06.06.2006 - 5 Lärmschutz an den Eisenbahnstrecken in Aachen

Beschluss:
geändert beschlossen
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Beratung

 

Zu den Beratungen begrüßte die Vorsitzende Herrn Rolf Schumacher von der Deutschen Bahn AG sowie Herrn Dirk Moldrickx von der CS Planungs– und Ingenieurgesellschaft mbH, die für die Deutsche Bahn AG lärmtechnische Untersuchungen vorgenommen und Lärmschutzmaßnahmen entwickelt habe.

 

Da zu diesem Thema eine Reihe von Bürgerinnen und Bürger anwesend waren, die offensichtlich aufgrund eines Missverständnisses in Bezug auf den Verfahrensablauf ihre Fragen nicht unter TOP 3 gestellt hatten, ließ die Vorsitzende ausnahmsweise zu, dass vor den Beratungen zu TOP 5 den Bürgerinnen und Bürgern die Gelegenheit gegeben wurde, ihre Fragen zu stellen.

 

Frage von Herrn Blumenthal, Aachen

Herr Blumenthal äußerte die Befürchtung, dass die vorgesehene Lärmschutzwand entlang der Bleiberger Straße die Lärmbelastung auf der Seite der Welkenrather Straße erhöhen werde. Die Bahn habe zwar darauf verwiesen, dass dort eine hochabsorbierende Wand errichtet werden solle, bei niedrigen Frequenzen komme es aus technischen Gründen jedoch nicht zur Absorption des Lärms, sondern zur Reflexion, was die Belastung auf der gegenüberliegenden Seite eher erhöhen werde. Die in diesem Bereich vorgesehenen passiven Lärmschutzmaßnahmen könnten die Lärmbelastung allenfalls bei geschlossenen Fenstern reduzieren. Seine Frage lautet daher, ob die vorgetragenen Argumente zuträfen und in der Tat mit einer Erhöhung der Lärmbelastungen aufgrund von Reflexion durch die zu errichtende Lärmschutzwand zu rechnen sei und ob der Bau der Lärmschutzwand wegen der angeblich lockeren Bebauung wirklich nur bis zu Halifaxstraße vorgesehen sei.

 

Für die Verwaltung verwies Herr Hahnbück darauf, dass die gestellte Frage durch den nachfolgenden Expertenvortrag beantwortet werde.

 

Herr Hottenbacher, Welkenrather Straße 51, Aachen verwies auf die Lärmbelastung zahlreicher Betroffener in der Welkenrather Straße und auf eine diesbezüglich durchgeführte Unterschriftenaktion. Er fragte daher nach, warum die Bewohnerinnen und Bewohner der Welkenrather Straße im Hinblick auf den Lärmschutz dermaßen vernachlässigt würden.

 

Frau Rita Hillmann, Aachen verwies darauf, dass auch in dem Bereich, in dem die Bahn von einer "lockeren Bebauung" spräche, zahlreiche Menschen wohnen würden, die durch den Bahnlärm beeinträchtigt würden. Sie fragte, warum in der Beschlussempfehlung für den Umweltausschuss nicht die Umsetzung von aktiven Lärmschutzmaßnahmen gefordert, sondern nur von passivem Lärmschutz für den in Rede stehenden Bereich gesprochen werde. Zusätzlich fragte Frau Hillmann, ob allen Beteiligten bewusst sei, dass wenn es den entsprechenden aktiven Lärmschutz nicht geben werde, unter Umständen Forderungen an die Bahn wegen der Wertminderung der Grundstücke gestellt würden.

 

Zur Beantwortung der Fragen verwies die Vorsitzende auf die anstehenden Beratungen des Ausschusses und darauf, dass zwischen den Fraktionen Konsens darüber bestehe, dass umfassender, möglichst aktiver Lärmschutz erforderlich sei. Dies finde sich auch in dem durch die CDU vorgelegten Erweiterungsvorschlag für den Beschlussentwurf wieder.

 

Die Vorsitzende beendete sodann endgültig die Fragemöglichkeiten für Einwohnerinnen und Einwohner und bat die Herren Moldrickx und Schumacher um ihren Bericht.

 

Zunächst erläuterte Herr Moldrickx von der CS Planungs– und Ingenieurgesellschaft mbH, welche durch die Deutsche Bahn AG mit den Untersuchungen beauftragt worden war, die Ergebnisse der bisherigen Arbeit. Grundlage sei eine Bundesrichtlinie zur Förderung von Maßnahmen zur Lärmsanierung an bestehenden Schienenwegen des Bundes. Auf der Grundlage dieser Richtlinie erfolge die Finanzierung der Umsetzung durch den Bund; die Koordinierung erfolge durch die Deutsche Bahn AG (DB–Netz). Grundsätzlich werde zwischen aktiven und passiven Sanierungsmaßnahmen unterschieden.

