18.08.2020 - 4 Haushaltsrechtliche Auswirkungen der Corona-Pan...
Grunddaten
- TOP:
- Ö 4
- Zusätze:
- Hierzu wird mündlich berichtet.
- Gremium:
- Finanzausschuss
- Datum:
- Di., 18.08.2020
- Status:
- gemischt (Niederschrift freigegeben)
- Uhrzeit:
- 17:00
- Anlass:
- Öffentliche/Nichtöffentliche Sitzung
Beratung
Frau Grehling möchte die Tagesordnungspunkte 3 und 4 miteinander verknüpfen.
Sie führt aus, dass die Präsentation über die Auswirkungen der Corona-Pandemie auf den Haushalt aus der letzten Sitzung fortgeschrieben und um aktuelle Entwicklungen sowie neue Kenntnisse erweitert worden sei. Sie betont, dass die entsprechende Berichterstattung, welche auch das Gesetz vorsehe, im Zuständigkeitsbereich des Finanzausschuss verbleibe.
Die wesentlichsten Auswirkungen der Corona-Pandemie auf den Haushalt seien die Entwicklungen hinsichtlich der Ertragssituation der Stadt Aachen beziehungsweise die damit einhergehenden haushalterischen Belastungen.
Bei der Gewerbesteuer verfestige sich die Prognose, dass die Mindererträge gegenüber der Haushaltsplanung bei ungefähr 46 Mio. Euro liegen werden. Zu bereinigen wäre dieser Wert um eine reduzierte Gewerbesteuerumlage in Höhe von rund 3,3 Mio. Euro.
Absolut und relativ gesehen sei somit der Gewerbesteuerausfall am stärksten zu gewichten, was sich auch im Gewerbesteuersoll im Jahresvergleich widerspiegeln würde. Zurzeit stehe dieser relativ konstant bei rund 161 Mio. Euro, was verglichen beispielsweise mit dem Jahr 2017 ein Rückgang in Höhe von über 50 Mio. Euro zum Stand Anfang August darstelle.
Um die gegenwärtige Situation bezüglich der Gewerbesteuer zu konkretisieren, weist Frau Grehling auf die hohe Zahl von Stundungsanträgen hin. Diese würden sich im Wesentlichen auf bereits festgesetzte Bescheide beziehen, begründet durch corona-bedingte Liquiditätsengpässe bei den betroffenen Unternehmen. Insgesamt lägen derzeit 392 Stundungsanträge mit einem Gesamtvolumen von etwa 7,5 Mio. Euro vor. Die Zahl der bewilligten Anträge auf Absetzung der Vorauszahlungen auf null Euro läge bei ca. 1.800, der dadurch entstehende Gesamtbetrag summiere sich somit auf rund 40 Mio. Euro.
Die Einnahmen der Einkommen- und Umsatzsteuer im 2. Quartal des Jahres ließen einen detaillierten Blick diesbezüglich zu. Auch hier sei selbstverständlich ein Rückgang der Erträge festzustellen, jedoch sei dieser erfreulicherweise nicht ganz so gravierend ausgefallen wie lange zu befürchten gewesen sei. So läge beispielsweise der Gemeindeanteil an der Umsatzsteuer im 2. Quartal des Jahres 2020 immerhin noch auf einem Niveau wie im Vergleichszeitraum im Jahr 2017. Ein vollständiger Einbruch sei hier demzufolge nicht festzustellen.
Wichtig für die Analyse der Entwicklung der Liquidität sei die Entwicklung der Gewerbesteuer-Ist-Zahlungen. Auch hier lasse sich das Delta in Höhe von rund 40 Mio. Euro wiederfinden.
Über die Steuererträge hinaus seien weitere Belastungen hinsichtlich der Ergebnis- und Finanzrechnung festzustellen. Auch hier könne man Erkenntnisse fortschreiben, überwiegend seien die aufgeführten jedoch bereits bekannt, da sie in vorherigen Sitzungen thematisiert wurden und sich mitunter auf entsprechende Beschlüsse in den Gremien zurückführen lassen. Als Beispiele nennt Frau Grehling die elternbeitragsfreien Monate oder den Verzicht auf Sondernutzungsgebühren bei der Außengastronomie. Für die Umsatzeinbußen städtischer Unternehmen kündigt sie tiefergehende Informationen für den nichtöffentlichen Teil an.
