07.09.2005 - 16 Neuorganisation des KanalnetzbetriebesÜbertragu...

Beschluss:
ungeändert beschlossen
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Beratung

 

Der Vorsitzende der Fraktion der CDU, Ratsherr Einmahl, verweist auf den eingangs der Sitzung gestellten Vertagungsantrag und legt dar, dass seine Fraktion sich außerstande sehe, heute endgültig hierüber zu beschließen. Er verweist diesbezüglich auf die noch vorzulegenden umfangreichen Verträge und die fehlende Wirtschaftlichkeitsdarstellung und sieht die Gefahr, dass die Stadt sich unter Wert verkaufen würde. Er erläutert, dass die Verwaltung die Beschlüsse des Rates vorzubereiten habe und kritisiert, dass hierzu heute die umfassende Grundlage fehle. Auch sei zu bemängeln, dass die Abstimmung mit der Bezirksregierung noch nicht erfolgte, die erwarteten finanziellen Vorteile noch nicht dargelegt wurden und eine Entscheidung der Bezirksregierung hierzu noch abgewartet werden müsse. Die CDU-Fraktion sei bereit, sachlich und fair über dieses Thema zu diskutieren, ggf. der Neuorganisation des Kanalnetzbetriebes auch zuzustimmen, allerdings nur auf einer umfassenden vernünftigen Grundlage. Da diese heute dem Rat der Stadt nicht vorliege, könne seine Fraktion den Beschlussvorschlag nicht mittragen.

 

Der Oberbürgermeister verweist auf die Darlegung der wirtschaftlichen Grundlagen in der heutigen Sitzung des Personal- und Verwaltungsausschusses und bittet die Beteiligungsverwaltung, diese Informationen allen Ratsmitgliedern zu vermitteln.

 

Herr Emmerich geht verwaltungsseitig auf die Wirtschaftlichkeit der geplanten Übertragung des Kanalnetzbetriebes auf die STAWAG ein und verdeutlicht zunächst, dass diese den Ratsgremien bereits im Juni letzten Jahres vorgelegt worden sei und sich inhaltlich lediglich in zwei Punkten etwas geändert habe. Zum einen möchte die STAWAG für den Kanalnetzbetrieb jetzt eine 100%ige Tochter als Gesellschaft gründen, zum anderen die Investitionen nunmehr selbst finanzieren, durchführen und abschreiben. Die im letzten Jahr ermittelten Synergien würden weiterhin unverändert unterstellt, sogar mit höherer Eintrittswahrscheinlichkeit, was die Investition von jährlich ca. 10 Mio € betrifft. Ferner würde durch die GmbH inzwischen auch eine höhere Gebührensicherheit erreicht. Hierzu verweist er auf ein Urteil des OVG Münster vom Dezember 2004. Er erläutert die modellbedingten finanziellen Folgen, insbesondere die zur Vermeidung finanzieller Nachteile notwendige Steueroptimierung, die Einredeverzichtserklärung seitens der Stadt gegenüber der STAWAG und weist auf noch notwendige Abklärungen mit der Bezirksregierung hin. Schließlich betont er, dass die grundsätzliche Wirtschaftlichkeit positiv sei, die genaue Höhe derzeit ermittelt werde und in Kürze eine mit der STAWAG abgestimmte Version vorliegen werde.

 

Der Vorsitzende der Fraktion der SPD, Ratsherr Höfken, greift in seinen Ausführungen zunächst Aussagen von Ratsherrn Einmahl zum Verkaufswert auf, kritisiert die zögerliche Haltung der CDU-Fraktion in dieser Frage und erinnert daran, dass der Aufsichtsrat der STAWAG einstimmig beschlossen habe, diese Abwassergesellschaft zu gründen. Der Aufsichtsrat habe sogar einvernehmlich den Oberbürgermeister gebeten, aus der zunächst beabsichtigten Kenntnisnahme dieser Vorlage eine Beschlussvorlage mit konkretem Beschlussentwurf zur Beratung im Personal- und Verwaltungsausschuss und Entscheidung im Rat der Stadt zu unterbreiten. Sodann spricht er das Verfahren zur Übertragung der Kanäle – welches vor zwei Jahren auf Antrag der CDU-Fraktion begonnen wurde – an, verweist auf die seit geraumer Zeit vorliegende Wirtschaftlichkeitsberechnung, die eingeholten verschiedenen Gutachten und vorgenommenen Berechnungen und verdeutlicht, dass sich in der Zwischenzeit lediglich die Notwendigkeit ergeben habe, dass die Mitarbeiter der Stadt nicht direkt in die STAWAG, sondern in eine noch zu gründende Abwasser-GmbH überführt werden müssten. Auf die Gründe hierfür geht er ebenfalls kurz ein und erläutert, dass diese GmbH eine 100%ige Tochter der STAWAG werde und das Ganze eine betriebliche Einheit darstelle. Im Ergebnis dieser Übertragung werde erreicht, dass der städtische Haushalt eine jährlich deutlichere Verbesserung erfahre und die Mitarbeiter auf Dauer einen gesicherten Arbeitsplatz behielten. Auf Begehrlichkeiten von dritter Seite zum Erwerb des städtischen Kanalnetzes und mögliche Auswirkungen auf die Gebühren geht er kurz ein, verdeutlicht dann nochmals die Vorteile bei einer Übertragung des Kanalnetzbetriebes an die STAWAG und drängt darauf, endlich zum 1. November dieses Jahres nach entsprechender endgültiger Beschlussfassung im Rat am 19.10.2005 die Übertragung vorzunehmen.

