21.09.2021 - 3 Haushalt - Chancen und Risiken
Grunddaten
- TOP:
- Ö 3
- Sitzung:
-
Sitzung des Finanzausschusses
- Zusätze:
- Hierzu wird mündlich berichtet.
- Gremium:
- Finanzausschuss
- Datum:
- Di., 21.09.2021
- Status:
- gemischt (Niederschrift genehmigt)
- Uhrzeit:
- 17:00
- Anlass:
- Öffentliche/Nichtöffentliche Sitzung
Beratung
Anmerkung der Verwaltung:
Die Tagesordnungspunkte 2 und 3 wurden miteinander verknüft. Das Protokoll findet sich aus systemtechnischen Gründen beim TOP 3 wieder.
Frau Grehling berichtet, wie bereits in der letzten Sitzung am 31.08.2021, dass das Erreichen des Planansatzes beim Gemeindeanteil an der Einkommensteuer gefährdet sei. Bei der Gewerbesteuer läge der Soll-Stand gegenwärtig jedoch über dem Haushaltsansatz.
Zur weiteren Information an den Ausschuss wird im Folgenden der aktuelle Buchungsstand vom 31. August zum Haushalt 2021 vorgestellt und ein Vergleich zum Haushaltsjahr 2020 gezogen. Auffällig sei hierbei ein festzustellender Überschuss im Entwurf des Jahresabschlusses 2020 in Höhe von 31 Mio. Euro. Ursächlich hierfür sei vordergründig die Möglichkeit, die pandemiebedingten Lasten in Höhe von rund 50 Mio. Euro in der Ergebnisrechnung als außerordentlichen Ertrag einzustellen. Darüber hinaus trage im Wesentlichen auch die Verbesserung der erhöhten Bundesbeteiligung an den Kosten der Unterkunft (KdU) in Höhe von 12 Mio. Euro zu diesem Ergebnis bei.
Für das Jahr 2021 seien keine größeren Auffälligkeiten zu konstatieren. Der aktuelle Forecast lasse auf einen leichten Überschuss hoffen. Es sei jedoch darauf hinzuweisen, dass hier bereits 15 Mio. Euro Verbesserung allein aus dem Personalkostenverbund (Auflösungen Pensionsrückstellungen, Nichtbesetzung eingeplanter Stellen) enthalten seien.
Weniger optimistisch sei hingegen der Ausblick auf die Haushaltsplanung 2022. Die Fraktionen seien bereits darüber informiert worden, dass die Einbringung des Haushaltsplanentwurfs auf die November-Sitzung des Rates verschoben worden sei. Die Verabschiedung des endgültigen Haushalts sei zum Zwecke eines möglichsten langen Bewirtschaftungszeitraums nunmehr für Februar 2022 geplant. Dies bedinge Sondersitzungen des Finanzausschusses und des Rates.
Frau Grehling stellt für die weitere Berichterstattung den Ausgangspunkt der Haushaltsplanung gemäß des Sachstandsberichts der letzten Sitzung am 31.08.2021 vor. Im dortigen „best-case-Szenario“ sei ein genehmigungsfähiger Haushalt mit jedoch hohen Jahresfehlbeträgen, insbesondere im Jahr 2023 mit einer Überschreitung der 5%-Grenze, sowie dem Erfordernis zusätzlicher Verbesserungen vorgestellt worden. Dies betreffe beispielsweise die differenzierte Regionsumlage, bei der die anvisierten Verbesserungen gegenüber der 1. Lesung hätten erzielt werden können. Im Bereich des Personalkostenverbunds habe man sich - auch vor dem Hintergrund der Erkenntnisse aus dem Jahresabschluss 2020 - in der Annahme eines statischen Bewirtschaftungsdefizits dazu entschieden, die pauschale Kürzung in Höhe von 8 Mio. Euro auch für alle Jahre der Mittelfristplanung anzuwenden, und somit nicht mehr abschmelzend. Anders als bei der alternativen Anwendung eines globalen Minderaufwands könne dies gut mit den festgestellten Jahresergebnissen begründet werden und erscheine somit angemessener.
Ratsherr Pilgram äußert vor dem Hintergrund der Ergebnisse beim PKV Verständnis für diese Vorgehensweise, möchte jedoch auch auf Risiken und eine möglicherweise falsche Signalwirkung hinweisen. Die Kürzung der Ansätze könne dazu führen, dass der Druck für die Verwaltung, Stellen zu besetzen, sinke. Die Stellenbesetzungen seien jedoch erforderlich für die Erfüllung der auch politisch gewollten Aufgaben. Die hohe Summe der Ermächtigungsübertragungen müsse beispielsweise auch als Konsequenz aus den nicht besetzten Stellen interpretiert werden.
