07.06.2006 - 9 Elternbeitragsverfahren - Satzung

Beschluss:
geändert beschlossen
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Beratung

(Hierzu war zur Sitzung eine Tischvorlage verteilt worden.)

 

Der Oberbürgermeister verweist auf die zur Sitzung verteilte Tischvorlage mit dem Empfehlungsbeschluss des Kinder- und Jugendausschusses.

 

Die Vorsitzende des Kinder- und Jugendausschusses, Ratsfrau Hostettler, verweist ebenfalls auf die gestrige, bei einigen Enthaltungen einstimmig getroffene Empfehlung, dem Land in dieser Sache nicht zu folgen und die Kosten nicht an die Eltern weiterzugeben.

 

Ratsherr Müller, Die Linke, zeigt sich erfreut über die hierzu unterbreitete neue Beschlussempfehlung und fühlt sich bestätigt in seinen früheren Darlegungen, dass nicht alle Beschlüsse von „oben“ auch entsprechend umgesetzt werden müssten. Diesem Beispiel sollten sich möglichst viele andere Städte anschließen.

 

Ratsherr Treude, WASG, begrüßt den Versuch der Fraktionen von SPD und Grünen im Rat, die von der Landesregierung von CDU und FDP beschlossenen Kürzungen nicht an die Eltern der Kindergartenkinder weiterzugeben. Dies sei sicherlich auch auf den großen Protest der Eltern zurückzuführen, die nicht nur in Aachen, sondern landesweit hiergegen mobilisiert hätten. Die in der Ratssitzung vom 15.06.2005 abgegebene politische Willenserklärung sollte weitergeführt und für den Kindergartenbereich eine weitere Sozialstaffelung beschlossen werden, so beispielsweise für Geschwisterkinder.

Er zitiert Beiträge aus der seinerzeitigen Sitzung des Rates der Stadt und gibt zu bedenken, dass es für einige Eltern eine massive Steigerung der Beiträge gebe. Er schlage daher vor und beantrage, den Punkt 1 im § 4 der Satzung – Beitragsregelung für die zweiten Kinder – zu streichen, damit zukunftsweisend einen wichtigen Schritt zu tun, um dann im nächsten Jahr eine wirklich soziale Staffelung zu beschließen. Im weiteren Verlauf der Diskussion unterstreicht er nochmals die Bedeutung seines Änderungsantrages auch für das kommende Jahr, kritisiert die Landesregierung und verweist darauf, dass Bildung eine gesellschaftliche Aufgabe sei und auch gesellschaftlich finanziert und organisiert werden müsse.

 

Für die Fraktion der SPD beziehen die Ratsmitglieder Künzer, Haase und Hostettler zu diesem Punkt ausführlich Stellung und begründen u.a. den im Ausschuss unterbreiteten veränderten Beschlussvorschlag näher. Zunächst wird an die PISA-Untersuchungen der UNO erinnert, auf die unterschiedlichen Einkommensverhältnisse der Familien hingewiesen und bedauert, dass es aufgrund politischer Beschlüsse unterschiedliche Kindergartenbeiträge in Gemeinden und Städten gebe. Auf das Elternbeitragsdefizit-Verfahren und die Erwirtschaftung der Elternbeiträge durch die Stadt wird näher eingegangen, bedauert, dass das Land sich aus diesem sozialen Ausgleich zurückziehe und damit die Schere zwischen Arm und Reich weiter auseinander gehe.

Unter Darlegung eines Beispieles wird das Verhalten und neue Verfahren der Landesregierung kritisiert und die Hoffnung ausgesprochen, dass durch weitere Diskussionen bei der Novellierung des GTK’s im nächsten Jahr diese Beschlüsse zurückgenommen und ersetzt würden. Befürchtet wird auch, dass Eltern ihre Kinder im Kindergarten abmelden und dies privat organisieren würden und auf weitere sich anschließende Probleme an den Schulen aufmerksam gemacht.