 

Ratsherr Treude – GGSO – begrüßt den Protest von Zuschauern zu diesem Thema und spricht sich prinzipiell gegen die Übertragung des städtischen Kanalnetzes aus. Er sehe hierin eine weitere Vorbereitung von Privatisierungen, da Betriebe zunächst ausgegliedert und später an private Unternehmen verkauft würden. Ferner befürchtet er Verschlechterungen für die betroffenen Mitarbeiter und deren Familien, spricht das vom Gesamtpersonalrat in Auftrag gegebene Gutachten an und sieht eine weitere erhebliche Verschlechterung für die Bediensteten in dem neuen Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst. Sodann geht er auf diesbezügliche Auswirkungen für den städtischen Haushalt ein, spricht sich beispielsweise gegen die Bereitstellung von Mitteln für das Bauhaus Europa aus und verdeutlicht, dass er diesen Beschlussvorschlag nicht mittragen werde.

 

Der Oberbürgermeister entgegnet auf die Aussagen des Vorredners, verweist auf die geführten Verhandlungen mit der STAWAG und legt dar, dass jeder betroffene Beschäftigte seinen Besitzstand wahren werde, es einen Überleitungsvertrag geben werde und hierin geregelt sei, dass jeder Einzelne mindestens einen 10jährigen Schutz von betriebsbedingten Kündigungen habe. Einzelne individuelle Klärungen hierzu erfolgten noch. Jedenfalls behielten die Arbeitnehmer die bisherigen Sicherheiten; dies werde Gegenstand der mit der STAWAG auszuhandelnden Verträge sein.

Schließlich spricht auch er die seinerzeit vorliegenden Angebote zur Privatisierung an, verweist auf die umfangreichen Informationen in der Betriebsversammlung für diesen Bereich und legt dar, dass man aufgrund der vorhandenen Schuldensituation konzernintern zu besseren Liquiditäten gelangen müsse.

 

Ratsherr Pabst teilt mit, dass die FDP-Fraktion dem unterbreiteten Beschlussentwurf zustimmen werde; gleichwohl seien hier vorgetragene kritische Anmerkungen nachvollziehbar. Er erinnert an den seinerzeit gefassten Beschluss, der die Verwaltung beauftragt habe, diesbezügliche Verhandlungen zu führen, sieht die Beschlussfassung heute konkreter und verweist auf die anstehende Entscheidung in der nächsten Ratssitzung. In dieser sollten sämtliche Unterlagen und Verträge, die Wirtschaftlichkeitsberechnung und Details vorgelegt werden, auch diejenigen, die bereits im letzten Jahr unterbreitet wurden, aber nicht allen neuen Ratsmitgliedern bekannt seien. Die Entscheidung sei sicherlich nicht einfach, müsse aber nach Vorlage sämtlicher Unterlagen und entsprechender Diskussion sodann erfolgen.

