11.05.2021 - 5.3 Maßnahmen zur Verkehrsberuhigung der Lintertstr...
Grunddaten
- TOP:
- Ö 5.3
- Gremium:
- Bürgerforum
- Datum:
- Di., 11.05.2021
- Status:
- öffentlich (Niederschrift genehmigt)
- Uhrzeit:
- 18:00
- Anlass:
- Öffentliche Sitzung
- Beratung:
- öffentlich
- Vorlageart:
- Kenntnisnahme
- Federführend:
- FB 01 - Fachbereich Bürger*innendialog und Verwaltungsleitung
- Beschluss:
- geändert beschlossen
Beratung
Herr Vorsitzender Mathias Dopatka dankt zunächst dem Fachbereich Stadtentwicklung, -planung und Mobilitätsinfrastruktur (FB 61) für die Bereitschaft die heutigen Ergebnisse noch in die Überplanung der Lintertstraße zu übernehmen. Er begrüßt zu diesem Antrag den Abteilungsleiter aus dem FB 61, Uwe Müller sowie die Sprecherinnen der Bürgerinitiative Lintertstraße Jutta Voss und Kirsten Römer und erteilt den Damen zunächst das Wort.
Frau Kirsten Römer bedankt sich für die heutige Sitzung. Dies sei das erste Mal in Ihrer Arbeit für die Initiative, dass sich ihnen ein Gegenüber bietet. Sie stellt den Antrag anhand einer Präsentation vor.
Die Initiative geht davon aus, dass die bislang planerisch bevorzugte „Variante 4“ nicht zu einer Verkehrsberuhigung führen würde, sondern die Verkehrsbelastung sogar noch näher an die Anwohner*innen heranführt. Parken oder Anhalten (Behindertenfahrdienste, Lieferfahrzeuge etc.) wäre demnach nicht mehr möglich, auch wurden notwendige Querungshilfen der Straße nicht eingeplant. Sie gibt zu bedenken, dass Forst keine Infrastruktur hat. Hier gibt es keine - wie in Brand oder im Frankenberger Viertel – fußläufig erreichbaren Metzger, Bäcker oder gar Supermärkte. Wenn man in Forst wohnt, muss man meist (berufs- oder durch Mobilitätseinschränkungen bedingt) ein Auto haben. Wo also sollen die Leute parken, wenn für die von der Verwaltung bevorzugte Variante 4, um die 75 Parkplätze entfallen?
Des Weiteren verdeutlicht sie die hohe Unfallgefahr auf dem Bürgersteig, da Eltern mit Rad fahrenden Kindern diesen auch weiterhin als Radweg nutzen müssen, auch wenn ein Premiumradweg quasi daneben, aber eben durch einen Grünstreifen getrennt ist. Durch die vielen Einfahrten die an den Bürgersteig angrenzen, kann man die Kinder dort nicht alleine fahren lassen. Durch die hohe Geschwindigkeit, die Steigung und die kurvige Straßensituation kann man die Kinder ebenfalls nicht auf dem Premiumradweg fahren lassen. Erst letzte Woche ist wieder eine schlimmer Unfall geschehen, in dem ein aus der Einfahrt fahrendes Auto, einen kleinen Jungen angefahren hat.
Frau Römer fragt warum für die Lintertstraße alle Vorgaben, Empfehlungen und Richtlinien bis hin zu Unkenntlichkeit gebeugt werden? Sie moniert außerdem, dass die digitale Bürgerinformationsveranstaltung am 21.04.2021, veranstaltet vom FB 61, zu einem stark verfälschten Stimmungsbild geführt hat.
Frau Röhlen, eine Mitgründerin der Initiative, meldet sich zu Wort und verdeutlicht den Wunsch der Anwohner*innen nach einer Verkehrsberuhigung. Sie wohnt im Viertel bereits seit vielen Jahren und kann nur bestätigen, dass der Verkehr stark zugenommen hat. Sie bittet allerdings darum die Verkehrsberuhigung so herbei zu führen, dass weder Bäume noch Parkplätze wegfallen müssen.
Frau Rhie lobt das Engagement der Initiative und entschuldigt sich dafür, dass sie sich zeitweise nicht gehört fühlten. Dennoch gibt sie zu bedenken, dass es keine -für alle- perfekte Lösung geben kann. Eine RVR, den Erhalt der Parkplätze und Bäume, zusätzlich zu einer Verkehrsberuhigung wird es als Gesamtpaket nicht geben können. Ihrer Ansicht nach sollte der Punkt Verkehrsberuhigung unabhängig von der RVR weiter verfolgt werden. Des Weiteren können sich die Antragsteller sicher sein, dass die vorliegenden Varianten noch weiterentwickelt werden. Keiner der Varianten wird 1:1 so umgesetzt wie sie derzeit niedergeschrieben ist.
