20.05.2015 - 11 Satzung über die Erhebung von Elternbeiträgen i...
Grunddaten
- TOP:
- Ö 11
- Gremium:
- Rat der Stadt Aachen
- Datum:
- Mi., 20.05.2015
- Status:
- gemischt (Sitzung abgeschlossen)
- Uhrzeit:
- 17:00
- Anlass:
- Öffentliche/Nichtöffentliche Sitzung
- Beratung:
- öffentlich
- Vorlageart:
- Entscheidungsvorlage
- Federführend:
- FB 45 - Fachbereich Kinder, Jugend und Schule
- Beschluss:
- ungeändert beschlossen
Beratung
Ratsherr Paul, Fraktion Die Grüne, verweist auf den vorletzten Punkt auf Seite 29 der Vorlage, nach dem ein Kind im Alter von zwei bis drei Jahren ab dem nächsten Kita-Jahr so veranschlagt werde wie ein Kinder unter 2 Jahren und damit ein Jahr länger in der höheren Beitragsklasse verbleibe. Bei einem positiven Einkommen von 40.000 Euro, d.h. bei der untersten Einkommensstufe, und einer 45-Stunden-Betreuung bedeute dies eine Steigerung von 83 Euro auf 149 Euro. Dies entspreche einer Erhöhung um knapp 80 %. In der nächsten Einkommensstufe betrage der Unterschied 70 % zwischen den Dreijährigen und den unter Dreijährigen, danach 54 %, 32 %, 16 %, 14 %, und 12 %. Je höher das Einkommen also sei, desto geringer sei der Unterschied. Dies sei eine offene Botschaft gegen eine familienfreundliche Politik. Entsprechend werde die Fraktion Die Grüne gegen den Beschlussvorschlag stimmen.
Ratsherr Deumens erklärt als Vorsitzender der Fraktion Die Linke, dass diese den Beschlussvorschlag ebenfalls ablehnen werde. Bei der vorliegenden Beitragserhöhung würden die mittleren Einkommen überdurchschnittlich hoch belastet werden. Auf der anderen Seite gebe es aber keine Qualitätsverbesserung für die Kitas. Die Räumlichkeiten und das Mobiliar würden nicht verbessert, teilweise ziehe man die Eltern für die Beschaffung von Lernmaterial heran. Dies sei eben in der Bürgerfragestunde eingehend geschildert worden. Im Übrigen schließe er sich der Argumentation seines Vorredners an. Aus diesen Gründen lehne die Linke-Fraktion den Beschlussvorschlag und damit auch die Erhöhung der Elternbeiträge ab. Das Gleiche gelte auch für die nachfolgenden Tagesordnungspunkte.
Ratsherr Tillmanns, CDU-Fraktion, betont, dass die vorliegende Gebührenerhöhung wohl von niemandem hier leichtfertig beschlossen werde. Dennoch sei an dieser Stelle zu sagen, dass man seit der letzten Anpassung im Jahr 2008 die U3-Betreuung intensiv ausgebaut habe und mehrere Tarifrunden, die eine starke Belastung für den städtischen Haushalt darstellen, bei der Gebührenberechnung unbeachtet gelassen habe. Es sei richtig, dass Kinder im Alter von zwei bis drei Jahren durch diese Satzung ein Jahr länger in der höheren Beitragsklasse verbleiben, hier knüpfe man jedoch nur an die Regelungen anderer Kommunen sowie an die des Landes selbst an. Nichtsdestotrotz entlaste man Familien unterer Einkommensstufen und schaffe es, dass 56% aller Eltern keinen Beitrag mehr leisten müssen.
Was die Vereinbarkeit von Familie und Beruf angehe, sei anzumerken, dass die Stadt nun auch in das Modell der Randzeitenbetreuung einsteige, wodurch Familien massiv entlastet werden.
Ratsherr Başkaya, Piraten-Fraktion, schließt sich den Redebeiträgen der Ratsherren Paul und Deumens an. Die Piraten-Fraktion empfinde die Erhöhung als familienunfreundlich und werde deswegen nicht zustimmen. Er habe bereits im Kinder- und Jugendausschuss als beratendes, aber nicht stimmberechtigtes Mitglied an die stimmberechtigten Mitglieder appelliert, gegen den Beschlussvorschlag zu stimmen und wiederhole hier diesen Appell gerne an die Mitglieder der Mehrheitsfraktionen.
Ratsfrau Stille, SPD-Fraktion, merkt an, dass die Gebühren trotz einer Erhöhung noch immer weit unter denen privater Kitas liegen, so dass auch weiterhin eine soziale Durchmischung der Kitas erhalten bleibe. Es sei nicht nur so, dass durch die neue Satzung 56 % der Eltern beitragsfrei gestellt würden, für viele Rechenbeispiele ergebe sich sogar eine deutliche Senkung der Kosten. Eine Familie mit einem Jahreseinkommen von 51.000 Euro und einem Kind mit einem Alter von drei Jahren, welches 35 Stunden betreut werde, zahle z.B. 39 % weniger als zuvor. Wenngleich die Gebühren erhöht würden, versuche man stetig, im Betreuungsbereich die Entwicklung voran zu treiben und nutze die höheren Gebühren z.B. zur Finanzierung der Randzeitenbetreuung. Wenngleich die jetzige Erhöhung unumgänglich sei, sei langfristiges Ziel nach wie vor die komplette Beitragsfreiheit.