 

Ratsherr Müller – Die Linke – spricht in seinem Beitrag zunächst die seinerzeit unterbreitete Wirtschaftlichkeitsberechnung an, verweist sodann auf den Ratsbeschluss für ein solidarisches Aachen – welcher Privatisierungen ausdrücklich ablehne – und führt aus, dass er sich aufgrund der sich hierdurch ergebenden sinnvollen Ersparnis von ca. 1 Mio € diesem Beschluss nicht verschließen könne. Diese hier eingesparte Summe könne an anderer Stelle sinnvoll eingesetzt werden, Bedingung sei allerdings, dass die Beschäftigten nicht benachteiligt würden. Sodann spricht er die zu einem früheren Zeitpunkt bereits ausgehandelte Übergangsregelung für die Beschäftigten an und erbittet Erläuterungen dazu, ob diese aufgrund der neuen Situation noch ausverhandelt werden müsse? Auch bittet er um Überlassung der angesprochenen Urteile und Gutachten, die vor einer endgültigen Beschlussfassung vorgelegt werden sollten und fragt nach, welche konkreten Änderungen auf die Beschäftigten zukommen würden aufgrund der nunmehr vorgesehenen Bildung einer Tochtergesellschaft.

 

Beigeordneter Lindgens bezieht zu den aufgeworfenen Fragen Stellung und erläutert zunächst, dass der Entwurf eines Überleitungsvertrages zur Überleitung in die STAWAG ausgearbeitet, der Mitarbeiterschaft und dem Personalrat gegeben wurde mit dem Ziel, hierzu Anmerkungen und Vorschläge zu unterbreiten. Aufgrund einer aktuellen Satzungsänderung bei der Rheinischen Zusatzversorgungskasse – RZVK - habe sich ergeben, dass bei Überleitung von Betriebsteilen eine Abstandszahlung eingefordert werde. Daraufhin wurde nach alternativen Lösungen gesucht und die Gründung einer GmbH vorgeschlagen. Dies habe den Vorteil, dass alle Beschäftigten in der neuen GmbH nach den Regeln des TVÖD behandelt würden, sich dadurch keine Nachteile irgendwelcher Art ergeben würden und sie weiterhin in der Rheinischen Zusatzversorgungskasse verbleiben würden. In dem neuen Überleitungsvertrag mit der STAWAG werde ausgehandelt, dass es keine Verschlechterungen hinsichtlich der Gestaltung der Arbeitsverhältnisse geben werde. Zu weiteren Fragen von Ratsherrn Müller bezieht Herr Lindgens Stellung, sieht die Überleitung nach dem neuen Vertrag als einfacher und weniger risikobehaftet an und sagt zu, die beiden vorliegenden Gutachten noch einer rechtlichen Würdigung unterziehen zu lassen.

 

Ratsherr Schaffrath – ABL – hält in seinen Ausführungen zunächst einen Rückblick auf die früheren Angebote von dritter Seite, die einvernehmlich abgelehnt wurden, macht deutlich, dass eine Neuorganisation erfolgen musste und geht dann näher auf die heute erfolgten Darlegungen von Herrn Emmerich zur Wirtschaftlichkeit ein. Kritisiert wird von ihm, dass diese detaillierten Informationen dem Rat der Stadt nicht vorher schriftlich zur Verfügung gestellt wurden und eine Beurteilung so nicht möglich sei. Zudem gehörten die meisten Ratsmitglieder nicht dem Aufsichtsrat der STAWAG an und daher würden sie nicht über diese umfangreichen Informationen verfügen. Auch bei den betroffenen Mitarbeitern erkenne er ein deutliches Informationsdefizit und empfiehlt der Verwaltung, mit dem betroffenen Personenkreis weitere Gespräche zu führen.

 

Seitens der Fraktion der Grünen spricht Ratsherr Schabram die hierzu teilnehmenden Besucher der Ratssitzung und die mitgeführten Transparente an und verdeutlicht, dass hier kein Ausverkauf erfolge, sondern eine sinnvolle Betriebsübergabe an eine 100%ige Tochter der Stadt. Voraussetzung für den Übergang sei auch, dass die Gebühren stabil bleiben müssen und dies nicht zu Lasten der Gebührenzahler gehen werde. Schließlich sei auch die schlechte Haushaltssituation der Stadt Aachen bekannt und es daher sinnvoll, einen Teilbetrieb in eine städtische Gesellschaft zu übertragen und dadurch einen Synergieeffekt zu erzielen, der bei jährlich ca. 1 bis 1,3 Mio € liegen werde. Unverständnis zeigt er für den von der CDU-Fraktion eingeschlagenen Zick-Zack-Kurs bei den Entscheidungen, hier sei bedauerlicherweise keine klare Linie zu erkennen. Die Sicherheit für die von der Überleitung betroffenen Beschäftigten hebt er hervor, merkt allerdings auch an, dass die finanzielle Seite noch günstiger gewesen sei bei einem Übergang vor 1 Jahr.

