhalten. Er weist darauf hin, dass die Stadt gar nicht über die entsprechenden Grundstücke verfüge. Deshalb trete man für ortsbezogene Einzelfallentscheidungen ein. An Einzelbeispielen zeigt er Schwierigkeiten auf, die für Verkehrsteilnehmer bei einer Umsetzung der Forderungen des Radentscheids entstehen könnten. Er kritisiert die Empfehlung, beim Ausbau von Straßen eine Beschränkung von 400 Mobilitäts-oder Kfz-Bewegungen in der Stunde zu realisieren. Das würde den Verkehr in andere Richtungen schieben und entsprechend Staus und Belastungen dort hervorrufen. Eine Knappheit bei Anwohnerparkplätzen führe zu einem verstärkten Parksuchverkehr. Bevor man Autofahrer davon abbringe, in die Stadt zu fahren, müsse es Alternativen geben. Diese würden allerdings derzeit noch nicht bestehen. Der ÖPNV sei eine solche Alternative, müsse aber leistungsfähiger gemacht werden. Damit verbunden seien finanzielle Aufwendungen. Kritisch bewertet er das Vorhaben, Hauptverkehrsstraßen einspurig zu machen, zum Beispiel den Adalbertsteinweg oder die Ludwigsallee. Dort werde der Stau vorprogrammiert. Da verschiedene Punkte nicht akzeptabel seien, werde man inhaltlich dem Bürgerbegehren auch nicht zustimmen.

 

Nach weiteren Debattenbeiträgen der Ratsmitglieder Rhie, Servos, Breuer und Baal, die die jeweiligen Positionen ihrer Fraktion vertiefen, lässt der Oberbürgermeister über die Zulässigkeit des Bürgerbegehrens sowie über die Entscheidung in der Sache abstimmen.

 

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Beschluss:

  1. Der Rat der Stadt beschließt bei einer Enthaltung einstimmig, das Bürgerbegehren „Radentscheid Aachen“ als zulässig zu erachten.

 

  1. Der Rat der Stadt entspricht bei vier Gegenstimmen mehrheitlich in der Sache dem zulässigen Bürgerbegehren „Radentscheid Aachen“.


 

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