09.11.2022 - 7 Umgang mit bestehenden KiTa-Mietverträgen aufgr...
Grunddaten
- TOP:
- Ö 7
- Sitzung:
-
Sitzung des Rates der Stadt Aachen
- Gremium:
- Rat der Stadt Aachen
- Datum:
- Mi., 09.11.2022
- Status:
- gemischt (Niederschrift freigegeben)
- Uhrzeit:
- 17:00
- Anlass:
- Öffentliche/Nichtöffentliche Sitzung
- Beratung:
- öffentlich
- Vorlageart:
- Entscheidungsvorlage
- Federführend:
- FB 45 - Fachbereich Kinder, Jugend und Schule
- Beschluss:
- ungeändert beschlossen
Beratung
Ratsherr Mohr (AfD) hält fest, dass die Ratsgruppe AfD allgemein kein Freund der Public-Private-Partnership-Angelegenheiten sei und dies bereits in der Vergangenheit auch regelmäßig abgelehnt habe. Letzten Endes sei man der festen Überzeugung, dass die Stadt an vielen Stellen günstiger bauen und günstiger Projekte selbst entwickeln könne, als mit irgendwelchen Investoren, die ihren Renditeschritt machen wollen. Die heutige Entscheidungsvorlage gehe wieder in die gleiche Richtung. Gewinne sollen nach Möglichkeit stark privatisiert werden und wenn es dann in Richtung Verluste gehe, sollen sie ordentlich sozialisiert werden. Man habe hier einen breiten und bunten Strauß an Vorschlägen, wie die Mietverträge angepasst werden sollen. Die Bauherren möchten gerne Mietsteigerungen ab sofort weitergeben können, nicht erst ab Mietbeginn. Weiterhin habe man hier Vorschläge, dass die Stadt auf die Mietfestschreibungen verzichte und der Baubeginn quasi beliebig ausgedehnt werden könne, ohne sich dabei am Verbraucherpreisindex zu orientieren, sondern am Baupreisindex. Die Stadtverwaltung schlage vor, gegebenenfalls in die Verhandlungen zu gehen und einen Zuschuss zu den Baukosten zu zahlen, zudem werde eine 30jährige Vertragsdauer vorgeschlagen. Dies sei alles nicht zielführend. Jeder, der im Immobiliengeschäft tätig sei, müsse wissen, dass sich Baukosten auch entsprechend erhöhen können und diese Erhöhung in den Kalkulationen auch berücksichtigt werden müsse. Den § 313 BGB anzuführen gehe ebenfalls an der Sache vorbei. Er hält es für bedauerlich, dass der Rat so etwas ernsthaft diskutieren müsse, in der aktuellen Situation freue man sich über jeden sozialen Vermieter, der nicht gnadenlos die Preisschraube hochdrehe. Er bittet darum, die Vorlage abzulehnen. Weiterhin stellt er der Verwaltung die Frage, um welche Bauherren es sich hier konkret handle. Zudem möchte er bzgl. der Aussage „nicht mehr rentabel“ wissen, ob die Stadtverwaltung die Kalkulationen der Bauherren habe einsehen können. Augenscheinlich sei es so, dass man eine Art Flexibilität für den Bauherren bzgl. des Baubeginns erzielen möchte und damit die Sicherheit für die Stadt wegfalle, dass in 30 Monaten die Kita da sei. Abschließend möchte er wissen, was passiere, wenn der Baubeginn jetzt nicht mehr erfolgt und die Stadt evtl. anderweitig Kitas anmieten oder Bauaufträge vergeben müsse und ob sie entschädigt werde oder die Risiken komplett selbst tragen müsse.
Ratsherr Tillmann (SPD) hält fest, dass in diesem Jahr zwei Krisen aufeinandertreffen. Die Corona-Pandemie dauere nach wie vor an, Kinder und Familien haben durch die Kitaschließungen in den letzten zweieinhalb Jahren eine besondere Belastung erlitten. Die Folgen werden die Stadt Aachen noch lange beschäftigen. Der russische Angriffskrieg gegen die Ukraine und die damit ausgelöste Energiekrise und Inflation haben zu einer Steigerung von Baukosten geführt, die vor wenigen Monaten eben noch nicht absehbar waren, daher dürfe nicht zugelassen werden, dass der Neubau von Kindertagesstätten dadurch gefährdet werde oder durch die Inflation der notwendige Ausbau von Kita-Plätzen ins Stocken gerate. Als grün-rote Koalition habe man sich auf den Kita-Ausbau und die Entlastung von Kindern und Familien verständigt und sei auch entsprechend bereit, die nötigen Mittel dafür in die Hand zu nehmen. Der Vorlage stimme man eindeutig zu und bittet die Verwaltung um zügige Umsetzung im Sinne der Kinder und Familien in Aachen.