Ratsfrau Moselage erklärt stellvertretend für die FDP-Fraktion, dass auch sie gegen den Beschlussvorschlag stimmen werde. Es handele sich hierbei um eine rein politische Entscheidung mit einem deutlichen Signal an die Eltern.
Ratsherr Baal, Vorsitzender der CDU-Fraktion, empfindet es als nicht nachvollziehbar, dass für eine hochwertige Betreuungsleistung kein entsprechendes Entgelt verlangt werden solle. Bei einem Jahreseinkommen von 120.000 Euro zahle man pro Betreuungsstunde gerade einmal 2,50 Euro. Dies könne keinesfalls als unsozial erachtet werden. Sicherlich sei es wünschenswert, statt der 56 % eher 100 % aller Eltern beitragsfrei zu stellen, aber nichtsdestotrotz müsse man sich auch jetzt nicht für diese Gebührenerhöhung schämen. Mit der in den Kitas erbrachten Leistung könne man diese durchaus rechtfertigen.
Ratsherr Servos, Vorsitzender der SPD-Fraktion, legt dar, dass die Altersgrenze zuvor falsch gezogen worden sei. Der Betreuungsaufwand bei Kindern bis einschließlich zwei Jahren sei nun einmal wesentlich höher als bei älteren Kindern. Dass die Gebührenerhöhung unbequem sei, liege auf der Hand, bilde aber die tatsächliche Leistung ab. Dabei ziehe sich die Steigerung, wie bereits mehrfach ausgeführt, nicht gleichermaßen durch alle Beitragsklassen und werde zudem in neue Modelle, wie die Randzeitenbetreuung, investiert und decke die hierfür sowie die für den U3-Ausbau entstehenden Kosten ab. Insgesamt handele es sich um eine sehr haushaltsnahe und sozial ausgewogene Lösung, die die SPD-Fraktion mit voller Überzeugung mittrage.
Ratsherr Paul, Fraktion Die Grüne, betont, dass es sich hier um eine rein politische Entscheidung gegen Familienfreundlichkeit handele. Man dürfe nicht vergessen, dass die Kinderbetreuung auch ein wichtiges Element sei, Fachkräfte in der Stadt zu halten. Gerichtet an die Mitglieder der SPD-Fraktion wolle er an die Ausführungen des ehemaligen Ratsherrn Künzer in der vergangenen Wahlperiode erinnern, der sich intensiv für die Beitragsfreiheit eingesetzt habe. Die damalige Anhebung des Freibetrages sei unter der Maßgabe beschlossen worden, dass man bei der nächsten Diskussion die Gebühren zu senken versuche. Nun aber hebe man sie erheblich. Hierbei spiele die Gehaltsklasse keine Rolle, ein falsches Zeichen setze man gleichermaßen bei allen Familien.
Ratsfrau Griepentrog, Sprecherin der Fraktion Die Grüne, führt aus, dass mit der Gebührenerhöhung auch die Glaubwürdigkeit der Politik Schaden nehme. Habe man sich vor einigen Jahren noch dafür stark gemacht, möglichst alle Jahre beitragsfrei stellen zu können, spreche man heute bei einer 5%igen Steigerung von durchaus bezahlbaren Gebühren. Der springende Punkt sei demnach die Umkehrung der Systematik und die Ungleichbewertung der einzelnen Gehaltsstufen. Dies mache die Politik absolut unglaubwürdig.
Ratsherr Başkaya, Piraten-Fraktion, stellt in Frage, ob man von sozialer Gerechtigkeit sprechen könne, wenn 56 % der Eltern beitragsfrei gestellt würden, während 44 % der Eltern dies durch höhere Gebühren abzufangen hätten. Bezug nehmend auf die Schilderungen der Fragestellerin in der Bürgerfragstunde sei doch offensichtlich, dass man mit der Gebührenerhöhung anscheinend den Wiedereinstieg in den Beruf erheblich erschwere, wenn 2/3 eines Gehaltes komplett in die Kinderbetreuungsgebühren fließen.
Der Oberbürgermeister führt abschließend aus, dass die Verwaltung von mehreren Fraktionen darum gebeten worden sei, eine Lösung angesichts der derzeitigen Streiksituation und der damit verbundenen Nichterbringung der Betreuungsleistung zu finden. Diese habe man für die heutige Sitzung nicht mehr erarbeiten können, werde aber für die kommende Sitzung eine entsprechende Vorlage vorbereiten.
Beschluss:
Der Rat der Stadt beschließt bei 23 Gegenstimmen und einer Enthaltung mehrheitlich die Satzung über die Erhebung von Elternbeiträgen im Rahmen der Inanspruchnahme von Kindertageseinrichtungen im Sinne des Gesetzes zur frühen Bildung und Förderung von Kindern (Kinderbildungsgesetz – KiBiz), zuletzt geändert durch den 4. Nachtrag vom 03.07.2013 in der vorgelegten neuen Fassung.
Anlagen zur Vorlage
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