26.10.2005 - 5 Neustrukturierung der Bezirksämter
Grunddaten
- TOP:
- Ö 5
- Datum:
- Mi., 26.10.2005
- Status:
- gemischt (Sitzung abgeschlossen)
- Uhrzeit:
- 17:00
- Anlass:
- Öffentliche Sitzung
- Beratung:
- öffentlich
- Vorlageart:
- Entscheidungsvorlage
- Federführend:
- Dezernat V
- Beschluss:
- geändert beschlossen
Beratung
Insbesondere für die im Sitzungssaal anwesenden Bürgerinnen und Bürger gibt Herr Lindgens zunächst einen Überblick über die seit der kommunalen Neugliederung im Jahre 1972 aus den ehemals selbständigen Gemeinden gebildeten Stadtbezirke. Die damals vertragliche Regelung, die Gesamtstadt als gegliederte Großstadt zu bilden, fand in späteren Jahren seinen Niederschlag in der Gemeindeordnung des Landes.
Im Hinblick auf das beabsichtigte Vorhaben, die Standesamtsleistungen zu zentralisieren, zeigt Herr Lindgens die Vor- und Nachteile hierzu auf. Da bei einer Zentralisierung der bezirklichen Standesämter jedoch keine gravierenden Nachteile für den Bürger entstehen und bei Umsetzung dieser Maßnahme mit Einsparungen von ca. 184.000 Euro gerechnet werden kann, bittet er die Bezirksvertretung, der Verwaltungsvorlage zuzustimmen. Ergänzend fügt er hinzu, aufgrund der defizitären Haushaltslage der Stadt sind Einsparungen notwendig und Personalnot gibt es nicht nur in den Bezirksämtern, sondern in der gesamten Verwaltung.
Die CDU-BF befürchtet, die Zentralisierung der Standesamtsaufgaben könnte der Anfang vom Ende der Bezirksämter sein und übt Kritik. Es wurde nicht erwähnt, dass die Versicherungsangelegenheiten mit Beginn des Jahres 2004 und die Regiekolonnen bereits vor einigen Jahren zentralisiert wurden. Im Rahmen der kommunalen Neugliederung wurden die Bezirke damals im Sinne der Bürgernähe gebildet. Je mehr Zuständigkeiten abgebaut werden, desto mehr Identität der Bürger zu ihrem Bezirksamt geht verloren. Die Standesämter sind eine Nahtstelle zwischen Bürger und Staat und damit eine grundlegende Aufgabe der Stadtbezirke. Die CDU-BF wird daher der Verwaltungsvorlage nicht zustimmen.
Frau Wilms führt hierzu aus, nicht jeder Bitte kann entsprochen werden, wenn es um praktizierte Bürgernähe geht und sich die Bürger mit ihrem Stadtbezirk und dem Bezirksamt identifizieren. Es ist ökologisch und zeitlich bedenklich, wenn die Bürger nach Aachen fahren müssen, um eine Leistung der Verwaltung in Anspruch zu nehmen. Es kann nicht sein, in Aachen einen Bürgerservice zu schaffen, um dort die Leistungen zu verbessern, und in den Stadtbezirken wird der Service allmählich abgeschafft. Das Standesamt Aachen ist immer sehr überlaufen, sodass dort mit längeren Wartezeiten gerechnet werden muss. Die Standesbeamten in den Bezirken haben zusätzlich auch andere Tätigkeiten zu erfüllen und warten nicht nur auf den nächsten Personenstandsfall. Frau Wilms verdeutlicht, dass der Unmut der Bürger immer größer wird. An den Bezirksämtern soll einerseits gespart werden, um andererseits auf Drängen der Verwaltungsspitze eine hoch bezahlte Stelle für das Bauhaus Europa zu ermöglichen. Hier wird ein falsches Signal für die Bürger gesetzt und sie lehnt es persönlich ab, die Bürgernähe auf diese Weise zu beschneiden.