Darüber hinaus gebe es nach wie vor finanzielle Auswirkungen, die noch nicht konkret beziffert werden können. Beispielhaft seien hier die bereits bekannten Bereiche ÖPNV, Stundungen und Erlasse von Mieten und Pachten sowie Rückgänge bei den Bußgeldern im ruhenden und fließenden Verkehr aufgeführt. Weitere Einzelfallentscheidungen zur Kostenübernahme beziehungsweise Bezuschussung im Sinne des Sozialdienstleister-Einsatzgesetzes (SodEG) seien gegenüber der letzten Sitzung vor der Sommerpause nicht hinzugekommen.
Auch bei den möglichen Einsparungen, zum Beispiel dem Kurzarbeitergeld beim Stadttheater oder Minderaufwendungen aufgrund des Ausfalls von Veranstaltungen, seien keine größeren Veränderungen festzustellen.
Im Weiteren führt Frau Grehling aus, welche Auswirkungen die vorgestellten Entwicklungen in Bezug auf die Liquidität der Stadt Aachen haben. Zu Jahresbeginn lag der Stand der Kassenkredite bei 346,7 Mio. Euro. Zum 14.08.2020 sei dieser um 36,9 Mio. Euro auf 383,6 Mio. Euro angewachsen (zum Vergleich: im Jahr 2019 konnten bis zu diesem Zeitpunkt fast 18 Mio. Euro an Verbindlichkeiten gegenüber dem Jahresbeginn abgebaut werden). Dieser Anstieg verschärfe sich in der Bedeutung noch, wenn berücksichtigt werde, dass GFG-Zahlungen in Höhe von rund 39,3 Mio. Euro vorgezogen worden seien. Konkret sei - anders als im Jahr 2019 - die ursprünglich für den September 2020 vorgesehene Zahlung der GFG-Mittel in Teilen bereits Ende Juni vorgenommen worden.
Für die Liquidität sei ferner bezüglich des bereits kommunizierten Vorhabens des Gewerbesteuerverlustausgleichs im Haushaltsjahr 2020 durch Bund und Land zu berücksichtigen, dass Stand heute wohl nicht mit einer Einzahlung in voller Höhe noch im Jahr 2020 zu rechnen sei.
Auf der Basis der vorgestellten Auswirkungen sei von Seiten der Finanzsteuerung der Forecast für das Haushaltsjahr 2020 fortgeschrieben worden. Dabei bleibe es bei der Feststellung, dass dieser hinsichtlich spezifischer Mehraufwendungen und Mindererträge vergleichsweise konstant sei. Als wesentliche Eckdaten seien weiterhin die Verlustgrößen bei den Eigenbetrieben sowie bei den Beteiligungen der Stadt zu charakterisieren. Maßgeblich seien jedoch selbstverständlich die allgemeinen Deckungsmittel, also die Steuerausfälle und die Frage der Hilfestellungen von Land und Bund.
Von Bund und Land seien zuletzt sehr viele Förderprogramme auf den Weg gebracht worden. Um eine Größenordnung dieser Hilfspakete zu vermitteln, sei eine Übersicht über die wesentlichen Förderprogramme erstellt worden, über die Frau Grehling im Einzelnen berichtet. Dabei sei der Fokus auf die Förderquote der Programme und die Notwendigkeit Eigenanteile sicherzustellen gelegt worden. Aber auch die aus der Umsetzung der Programme entstehenden Folgekosten seien zu berücksichtigen.
Relevante Förderprogramme seien beispielsweise im ÖPNV und Straßenbereich zu verzeichnen. Im Rahmen des Sonderprogramms Erhaltungsinvestitionen kommunaler Verkehrsinfrastruktur „Straßen und Radwege“ (Gesamtvolumen 50 Mio. Euro landesweit) wurden von Seiten der Stadt Aachen bereits Anträge für eine 90%-ige Förderung mit Gesamtkosten in Höhe von rund 1,05 Mio. Euro für das Jahr 2021 gestellt.