Rückblickend wird an die gute parteiübergreifende Kinder- und Jugendpolitik in Aachen erinnert, verschiedene Beispiele hierfür aufgezeigt und befürchtet, dass durch das jetzt entstehende Defizit in diesem Bereich von 1,7 Mio. € das gesetzte Ziel der 20/25 % Deckung für Kinder unter 3 Jahren nicht mehr erreicht werde.

Es wird als politischer Fehler der Landesregierung angesehen, dass das zentrale Ziel der Förderung von Kindern und Familien vernachlässigt werde zugunsten der Haushaltskonsolidierung. Die von der Verwaltung vorgeschlagene Erhöhung der Kindergartenbeiträge um 35 % werde so nicht mitgetragen und daher eine Satzung beschlossen, die diese Erhöhung nicht weitergebe. Auf die weiteren in der Satzung vorgesehenen Änderungen wird näher eingegangen und hervorgehoben, dass ein System erarbeitet wurde, welches sich untereinander ausgleiche und hierdurch keine Mehreinnahmen für den städtischen Haushalt zu erwarten seien. Auch werde die Einkommensgrenze, bis zu welcher kein Beitrag für den Kindergarten gezahlt werden müsse, von 12.000 € auf 16.000 € erhöht. Damit werde heute auch ein voraussichtliches Defizit für die Stadt beschlossen und man sei gespannt auf die Reaktion des Regierungspräsidenten hierzu. Bedauerlich sei, dass die neue Mehrheit im Land NRW sich von Aufgaben für Kinder entlaste, diese den Kommunen auferlege, dadurch die Strukturdefizite verstärkt würden und gerade in Gegenden mit hoher Arbeitslosigkeit im Jugendbereich nicht mehr ausgleichend mit Landesmitteln gearbeitet werden könne. Auch der unterbreitete Vorschlag zur Umschichtung sei nicht realistisch, da der Haushalt hierzu keine Spielräume biete. Kritisiert wird in diesem Zusammenhang die Erhöhung anderer Positionen im Haushalt des Landes und auch bezweifelt, ob eine andere Gebührenstaffel zweckmäßiger wäre mit Blick auf die Heterogenität in den Kindergärten.

Schließlich wird durch die Sprecher der SPD-Fraktion nochmals auf die gestrige Debatte im Ausschuss verwiesen, auf die Empfehlung zur Verabschiedung der Satzung mit den Beiträgen gemäß Tischvorlage und der Maßgabe, der Bildung einer Kommission bzw. eines runden Tisches zur Vorarbeit für die nächsten Jahre.

 

Der Vorsitzende der Fraktion, Ratsherr Einmahl, und Ratsherr Baal beziehen aus Sicht der CDU zu diesem Thema Stellung. Hierbei wird zunächst ausgeführt, dass durch die Änderung des § 17 im Gesetz über Tageseinrichtungen für Kinder die Vorgabe des Landes, die bisher zwingend war für die Erhebung von Elternbeiträgen, aufgehoben wurde, der örtliche Träger der Jugendhilfe eine soziale Staffelung der Elternbeiträge vorzusehen habe und für die Geschwisterkinder ermäßigte Beiträge vorgesehen werden könnten. Die Verantwortung liege jetzt bei den Kommunen, diese hätten die schwierige Aufgabe, gerechte Beiträge in einer Satzung festzulegen und hierzu habe man in Aachen bisher nichts Konkretes gehört. Die Übernahme der alten Beitragsstaffel vom Land werde als relativ fantasielos bezeichnet. Die bisherigen zum Teil nicht zufriedenstellenden Ergebnisse in der Grundschule aufgrund unseres Kindergartensystems zeigten, dass hier einiges verändert und verbessert werden müsse. Beispielhaft sei hier zu nennen die Sprachförderung im Alter von 4 Jahren; hier sollen Defizite durch Fördereinrichtungen beseitigt werden, um Probleme im ersten Grundschuljahr zu vermeiden. Für diese Förderung würden durch das Land jährlich 16 Mio. € bereitgestellt.

