06.10.2020 - 5 Forstwirtschaftspläne für das Forstwirtschaftsj...
Grunddaten
- TOP:
- Ö 5
- Gremium:
- Ausschuss für Umwelt und Klimaschutz
- Datum:
- Di., 06.10.2020
- Status:
- gemischt (Niederschrift freigegeben)
- Uhrzeit:
- 17:00
- Anlass:
- Öffentliche/Nichtöffentliche Sitzung
- Beratung:
- öffentlich
- Vorlageart:
- Entscheidungsvorlage
- Federführend:
- FB 36 - Fachbereich Klima und Umwelt
- Beschluss:
- ungeändert beschlossen
Beratung
Herr Dr. Krämer trägt zu dem Thema für den Ausschuss vor und leitet ein, dass die letzten drei Jahre forstwirtschaftlich katastrophale Schäden hinterlassen hätten. Leider sei, so erörtert er, kein Ende in Sicht; die Anzahl der Borkenkäfer sei explodiert und betrüge derzeit das 12 fache der Population aus 2018.
Solch große Schäden hätten auf Grund ihres Ausmaßes bereits volkswirtschaftliche Auswirkungen, da derzeit riesige Mengen Holz nach China verfrachtet würden, die dann wiederum mittelfristig auf dem hiesigen Markt fehlen würden. Aber auch für die Stadt Aachen im Konkreten würden sich betriebswirtschaftlich gesehen Schäden einstellen, so sei beispielsweise der Holzverkaufspreis von seinerzeit 65€/m² auf nur noch rund 5€/m² gefallen.
Nicht zu vergessen seien jedoch auch die ökologischen Schäden, wenn beispielsweise durch die Verschiffung nach China die sonst sehr gute CO2 Bilanz des Rohstoffes Holz völlig zerstört würde.
Sein Bestreben sei, so Dr. Krämer, die aufgetretenen Schäden möglichst schnell wieder zu beheben und die entstandenen Freiflächen schnellstmöglich wieder forstwirtschaftlich zu regenerieren. Hierbei lege er besonderen Wert auf die Artenvielfalt. So habe man in jüngster Vergangenheit vermehrt Sträucher in den Randgebieten gepflanzt. Ziel dieser Artenvielfalt sei ein klimastabiler, naturnaher Erholungswald. Bezüglich der Erreichung dieses Zieles stehe die Stadt Aachen bereits sehr gut da, man habe im Durchschnitt Einzelbestände mit einer Flächengröße von weniger als 2 Hektar, was den Wald wiederum für Schädlingsprobleme weniger angreifbar mache.
Wie die Ausschussmitglieder der Vorlage entnehmen könnten, sei das Ziel, auch neue Baumarten zu pflanzen um sich breiter aufzustellen.
Herr Grooten legt dar, dass die Stadt Aachen aus seiner Sicht hier bereits in den letzten Jahren einen guten Weg beschritten habe. Er stellt die Frage an Herrn Dr. Krämer, wie er dazu stehe, dass Verbände wie der NABU eine Quote von 10% Totholz fordern würden, die herrschende forstwirtschaftliche Meinung jedoch eher eine Quote von 5% vertreten würde. Herr Dr. Krämer antwortet, dass er diese höhere Quote gerade bei einem Erholungswald wie ihn die Stadt Aachen habe, kritisch sähe, da er in einem hohen Maß erschlossen sei, was zu einem großem Umfang an Verkehrssicherungspflichten führe. Bei einer höheren Totholz-Quote entstünde ein noch einmal deutlich erhöhtes Arbeitsaufkommen oder werde eine Vergabe an Fremdfirmen erforderlich, was wiederum finanzielle Auswirkungen habe. Da Deutschland ohnehin ein Holzimportland sei, sehe er auch vor diesem Hintergrund eine Ausweitung der 5% Quote kritisch, da noch mehr Holz importiert werden müsse, um den heimischen Bedarf zu decken. Mit der Frage abschließend verweist er auf einen Ratsantrag der Fraktion DIE LINKE aus dem Jahr 2014 zur Ausweitung der Stilllegungsflächen. Der Ausschuss für Umwelt und Klimaschutz habe sich damals für die Beibehaltung eines Stilllegungsanteils von fünf Prozent ausgesprochen.
Herr Nositschka meldet sich mit gleich mehreren Fragestellungen zu den Forstwirtschaftsplänen, die Herr Dr. Krämer der Reihe nach beantwortet.