Darüber hinaus gäbe es ein Sonderprogramm “Kommunale Verkehrsinfrastruktur ÖPNV“ (50 Mio. Euro landesweit) beispielsweise für die Modernisierung von Bushaltestellen, die Errichtung von dynamischen Fahrgastinformationen oder Busbeschleunigungen.
Beim Flottenaustauschprogramm „Sozial & Mobil“ (200 Mio. Euro landesweit) müsse von der Stadt Aachen geprüft werden, in wie weit die bereits erfolgte Flottenmodernisierung nachträglich zur Förderung angemeldet werden könne.
Wichtig für die Stadt sei auch die Erstattung der Fahrgeldausfälle im ÖPNV (700 Mio. Euro landesweit), welche zum Ziel habe, den Nahverkehrsunternehmen Beihilfen zu den corona-bedingten Ausfällen bei den Fahrkartenverkaufserlösen zu gewähren (bei der ASEAG bis zu rund 2,3 Mio. Euro pro Monat).
Die einmalige Erhöhung der Regionalisierungsmittel in Höhe von 2,5 Mrd. Euro landesweit in 2020 ist maßgeblicher Faktor des Förderprogramms Finanzierung des ÖPNV. Hier laufe bereits die entsprechende Vorbereitung der Beantragung der Mittel durch Stadt und ASEAG.
Elementare Förderprogramme lägen des Weiteren im Bereich der Städtebauförderung (132 Mio. Euro landesweit) mit der vollständigen Übernahme kommunaler Eigenanteile bei bereits laufenden Maßnahmen vor. Hier habe die Stadt Aachen bereits Anträge für drei laufende Maßnahmen gestellt, zum Beispiel für das Projekt „Branderhof“, mit dem Ziel die bisherigen Eigenanteile in Höhe von rund 1,8 Mio. Euro erstattet zu bekommen.
Beispielhaft für relevante Förderprogramme im Bereich Umwelt und Klimaschutz seien solche im Namen der nationalen Klimaschutzinitiative (50 Mio. Euro landesweit) - ebenfalls mit der Möglichkeit, kommunale Eigenanteile zu reduzieren - oder Modellprojekte zur Klimaanpassung und Modernisierung in urbanen Räumen - Konzeption zur Förderung von Parks und Grünanlagen (70 Mio. Euro landesweit). Hier seien insbesondere Maßnahmen in den Bereichen Straßenbegleitgrün, Baumpflanzungen, Fassadenbegrünung und Umgestaltungen von Flächen zu nennen. Für die Projektskizze „Grüne Lunge für Aachen - Baumpflanzungen an innerstädtischen Straßen“ sei von der Stadt Aachen ein Antrag auf 90%-Förderung für Maßnahmen mit Gesamtkosten in Höhe von 8,2 Mio. Euro für die Jahre 2021 bis 2023 gestellt worden.
Im Bereich Bildung, Sport und Digitalisierung seien diverse Förderprogramme erwähnenswert. Beispielhaft für die IT-Ausstattung für Schülerinnen und Schüler verweist Frau Grehling, da dies auch Thema im Tagesordnungspunkt 5.1 sei, auf die Folgekosten der entsprechenden Beschaffung, die im Haushalt aufzufangen seien.
Das NRW-Stärkungspaket „Kunst und Kultur“ (395 Mio. Euro landesweit) sei ebenfalls noch als ein für die Stadt Aachen elementares Förderprogramm zu erwähnen.
Des Weiteren verweist Frau Grehling hinsichtlich der einzelnen Förderpakete auf die entsprechende Präsentation.
Anmerkung der Verwaltung:
Im Nachgang zur Ausschusssitzung wurde den Ausschussmitgliedern die Präsentation „Haushaltsrechtliche Vorgaben und Auswirkungen: Corona-Krise“ übersandt. Des Weiteren wurde die Präsentation in ALLRIS der Sitzung als Anlage beigefügt.