Herr Müller wirbt für die RVR Brand. Die Lintertstraße ist nur ein kleines Teilstück der geplanten RVR, die genau deswegen so attraktiv ist, weil man zusammenhängend von Brand nach Aachen fahren kann.
Zum Hintergrund:
• 2019 Ratsbeschluss Rad-Vorrang-Netz, Bewilligung Fördergelder RVR Brand, Annahme Radentscheid
• Aachen erhält als eine von 5 Modellkommunen im Wettbewerb Kommunaler.Klimaschutz.NRW eine 80%-ige Finanzierung -zur Umsetzung der Maßnahme bis Ende Juni 2022- für das Projekt #AachenMooVe! (Ziel: Sicherheit und Komfort im Rad- und im Fußverkehr verbessern, vernetzte Mobilität und emissionsfreie Antriebe)
Er lobt das Engagement der Initiative ausdrücklich, gibt aber zu bedenken, dass es viele unterschiedliche Meinungen gibt, die es zu berücksichtigen gilt.
Zusammengefasst gibt es nämlich 3 Positionen:
• Anwohner*innen Lintertstraße (pro Parkplätze und pro Einbahnstraße/Fahrradstraße),
• Fahrradfreundliches Brand (pro PBL, Radentscheid konsequent umsetzen, Baumfelder verändern),
• Anwohner*innen Schopenhauerstraße (pro Radverkehr aber contra Einbahnstraße bzw. Führung des MIV über Schopenhauerstraße)
Es werden derzeit 6 Varianten geprüft, unter anderen der Vorschlag „Taubengasse“ aus der Eingabe der Einwohnerfragestunde des Herrn Koll. Es gibt 80 Rückmeldungen im Beteiligungsverfahren für die er sich besonders bedankt und ergänzend werden die heutigen Eingaben im Bürgerforum aufgenommen und geprüft.
Herr Müller stellt eine inhaltsvolle Vorlage des FB 61, auf Grundlage aller Beteiligungen, für die erste Sitzung nach den Sommerferien von B0 und Mobilitätsauschuss in Aussicht.
Herr Nießen bedankt sich für den Beginn eines respektvollen Dialogs. Nur ohne Emotionen und mit der gebotenen Sachlichkeit können sinnvolle Dialoge geführt werden. Er bekräftigt die Aussage des Herrn Müller, dass alle Beteiligten gehört werden müssen, nicht nur die „Steakholder alias Anwohner der Lintertstraße“. Die von der Initiative eingebrachte Variante die Lintertstraße stadtauswärts zur Einbahnstraße zu machen hat auf andere Gruppierungen andere Auswirkungen. Es müsste bspw. die Busroute verändert werden. Der Wunsch nach Verkehrsberuhigung und weniger Lärm spricht gegen das behalten der Parkplätze. Die geforderte Lösung muss allen gerecht werden.
Jörg Lindemann fügt an, dass die Diskussion um die Verkehrsberuhigung der Lintertstraße keine Neue ist. Vielmehr ist sie bereits seit 2016 präsent, also so alt wie die Diskussionen über die Radvorrangrouten. Eine Untersuchung aus dem Jahr 2017 hat ergeben, dass die Lintertstraße keine Hauptstraße ist. Im Sommer 2020 wurde der Beschluss der RVR Brand unter Ausschluss der Lintertstraße gefasst und heute sagt die Verwaltungsvorlage etwas ganz anderes. Ihm scheint die Verwaltung berücksichtige die Abwägungskriterien nicht ausreichend genug, wie bspw., dass bei den Grundstückseinfahrten häufig Unfälle passieren.
Diesbezüglich zitiert er einen Auszug aus der Allgemeinen Verwaltungsvorschrift zu §2 Abs. 4 Straßenverkehrs-Ordnung (VwV-StVO) vom 26. Januar 2001*, in der Fassung vom 22. Mai 2017 (BAnz AT 29.05.2017 B8) vor
II. Freigabe linker Radwege (Radverkehr in Gegenrichtung)
33 1. Die Benutzung von in Fahrtrichtung links angelegten Radwegen in Gegenrichtung ist insbesondere innerhalb geschlossener Ortschaften mit besonderen Gefahren verbunden und soll deshalb grundsätzlich nicht angeordnet werden.
