26.06.2024 - 5.1 Integriertes Klimaschutzkonzept (2023) „Aachen:...
Grunddaten
- TOP:
- Ö 5.1
- Sitzung:
-
Sitzung des Rates der Stadt Aachen
- Gremium:
- Rat der Stadt Aachen
- Datum:
- Mi., 26.06.2024
- Status:
- gemischt (Niederschrift geändert)
- Uhrzeit:
- 17:00
- Anlass:
- Öffentliche/Nichtöffentliche Sitzung
- Beratung:
- öffentlich
- Vorlageart:
- Entscheidungsvorlage
- Federführend:
- FB 36 - Fachbereich Klima und Umwelt
- Beschluss:
- geändert beschlossen
Beratung
Ratsherr Stettner (GRÜNE) gibt einen kurzen Rückblick zum Handlungsprogramm der priorisierten IKSK 2.0-Maßnahmen. Im Frühjahr habe der Rat eine sehr intensive Debatte hierzu geführt und den Grundsatzbeschluss über das Szenario-Gutachten gefällt. Gleichzeitig sei eine Liste mit Aufträgen an die Verwaltung formuliert worden, wovon einige schnell abgearbeitet werden konnten, wie zum Beispiel die Einreichung des Klimastadtvertrages. Es erfolgte auch der Auftrag, ein strukturelles und inhaltliches Handlungsprogramm aus dem Gutachten abzuleiten. Er spricht der Verwaltung sein Lob dafür aus, dass dieses Handlungsprogramm innerhalb eines kurzen Zeitraumes fertig gestellt werden konnte und ergänzend hierzu am heutigen Tage auch die Bewertungsmatrix zur Priorisierung vorgelegt wurde. Seit der Veröffentlichung der Vorlage mit abgeleitetem Handlungsprogramm haben alle Fachausschüsse getagt und es gebe neue Entwicklungen und Erkenntnisse. Dies führe dazu, dass der Beschlussvorschlag der Verwaltung zwischenzeitlich überholt sei und durch die Fraktionen ein neuer Beschlussentwurf formuliert und am heutigen Tage im Ausschuss für Umwelt und Klimaschutz auch einstimmig beschlossen worden sei. Dieser neue Beschlussentwurf spiegel die Breite der Diskussion wieder und wäge die Menge der Anregungen aus den Fachausschüssen ab. So habe der Wohnungs- und Liegenschaftsausschuss beispielsweise angemerkt, dass die Priorisierung weiter erläutert und dargelegt werden solle. Oftmals sei der Verweis erfolgt, dass zu manchen Bereichen eine weitere Beratung in den Fachausschüssen erfolgen müsse und an vielen Stellen sei auf eine realistische Zeit-, Personal- und Budgetplanung hingewiesen worden. In den Beratungen sei insbesondere häufig geäußert worden, dass es eines realistischen Blickes bedarf. Aus seiner Sicht könne man aus mindestens zwei Richtungen einen realistischen Blick auf diese Thematik richten, nämlich zum einen auf die Umsetzbarkeit, Finanzierung und Akzeptanz und andererseits auf die Tatsache, dass die Klimakrise bereits Realität sei. Zum ersten Punkt führt er aus, dass durch die Priorisierung auf die Kernmaßnahmen, die Grenzen des kommunalen Haushaltes akzeptiert werden. Der Beschluss beinhalte die Erstellung einer zeitlichen Projektplanung sowie den Auftrag, die Maßnahmen schrittweise und im Rahmen der personellen und finanziellen Verfügbarkeiten in die Haushaltsaufstellungen einzubringen. Bezogen auf die Klimakrise sei es richtig, dass man sich ein ambitioniertes Handlungsprogramm vornehme und dieses einer dynamischen Weiterentwicklung unterliegen müsse. Man dürfe das genannte CO2-Einsparpotential nicht als das dominierende Ziel betrachten, denn zum einen sei kein Vergleichswert vorhanden und zum anderen seien viele Maßnahmen im Handlungskonzept noch nicht quantifiziert. Weiterhin beinhalte der Beschlussentwurf die Umsetzung der Governance Maßnahmen und den Auftrag zur Erarbeitung eines ergänzenden Finanzierungskonzeptes. Abschließend betont er, dass der Rat mit seinem Beschluss ein geschlossenes Signal an die Stadtgesellschaft senden müsse. Er dankt allen Beteiligten für die fairen Diskussionen in den Fachausschüssen und zwischen den Fraktionen und bittet darum, dass man sich im Rahmen der Haushaltsverhandlungen daran zurückerinnern werde.