Abschließend nimmt Frau Grehling nochmals die Thematik Gewerbesteuerausfallsausgleich auf. Hier sei man abhängig von einer noch ausstehenden endgültigen Entscheidung, wie der vorgesehene Ausgleich der Mindererträge durch Bund und Land konkret ausgestaltet werde. Diesbezüglich sei die Bemessungsgröße noch unklar. Es gäbe zum einen das denkbare Szenario, dass ein Ausgleich in Höhe des Deltas zwischen Haushaltsansatz und tatsächlichen Gewerbesteuererträgen vorgenommen werde. Hierbei stelle sich jedoch die Frage, ob die Einplanung der Gewerbesteuer im Haushalt möglicherweise zu optimistisch oder zu zurückhaltend erfolgt sei. Zum anderen werde auch darüber diskutiert, als Bemessungsgrundlage einen Durchschnitt der Ist-Erträge aus den vergangenen Jahren zu bilden, was jedoch in Zeiten des kontinuierlichen Wirtschaftswachstums zwangsläufig zur Folge habe, dass dieser Wert unterhalb des Haushaltsansatzes liegen würde.
Eine weitere offene Frage bleibe, ob bei einem Ausgleich unterhalb des Deltas zwischen Haushaltsansatz und Ist-Erträgen, die gegebenenfalls noch verbleibende Summe im Sinne des Gesetzes zur Isolierung der COVID-19 Belastungen in einen Sonderposten gebucht werden könne, so wie es auch bei den sonstigen Mindererträgen beziehungsweise Mehraufwendungen gemacht werden könne und, wenn ja, für welche Haushaltsjahre dies möglich wäre. All dies seien noch offene Fragestellungen. Frau Grehling bekräftigt jedoch aus ihrer Sicht - analog zu den Aussagen in der Sitzung am 09.06.2020 - die Erwartungshaltung einen Vollausgleichs zwischen dem Haushaltsansatz und den tatsächlich erwirtschafteten Gewerbesteuererträgen zumindest für die Jahre 2020 und 2021.
Sie führt aus, dass sie aufgrund der Forecastberechnungen, der Möglichkeit der Gegenbuchungen von corona-bedingten Verschlechterungen und der Hilfestellungen von Bund und Land wenig Sorgen hinsichtlich des Haushaltsjahres 2020 habe. Es bestünden ausreichend Gegensteuerungsmöglichkeiten, nicht zuletzt aufgrund der Auswirkungen der aufgestellten Bewirtschaftungsverfügung sowie der Erhöhung des Höchstbestands der Kassenkredite.
Deutlich mehr Sorgen bereite jedoch der Blick auf die anstehende Haushaltsplanung. Es gebe noch keine Gewissheit über die Nachhaltigkeit der corona-bedingten Auswirkungen beziehungsweiswe deren Ausgleich. Ferner seien erste Rechnungen hinsichtlich der künftigen GFG-Zahlungen frühestens im Oktober zu erwarten.
In der Mittelfristplanung des Haushaltsplans 2020 liege die Quote des Eigenkapitalverzehrs bei rund 4,1 % bis 4,5%. Sorge bereite für die Haushaltsplanung 2021 ff. die Annahme, dass die corona-bedingten Schäden nachwirken würden. Daher bedürfe es einer Verbindlichkeit hinsichtlich der zuvor beschriebenen Bemessungsgrundlage beim Ausgleich der Steuerausfälle sowie eine solche hinsichtlich der Verbundmasse der GFG-Zahlungen.
Zentral für die Aufstellung eines genehmigungsfähigen Haushalts sei die erhöhte Übernahme der Kosten der Unterkunft, was sich - über die entsprechende Reduzierung der Städteregionsumlage - im städtischen Haushalt auf eine Größenordnung in Höhe von rund 15 Mio. Euro pro Jahr belaufen würde. Des Weiteren werde jedoch ebenfalls die zusätzliche Unterstützung von Bund und Land über den gesamten Zeitraum der Mittelfristplanung benötigt. Zur Folge habe dies, dass zwar für das laufende Haushaltsjahr keine Haushaltsperre zu verhängen sei, zusätzliche Aufwendungen, die über diesen Zeitraum hinaus gehen würden, ohne, dass diese sich als direkte Folge der Pandemie ableiten ließen, jedoch von der Kämmerin abzulehnen seien.
