25.04.2023 - 14 Sachstandsbericht für den Bereich der Hilfen zu...
Grunddaten
- TOP:
- Ö 14
- Zusätze:
- Die Unterlagen wurden nachgereicht.
- Gremium:
- Kinder- und Jugendausschuss
- Datum:
- Di., 25.04.2023
- Status:
- gemischt (Niederschrift freigegeben)
- Uhrzeit:
- 17:00
- Anlass:
- Öffentliche/Nichtöffentliche Sitzung
- Beratung:
- öffentlich
- Vorlageart:
- Kenntnisnahme
- Federführend:
- FB 45 - Fachbereich Kinder, Jugend und Schule
- Beschluss:
- ungeändert beschlossen
Beratung
Frau Drews weist unter Bezugnahme auf den Bericht darauf hin, dass das Haushaltsjahr 2022 mit einer Summe von rund 63 Mio. Euro im Bereich der Hilfen zur Erziehung (HzE) habe abgeschlossen werden können. Sie betont hierbei insbesondere die folgenden, relevanten Aspekte:
Sowohl die Leistungen im klassischen HzE-Bereich als auch im Bereich der Unbegleiteten Minderjährigen Ausländer*innen (UMA) seien um rund 9 % im Vergleich zum Vorjahr gestiegen. Im UMA-Bereich habe eine ähnlich hohe Fallzahl verzeichnet werden können wie in den „Flüchtlings-Jahren“ 2015-2016. Dieser Bereich habe allerdings seitdem in der öffentlichen Wahrnehmung an Aufmerksamkeit verloren.
Bis Mitte April 2023 seien bereits 119 unbegleitete Geflüchtete in Aachen aufgenommen worden, wovon 45 % als minderjährig gelten. Die weitere Entwicklung bleibe abzuwarten. Da Aachen nach wie vor eine sog. „abgebende“ Kommune sei, würden sicherlich nicht alle hier verbleiben. Die jungen Menschen, die jedoch in ihrer psycho-sozialen Entwicklung vorbelastet seien, würden in Aachen verbleiben, diese dürften nicht verteilt werden.
Im klassischen HzE-Bereich seien die Leistungen um rund 100 gestiegen. Die Ursachen hierfür seien vielfältig: insbesondere werde festgestellt, dass die Familiengerichte in dem Bereich mittlerweile eine andere Herangehensweise verfolge und zunehmend zunächst auf familienunterstützende Leistungen zurückgreife, bevor die elterliche Sorge entzogen und das Kind für längere Zeit in Obhut genommen werde, z. B. Mutter-Vater-Kind-Angebote, welche zwar die Eltern-Kind-Ebene stärken würden, gleichzeitig jedoch besonders kostenintensiv seien.
Insgesamt werde festgestellt, dass der Fachkräftemangel nicht nur im KiTa- und OGS-Bereich, sondern auch drastisch in den städtischen Sozialraumteams sowie bei den Leistungspartnern im ambulanten, teilstationären und stationären Bereich zu spüren sei. Dies sei insofern eklatant dramatisch, da ein hier betreutes und unterstütztes Kind nicht einfach nach Hause entlassen werden könne, wenn es kein Personal gebe. Diesbezüglich habe sich bereits ein Heimgipfel ausgetauscht und nach Lösungen gesucht. Ebenso bestehe ein enger Austausch mit dem Landschaftsverband Rheinland (LVR). Um dem Fachkräftemangel zumindest ein stückweit begegnen zu können, sei der Bereich der ambulanten Hilfen angepasst worden.
Im Entgeltbereich habe sich die Tarifentwicklung in 2022 im Bereich SUE niederschlagen, in diesem Zusammenhang auch Einmalzahlungen sowie Entlastungstage.
In der nächsten Sitzung des Kinder- und Jugendausschusses werde ein erster Sachstandsbericht für das Jahr 2023 vorgelegt, in welchem versucht werde, einen (Aus-) Blick auf die entsprechenden Konsequenzen der genannten Entwicklungen zu werfen.