Herr Gosten begrüßt den Vortrag von Frau Wilms und ist der Auffassung, dass Verwaltungsreformen notwendig sind, um in der heutigen Zeit Einsparungen zu erzielen. Die Verwaltungskonferenz hat noch nicht alles geprüft was möglich ist. Es muss auch die Möglichkeit der Zusammenlegung von Stadtbezirken überprüft werden. Im vorliegenden Fall wird nur eine kleine Ersparnis auf Kosten der Bürgernähe erzielt. Die Bürgernähe muss erhalten bleiben. Er wird der Verwaltungsvorlage, die Standesamtsleistungen zu zentralisieren, nicht zustimmen. Vor der Kommunalwahl haben alle Parteien ihre Konzepte bürgernah vorgestellt und nun sollten sie sich auch für den Erhalt der Bürgernähe einsetzen.
Die Grüne-BF versteht die Aufregung der CDU-BF und des Herrn Gosten nicht. Die Stadt muss Kosten einsparen und bei der angestrebten Lösung ändert sich für die Bürger kaum etwas, diese können nach wie vor in die Bezirksämter gehen und ihre Personenstandsurkunden anfordern. Andere größere Städte wie Münster, Köln, Düsseldorf haben jeweils nur ein Standesamt, die Landeshauptstadt München allenfalls zwei; Aachen leistet sich sieben Standesämter.
Die SPD-BF findet den Vortrag der CDU-BF als scheinheilig angesichts des hohen Haushaltsdefizits. In dieser Situation muss etwas passieren, jedoch muss vor Ort ein funktionierender Bürgerservice weitgehend erhalten bleiben.
Auf Nachfrage der SPD-BF antwortet Herr Lindgens, dass bei einer künftigen Zentralisierung auch weiterhin Eheschließungen in den Stadtbezirken und die Anforderung von Urkunden möglich sein werden. Die Anzeigen von Eheschließung müssten jedoch im Standesamt Aachen erfolgen. Er signalisiert, wenn in der Bezirksvertretung die Auffassung vertreten wird, dass dies der Beginn einer schleichenden Zentralisierung der Aufgaben sein soll, so ist dies deutlich zu verneinen. Die Bürgernähe wird nicht abgebaut.
Herr Büchel gibt zu verstehen, dass die Bezirksämter kein Selbstzweck sind, sondern ein wichtiges gesellschaftliches Element in ihrem Stadtbezirk darstellen, mit denen sich die Bürger unmittelbar identifizieren. In den letzten Jahren sind schon einige Aufgaben und Zuständigkeiten zentralisiert worden, mit denen bereits Einsparungen erzielt wurden. Weitere Aufgabenverschiebungen sind nicht mehr hinzunehmen. Bereits jetzt müssen Einwohnermeldeämter in den Bezirken wegen Personalmangel tageweise geschlossen werden. Je kleiner ein Bezirksamt gemacht wird, desto eher kann man es ganz schließen; dies wäre der Einstieg zum Ausstieg.
Im Hinblick auf die Aussage von Frau Wilms, die Bezirksämter sind für die Stadtbezirke wichtig, gibt die Grüne-BF zu verstehen, aufgrund der heutigen Mobilität ist es den Bürgern zuzumuten, für einen Behördengang zur Zentralverwaltung zu fahren.
Herr Lindgens informiert auf Fragen der CDU-BF über die bei einer Zentralisierung zu erwartenden Ersparnisse, wie die entsprechenden Stellenanteile in den einzelnen Bezirksämtern in der Praxis umgesetzt werden und die verschiedenen Besoldungs- und Vergütungsgruppen der Bediensteten. Beurkundungen von Personenstandsfällen sind dann allerdings nur noch beim Standesamt Aachen möglich. Die derzeitige Personalausstattung in den Bezirksämtern ist heute anders als noch vor einigen Jahren. Auch die hohen Personalkosten im städt. Sammelnachweis müssen im Rahmen der Haushaltskonsolidierung unbedingt gesenkt werden. Die Arbeitsanteile werden bei den einzelnen Bediensteten sicherlich verdichtet, aber letztendlich muss die zu erbringende Leistung für den Bürger kostengünstig sein. Wenn die Politik der Verwaltung einen deutlichen Auftrag erteilt, wird sie diesem Rechnung tragen, obwohl die finanziellen Möglichkeiten zunehmend enger werden.