Seiner Meinung nach sollte die RVR nur auf der Lintertstraße geführt, werden wenn vorab eine Verkehrsberuhigung erwirkt wurde. Andernfalls – sollte man zu dem Ergebnis kommen, dass die Lintertstraße eine Kreisstraße bleibt (Tempo 50) – müssen andere Alternativen, nämlich Nebenstraßen zur Einrichtung der RVR gefunden werden. Ansonsten ginge die Einrichtung einer RVR in der Lintertstraße ausschließlich zu Lasten der dortigen Anwohner*innen. Das kann nicht gewünscht sein.
Frau Röhlen wünscht sich einen Kompromiss. Die Einbahnstraßenlösung der Initiative sieht sie auch nicht als gute Option an. Ihrer Meinung nach muss lediglich ab der Grundschule Forster Linde, über die Kindertagesstätte bis zum Seniorenwohnheim eine 30er-Zone eingerichtet werden, wie auch ein Zebrastreifen (u.a. zum Erreichen der Bushaltestelle). Die Bäume und Parkplätze auf der südlichen Straßenseite sollen erhalten bleiben. Die Parkplätze zwischen den Linden fallen weg und der freiwerdende Boden wird von Anwohnern bewirtschaftet. Unter diesen Bedingungen hat sie nichts gegen einen Radweg einzuwenden.
Frau Bausch meldet sich als Anwohnerin der Schopenhauerstraße zu Wort. Ihr kommt bei der ganzen Diskussion der Blick auf die Familien zu kurz. Als Mutter von 3 kleinen Jungen lässt sie diese nie auf der Lintertstraße mit dem Rad fahren. Warum ausgerechnet diese Straße als RVR ausgesucht wurde ist für sie nicht nachvollziehbar. Für Kinder ist das Radfahren dort viel zu gefährlich (Steigung, Kurven, Überblick). Sie fährt mit Ihrer Familie immer über die Trierer Straße. Sie schlägt dort die Führung des RVR vor. Dort ist alles gut einsehbar und nichts zugeparkt. Falls das Prinzip „Einbahnstraße“ tatsächlich zur Debatte steht, sorgt sie sich über ein viel zu großes Verkehrsaufkommen und abendlichen Parksuchverkehr in den Stichstraßen der Lintertstraße. Die bestehenden Parkplätze sind bereits heute abends gut gefüllt.
Norbert Koll, Anwohner „Auf dem Plue“ berichtet, dass er seit bereits 70 Jahren in der Siedlung wohnt. Er unterstützt alle Anliegen der BI, ist selber Fahrrad- und Autofahrer, betrachtet sich aber nicht als militanten Vertreter der ein oder anderen Gruppe. Sein Vorschlag „Taubengasse“ liegt dem FB 61 vor. Dieser sieht vor zunächst, die Lintertstraße mit dem Radweg zu umfahren (ab Ampel Forster Linde, Kirchstraße, Goldberg, Taubengasse, Buschmühle bis Lintertstraße) und einen bereits dort vorhandenen, breiten Grünstreifen zur Weiterführung des Radweges umzuwidmen um bis zu Adenauerallee zu kommen. Bäume und Parkplätze könnten erhalten bleiben.
Herr Palm bezweifelt, dass es für den diskutierten Teilabschnitt eine befriedigende Lösung geben wird. Eine RVR macht nur dort Sinn, wo man auch Vorrang einräumen kann. Lt. Ausführung der Verwaltung befördert die Lintertstraße täglich um die 11.000 Fahrzeuge. Seiner Meinung nach werden es wohl kaum mehr als 200 Fahrräder täglich sein. Dieses Missverhältnis gilt es zu bewerten. Herr Kolls Vorschlag ist eine sehr beachtenswerte Lösung, zumal er betont, dass der Radentscheid kein Bürgerentscheid war. Er ist der Auffassung das ein echter Bürgerentscheid hätte dem Radentscheid niemals zugestimmt. Dieser hat nun lediglich eine Spaltung von Auto- und Fahrradfahren zufolge.
Frau Röhlen stimmt Herrn Palm zu und nimmt diese Aussage zum Anlass zu hinterfragen ob die Stadt die Möglichkeit habe den Radentscheid zurückzunehmen? Sie ist sich sicher, dass viele Unterstützer des Radentscheids heute ganz anders denken, dass sie nie richtig informiert wurden und gar nicht genau wussten was sie unterschreiben. Sie findet es unmöglich, dass die Fahrradfahrer so vor den Autofahrern und Fußgängern bevorzugt werden.
