27.06.2024 - 4 Tagesordnungsantrag der Fraktion Die Linke "Sac...

Beschluss:
geändert beschlossen
Reduzieren

Beratung

Zu diesem Tagesordnungspunkt liegt ein geänderter Beschlussentwurf der Grünen-Fraktion, SPD-Fraktion und Fraktion Die Linke vor (Anlage 1 zu TOP 4).

Frau van der Meulen begründet den Tagesordnungsantrag für die antragstellende Fraktion Die Linke. Sie spricht den nach Meinung ihrer Fraktion feststellbaren „Rechtsruck“ und den gesetzlich geregelten Anspruch auf ein Basisgirokonto für „Jedefrau/Jedermann“ an. Aufgrund der Aspekte „Bürokratieaufwuchs“ sowie „Menschenrechte“ bzw. „Stigmatisierung Betroffener“ spricht sich Frau van der Meulen gegen eine Bezahlkarte in Aachen aus.

Frau Braun schließt sich Frau van der Meulen an. Sie erachtet die Bezahlkarte als einen Einschnitt in die Rechte der Betroffenen. Außerdem bedankt sie sich bei den Teilnehmenden der Demonstration/Kundgebung vor dem Rathaus auf dem Markt zum Thema „Bezahlkarte“. Weitergehend stellt Frau Braun den geänderten Beschlussvorschlag der drei Fraktionen vor und erläutert die wesentlichen Eckpunkte des geänderten Beschlusstextes. Insbesondere stellt sie heraus, dass

  • die Betroffenenperspektive im Rahmen der öffentlichen Debatte über die Bezahlkarte zu kurz komme
  • der Prozess, der Einführung der Karte schleppend verlaufe, was eine sachgerechte Antwort in den Kommunen aufgrund des Informationsrückstands erschwere
  • die Einführung der Bezahlkarte, nach Auffassung der drei Fraktionen, keine Probleme löse, sondern neue und in der Gesamtabwägung überwiegende Probleme schaffe
  • die Vorteile einer Bezahlkarte in Aachen ohnedies zu vernachlässigen seien, weil nach Auskunft des Fachbereichs Wohnen, Soziales und Integration in Aachen 90 % der Empfänger*innen die Transferleistungen bereits per Banküberweisung erhielten und das Thema „Bargeldauszahlungen“ in Aachen damit ohnehin keine Rolle spiele
  • für die drei den Änderungsantrag einbringenden Fraktionen der im Zuge der Einführung der Bezahlkarte zu erwartende Bedarf an neuen Personalstellen in der Fachverwaltung ein Ablehnungsgrund sei
  • geflüchtete Menschen zwingend Zugang zu Bargeld bräuchten, um z. B. gebrauchte Möbel oder Bekleidung zu kaufen, da hier regelmäßig eine bargeldlose Zahlung ausscheide.

 

Am Ende ihrer Ausführungen geht Frau Braun zudem darauf ein, dass die vorgelegte Beschlussfassung der drei Fraktionen, sowohl den Fall der „obligatorischen“ als auch der „fakultativen“ Einführung der Karte in den Kommunen berücksichtige.

 

Frau Koentges schließt sich den Ausführungen ihrer Vorrednerin an und spricht noch einmal folgende Aspekte an: Gründe für das Abweichen vom Ampel-Koalitionsbeschluss zur Einführung einer Bezahlkarte, Mehrkosten für Kommunen durch Verwaltungspersonalaufwuchs, Verhinderung von Stigmatisierung von Karteninhaber*innen, Fragwürdigkeit der Einführung der Karte angesichts des zu verzeichnenden „Rechtsrucks“.

 

Frau Derichs begründet die ablehnende Haltung der CDU-Fraktion hinsichtlich des geänderten Beschlussvorschlags der drei Fraktionen. Es sei noch überhaupt nicht klar, wie die Funktionsweise der Bezahlkarte konkret ausgestaltet sein wird; viele der Spiegelstriche des geänderten Beschlussvorschlag seien Spekulation. Frau Derichs zweifelt ferner die formale Zulässigkeit des vorgelegten Beschlusstextes der drei Fraktionen im Hinblick auf die Zuständigkeitsordnung der Stadt Aachen an. Danach könne der Ausschuss für Soziales, Integration und Demografie hinsichtlich der (Nicht-)Einführung einer Bezahlkarte allenfalls einen empfehlenden Beschluss an den Rat aussprechen. Frau Derichs appelliert an die Grün-Rote-Ratskoalition, den Beschlusstext entsprechend abzuändern.

 

Im Anschluss diskutieren die Ausschussmitglieder den Umgang mit diesem Hinweis der CDU-Fraktion. Frau Braun betont, dass es angesichts der Meinungsbildung auf Landesebene nun einer inhaltlichen Positionierung der Stadt Aachen bedürfe, wie es sie auch schon in anderen NRW-Kommunen gegeben habe.

 

Der Vorsitzende, Herr Deumens, führt aus, dass trotz offener Fragen auf Landesebene die Aussendung eines politischen Signals in Richtung Düsseldorf möglich sein dürfte.