Ratsherr Schmidt-Ott dankt für den sehr ausführlichen Bericht. Er stelle fest, dass die Zahlen sich gegenüber der letzten Präsentation nicht nennenswert geändert hätten. Weiterhin sei ein immenser Schaden für den städtischen Haushalt zu konstatieren. Die Isolierung der pandemie-bedingten Verluste sei eine Hilfestellung für 2020, würde jedoch auch Folgekosten für die künftige Planung bedeuten. Der Spielraum sei jedoch, wie in der Präsentation dargelegt, gering. Es müsse berücksichtigt werden, dass die Abschreibung der Schäden über einen Zeitraum von 50 Jahren eine regelmäßige Belastung für künftige Generationen darstelle. Leider sehe er jedoch diese Folgebelastung nach jetziger Einschätzung als alternativlos an. Es sei eine bittere Pille, die geschluckt werden müsse.
Eine Altschuldenhilfe könne leider ebenfalls keine Hilfe darstellen, da Frau Grehling in der vorherigen Sitzung bereits ausgeführt habe, dass eine solche mit großer Wahrscheinlichkeit mit einer Reduzierung der Verbundmasse hinsichtlich der GFG-Zahlungen einhergehen würde. Ratsherr Schmidt-Ott sehe vielmehr das Erfordernis der Erhöhung der Verbundmasse, erzielt durch eine höhere Beteiligung der Kommunen an den Steuereinnahmen des Landes.
Die vorgestellten Förderprogramme sehe er als erfreulich an, verweist aber auf die Notwendigkeit die jeweiligen Folgekosten im Blick zu haben.
Er bedankt sich bei der Stadtverwaltung für die Arbeit in der Pandemie-Zeit. Viele Hilfestellungen, beispielsweise der Erlass von Kita-Beiträgen oder Mahngebühren, haben den Menschen in der Stadt sehr geholfen. Diese Unterstützung der Einwohner, die wirtschaftlich zum Teil stark getroffen worden seien, sei ein wichtiges Zeichen, welches von der Stadt ausgehe.
Auch Ratsherr Pilgram dankt für den Bericht. Man freue sich über die Förderprogramme, insbesondere über solche, die einen Beitrag zur Verkehrs- oder Energiewende oder zur Begrünung der Stadt beitragen würden. Vor dem Hintergrund der hohen Summe an Ermächtigungsübertragungen (s. Tagesordnungspunkt 6), zurückzuführen auf die Nicht- bzw. verzögerte Umsetzung von Projekten, stelle er sich jedoch die Frage, ob die Verwaltung überhaupt dazu in der Lage sei, neue Programme gemäß der Förderrichtlinien abzuarbeiten. Er verweist in Bezug auf Baumpflanzungen auf die Diskussionen im Finanzausschuss im Rahmen der Haushaltsplanberatungen zu Beginn des Jahres. Er stellt daher die Frage, wie sichergestellt werden könne, dass nicht nur die entsprechenden Zahlen im Haushalt verankert werden, sondern auch eine Umsetzung ermöglicht werden könne.
Ferner habe er den Eindruck, dass keine wirklich nachhaltige Hilfe von Bund und Land festzustellen sei. Dies mache er an den langfristigen Belastungen des Haushalts gemäß Bericht fest.
Frau Grehling macht deutlich, dass sie nicht den Eindruck teile, dass keine Unterstützung von Bund und Land für die Kommunen erfolge. Sie verweist auf Entlastungen des Haushalts in einer Größenordnung von rund 15 Mio. Euro pro Jahr durch die erhöhte Übernahme der Kosten der Unterkunft, oder auf die Übernahme der Eigenanteile im Rahmen der Städtebauförderung. Es könne nicht die realistische Erwartungshaltung entstehen, dass die Corona-Pandemie weltweit Auswirkungen auf die wirtschaftliche Situation von Staaten, Wirtschaftsunternehmen oder Privatpersonen habe, nicht jedoch auf die Stadt Aachen.