Die Grüne Fraktion sehe in der Überleitung für die Bürger, den Haushalt und die Beschäftigten eine vernünftige Lösung, sie werde dem Beschlussvorschlag heute folgen und den Übergang endgültig in der Ratssitzung am 19. Oktober d.J. beschließen.

 

Durch den Oberbürgermeister wird sodann dargelegt, dass ein direkter Übergang in die STAWAG sowohl die gehaltliche als auch die tarifliche Situation der Mitarbeiter verbessert hätte und es daher nachvollziehbar sei, dass auch mit Hilfe des Personalrates über einen Rechtsanwalt versucht werde, direkt in die STAWAG zu wechseln;  was auch vor etwa 11/2 Jahren noch möglich gewesen sei. Auf die Rechtsänderung bei der RZVK und die damit einhergehende Abstandszahlung – die im Falle eines Wechsels in die STAWAG fällig werde – und den sodann finanziell nicht mehr interessanten Übergang geht er ferner ein und verdeutlicht, dass jeder Beschäftigte dieselben Rechte behalte einschließlich RZVK. Die Beschäftigten würden sich nicht dafür aussprechen, bei der Stadt zu bleiben, sie möchten zu besseren Bedingungen in die STAWAG wechseln; in diesem Punkt würden sie auch vom Personalrat unterstützt. Dass dies aufgrund von erfolgten Rechtsänderungen so nicht möglich sei, werde bedauert, andererseits müsse darauf hingewiesen werden, dass jeder seinen Arbeitsplatz behalte und dies sei gerade in der heutigen Zeit besonders wichtig.

 

Durch die Ratsmitglieder Baal und Einmahl werden seitens der CDU-Fraktion nochmals ihre Bedenken bezüglich der heutigen Beschlussfassung unterstrichen und dargelegt, dass man sich heute der Stimme enthalten werde, allerdings bei Vorlage sämtlicher Unterlagen einschließlich der Wirtschaftlichkeitsberechnung in der Ratssitzung am 19.10.2005 voraussichtlich eine große Mehrheit dem Übergang zustimmen werde. Selbstverständlich dürfe die Übertragung auch nicht zu Gebührenerhöhungen führen und der wirtschaftliche Vorteil für die Stadt müsse dargestellt werden.

 

Ratsherr Müller beantragt schließlich, den Beschlussentwurf dahingehend zu ergänzen, dass auch die Möglichkeit einer Übertragung der Betriebsführung auf die STAWAG selbst erneut geprüft werden soll.

 

Durch den Oberbürgermeister wird hierzu Stellung bezogen, auf die Gutachten kurz eingegangen, die rechtliche Situation beleuchtet und zugesagt, die vorliegenden Gutachten rechtlich zu würdigen. Schließlich führt er nach Beendigung der Aussprache aus, dass gemäß Satz 1 des Beschlussentwurfes heute ein Grundsatzbeschluss gefasst werde. Danach sei es Angelegenheit der STAWAG, die entsprechenden Hausaufgaben zu erfüllen, so u.a. das Anzeigeverfahren beim Regierungspräsidenten. Die Stadt müsse das Vertragswerk mit der STAWAG weiter ausarbeiten, unterschriftsreif vorlegen und sie müsse mit dem Personalrat in das Mitbestimmungsverfahren eintreten.

Da weitere Wortmeldungen nicht erfolgen, lässt er über den verwaltungsseitig unterbreiteten Beschlussvorschlag abstimmen.

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Beschluss:

Der Rat der Stadt beschließt bei 1 Gegenstimme und 21 Stimmenthaltungen mit Stimmenmehrheit die Betriebsführung des städtischen Kanalnetzes auf die STAWAG  schnellstmöglich zu übertragen. Dies erfolgt vorbehaltlich eines positiven Anzeigeverfahrens und eines entsprechenden Beschlusses der Hauptversammlung der STAWAG zur Eintragung eines Beherrschungsvertrages mit der noch zu gründenden Abwasser-GmbH.

Das Mitbestimmungsverfahren nach dem LPVG-NW wird eingeleitet. Der Zeitpunkt der Fertigstellung des Überleitungsvertrages ist abhängig vom Abschluss des Mitbestimmungsverfahrens.

Unter dieser Voraussetzung wird das Vertragswerk, bestehend aus dem Betriebsführungsvertrag, dem Personalüberleitungsvertrag und dem Gesellschaftsvertrag der Abwasser-GmbH, dem PVA und Rat zusammen mit einer Wirtschaftlichkeitsdarstellung am 19.10.2005 vorgelegt.

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