Im Zuge der Umsetzung der Richtlinie habe man auch die Ortsdurchfahrt Aachen überprüft und zwar die Strecken Köln – Belgien, Aachen Richtung Mönchengladbach sowie Aachen–West nach Belgien. Anhand von Plänen erläuterte Herr Moldrickx sodann die bereits in der Verwaltungsvorlage dargestellten bisher ins Auge gefassten Sanierungsmaßnahmen. Bei Maßnahmen des aktiven Schallschutzes entstünden insbesondere bei Viadukten, Brücken oder auch steilen Böschungen bestimmte Probleme, die es teilweise unmöglich machen würden, Schallschutzmauern zu gründen. An verschiedenen Stellen seien auch städtebauliche Probleme zu berücksichtigen.

Hinsichtlich passiver Schallschutzmaßnahmen erläuterte Herr Moldrickx, dass in Fällen, in denen der Schalldruckpegel an der Außenwand von Gebäuden bestimmte Grenzwerte überschreite, nach der Bundesrichtlinie eine Förderung passiver Maßnahmen in Betracht käme.

 

In Ergänzung erläuterte Herr Schumacher den rechtlichen Charakter der Maßnahmen. Grundsätzlich bestehe kein Rechtsanspruch bei Bahnlinien, die vor In-Kraft-Treten des BImSchG 1974 bereits bestanden hätten. Zur Lärmsanierung an solch älteren Strecken habe der Bund für einen längeren Zeitraum 50 Mio. €/a zur Verfügung gestellt. Mithin handele es sich bei den Lärmschutzmaßnahmen nicht um Leistungen der Bahn; die sei lediglich für die Koordinierung und Planung der Maßnahmen zuständig. Bei Bebauungsplangebieten, die vor 1974 entstanden seien, könne mit den genannten Bundesmitteln aktiver Lärmschutz realisiert werden, wenn dieser angezeigt und technisch möglich sei. Entsprechende Anträge würden durch die Bahn gestellt und durch das zuständige Bundesamt auf Übereinstimmung mit den Förderrichtlinien überprüft.

 

Bei Wohnbebauungen, die nach In-Kraft-Treten des BImSchG 1974 entstanden seien und die durch Bahnlärm beeinträchtigt würden, liege die Verantwortung für den Lärmschutz beim Planungs– und Vorhabenträger der Wohnbebauung.

 

Herr Moldrickx erläuterte, dass die Richtlinie besonders schutzbedürftige Räume definiere: Dazu gehörten unter anderem Schlaf–, Kinderzimmer oder Wohnküchen. Grundlage für die Entscheidungen seien nicht Lärmmessungen, sondern Prognoseberechnungen, denen jeweils die ungünstigsten Annahmen zugrunde gelegt würden. Im Hinblick auf die gestellte Einwohnerfrage führte er aus, dass sich in der Literatur keine Hinweise darauf fänden, dass hoch absorbierende Wände eine Verstärkung des Lärms auf der gegenüberliegenden Seite verursachen würden. Die Absorptionsfähigkeit bezöge sich insbesondere auf die als besonders störend empfundenen Frequenzen. Auch Herr Schumacher bestätigte, dass bei bisherigen Maßnahmen das Problem der Schallreflexion in der befürchteten Weise noch nicht aufgetreten sei, zumal die Reflexion des Schalls durch den vorbeifahrenden Zug, der ihn erst erzeuge, selbst behindert werde.

 

Im Hinblick auf die von den Bürger/innen aufgeworfenen Fragen erläuterte Herr Schumacher, dass es nicht darum gehe, ob die Bahn bereit sei genug Geld zu investieren. Vielmehr müssten bei den entsprechenden Anträgen beim Bundesamt auch Wirtschaftlichkeitsberechnungen vorgenommen und nachgewiesen werden, für wie viele Leute mit wie viel Geld Lärmschutz erstellt werden solle. Herr Schumacher wies darauf hin, dass die vorgestellten Maßnahmen von der bewilligenden Stelle bereits vorab gesichtet worden und grundsätzlich als zustimmungsfähig bezeichnet worden seien. Eine intensivere Prüfung habe jedoch noch nicht stattgefunden. Zum Problem der Welkenrather Straße führte er aus, dass es hier in erster Linie Probleme hinsichtlich der konstruktiven Möglichkeiten gäbe.