Frau Coracino macht deutlich, dass man die emotionale Diskussion hier verstehen muss. Viele Bürger haben noch die damaligen Versprechen aus der Zeit der kommunalen Neugliederung in Erinnerung. In den letzten Jahren sind den Bezirken immer irgendwelche Aufgaben entzogen worden, wozu die Bezirksvertretung nichts gesagt hat. In dem vorliegenden Fall ist nun eine Aufgabenkritik dringend erforderlich. Der Service vor Ort muss erhalten bleiben, und die Entscheidungen hierzu können nicht am Schreibtisch entschieden werden. Die eigentliche Verwaltungsvorlage, also ohne die Seiten der Präsentation, ist sehr dürftig und wenig detailliert. Frau Coracino richtet die Frage an die Verwaltung, ob zur Entscheidung im Personal- und Verwaltungsausschuss die Inhalte stärker erläutert sowie Zahlen und Fakten zusammengefasst werden können.
Herr Lindgens gibt zu verstehen, dass das Standesamt in Aachen die bezirklichen Standesamtsaufgaben ohne personelle Probleme und ohne Umbau der Räumlichkeiten übernehmen kann. Die personelle Ausstattung der Bezirksämter ist geprägt von den Aufgaben bzw. ist von der Bevölkerungsgröße im jeweiligen Stadtbezirk abhängig. Er betont, die in der Bezirksvertretung vorgetragenen Argumente und Vorstellungen zusammenzustellen und im Personal- und Verwaltungsausschuss vorzutragen.
Die CDU-BF äußert, noch nie eine so schlechte Vorlage gesehen zu haben wie diese, in der die Bezirksvertretung mit einer Präsentationsvorlage abgespeist wird. Es fehlen Controlling-Daten aus allen Standesämtern. Die Bürgernähe muss erhalten bleiben, sonst tritt eine Belastung der örtlichen Gesellschaft ein. Auch die bereits durchgeführte Zentralisierung der Versicherungsangelegenheiten, die hier verschwiegen wurde, war bei der derzeitigen und noch zu erwartenden Alterskonstellation der Bevölkerung nicht korrekt und ist kein Beispiel für praktizierte Bürgernähe, insbesondere für ältere Menschen.
Die SPD-BF kritisiert die Ausführungen der CDU-BF dahingehend, dass es weltfremd sei, immer ältere Mitmenschen anzuführen. 99 % der zu beurkundenden Sterbefälle werden von den Bestattern im Auftrag der Hinterbliebenen durchgeführt und nicht von den Angehörigen selber. In den heutigen finanziell schwierigen Zeiten muss das vorhandene Personal so geordnet werden, dass die Aufgaben geleistet werden können. Die bisher verlagerten Leistungen sind nicht entfallen, sondern zentralisiert worden, um sie dort besser organisieren und bearbeiten zu können und mithin dringend notwendige Einsparungen zu erzielen.
Beschlüsse:
1. Leitungsmodell
Die Bezirksvertretung beschließt einstimmig den Vorschlag der Verwaltung, je Bezirksamt eine eigene Leitung und einen Stellvertreter beizubehalten. Die Leitungsstelle wird zukünftig nach A 13 bewertet (bisher nach A 14). Die Stelle des Stellvertreters wird zukünftig nach A 11 bewertet (bisher nach
A 12).
2. Aufbaustruktur
Die Bezirksvertretung beschließt einstimmig den Vorschlag der Verwaltung, unter den o. g. Gesichtspunkten in der auf eine Säule reduzierten Aufbaustruktur die optimale Organisationsform zu sehen. Die personelle Ausstattung des Unterbaus ist abhängig von den Einwohner- und Fallzahlen.
3. Standesamtswesen
Die Bezirksvertretung lehnt bei fünf Ja-Stimmen den Vorschlag der Verwaltung mehrheitlich ab, das Standesamtswesen zu zentralisieren
Anlagen zur Vorlage
Nr. | Name | Original | Status | Größe | |
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