Näher wird sodann auf die Beitragsstaffel eingegangen und kritisiert, dass diese in Aachen bei 61.000,- € Jahresgehalt ende. Hier seien weitere Staffelungen z.B. bei 70.000,- €, 80.000,- €, 90.000,- € oder 100.000,- € denkbar und in die Überlegungen der Verwaltung einzubeziehen und eine durchgängig logische und gerechte Beitragsstaffel mit weiteren höheren Stufen zu erarbeiten.

Hierzu wären beispielsweise auch im Internet intelligente Staffelungen in anderen Kommunen mit aus seiner Sicht gerechteren Ansätzen nachzulesen. Aus den dargelegten Gründen werde die CDU-Fraktion der Vorlage daher nicht zustimmen.

Ferner wird bemängelt, dass noch nicht einmal die ursprünglichen DM-Betragsgrenzen – die auf Euro umgerechnet wurden – nun gerundet worden seien. Auf die vorherigen Redebeiträge der Mehrheitsfraktionen wird entgegnet und u.a. ausgeführt, dass das Land die Kommunen nicht zwinge, die Elternbeiträge zu erhöhen, sondern dies den Gremien in den Kommunen überlassen werde. Positiv werde vermerkt, dass die Offene Ganztagsschule und der Kindergarten nunmehr zusammen betrachtet würden. Die CDU-Fraktion sei bereit, an gemeinsamen vernünftigen Lösungen mitzuarbeiten, könne den hier unterbreiteten Vorschlag aber nicht mittragen.

Schließlich wird auf den gestern im Ausschuss unterbreiteten und einstimmig beschlossenen Antrag hingewiesen, wonach in weiteren Gesprächen nach gemeinsamen Lösungen gesucht werden sollte. Eingeräumt wird auch, dass bei anderen Beitragsstaffeln eine Prognose über die zu erwartenden Einnahmen schwierig sei und das Verhalten einzelner Eltern nicht vorhersehbar sei.

 

Seitens der Fraktion der Grünen greift Bürgermeisterin Scheidt die Diskussion im Fachausschuss am Vortag auf und bedauert, dass die CDU-Fraktion hierzu keine eigenen Vorschläge unterbreitet habe. Es wird dargelegt, dass zuvor viele Gespräche hierüber geführt wurden, die Verwaltung verschiedene Entwürfe vorgelegt habe und bemerkt, dass das entsprechende Landesgesetz erst am 17. Mai d.J. beschlossen wurde und in 2 Wochen die Kommune diese neue Satzung erarbeiten musste. Gegenüber dem Land NRW wird kritisch angemerkt, dass nicht rechtzeitig notwendige Beschlüsse gefasst wurden, dies für die Zukunft gefordert wird, damit die Kommunen rechtzeitig in die Lage versetzt würden, für die Eltern Planungssicherheit zu schaffen. Diese Planungssicherheit für die Eltern werde nunmehr durch die Satzung zumindest für ein Jahr gegeben. Eingeräumt wird, dass diese Lösung Ecken und Kanten habe, alle Beteiligten aber aufgefordert seien, in einer Arbeitsgruppe mitzuarbeiten und gemeinsam Lösungen zu erarbeiten. Die gestern vom Kinder- und Jugendausschuss bei nur 4 Enthaltungen mehrheitlich empfohlene Lösung sei zumindest für ein Jahr eine gute Lösung. Das Risiko der Beanstandung durch den Regierungspräsidenten werde in Kauf genommen zugunsten der Eltern und zum Erhalt der Familienfreundlichkeit in der Stadt Aachen.