Bürgermeister Plum (SPD) möchte nicht in die inhaltliche Diskussion eingreifen, sondern in seiner Funktion als Vorsitzender des Wohnungs- und Liegenschaftsausschusses wieder seine Rechte wahren. Die Vorlage sei in den Rat gekommen, ohne dass sie in irgendeinem Ausschuss behandelt worden sei. Der Wohnungs- und Liegenschaftsausschuss sei insgesamt zuständig, könne dies also abschließend entscheiden, ist jedoch wieder nicht gehört worden. Er sei verärgert darüber, da er bereits in der vorletzten Ratssitzung darauf hingewiesen habe. In der letzten Ratssitzung habe er sogar eine persönliche Erklärung abgegeben. Dies sei eine schleichende Entmachtung dieses Gremiums, wenn die Ausschüsse nicht gehört werden, daher bittet er dringend darum, dass das zukünftig getan werde und die Rechte der Ausschüsse nicht einfach beiseitegeschoben werden.
Die Oberbürgermeisterin bedankt sich und teilt mit, dass sie bzgl. der Finanzen gerne das Wort an Stadtdirektorin Grehling übergeben möchte. Die Dringlichkeit des Kita-Ausbaus müsse hier nicht erneut formuliert und fundamentiert werden. Es gehe ja hier auch um die Frage der Mietpreisanpassung, der Verwaltungsvorstand habe das intensiv beraten und hier die Empfehlung abgegeben.
Stadtdirektorin Grehling bezieht sich auf Ratsherrn Mohr (AfD) und hält fest, dass bezüglich des Kita-Ausbaus bei Weitem nicht von einem einseitigen Interesse ausgegangen werden könne, Beigeordnete Schwier werde sich mit Sicherheit auch noch zum Interesse der Stadt bezüglich des Kita-Ausbaus äußern. In der Ratsvorlage stehe, dass der Verwaltung ein Mandat zur Verhandlung gegeben werden solle, um entsprechende Änderungen vorzunehmen. Aus den Zeitabläufen sei eine gewisse Eile für das Verhandlungsmandat erkennbar, um die Realisierung nicht zu gefährden. Die Vorlage beinhalte auch verschiedene Optionen dafür, der Index, den er erwähnt habe, sei eine davon. Eine weitere aufgeführte Option sei die Situation über einen einmaligen Ausgleich und damit quasi die Neutralisierung der Startposition, wie auch bei sonstigen Bauvorhaben, zu glätten. Sie betont, dass es sich hier um Verhandlungen und nicht um Vertragsabschlüsse handle.
Die Oberbürgermeisterin bedankt sich bei Stadtdirektorin Grehling für die Ausführungen und für die Klarstellung, dass es hier um das Verhandlungsmandat und nicht den Abschluss von Verträgen gehe.
Beigeordnete Schwier bedankt sich bei Stadtdirektorin Grehling und ergänzt, dass die Bauherren nicht genannt seien, da man sich im öffentlichen Teil der Ratssitzung befinde. Man stehe mit ihnen in guter Zusammenarbeit und erarbeite tatsächlich die Baumaßnahmen für die Kita-Plätze. Sie führt aus, dass es immer noch Eltern gebe, die keine Möglichkeit haben, einen Kita-Platz zu bekommen, da der Kita-Ausbau nicht schnell genug voranschreitet. Es sei gut, dass diese Bauherren bei Planung eines Bauvorhabens auf die Stadt zukommen und fragen, ob noch eine Kita im Gesamtbauvorhaben abgebildet werden könne, denn in den städtischen Räumlichkeiten, Gebäuden und Grundstücken sei bereits alles ausgereizt.
Ratsfrau Schmitt-Promny (Grüne) hält fest, dass dieser Kita-Ausbau eindeutig schnell erwünscht sei. Die Vorlage betrachte sie als Aufforderung, sich prophylaktisch mit der Finanzierung dieser großen Bauvorhaben auseinanderzusetzen. Die Stadt tue dies auch und gehe auch nicht locker mit dem Geld um oder tue der Erwartungshaltung von Investoren Genüge, nur damit diese ihre Profite steigern können. Sie nimmt Bezug auf die Wortmeldung von Ratsherrn Mohr (AfD) und erläutert, dass er doch bitte dem Rat beweisen dafür liefern solle, dass dieser angeblich so nachgiebig Investoreninteressen verfolge.
Ratsherr Beus (Die Linke) erläutert, dass der wesentliche Unterschied vorhersehbare und nichtvorhersehbare Kosten seien. Wenn Verträge mit einer langfristigen Dauer abgeschlossen werden, können besondere Situationen nicht immer einkalkuliert werden. Die Stadt Aachen habe nicht das Interesse daran haben, mit Bauvorhaben Investoren in den Ruin zu treiben. Das könne nicht Aufgabe einer öffentlichen Vergabe sein, insofern sei das Nachjustieren hier absolut sinnvoll. Die LINKE-Fraktion trage den Beschluss gerne mit und sei davon überzeugt, dass alles getan werden müsse, um rechtzeitig oder so schnell wie möglich die Kita-Plätze bereit zu stellen.
