15.03.2023 - 9 Einsatz von Bodycams im Ordnungs- und Sicherhei...
Grunddaten
- TOP:
- Ö 9
- Sitzung:
-
Sitzung des Hauptausschusses
- Gremium:
- Hauptausschuss
- Datum:
- Mi., 15.03.2023
- Status:
- gemischt (Sitzung abgeschlossen)
- Uhrzeit:
- 17:00
- Anlass:
- Öffentliche/Nichtöffentliche Sitzung
- Beratung:
- öffentlich
- Vorlageart:
- Entscheidungsvorlage
- Federführend:
- FB 32 - Fachbereich Sicherheit und Ordnung
- Beschluss:
- geändert beschlossen
Beratung
Ratsherr Schaadt, GRÜNE, äußert, dass es bei dieser Thematik um eine komplexe Abwägung zwischen sensiblen Schutzzielen, wie Persönlichkeitsrechten und Datenschutz, mit der Schutzfunktion für die Mitarbeiter*innen des Ordnungsamtes, gehe. Seine Fraktion werde aber der Einführung zustimmen, unter den Rahmenbedingungen, die in der Vorlage genannt sind. Außerdem empfehle man:
- Die Evaluierung sollte mit wissenschaftlicher Begleitung durchgeführt werden.
- Nach Ablauf der 2-jährigen Pilotphase soll die Evaluierung der Politik vorgestellt und über eine Fortführung des Projektes (z.B. dauerhaft oder als Verlängerung einer Pilotphase) neue entschieden werden.
- Die Speicherung der Daten sollte auf einem lokalen Server erfolgen.
- Keine Backdoors: z.B. kein chinesischer Hersteller.
- Zusätzlich zu dem in der Vorlage beschriebenen Gesamtkonzept (gute Schulungen, klare Grenzen und Regelungen für den Einsatz) wäre eine dauerhafte Begleitung der Mitarbeiter in Form von weiteren Schulungen oder Feedback-Möglichkeiten wünschenswert, um ein klares Rollen-Rechte-System über den gesamten Pilotzeitraum aufrechtzuerhalten.
- Der Datenschutz sollte oberste Priorität erhalten. Dabei sei das Konzept auch produktabhängig. Er appelliert an die Verwaltung, die Qualität des Datenschutzes zum harten Kriterium im Vergabeprozess zu machen.
Ratsherr Szagunn, DIE Zukunft, kündigt an, dass seine Fraktion der Einführung aus verschiedenen Gründen nicht zustimmen werde. Der Antrag sei sehr dünn begründet. Zu der darin erwähnten steigenden Zahl von Fällen hätte man auch entsprechende Zahlen angeben müssen. Die einzige Zahl sei in Bezug auf eine höhere Zahl von Einweisungen angegeben. Es sei fraglich, ob dabei der Einsatz einer Bodycam etwas geändert hätte. Die Zahlen, mit denen sonst argumentiert werde, seien Zahlen der Polizei. Gestern sei in einer Sendung des ZDF diese Statistik sauber zerlegt worden. Die als einzige Quelle angegebene Studie der Polizei stehe schon seit Langem unter Kritik und käme selber zu dem Ergebnis, dass Bodycams nicht das Maß der Dinge seien.
Ratsherr Deumens (DIE LINKE) erläutert, dass sich seine Fraktion sehr intensiv mit diesem Thema beschäftigt habe. Die dramatische Zunahme der Angriffe auf städtische Bedienstete in den letzten Jahren sei eine schlimme Situation. Man müsse aber auch die gesellschaftlichen Ursachen für solche Entwicklungen in den Blick nehmen. Außerdem seien die Fragen des Datenschutzes und der Persönlichkeitsrechte zu beachten. Das Thema der Gerichtsverwertbarkeit des Einsatzes von Bodycams müsse auch hinterfragt werden. Seine Fraktion würde der Einführung von Bodycams unter zwei Bedingungen zustimmen:
- Im vorgesehenen Projektzeitraum müsse eine unabhängige, gerne auch wissenschaftlich begleitete, Evaluation gemacht werden, nicht nur eine Evaluation durch die Verwaltung.
- Nach einem Jahr solle die Verwaltung einen Zwischenbericht über die Wirkungen der Bodycams vorlegen.
Diese Punkte sollten in den Beschluss mit aufgenommen werden.
Ratsherr Servos, SPD, äußert zunächst seinen Dank an die Kolleginnen und Kollegen des Ordnungsamtes, für ihre Arbeit, die in den letzten Jahren immer schwieriger geworden sei.
Die gesellschaftlichen Ursachen dieser Probleme würden immer schlimmer und damit auch die Auswüchse dieser Situation. Deshalb müsse man die Ursachen angehen und, solange man dies nicht schaffe, müsse man diejenigen schützen, die uns schützen sollen. An den Stellen, an denen der verbesserte Schutz über technische Ausstattung möglich ist, müsse man dass auch tun. Man spreche hier nicht über anlasslose Videoüberwachung, sondern über ein Hilfsmittel, das im Einsatz des Ordnungsamtes nach Einschätzung der Verwaltung zu mehr Sicherheit führe. Jedes technische Element könne im Zweifel auch in eine negative Richtung führen. Garantien dagegen gebe es nicht. Deshalb verlasse man sich hierzu auf die Einschätzung der Verwaltung und werde der Vorlage zustimmen. Er fragt an, ob dies mit dem Personalrat abgestimmt wurde.