Hinsichtlich der Belastung künftiger Generationen legt Frau Grehling Wert darauf, dass nachverfolgt werde, dass die Erstattung der Gewerbesteuerausfälle wie ursprünglich zugesagt auch erfolge.
Es sei korrekt, dass die Abschreibungslast künftige Generationen ab dem Jahr 2025 in erheblichem Maße belasten werde. Es sei jedoch kein vollständiger Ausgleich der Ausfälle ohne Auswirkungen auf die künftigen Haushaltsjahre zu erwarten, da auch von Seiten des Bundes und des Landes die Mittel zur Hilfestellung begrenzt seien. Die von den Gremien bereits beschlossene Erhöhung der Regionsumlage in Höhe von rund 1 Mio. Euro sei im Übrigen auch als nachhaltige Belastung für den Haushalt anzusehen.
Ob beispielsweise die Belastungen aus den Folgekosten zu stemmen seien, hänge auch davon ab, ob Programme ohnehin langfristig vorgesehen gewesen seien, durch die Förderprogramme nun jedoch zeitlich vorgezogen würden, um eine höhere Förderung zu erreichen. Als Beispiel nennt Frau Grehling die Beschaffung der mobilen Endgeräte im Rahmen des Digitalpakts Schule.
Hinsichtlich der Umsetzung der Förderprogramme sei eine enge Abstimmung unabdingbar, um tatsächlich (nur) für die Programme Fördermittel zu beantragen, die letztlich auch umgesetzt werden können. Hierbei sei auch der Rat der Stadt Aachen mit einzubeziehen. Es sei nicht zu erwarten, dass sich alle Maßnahmen, die sich auch aus vorherigen Einplanungen ergeben würden, im nächsten Jahr umsetzen lassen könnten. Hinsichtlich der Ermächtigungsübertragungen sei zweifelsfrei auch ein gewisser Teil an Maßnahmen mit aufgelistet, die bei näherer Betrachtung - auch von Seiten des Rates - nicht mehr weiterverfolgt werden müssten. Es müsse vielmehr überlegt werden, ob nicht eine Neuaufstellung der Maßnahmen im Sinne einer Grundsatzplanänderung erforderlich sei. In jedem Falle bestünde die Gewissheit, dass von Seiten der Verwaltung die Möglichkeiten der Abrufung der Fördermittel vorzubereiten sei, um die sich daraus ergebenden Chancen nutzen zu können. In dem Zusammenhang verweist Frau Grehling auf die eingehaltene Frist zur Anmeldung des Förderprogramms im Zusammenhang mit dem Klimaschutz.
Auch Ratsherr Linden dankt in Namen seiner Fraktion SPD für die wiederkehrende Berichterstattung und die neuen Erkenntnisse. In Sachen Konjunkturpaket sehe er das Vorziehen von Maßnahmen, die ohnehin vorgesehen seien, um eine entsprechende Förderung zu erhalten, als wichtig an. Er sehe die Aufgabe als kommunale Familie, die Programme anzunehmen und eine gemeinsame Prioritätensetzung hinsichtlich der Abarbeitung aufzustellen.
Bei der Frage, ob Bund und Land wirklich nachhaltig helfen, hänge aus seiner Sicht die Beantwortung im Wesentlichen von der konkreten Ausgestaltung der Kompensation der Gewerbesteuerausfälle ab. Er fragt, ob in dem Zusammenhang ein Zeitplan bekannt sei, wann die Entscheidungen dazu getroffen würden. Dies wäre für die Haushaltsplanung in den Kommunen von elementarer Wichtigkeit.
Bei der Altschuldenlösung wäre noch nicht sicher, ob eine solche auch zwingend mit einer Reduzierung der Verbundmasse einhergehen würde.