Zunächst möchte Herr Nositschka wissen, warum laut dem Plan lediglich die Freifläche Preuswald mit neuen, klimastabilen Baumarten bepflanzt werde und andere Flächen nicht. Herr Dr. Krämer erklärt, dass sich nicht nur um die Fläche Preuswald gekümmert würde, diese jedoch eine besonders große Freifläche darstellen würde und sich hier besonders viel Brombeeren angesiedelt hätten, unter deren Dickicht lange nichts von alleine wachsen würde, also müsse man hier neu pflanzen. Dies sei an anderen Stellen bei kleineren Flächen sowohl personell, als auch finanziell nicht immer machbar.
Des Weiteren möchte Herr Nositschka wissen, warum in verhältnismäßig hohem Maße Buchen nachgepflanzt würden, wenn diese z.B. für Trockenheit ziemlich anfällig seien. Hier legt Herr Dr. Krämer dar, dass man anhand einer Bodenkarte die jeweiligen Standorte auf Beschaffenheit untersucht und im Ergebnis gesehen habe, dass es überraschend viele sehr frische Standorte mit der Wasserhaushaltsstufe 6 gebe, auf denen Buchen auch dann noch gut wachsen würden, wenn der Wasserhaushalt um ein bis zwei Stufen sinken würde. Allerdings habe man schon einen durchaus differenzierten Blick dafür, wo man die Buche hinpflanzen könne und wo nicht.
Abschließend möchte Herr Nositschka wissen, warum man mit bspw. der Weißtanne eher nicht heimische Baumarten wähle und nicht auf heimische Sorten setze. Hierzu nimmt Herr Dr. Krämer wie folgt Stellung: Die Weißtanne sei zumindest in den Gefilden rund um den Schwarzwald noch durchaus als heimisch anzusehen. In unseren Gegenden müsse sie auf vergleichsweise frischen Standorten gepflanzt werden und verstehe sich aufgrund der hohen Schattentoleranz dort ziemlich gut mit Buchen. Sie sei daher geeignet, die bei uns artenarmen Buchenwälder um eine Baumart zu bereichern. In Bezug auf die Holzverwendung könne man sie als Ersatz für die Fichte sehen. Herr Nositschka nimmt die Ausführungen von Herrn Dr. Krämer zustimmend zur Kenntnis und schließt seinen Beitrag mit Erfolgswünschen.
Als nächstes folgt der Beitrag von Herrn Formen. Er stellt zum einen die Frage, ob das Thema der Sukzession nur noch einen Randaspekt in dem neuen Forstwirtschaftsplan darstelle. Herr Dr. Krämer führt dazu aus, dass der Aachener Stadtwald derzeit über 30ha Freiflächen besitzt, von denen FB 36/600 mittels der rund 45.000 Neupflanzungen pro Jahr überschlagen rund 15ha forstwirtschaftlich neu besiedelt habe. Über diesen Durchschnitt hinaus handele es sich immer um Einzelentscheidungen, ob Flächen der Sukzession überlassen werden oder welche Baumarten in welchem Umfang gepflanzt würden.
Die zweite Frage von Herrn Formen geht auf die Ausgleichs- und Ersatzzahlungen ein. Er möchte gerne wissen, ob diese Gelder in das normale Budget des Forstamtes einfließen. Seiner Meinung nach sei es nicht richtig, dass diese Zahlungen dazu verwendet würden, etwas zu finanzieren, was per se die Aufgabe der Stadt Aachen sei. Er betont hierbei, dass er Herrn Dr. Krämer nicht kritisieren wolle. Herr Dr. Krämer führt aus, dass die Gelder unter anderem für einen frühzeitigen Baumwechsel und somit eine Aufwertung des Bestandes genutzt würden, und betont, dass ohne diese Gelder die ausgleichenden Pflanzungen nicht in der Geschwindigkeit vorgenommen werden könnten wie momentan.
Die Vorsitzende Ratsfrau Griepentrog regt an, das Thema noch mit zu den anstehenden Haushaltsberatungen zu nehmen, da es nur indirekt mit den Forstwirtschaftsplänen zu tun habe.