Der Vorsitzende Mathias Dopatka bittet darum bei der Tagesordnung zu bleiben. Eine grundlegende Diskussion zum Radentscheid würde am eigentlichen Thema vorbeiführen und den Tagesordnungspunt sprengen. Er erläutert, dass der Radentscheid den Rahmen gesetzt hat, während der Tagesordnungspunkt ein konkretes Projekt behandelt. Auf dieses Projekt sollte sich die Diskussion konzentrieren.
Frau Rhie merkt an, dass Respekt keine Einbahnstraße ist und nur beiderseitig funktioniert. Sie betont, dass Menschen die ein Bürgerbegehren unterschreiben sich dieser Wirkung bewusst sind. Des Weiteren möchte sich ergänzen, dass der Radentscheid fraktionsübergreifend im Rat beschlossen wurde und somit nicht die Bürger*innen sondern die Ratsleute die Verantwortung tragen.
Herr Nießen missbilligt, dass die Debatte in Respektlosigkeit abgeglitten ist. Es möchten doch bitte alle auf den Boden der Diskussion zurück kommen.
Herr Hermens möchte sich als Brander Bürger für die Planungsvariante 4 aussprechen. Sicherlich ist es nicht sehr günstig direkt so viele Parklätze wegfallen zu lassen. Vielleicht könnte man eine mildere Lösung finden, damit sich die Anwohner*innen an die Situation gewöhnen können. Er hinterfragt, ob die Grünfläche, die von Herrn Koll vorgeschlagen wurde, zum Parkstreifen, statt zum Radweg umgewidmet werden kann?
Frau Altmann meldet sich als Brander Bürgerin zu Wort. Sie fährt Fahrrad und Auto und wünscht sich, dass die Anwohner*innen der Lintertstraße wertschätzen, dass so viele Brander*innen sich für das Fahrrad entscheiden und nicht mit dem Auto durch die Lintertstraße fahren.
Frau Voss geht auf diesen Hinweis ein und stellt klar, dass Sie sich als Anwohnerin der Lintertstraße demnächst nicht mehr frei zwischen Auto und Fahrrad entscheiden kann, weil sie aufgrund fehlender Parkplätze kein Auto mehr besitzen kann.
Herr Sukkau versucht zu beschwichtigen. Er ist Anwohner der Taubengasse. Er bittet schlichtweg um eine konstruktive Erarbeitung der Vorschläge und kein Gegeneinander. Bittet um etwas mehr Vertrauen zum Radentscheid, da dieser s.E. eine Verbesserung darstellt.
Herr Koll stimmt Herrn Sukkau zu. Wenn Möglichkeiten bestehen sichere Wege für Radfahrer zu schaffen ist dies unbedingt wünschenswert. Wenn dies über Nebenwege zu sichern ist (Taubengasse) ist es noch besser. Zu Herrn Hermens Vorschlag möchte er sagen, dass er den Grünstreifen lieber für einen Radweg opfert als für Parkplätze, denn in seiner Variante „Taubengasse“ fallen diese ja gar nicht weg.
Frau Voss gibt einen Erlebnisbericht von einem kürzlichen, abendlichen Spaziergang wieder. Sie hat im ganzen Viertel lediglich 12 freie Parkplätze zählen können. Sie hinterfragt Parkmöglichkeiten für nahezu 80 wegfallende Parkplätze.
Herr Müller stellt fest, dass die Diskussion bei jeder Lebensraumveränderung die gleiche ist. Allerdings ist es die Aufgabe der Verwaltung einen Kompromiss zu finden. Am Ende sollte der zu verändernde Lebensraum besser sein als vorher. Darauf zielen alle Abwägungsprozesse in seiner Abteilung ab. Solange es sich im rechtlichen Rahmen bewegt, wird versucht die bestmögliche Lösung zu finden.
Abschließend legt der Vorsitzende Herr Dopatka dar, dass sicherlich keiner der Varianten eindeutig richtig oder eindeutig falsch ist. Wegen aber genau solcher Debatten ist es ein Herzensanliegen der Politik Dialoge mit der Bürgerschaft zu führen.
Der Vorsitzende Herr Dopatka greift einen Hinweis des Herrn Nießen auf, dass der Beschlussvorschlag um den Zusatz „weitere hier vorgebrachte Ideen“ ergänzt wird.
Er lässt sodann über nachfolgenden Beschlussvorschlag abstimmen.
Anlagen zur Vorlage
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