Ratsherr Kiemes (CDU) betont, dass es in der Politik wichtig sei, Kompromisse zu finden, insbesondere bei langfristigen Programmen, die auch deutlich über die Wahlperiode hinaus gehen. Der vorliegende Beschlussvorschlag sei gemeinsam durch die Fraktionen erarbeitet worden. Die Prioritätenliste beinhalte die konsequente Weiterentwicklung der Arbeit des Rates für den Klimaschutz aus den vergangenen 20 Jahren und mehr. Er erwähnt an dieser Stelle die gute Vorarbeit durch den Rat und die Verwaltung. Auch nicht unerwähnt lassen möchte er die erfolgreiche Bewerbung der Stadt Aachen für die 100 Climate Neutral und Smart Cities 2030, die mit der Auszahlung von Fördergeldern verbunden sei. Er möchte erläutern, was genau heute beschlossen werde. Hier seien die Themen der Transparenz, des Managements und des Controllings zu nennen. Derzeit bestehe das Problem, das bei laufenden Maßnahmen die Wirksamkeit nicht definiert werden könne. Dies müsse geändert werden um im Klimaschutz schneller voran zu kommen. Weiterhin bestehe die Frage, welche Maßnahmen die Verwaltung für den Klimaschutz umsetzen könne, sowie die Frage nach den Auswirkungen auf die Bürger*innen. Für die Bevölkerung seien in erster Linie Förderprogramme und Beratungsangebote vorgesehen. Die Fachausschüsse müssten nun über die einzelnen Maßnahmen und insbesondere deren Ausgestaltung beraten. Hier müsse einerseits transparent gegenüber den Bürger*innen gearbeitet werden und weiterhin müsse man die Maßnahmen mit der größten Akzeptanz in der Bevölkerung wählen. Aus diesem Grund habe die CDU-Fraktion Wert darauf gelegt, dass die Maßnahme 22.2, die Nullemmissionszone, gestrichen wird, weil dies nicht von der breiten Masse getragen werden könne. Der letzte Punkt im Beschlussentwurf betone noch einmal, dass das Konzept einer ständigen Anpassung unterliegen müsse, um der dynamischen Entwicklung in der Wissenschaft und Forschung auch Rechnung zu tragen. Weiterhin müssten Maßnahmen, die nicht die geforderte CO2-Einsparung erbringen, gestrichen werden. Bezüglich der Haushaltssituation teilt er mit, dass die finanziellen Mittel für die priorisierten Maßnahmen aktuell nicht vorhanden und die noch nicht bezifferbaren Fördergelder der Europäischen Union abzuwarten seien. Als letzten Punkt möchte er die Ehrlichkeit ansprechen. Es sei wichtig, gegenüber den Bürger*innen offen zu kommunizieren, dass ein Programm erstellt wurde, jedoch das Ziel der Klimaneutralität bis 2030 aufgrund von begrenzten finanziellen und personellen Mitteln nicht erreicht werden könne. Die Bevölkerung solle jedoch das Bewusstsein haben, dass alles Mögliche unternommen wird, um das Ziel zu erreichen.
Ratsfrau Dr. Wolf (SPD) berichtet, dass sie seit 20 Jahren politisch aktiv sei und sie im Bereich des Klimaschutzes stets einen großen Konsens im Rat erleben durfte. Die Verwaltung habe mit der Vorlage eine Handlungsempfehlung und Priorisierung von 35 Maßnahmen vorgelegt. Auch wenn das GERTEC-Gutachten bedeutend mehr Maßnahmen formuliert, erachte sie die Abwägung als sinnvoll, da man die finanziellen Mittel und die personellen Ressourcen berücksichtigen müsse. Weiterhin dürfe man nicht außer Acht lassen, dass auch viele weitere Projekte in anderen Bereichen parallel umgesetzt werden müssten. Abschließend bedankt sie sich bei der Verwaltung für die Priorisierung und die jahrelange, kooperative Zusammenarbeit mit dem Rat.
Ratsherr Deumens (Die Linke) weist darauf hin, dass die Wissenschaftler schon vor vielen Jahrzehnten vor dem Klimawandel gewarnt hätten. Die Politik habe sehr lange nicht reagiert und sei erst seit der Hochwasserkatastrophe hellhörig geworden. Er bezieht sich auf die Aussage von Ratsherrn Kiemes, dass die Klimaneutralität für Aachen voraussichtlich bis 2030 nicht erreicht werden könne. Diesbezüglich müsse man so ehrlich sein zu sagen, dass dieses Ziel hätte erreicht werden können, wenn man früher aktiv geworden wäre. Nun müsse man schnell und konsequent handeln und aus diesem Grunde habe die Fraktion Die Linke im Umweltausschuss einen Änderungsantrag gestellt, der die Dringlichkeit des Handelns unterstreiche. Auch wenn dieser Antrag im Ausschuss abgelehnt worden sei, werde die Fraktion Die Linke dem vorliegenden Beschlussvorschlag zustimmen.