Frau Grehling betont, dass die Argumentation den Prinzipien des globalen Minderaufwands zuwieder laufe. Ferner müsse man sich die zu Grunde liegenden Zahlen genau anschauen. Gegenwärtig habe die Stadt Aachen rund 5.800 Mitarbeiter*innen. Bei einem durchschnittlichen Verdienst in Höhe von 60.000 Euro pro Jahr belaufe sich der Minderaufwand bei 10 nicht besetzten Stellen folglich bereits auf 600.000 Euro. Um dem Erfordernis des Personalgewinnungskonzepts Rechnung zu tragen, seien in den vorherigen Planungen abschmelzende Kürzungen vorgenommen worden. Diese hätten letztlich „lediglich“ eine rund 1%-ige Stellenfluktuation abgebildet. Es habe sich aber deutlich gezeigt, dass eine nachhaltige, durchgängige rund 99%-ige Stellenbesetzung nicht realisierbar sei. Somit erscheine eine solche Kürzung bezogen auf den Personalkostenverbund deutlich steuerbarer als ein sachbezogener pauschaler globaler Minderaufwand. Aktuelle Kostensteigerungen bei Investitionen mit den entsprechenden Auswirkungen auf Sach- und Dienstleistungen im konsumtiven Bereich aufgrund von Planungs- und Beratungsaufträgen lassen beispielsweise die Anwendung eines globalen Minderaufwands bei diesen, jüngst eingeplanten Mitteln, unmöglich erscheinen. Sie möchte erneut betonen, dass das Erreichen der Genehmigungsfähigkeit des Haushalts durch eine Anhebung der Grundsteuerhebesätze nicht von ihr vorgeschlagen werde.
Gegenwärtig würden in Zusammenarbeit mit den Fachbereichen alle Anmeldungen abermals auf Plausibilität und Notwendigkeit der jeweiligen Höhe geprüft. Das Erreichen der 5%-Grenze im Jahr 2023 sei jedoch mit großer Sicherheit nicht zu schaffen. Seit dem letzten Finanzausschuss hätten sich neue Entwicklungen, insbesondere im Bereich der Investitionen ergeben. So seien Kostensteigerungen, geänderte zeitliche Notwendigkeiten bei der Umsetzung von Vorhaben sowie Zusatzleistungen übermittelt worden, die eine entsprechende abermalige Überprüfung unabdingbar machen würden. Ziel der Verwaltung sei es, einen Haushaltsplanentwurf vorzulegen, welcher dem Rat - auch ohne die Erhöhung von Hebesätzen - die Möglichkeit einräume, handlungsfähig zu sein.
Des Weiteren möchte Frau Grehling über aktuelle Entwicklungen beim Umkleidehaus Hörn hinweisen. Diskussionen über die Kostenentwicklung dieser Maßnahme seien bereits in Vorjahren geführt worden und würden sich nun fortsetzen. 50% der Gewerke seien zwischenzeitlich ausgeschrieben worden mit dem Ergebnis einer durchschnittlichen Preissteigerungsrate in Höhe von 17%, in Teilen auch deutlich über 20%. Die veranschlagten Haushaltsmittel seien daher nicht mehr auskömmlich. Es sei darauf hinzuweisen, dass es sich um bloße Kostensteigerungen handele, nicht als Folge von Erweiterungen bei der Vergabe. Das Gebäudemanagement schlage vor, die weiteren Gewerke in einer systematisierten Form auszuschreiben, um zu ermitteln, welche weiteren Kosten zu veranschlagen seien. Die bereits heute zu Grunde zu liegenden Steigerungen seien insgesamt auf rund 450.000 Euro zu beziffern. Haushaltsrechtlich ergebe sich somit die Notwendigkeit eines entsprechenden Beschlusses zur Bereitstellung der erforderlichen Mittel, was in der Größenordnung nicht einfach zu stemmen sei. Darüber hinaus dürfe die Signalwirkung an die Bieter eines entsprechenden Beschlusses nicht unberücksichtigt bleiben. Sie möchte ausdrücklich darauf hinweisen, dass grundsätzlich ein „Domino-Effekt“ zu vermeiden sei, also eine Bereitstellung zusätzlicher Mittel bei dieser Maßnahme aufgrund von Kostensteigerungen nicht als grundsätzliche Freigabe und Akzeptanz der zweifelsohne zu erwartenden Kostensteigerungen anderer Projekt und Vorhaben verstanden werden dürfe. Vielmehr müssten auch die an den Ausschreibungen beteiligten Unternehmen das Signal erhalten, dass nicht jede Kostensteigerung von der öffentlichen Hand akzeptiert und getragen werden könne.