In diesem Zusammenhang wies er darauf hin, dass die Errichtung der Schallschutzwände ausschließlich nachts von Samstag auf Sonntag in der Zeit von 24:00 bis 06:00 Uhr durchgeführt werden könnten, weil die Gründungskörper vom Gleis aus eingerüttelt werden müssten. Grundsätzlich würden die Wände unter Betrieb gebaut. Dies führe insbesondere bei Viadukten zu Problemen, weil dort ganz besonders lange Pfeiler eingebracht werden müssten. Da ca. alle 5 Meter ein Rohr niedergebracht werden müsse, bedeute dies bei einer Länge der Schallschutzmauer von 1.000 Meter 201 Rohre mit einem Aufwand von ca. zwei Stunden je Pfeiler. Berücksichtige man, dass aufgrund der langen Baudauer und der ungünstigen Arbeitszeiten erhebliche Kosten entstünden, sei deutlich, wie kostenintensiv derartige Maßnahmen seien.

 

Für die CDU–Fraktion verwies Ratsfrau Lürken auf einen als Tischvorlage vorgelegten Beschlussvorschlag ihrer Fraktion, mit dem die Verwaltung aufgefordert werden solle, mit der Deutschen Bahn in Verhandlung zu treten, um auch für die Anwohner der Welkenrather Straße und der Weststraße optimale Verbesserung durch aktiven Lärmschutz zu erzielen. Niemand unterstelle der Bahn Willkür oder Unwillen, die Tatsache jedoch, dass hier Fragen der Wirtschaftlichkeit Fragen des Gesundheitsschutzes von Menschen gegenübergestellt würden, rechtfertige die Tatsache, nochmals in eine Prüfung einzutreten, ob nicht doch weitergehende Lärmschutzmaßnahmen durchgeführt werden könnten.

 

Für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen unterstrich Herr Dr. Griese nochmals, dass die Lärmsanierung eine freiwillige Leistung des Bundes sei und bei den in Rede stehenden älteren Strecken die Bahn Bestandsschutz genieße. Gleichwohl wies auch er darauf hin, dass die Bundesrichtlinien eventuell doch einen beidseitigen aktiven Lärmschutz bei der in Rede stehenden Strecke hergeben könnte. Im gleichen Sinne äußerte sich für die SPD–Fraktion auch Ratsfrau Dr. Wolf. Auf Ihre ausdrückliche Nachfrage, ob die Unwirtschaftlichkeit der zweiten Lärmschutzwand definitiv feststünde, äußerte sich Herr Schumacher eher skeptisch hinsichtlich der Spielräume für weiteren aktiven Schallschutz, räumte aber ein, dass derzeit noch keine Submissionsergebnisse vorlägen. Angesichts der beschriebenen technischen Erfordernisse gehe er jedoch von hohen Kosten aus. Herr Schumacher sagte dennoch zu, im Hinblick auf die Situation entlang der Welkenrather Straße die wirtschaftliche Machbarkeit einer zweiten Lärmschutzwand zu überprüfen. Er betonte jedoch, dass das Ergebnis offen sei und ab Haus Nr. 50 auf keinen Fall eine Mauer gebaut werden könne.

 

Herr Blum bedankte sich für die Bereitschaft von Herrn Schumacher. Auf seine Frage, ob sich für den Fall, dass eine Realisierung einer zweiten Wand tatsächlich nicht in Betracht käme, eine Prognoseberechnung für die zu erwartende Lärmbelastung für die der Lärmschutzwand gegenüber liegenden Seite möglich sei, führte Herr Moldrickx aus, dass diese Berechnungen bereits erfolgt seien und die Ergebnisse fassadenscharf dargestellt werden könnten. Im weiteren Verlauf sei ohnehin eine Informationsveranstaltung für die Bürgerinnen und Bürger geplant.

 

Auch Ratsherr Corsten begrüßte die Bereitschaft von Herrn Schumacher. Er verwies aber darauf, dass es in jedem Fall weiterhin eine Zahl von betroffenen Bürgerinnen und Bürgern gäbe, für die aus wirtschaftlichen Gründen ein Schutz nicht realisiert werde. Er hoffe, dass, wenn die zugesagte Prüfung negativ ausfalle, dies den Betroffenen entsprechend erklärt und begründet werde.

 

Nach Abschluss der Diskussion fasste der Umweltausschuss einstimmig den folgenden Beschluss:

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Der Umweltausschuss fordert die Verwaltung auf, nochmals mit der Deutschen Bahn in Verhandlungen zu treten mit dem Ziel, für die Anwohner der Welkenrather Straße und Weststraße optimale Verbesserungen durch aktiven Lärmschutz und den Bau einer zweiseitigen Lärmschutzwand zu erreichen.

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Anlagen zur Vorlage