Als zweite Frage würde Ratsherr Linden gerne wissen, welche Belastungen genau unter Pandemie-Schäden subsummiert und isoliert werden können, also ob hier eine klare Vorgabe gemacht worden sei oder es letztlich noch einer Abstimmung zwischen Stadt und Kommunalaufsicht bedürfe. Als Beispiel führt er den erhöhten Personalbedarf in den Gesundheitsämtern für die Nachverfolgung von Infektionsketten auf.
Frau Grehling kündigt an, ein Teil der Frage von Ratsherr Linden im nichtöffentlichen Teil der Sitzung zu beantworten. Sie habe eine klare Vorstellung davon, was im Haushalt als corona-bedingt isoliert werden könne. Es sei auch nicht praktikabel durchführbar, dass die Kommunalaufsicht mit allen betreuten Kommunen in Abstimmung über einzelne kleinere Positionen gehe.
Das Beispiel des Personals zur Nachverfolgung von Infektionsketten sei ein Einfaches, wenn es sich dabei um genau dafür neu eingestelltes Personal handeln sollte. Komplizierter sei die Frage, wenn bestehendes Personal für diese Aufgabe vorübergehend abgestellt würde. Es sei ein Arbeitskreis beim Städtetag eingerichtet worden, in wie weit bei solchen Beispielen eine pauschalierte Isolierung der Kosten zugelassen werden könne oder ob es einer Einzelberechnung bedürfe.
Bei der Frage der corona-bedingten Schäden sei der Maßstab die Frage, welche Aufwendungen oder Mindererträge zwingend erforderlich und unabweisbar seien und sich somit als direkte Konsequenz aus der Pandemie ergeben würden. Entsprechend seien auch nur solche in der Präsentation aufgeführt.
In Bezug auf die Planung sei auch von größerer Wichtigkeit, ob eine solche Isolierung der nachwirkenden Schäden auch für die Jahre in der Mittelfristplanung 2022 bis 2024 möglich sei. Sollte dies nur für das Jahr 2021 ermöglicht werden, wäre bereits abzusehen, dass die Einhaltung der 5%-Grenze beim Eigenkapitalverzehr mindestens in einem, wahrscheinlicher in zwei Jahren der Mittelfristplanung nicht möglich wäre. Elementar sei auch, dass die für die Höhe der GFG-Zahlungen entscheidende Verbundmasse nicht gekürzt werde, was aufgrund auch der sinkenden Steuereinnahmen des Landes eine Herausforderung darstelle. Eine mögliche Altschuldenlösung in NRW stelle deshalb die Gefahr der Reduzierung der Verbundmasse dar, da im ersten Aufschlag eine analoge Vorgehensweise wie beim Stärkungspakt vorgeschlagen wurde, bei dem die Verbundmasse gerade reduziert wurde.
Verlässliche Aussagen zu den wesentlichen Einflussfaktoren des städtischen Haushalts (allgemeine Deckungsmittel) können erst nach Veröffentlichung der Modellrechnungen im Oktober getroffen werden.
Ratsherr Helg dankt für die Fraktion FDP ebenfalls für die abermals ausführliche Berichterstattung. Es sei erfreulich, dass die gute Haushaltssituation im Jahr 2020 die kurzfristige Beschaffung beispielsweise von Schutzmaterial zu Beginn der Pandemie ermöglicht habe. Des Weiteren sei nach jetziger Einschätzung die finanzielle Auswirkung auf die Stadt Aachen nicht so gravierend wie zunächst zu befürchten gewesen sei, was auch der Unterstützung durch den Bund und das Land NRW zu verdanken sei. Die derzeit steigenden Fallzahlen würden jedoch auch ein zusätzliches Risiko für die weitere Haushaltssituation darstellen.
Bei der Betrachtung der künftigen Haushaltssituation seien nach seiner Einschätzung die Fehlbedarfsquoten für die Jahre 2021 bis 2023 gegenüber vorherigen Darstellungen zu Beginn des Jahres heute positiver dargestellt. Er fragt, ob im Rahmen der Haushaltsplanaufstellung auch im Tagesgeschäft bei den Fachbereichen Besonderheiten in Bezug auf die Pandemie festzustellen seien.