Die Bedarfssituation der Kinder wachse deutlich. Die Anzahl der Kinder, für die nur unter großen Herausforderungen ein Unterbringungsplatz gefunden werden könne, steige zunehmend. Die Beschäftigten der Sozialraumteams würden durchschnittlich 30-50 Einrichtungen bundesweit abfragen um überhaupt einen Unterbringungsplatz zu finden. Dies betreffe auch bereits Kinder im Alter von unter 10 Jahren.
Frau Drews befürchtet, dass diese Problematik in den kommenden sehr herausfordernd werde.
Frau van der Meulen dankt Frau Drews für die umfassenden Erläuterungen. Auch für sie stelle sich die derzeitige Situation überaus erschreckend dar. Es sei dramatisch, wenn Kinder aus Mangel an nahen Optionen weit weg von ihrer Familie untergebracht werden müssten. Nicht nur für Zeit der Unterbringung sei dies problematisch, es sei auch nicht klar, ob und wie das Kind zurück in die eigene Familie kommen könne, wenn eine anknüpfende Begleitung der Familie vor Ort nicht gewährleistet werden könne.
Herr Kreutz schließt sich den Ausführungen von Frau Drews an. Seine Einrichtung werde ebenso von anderen Kommunen angefragt, ob es noch freie Kapazitäten gebe. Diese Anfragen könnten jedoch nicht mehr bedient werden. Sowohl der öffentliche Träger als auch die freien Träger der Jugendhilfe seien an ihre Grenzen angekommen. Zwar sei derzeit keine Stelle in der Einrichtung vakant, allerdings seien die Belastungen der Beschäftigungen deutlich spürbar. Im Gegensatz zu vielen anderen Berufszweigen habe es während der pandemischen Zeit weder Schließzeiten noch Homeoffice gegeben, die Betreuung habe weiterhin stattfinden müssen. Zwar sei die pandemische Lage zwischenzeitlich für beendet erklärt worden, die Über- und Belastungen würden aber nachwirken. Von den sechs Beschäftigten befänden sich derzeit nur drei im Dienst. Die Leitungskräfte würden als Springer agieren und zusätzliche Aufgaben übernehmen. Es werde auch zunehmend herausfordernder, überhaupt neues Personal zu gewinnen, da die Bereitschaft zur Übernahme von Wochenend- und Nachtdiensten gesellschaftlich gesunken sei. Ebenso müsse das Personal auch bezahlt werden, hier seien die Auswirkungen der Lohnerhöhungen spürbar.
Er lobt die gute Unterstützung durch die Verwaltung und dankt auch nochmals insbesondere Frau Drews. Der Heimgipfel sei ein guter und wichtiger Schritt gewesen.
Auch wenn bislang stets gute Lösungen hätten gefunden werden können, würden die Situationen der Kinder und Familien zunehmend komplexer. Es bleibe der Umstand, dass die Kinder nicht nach Hause geschickt werden könnten. Daher sei es umso wichtiger, Menschen zu finden, die gemeinsam diesen Weg in der Jugendhilfe bestreiten wollen würden. Abgesehen von der Notwendigkeit, neues Personal zu finden, befürchte Herr Kreutz, dass sich auch das Bestandspersonal mit der Zeit umorientieren werde. Das Berufsfeld müsse daher dringend attraktiver gestaltet werden und einen besseren Ruf bekommen.
Frau Scheidt bekräftigt, dass der HzE-Bereich auch fraktionsübergreifend als Pflichtaufgabe bewertet werde. Im Kinder- und Jugendausschuss werde nicht infrage gestellt, wie die hohen Summen zustande kämen.
Frau Drews weist darauf hin, dass nach Fertigstellung der Vorlage noch die folgende Ergänzung zum Kapitel Erträge von Seiten der Kämmerei eingegangen sei:
„Allerdings steht die Abrechnung und Erstattung für das Jahr 2022 seitens des Landesjugendamtes noch aus. Eine Information, wie über die Höhe der Leistungen des LVR, soll zeitnah erfolgen. Wie hoch diese Erstattung sein wird, kann zu diesem Zeitpunkt nicht vorhergesagt werden.“
In der Regel erfolge eine Zahlung des LVR an die Kommunen im UMA-Bereich im April. Diese Summe werde als Ertrag für das vorherige Haushaltsjahr – somit für 2022 – verbucht.
Anlagen zur Vorlage
Nr. | Name | Original | Status | Größe | |
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