Ratsherr Tillmanns (CDU) teilt mit, dass er sich ebenfalls gewünscht hätte, dass die Vorlage oder zumindest ein Bericht im KJA eingebracht worden wäre, daher könne er die geäußerte Kritik gut nachvollziehen und teile diese auch. Inhaltlich sei das Entscheidende, dass die Stadt ein verlässlicher Partner sei. Man sei in einer Zwischenfunktion, zum einen als verlässlicher Partner für die Eltern über die Kita-Bedarfsplanung und zum anderen bei den Investoren. Beigeordnete Schwier habe als zuständige Dezernentin richtig ausgeführt, dass die Stadt gar nicht in der Lage sei, Raum aus eigenem Bedarf zu stellen und daher dringend auf Hilfe angewiesen. Bezüglich den Ausführungen von Ratsherrn Mohr (AfD) stimmt er Ratsfrau Schmitt-Promny (Grüne) zu und zeigt sich ebenfalls verwundert über das Bild, was Herr Mohr (AfD) über die Verwaltung und den Mitarbeitenden hier zeichne. Er äußert sein vollstes Vertrauen in die Verwaltung und bittet sie, diese Verhandlungen zu führen und das Ergebnis in die zuständigen Ausschüsse zurück zu spiegeln.
Ratsherr Baal (CDU) hätte sich gewünscht, dass die Information über mögliche Bedenken, so eine Verhandlung durchzuführen, am 18.10.2022, also an dem Datum der Fertigstellung dieser Vorlage, als Mitteilung in den WLA gekommen wäre. So hätte die Verwaltung nun bereits 3 Wochen munter verhandeln können. In solchen Punkten brauche man Professionalität, die leider nicht ausgestrahlt werde.
Ratsherr Mohr (AfD) zeigt sich überrascht über den Verlauf der Diskussion. Hier gehe es darum, dass man Investoren habe, die ausweislich der Vorlage scheinbar einen Mietzins von fast 15 Euro vereinbart, sich in ihrer Kalkulation offenbar vertan haben und gerne einen Nachschlag hätten. Es gehe darum, dass jetzt geschlossene Verträge auch so einzuhalten seien. Die Stadt Aachen biete kein großes Kontrahenten-Risiko für den Vermieter, daher sei es auch sehr unwahrscheinlich, dass sie als Mieter ausfalle. Wenn ein Mietvertrag von einem Investor jetzt abgeschlossen werde, müsse er sich darüber im Klaren sein, dass die Baukosten aufgrund irgendwelcher Umstände, die er nicht in der Hand habe, steigen können und genau das müsse er bei seinen Bauplanungen auch berücksichtigen. Bezüglich der Ausführungen von Ratsfrau Schmitt-Promny (Grüne) und Ratsherrn Tillmanns (CDU) hält er fest, dass die Kritik gegen die Verwaltung aus deren Parteien geäußert wurde.
Ratsherr Servos (SPD) fragt sich, was wohl eine junge Familie, die auf einen Kita-Platz warte, über diese Debatte denken würde. Weiterhin hält er fest, dass für die Umsetzung der geplanten Bauprojekte natürlich Geld in die Hand genommen werden müsse. Er habe auch vollstes Verständnis dafür, dass die beiden Ausschüsse die Tatsache, dass sie nicht beteiligt wurden, kritisieren. Jedoch habe jetzt Priorität, dass die Verhandlungen schnellstmöglich passieren und die Verträge, die dann nachverhandelt werden, den zuständigen Fachausschüssen zur Beratung und Beschlussfassung vorgelegt werden, um dann endlich mit diesem Ausbau zu beginnen. Vielleicht sollte man hier darauf achten, was von Diskussionen hier draußen wahrgenommen werde.
Die Oberbürgermeisterin erläutert, dass am 06.12. sowohl der KJA als auch der WLA parallel tagen werden und sie davon ausgehe, dass bis dahin entsprechende Vorlagen eingebracht werden können.
Stadtdirektorin Grehling weigert sich, ständig diese Vergleiche zwischen stehenden Mietverträgen und Investoren, die entsprechend gebraucht werden, zu ziehen. Sie weigert sich außerdem zu glauben, dass man wirklich glauben könne, dass eine Stadt, die selbst baut, mit weniger Risiken behaftet sei, wenn sie neue Unternehmer suche. Wenn man auf etwas angewiesen, gemeinschaftlich unterwegs sei und die entsprechenden rechtlichen Grundlagen dazu habe, könne es nicht verwerflich sein, dass man sich als Vertragsparteien entsprechend zusammensetze und nach einer Lösung suche.