Ratsherr Baal, CDU, kündigt an, dass seine Fraktion dem Vorschlag zustimmen werde. Personen in Uniformen, vom Rettungssanitäter bis zu Polizisten, seien zunehmend Anfeindungen und auch Angriffen ausgesetzt. Es sei daher die Pflicht des Rates, auch als Arbeitgeber, dafür zu sorgen, dass das Personal nach dem Stand der Technik ausgerüstet ist. Die Einschränkungen seien angemessen und auch zutreffend formuliert. Dazu gehöre auch eine Evaluierung, nicht weil man ein Misstrauen gegen den OSD habe, sondern ein sinnvolles Instrument sei nur dann gut eingesetzt, wenn es auch seine Wirkung entfalten könne. Und dazu gehöre auch die Frage, wie die Gerichtsverwertbarkeit in den Fällen, in denen der Straftatbestandsbereich berührt werde.
Dem Vorschlag von Ratsherrn Deumens, dies mit einem Zwischenbericht zu begleiten, könne sich seine Fraktion anschließen, weil dies auch die Chance eröffne, Nuancen zu verändern und die Richtung nach zu justieren, falls dies notwendig werde.
Ratsherr Helg, FDP, kündigt die Zustimmung seiner Fraktion zum Beschlussvorschlag an, sowohl inhaltlich als auch zu den Anschaffungskosten. Er fragt an, wie lange die aufgenommenen Daten gespeichert werden sollen und ob dabei auch zwischen relevanten Daten und Daten, die keine Folgenrelevanz haben, unterschieden werde. Er regt an, drei oder sechs Monaten nach Einführung der Bodycams den Einsatzleiter des OSD in den Hauptausschuss einzuladen, damit er persönlich im nichtöffentlichen Teil über die Erfahrungen seiner Mitarbeiter berichten kann.
Frau Stadtdirektorin Grehling erläutert, dass der Personalrat begleitend informiert worden sei. Es gebe allerdings keine Zustimmungspflicht. Die Informationen und Abstimmungen seien aber immer gelaufen. Der Personalrat lege sein Hautpanliegen darauf, dass der größtmögliche Schutz für die Mitarbeitenden erreicht werde.
Das Thema Datenschutz sei eigentlich eine Selbstverständlichkeit. Der zugrundeliegende Erlass des Ministeriums schreibe der Verwaltung dies auch in das Stammbuch. Er gebe vor, wann etwas zu löschen sei. Die Aufzeichnungen seien in jedem Fall zwei Wochen nach ihrer Anfertigung zu löschen. Dies gelte nur dann nicht, wenn die Aufzeichnungen zur Gefahrenabwehr, zur Verfolgung von Straftaten und Ordnungswidrigkeiten oder zur Überprüfung der Rechtmäßigkeit der Maßnahme geboten sind. Diese Regularien seien alle vorgegeben und würden natürlich auch in die entsprechenden Anweisungen und Schulungen eingebettet. Bei der getrennten Auswertung der Aufnahmen sei das Vier-Augen-Prinzip einzuhalten.
Ratsherr Mohr, AfD, begrüßt, dass das Ordnungsamt die Bodycams bekommt. Es habe allerdings sehr lange gedauert, bis die Hilferufe aus dem Ordnungsamt nun erhört würden. Man sei froh, dass jetzt ein Umdenken in der Verwaltung stattfinde, das jetzt umgesetzt werde. Dies sei unter dem Oberbürgermeister Philipp leider nicht der Fall gewesen.
Frau Stadtdirektorin Grehling antwortet, dass die gesetzliche Möglichkeit zur Einführung der Bodycams erst seit 2021 bestehe. Diese Verwaltung habe es sich zu eigen gemacht, die Voraussetzungen und möglichen Konzeptionen gründlich zu prüfen, um den Mitarbeitenden auch wirklich ein effektives und gutes Instrument einzuräumen.
Frau Oberbürgermeisterin Keupen weist darauf hin, dass es zwei Ergänzungsvorschläge zu dem Beschlussvorschlag der Verwaltung gebe: Eine unabhängige wissenschaftliche Evaluation und einen Zwischenbericht nach einem Jahr.
Beschluss:
Der Hauptausschuss nimmt die Ausführungen der Verwaltung zur Kenntnis und befürwortet bei einer Gegenstimme mehrheitlich die Einführung von Bodycams im Ordnungs- und Sicherheitsdienst. Die Einführung soll durch eine unabhängige wissenschaftliche Evaluation begleitet werden. Nach einem Jahr soll die Verwaltung einen Zwischenbericht vorlegen.