 

Herr Hissel weist darauf hin, dass die Bezahlkarte nicht von der kommunalen Ebene gefordert wurde. Der Städtetag habe sich zur Bezahlkarte positioniert und sich insbesondere für eine Einheitlichkeit bezüglich der etwaigen Einführung ausgesprochen. Mit einem Abschluss des gegenwärtigen Vergabeverfahrens sei ca. Ende August zu rechnen.

Herr Hissel greift sodann die Kritik der CDU-Fraktion auf und schlägt im Sinne der drei antragstellenden Fraktionen vor, auf die möglicherweise kompetenziell nicht konforme Formulierung der „Beauftragung der Verwaltung“ zu verzichten und stattdessen „der Ausschuss spricht sich dafür aus“ zu formulieren, damit die Verwaltung zeitnah ein Schreiben an das Land richten könne, ohne dabei eine Ratsentscheidung vorweg zu nehmen.

Frau Griepentrog erklärt, dass, ihrer kommunalpolitischen Gremienerfahrung nach zu urteilen, in der Vergangenheit viele Fachausschüsse Beauftragungen der Verwaltung ausgesprochen hätten, ohne die Kompetenzvorschriften dadurch zu verletzen, sie hänge aber nicht an einem einzelnen Wort.

 

Auf Vorschlag von Herrn Hissel debattieren die Ausschussmitglieder folgende Änderungen des vorgelegten Beschlussvorschlags der drei Fraktionen:

1. Ersetzung der Worte „der Ausschussmitglieder“ durch „des Ausschusses“ in Satz zwei des Beschlusstextes und

2. Streichung der Worte „wird die Verwaltung beauftragt“ und Ersetzung durch die Worte „spricht sich der Ausschuss für Soziales, Integration und Demographie verpflichtend dafür aus“ in Satz drei des Beschlusstextes.

 

Frau Griepentrog erklärt sich mit den von Herrn Hissel vorgeschlagenen Änderungen einverstanden, soweit dadurch auch weiterhin eindeutig klargestellt werde, dass sich die Verwaltung gegenüber der Landesregierung im Sinne der inhaltlichen Vorgaben des Beschlusstextes, d. h. Forderungen der Spiegelstrichliste, einsetzen werde.

 

Am Ende der Debatte beschließt der Ausschuss mehrheitlich, bei zwei NEIN-Stimmen, in geänderter Form, wie folgt:

Reduzieren

Beschluss:

Der Ausschuss für Soziales, Integration und Demographie nimmt die Ausführungen der Verwaltung zur Kenntnis und fasst folgenden Beschluss:

Die Einführung einer sogenannten Bezahlkarte für Geflüchtete bringt aus Sicht des Ausschusses keine Vorteile gegenüber der aktuellen Praxis der Stadt Aachen, jedoch viele Nachteile für die Nutzer*innen. Daher spricht sich der Ausschuss für Soziales, Integration und Demographie nachdrücklich dafür aus, die Einführung einer Bezahlkarte in Aachen abzulehnen, falls die entsprechende Landesgesetzgebung das zulässt. Die Verwaltung wird gebeten, dies gegenüber der Landesregierung zu kommunizieren. Sofern die Bezahlkarte für die Kommunen verpflichtend eingeführt werden sollte, fordert der Ausschuss die Landesregierung dringend auf, in allen weiteren Beratungen über die Bezahlkarte die folgenden Grundsätze zu berücksichtigen:

 

  • Die Bezahlkarte soll ausschließlich an Menschen mit Sozialleistungsanspruch ausgegeben werden, die über kein Bankkonto verfügen. Bei allen anderen Geflüchteten soll es bei der bisherigen Überweisung der Geldleistungen auf das Konto bleiben.
  • Die Bezahlkarte soll das Format von Visacard/Mastercard haben, um eine Stigmatisierung zu verhindern und muss in allen Geschäften nutzbar sein.
  • Überweisungen mindestens im Inland müssen möglich bleiben.
  • Es soll keine Begrenzung für Bargeldabhebungen geben.
  • Es sollen mehrere Bezahlkarten für eine Bedarfsgemeinschaft ausgegeben werden.
  • Die Nutzung der Bezahlkarte soll nicht auf bestimmte Regionen oder Branchen beschränkt sein, da Geflüchtete eine lebenswichtige Flexibilität beim Konsum benötigen.
  • Die Bezahlkarte soll dem Prinzip des Guthabenkontos folgen, um Verschuldung zu verhindern.
  • Die Kommunen sollen keine Kosten tragen.

 

Sollte die Bezahlkarte verpflichtend, aber mit einem inhaltlichen Gestaltungsspielraum für Kommunen eingeführt werden, wird die Verwaltung beauftragt, die o. g. Punkte nach Möglichkeit für Aachen umzusetzen.
 

 

Reduzieren

Dokument nicht im Bestand.
Reduzieren

Anlagen zur Vorlage

Reduzieren

Anlagen

Online-Version dieser Seite: http://ratsinfo.aachen.de/bi/to020?SILFDNR=5238&TOLFDNR=127220&selfaction=print