Zur Klarstellung informiert Frau Grehling, dass sich die in der Präsentation dargestellten Fehlbedarfsquoten für die Jahre 2021 bis 2023 aus dem verabschiedeten Haushaltsplan 2020 ergeben würden und somit nicht dynamisch seien und die aktuelle Situation widerspiegelten.
Das Problem des Eigenkapitalverzehrs in Höhe von mehr als 5% in einem Jahr oder möglicherweise in zwei Folgejahren würde sich in der anstehenden Haushaltsplanung insbesondere dann stellen, wenn die Gewerbesteuer um mindestens 10 Mio. Euro zu bereinigen wäre oder die Schlüsselzuweisung um eine Größenordnung von 5 bis 6 Mio. Euro geringer ausfiele. Nach den ersten Anmeldungen der Dezernate und Fachbereiche für den Haushalt 2021 sei bereits eine deutliche Überschreitung der 5%-Grenze für das Jahr 2022 zu konstatieren, jedoch seien dies keine endgültigen Werte. Die Haushaltsgespräche auf Dezernatsebene liefen gegenwärtig. Dabei werde der Fokus auf die Vermeidung nachhaltiger Belastungen gelegt. Besondere Auffälligkeiten seien bisher nicht festzustellen. Den Fachbereichen sei jedoch zur Auflage gemacht worden, in den Anmeldetabellen darzustellen, welche Aufwands- oder Ertragsveränderungen sich auf die Corona-Krise zurückführen lassen können.
Frau Grehling pflichtet Ratsherrn Helg bei, dass die Auswirkungen für das Jahr 2020 bei Weitem nicht so gravierend seien, wie das zunächst zu befürchten gewesen sei. Jedoch sind die langfristigen Folgewirkungen der Pandemie auf den Haushalt weitaus besorgniserregender. Die Stadt sei auf Wirtschaftswachstum angewiesen, im städtischen Haushalt ausgedrückt im Wesentlichen durch die Gewerbesteuer.
Weitere Unklarheiten, teilweise zurückzuführen auf Bestimmungen des Landes, würden die Haushaltsplanung zusätzlich erschweren, beispielsweise die anstehenden Kommunalwahlen beziehungsweise die Erstattung der dadurch entstehenden Aufwendungen, der nächste Zensus aber auch stadtinterne Angelegenheiten, beispielsweise die räumliche Unterbringung von städtischem Personal oder die Anmeldung neuer Personalstellen, die sich nur in einem äußerst geringem Rahmen den Corona-Auswirkungen zuordnen lassen können.
Ratsherr Helg schließt aus den Ausführungen von Frau Grehling, dass auskömmliche Steuererträge und somit ein ausgeglichener Haushalt nur durch ein entsprechendes wirtschaftliches Wachstum generiert werden könne.
Ratsherr Fischer fragt vor dem Hintergrund der Haushaltsbewirtschaftsverfügung nach, ob in Folge dessen bereits Projekte gestoppt hätten werden müssen.
Zur Präzisierung der angesprochenen Verfügung erläutert Frau Grehling, dass diese vorsehe, dass Leistungen, die aufgrund der Corona-Pandemie nicht erbracht werden können, ausschließlich zur Deckung für andere Maßnahmen heranzogen werden können, sofern es eine entsprechende Ab- und Zustimmung mit beziehungsweise durch die Kämmerin gegeben habe. Ziel der Haushaltsbewirtschaftsverfügung sei primär die Feststellung von Minderaufwendungen, die sich als direkte Folge aus der Pandemie ergäben. Es sei also nicht dazu gekommen, dass Maßnahmen aufgrund der Verfügung nicht durchgeführt werden konnten.
Die Ausschussvorsitzende Frau Plum dankt für die Präsentation. Sie befürworte eine derart ausführliche Berichterstattung über die Fortentwicklung der Haushaltslage ausdrücklich. Des Weiteren sehe sie die Hilfestellung von Bund und Land als sehr förderlich an. Gemeinsam sei man bisher vergleichsweise souverän durch die Krise gekommen.