Ratsherr Blum (FDP) teilt mit, dass die FDP-Fraktion den Beschluss befürworte und auch im Umweltausschuss entsprechend dafür gestimmt habe. Er möchte jedoch auch Bedenken darüber äußern, dass die Ziele bis 2030 erreicht werden können. Zum einen aufgrund der Vielzahl der Maßnahmen, auch aber aufgrund des hohen finanziellen und personellen Bedarfes.
Ratsherr Mohr (AfD) erkennt an, dass man die Klimaneutralität bis 2030 erreichen möchte. In Anbetracht der angespannten Haushaltssituation der Stadt Aachen müsse man sich allerdings die Frage stellen, was mit eingesetzten Mitteln tatsächlich bewirkt werden könne und dabei falle die Bilanz für die CO2-Neutralität für Aachen negativ aus. Denn selbst wenn man davon ausgehe, dass eine Reduzierung des CO2-Ausstosses Einfluss auf das Weltklima haben könnte, würde eine CO2-Neutralität in Aachen keine Auswirkungen haben, denn die Stadt habe nur einen Anteil von 0,005 % am globalen CO2-Ausstoss. Vor diesem Hintergrund lehne die Ratsgruppe das Konzept ab, auch wenn sie einzelne Maßnahmen, wie z.B. die Regiotram für sinnvoll erachte.
Ratsherr Servos (SPD) bedankt sich bei Ratsherrn Stettner für seine Arbeit zu dieser Thematik und die fraktionsübergreifende Koordinierung.
Ratsherr Szagunn (DIE Zukunft) bedankt sich bei allen Beteiligten aus den Fraktionen und der Verwaltung. Er betont, dass nicht alle Maßnahmen gleichzeitig umgesetzt werden können und aus diesem Grund eine Priorisierung vorgenommen werden musste. Auch er vertrete die Auffassung von Ratsherrn Deumens, dass zu spät in die Arbeit zum Klimaschutz eingestiegen worden sei. Der Klimawandel sei insbesondere in diesem Jahr deutlich sichtbar und man habe keine andere Wahl als zu handeln. Und auch wenn Klimaschutz teuer wäre, so wäre kein Klimaschutz noch teurer. Die Fraktion DIE Zukunft befürworte den Beschlussvorschlag.
Da keine weiteren Wortmeldungen vorliegen, lässt Oberbürgermeisterin Keupen über den geänderten Beschlussvorschlag abstimmen.
Beschluss:
Der Rat beschließt mehrheitlich bei 2 Gegenstimmen das Handlungsprogramm der aus dem Szenariogutachten „Aachen klimaneutral 2030“ abgeleiteten Klimaschutzmaßnahmen im Grundsatz und bekräftigt die Anstrengungen zur Beteiligung an der EU-Mission 100 Climate Neutral and Smart Cities 2030. Er beauftragt mehrheitlich bei 2 Gegenstimmen die Verwaltung:
- mit der Umsetzung der vorgeschlagenen Governance Maßnahmen um ein verbessertes Projektmanagement, Monitoring, noch stärkere Fördermittelakquise und die Weiterentwicklung des Klimastadtvertrags zu gewährleisten
- die Handlungsfelder gemäß der ergänzend vorgelegten Priorisierung, aber exklusive Punkt 22.2, weiter auszuarbeiten und in die Umsetzung zu führen. Das heißt, sofern die Maßnahme dort nicht schon beschlossen wurde, sie zunächst zur weiteren Beratung in die entsprechenden Fachausschüsse einzubringen, wenn mit vertretbarem Aufwand möglich um eine Schätzung der CO₂-Einsparpotenziale zu ergänzen, eine zeitliche Projektplanung zu erstellen und dann schrittweise und nach Verfügbarkeit von personellen und finanziellen Ressourcen in die Haushaltsaufstellungen und das reguläre Stellenplanverfahren der nächsten Jahre einzubringen
- mit der Weiterführung der beschlossenen IKSK-1.0-Maßnahmen. Sofern hierfür Entfristungen von Personalstellen erforderlich sind und eine positive Evaluation durch den zuständigen Fachausschuss stattgefunden hat, sollen die Bedarfe im Rahmen des Stellenplanverfahrens eingebracht werden
- mit der regelmäßigen Prüfung von zusätzlichen Finanzierungsmöglichkeiten für jede der vorgeschlagenen Maßnahmen (z.B. neue Förderprogramme insbesondere aus der EU-Mission 100 CNSC) und der Erarbeitung von ergänzenden Finanzierungskonzepten (z.B. Bürgeranleihen)
- mit der dynamischen Weiterentwicklung des Handlungsprogramms, um sowohl bisher nicht priorisierte und neue Maßnahmen in die politische Beratung einzubringen, die ein hohes CO₂-Einsparpotenzial und schnelle Umsetzbarkeit versprechen, als auch ineffiziente Maßnahmen frühzeitig wieder zu reduzieren