Herr Stettner gibt an, dass er die Lage durch Herrn Dr. Krämer sehr gut beschrieben fände, und dass er der Meinung sei, es handele sich hier durchaus um eine erschreckende Lage, deren Auswirkungen man langfristig im Blick behalten müsse. Gleichzeitig empfinde er die Stadt Aachen an dieser Stelle jedoch als sehr gut aufgestellt, weil sie schon in der Vergangenheit die richtigen Akzente gesetzt habe.
Man müsse hier eine ökologische Gesamtstrategie verfolgen und stehe im Ausschuss grundsätzlich für die angestrebte Biodiversität.
Er stellte in Aussicht, dass die Grünen den Forstwirtschaftsplänen zustimmen würden und auch nicht abgeneigt seien, hier mehr Geld zur Verfügung zu stellen.
Ratsfrau Dr. Wolf bedankte sich für die Ausführungen von Herrn Dr. Krämer und machte deutlich, dass sie hier noch einen großen Bedarf und einiges an Arbeiten sähe. Sie möchte gerne wissen, ob die Stadt für die verausgabten 75.000€ eher junge, kleine oder eher größere Bäume eingekauft habe. Hier beantwortet Herr Dr. Krämer kurz, dass man beides im Mix gekauft habe, die Bäume gebe es in Klassifizierungen von 60-80 und von 80-120cm. Die erstandenen Pflanzen seien dann im Durchschnitt drei bis vier Jahre alt.
Grund dafür sei, dass man diese Größe noch gut mit einem Erdbohrgerät einpflanzen könne, da die Wurzeln noch nicht zu groß seien.
Weiterhin fragt Ratsfrau Dr. Wolf, ob es nicht eine Sorte Bäume gebe, die allen drei Problemen (Wasserknappheit, Schädlinge und Sturm) recht unverwundbar gegenüberstehen würde. Hier verweist Herr Dr. Krämer darauf, dass es solche Sorten vielleicht außerhalb des europäischen Raumes geben würde, diese aber wiederum für den heimischen Mikrokosmos nicht gut seien und für ihn die heimische Eiche, trotz einer hohen Anzahl an Fraßfeinden eine gute Alternative sei.
Ratsfrau Plum kommt noch einmal auf den finanziellen Aspekt zu sprechen und fragt nach, ob es wirklich alleine vom Geld abhänge, in welcher Geschwindigkeit und Intensität Neupflanzungen betrieben würden. Sie könne sich das an dieser Stelle nicht vorstellen.
Hierzu merkt Herr Dr. Krämer an, dass die Schadflächen sich fortwährend verändern würden und zum Zeitpunkt der Haushaltsplanung die Anzahl der erforderlichen Pflanzen nicht bekannt sei. In normalen Jahren komme man mit ca. 20.000 Pflanzen aus. Momentan sei man bei über dem Doppelten, was personell nicht zu stemmen sei, so dass man auf Fremdfirmen zurückgreifen müsse, was dann wiederum Kosten von mehr als dem Doppelten verursachen würden.
Mehr Geld würde also mehr Gelegenheiten bieten, Aufträge an Fremdfirmen zu vergeben, allerdings räume er ein, dass auch beispielsweise das vorgehaltene Angebot in Pflanzschulen das Ganze begrenze.
Derzeit habe man zunächst unveränderte Haushaltsmittel angemeldet, weil man sich gleichzeitig nach Fördermöglichkeiten umsehe. So habe man bspw. im Rahmen des Bauhaus-Jubiläums Bedarf von 4.000 Bäumen angemeldet. Die Firma Bauhaus wolle im gesamten 1 Mio Bäume sponsern.
Darüber hinaus habe sich FB 36/600 aber auch um Fördermittel des Landes NRW bemüht.
Ratsherr Schmitz bedankt sich für den informativen Waldspaziergang, den der Fachbereich Umwelt angeboten habe, und möchte wissen, ob man, wie bei Esche und Kastanie, auch bei anderen Baumarten mit Problemen zu rechnen habe. Herr Dr. Krämer führt die sogenannte Rußrindenkrankheit an, die momentan beim Ahorn zu beobachten sei. Er gehe aber davon aus, dass dieser nicht ganz so schlimm betroffen sei, da sich die Pilzkrankheit bisher nicht so schnell verbreitet habe. Der Eichenprozessionsspinner habe ebenfalls in den letzten Jahren stark zugenommen, dabei aber bevorzugt gut besonnte und eher einzeln stehende Bäume auf Freiflächen befallen.