 

Für die Fraktion der FDP führt Ratsfrau Moselage aus, dass sich niemand diese Situation gewünscht habe und die Mitglieder des Landtages hiermit sicherlich hehre Motive verfolgen würden. Die neue Landesregierung habe Förderschwerpunkte gesetzt und dargelegt, dass die Haushaltskonsolidierung im Vordergrund stehen müsse. Daher sollte hier keine Wahlkampfschlacht geführt und darauf geachtet werden, dass die Eltern nicht über Gebühr belastet würden. Auf die Beratungen im Fachausschuss wird hingewiesen und verdeutlicht, dass es Konsens gewesen sei, mittel- bzw. langfristig eine Beitragsfreiheit für Kindergärten zu erreichen. Nicht zu akzeptieren sei allerdings, auch mit Blick auf nachfolgende Generationen, dass der Haushalt mit weiteren 1,7 Mio. € belastet werde, ohne einen Deckungsvorschlag zu unterbreiten.

Wünschenswert wäre gewesen, im Vorfeld gemeinsam neue Beiträge zu errechnen; dies sei aber nicht der Fall gewesen und daher hoffe man auf neue Beratungen im nächsten Jahr. Die FDP-Fraktion sei nicht für eine Erhöhung der Beiträge, sei aber gegen den von den Mehrheitsfraktionen eingeschlagenen Weg und plädiere für eine Umschichtung im Haushalt.

 

Ratsherr Schnitzler – UWG – legt dar, dass er die Argumente der Befürworter teile und die von den Mehrheitsfraktionen von SPD und Grünen erarbeiteten Vorschläge unterstützen werde. Dem Antrag von Ratsherrn Treude sollte gefolgt werden; sollte dies nicht der Fall sein, werde er sich bei der Abstimmung über den guten Satzungsentwurf der Stimme enthalten.

 

Verwaltungsseitig hatte im Verlauf der Diskussion Stadtdirektor Rombey den Vorwurf zurückgewiesen, die Verwaltung hätte in diesem Verfahren keine Fantasie gezeigt bzw. unzureichende Vorlagen erstellt. Dargelegt wird, dass die Verwaltung in der Kürze der Zeit die finanziellen Auswirkungen weiterer Beitragsstaffelungen nicht ermitteln konnte, recht kurzfristig mit dieser Änderung der Kindergartenfinanzierung konfrontiert wurde und kritisch angemerkt, dass das Gesetz zudem unterschiedliche Fristen enthalte. Daher konnte die Verwaltung s.E. nur die bestehenden Regelungen übernehmen und nicht kurzfristig andere Beiträge vorschlagen, deren Auswirkungen nicht zu überschauen wären.

Erwähnt wird, dass alleine für die Zeit vom 1.7. bis 1.8. 140.000,- € fehlten und durch diesen Beschluss zusätzlich 1,7 Mio. € eingespart werden müssten. Hierzu wird auf Gespräche mit dem Innenministerium und dem Regierungspräsidenten verwiesen und verdeutlicht, dass diese 1,7 Mio. € auf den Korridor von 34,4 Mio. € anzurechnen seien und daher an anderer Stelle eingespart werden müssten.

 

Nach Beendigung der Aussprache verweist der Oberbürgermeister auf die veränderte Beschlussempfehlung des Kinder- und Jugendausschusses, die als Tischvorlage unterbreitet wurde. Diese Empfehlung sehe er als weitergehenden Antrag an, über den er anschließend abstimmen lassen werde. Finde dieser die Mehrheit, so sei der Antrag von Ratsherrn Treude – den er als Aliud werte – immanent erledigt.

 

Wunschgemäß lässt er sodann getrennt über die einzelnen Empfehlungen des Kinder- und Jugendausschusses abstimmen.

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Beschluss:

 

1.)        Dem Beschlussentwurf der Verwaltung wird nicht zugestimmt.

            - Einstimmig beschlossen.

 

2.)        Dem Antrag von SPD und Grünen (Anlage 1 der Original-Niederschrift) wird bei 22

            Gegenstimmen und 3 Stimmenthaltungen mehrheitlich zugestimmt.

 

3.)        Dem Antrag der CDU- und FDP-Fraktion (Anlage 2 der Original-Niederschrift) wird

            zugestimmt.

            - Einstimmig beschlossen.

 

Eine Abstimmung über den Antrag von Ratsherrn Treude hatte sich durch die Beschlussfassung zu Ziffer 2 erledigt.

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