Für das Jahr 2020 berichtet Frau Grehling darüber hinaus informatorisch über Niederschlagungen des Fachbereichs Steuern und Kasse in Bezug auf Forderungen in Höhe von 500.000 Euro. Aus Datenschutzgründen könnten keine Firmennamen genannt werden.
Abschließend vermeldet sie in Bezug auf die beschlossene Erstattung der School&Fun-Tickets, dass die Auszahlung an die Schüler*innen in Aachen abgeschlossen sei. 8.777 Kunden seien insgesamt 976.941,10 Euro gezahlt worden, weitere 238.000 Euro seien mit offenen Forderungen verrechnet worden.
Der Ausschussvorsitzende Herr Linden dankt für die Berichterstattung und bittet um Wortmeldungen bzw. Fragen aus dem Gremium.
Frau Göddenhenrich-Schirk (sachk. Bürgerin) bedankt sich für den Vortrag. Es sei erfreulich, dass bei der Regionsumlage Verbesserungen haben erzielt werden können. Sie äußert für die Fraktion Die Grüne den Wunsch, dass sich die Finanzierung des ÖPNV aufgrund der Wichtigkeit des Themas im einzubringenden Haushaltsplan wiederfinde.
Frau Grehling entgegnet auch unter Verweis auf die Ausführungen in der vorherigen Sitzung, dass der Haushalt die bestehenden Planungen abbilden werde. Für eine Mehreinplanung im Bereich des ÖPNV bestünde gegenwärtig keine Grundlage. So sei beispielsweise der Nahverkehrsplan nicht erweitert worden. Die weitere Bestellung von Elektrobussen sei bereits im Haushalt verankert. Wichtig sei des Weiteren, dass die bereits gefassten politischen Beschlüsse (z. B. Einrichtung von Schnellbuslinien) im Haushalt ebenfalls schon abgebildet seien.
Frau Plum (sachk. Bürgerin) bedankt sich für die Ausführungen zur Thematik Umkleidehaus Hörn. Die Preissteigerung sei ein Alarmsignal, gleichzeitig werbe sie darum, dass die Mittel zur Fortsetzung der Maßnahme zur Verfügung gestellt würden, um den Verein zu helfen.
Die pauschale Kürzung des Ansatzes beim PVK um 8 Mio. Euro sei zweifelsfrei eine große Summe. Trotz erfolgreicher Arbeit im Personalgewinnungskonzept sei die Marktlage jedoch als schwierig zu bezeichnen. Die Anstrengungen der Verwaltung würden daher nicht immer einhergehen mit einer entsprechenden Besetzung der Stellen. Selbst bei einer erfolgreichen Arbeit sei immer eine gewisse Personalfluktuation unvermeidbar. Die pauschale Kürzung von 8 Mio. Euro auch in der Mittelfristplanung sei daher aus ihrer Sicht nachvollziehbar und richtig, um die Genehmigungsfähigkeit des Haushalts zu erreichen.
Die Verschiebung des Haushaltsplanentwurfs sei eine ungewöhnliche, bisher noch nicht vorgekommene Maßnahme. Dies sei als deutlicher Hinweis zu interpretieren, wie eng es um den Haushalt stehe. Für die freiwilligen Leistungen, die auf Wunsch der Politik noch einzuplanen seien, benötige es den entsprechenden Handlungsspielraum, den die Verwaltung gegenwärtig noch einzuräumen versuche.
Der Ausschussvorsitzende Herr Linden fasst zum Abschluss die geänderten Termine zum Haushaltsplan 2022 zusammen. Die Einbringung des Entwurfs erfolge nunmehr in der Ratssitzung am 10.11.2021, am 08.02.2021 sei eine Sondersitzung des bündelnden Finanzausschusses für die Haushaltsberatungen anzustreben. Dem würde sich die Verabschiedung des Haushalts in einer Sondersitzung des Rates am 16.02.2021 anschließen.