19.06.2019 - 22 Resolution zum Klimanotstandhier: Tagesordnung...

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Beratung

Ratsherrn Servos, SPD, führt aus, dass es heute um den Aachener Umgang mit der Klimakrise gehe und der Antrag der Großen Koalition ein Startschuss für eine Diskussion sei, der ein ganzes Bündel an Einzelmaßnahmen folgen müsse. Die Menschheit befinde sich vermutlich durch den Klimawandel in der größten Krise der Geschichte. Man stehe ganz knapp vor dem „Point of no return“, bei dem durch weiteren CO 2-Ausstoß die Welt, wir sie kennen, nicht mehr zu retten sei. Verschiedene lokale Ereignisse der Vergangenheit seien ein Vorgeschmack auf das, was passieren werde, wenn auf den Klimawandel nicht reagiert würde. Die Aufgabe Deutschlands und auch der Stadt Aachen sei es, zu zeigen, dass Maßnahmen ergriffen werden können, ohne auf Wohlstand zu verzichten und sogar Lebensqualität zu gewinnen. Die Stadt betreibe über alle Mehrheiten der Vergangenheit hinweg eine ambitionierte Luftreinhaltungs- und Mikroklimapolitik. Einzelne Maßnahmen reichten allerdings nicht aus, klimatische Veränderungen seien global. Aufgabe sei es, den Klimaschutz als Querschnittsthema zu betrachten. Deshalb soll die Verwaltung in Abstimmung mit den städtischen Unternehmen klima-optimale Lösungen finden. Die vorliegende Resolution der Umweltverbände sei in weiten Teilen im Wortlaut gleich mit den Beschlussentwürfen, die die Große Koalition erarbeitet habe. Die Resolution drücke genau das aus, was auch die Koalition wolle. Deshalb beantragt er im Namen der CDU-und SPD-Fraktion, dass sowohl die Resolution als auch der Antrag der Großen Koalition zur Abstimmung gestellt werde. Beidem werde man zustimmen. Nach den Beschlüssen gehe es allerdings an die konkrete Umsetzung. Diese sei nur in einem breiten gesellschaftlichen Konsens mit allen Akteuren zu erreichen.

 

Ratsherrn Neumann, Grüne, bemängelt, dass in Deutschland und in Aachen zu wenig getan werde. Die CO2-Emissionen seien gestiegen, dass Problem sei gleich geblieben und verschärfe sich jeden Tag. Innerhalb kürzester Zeit müssten die Emissionen auf Null gesenkt werden. Er geht hierbei von einem Zeitraum von 15 Jahren aus. Es müssten nicht nur einige Maßnahmen beschlossen werden, sondern die Spielregeln, wie Politik gemacht werde, müssten sich ändern. In 15 Jahren werde nicht mehr mit dem Auto gefahren werden können wie heute, andere Gebäude müssten gebaut werden, die Menschen werden nicht mehr reisen und konsumieren können wie bisher. Von daher halte er die Ausrufung eines Klimanotstands für berechtigt. Er freue sich deshalb, dass die Resolution der Umweltverbände beschlossen werden könne.

 

Ratsfrau Lürken, CDU, geht auf die bisherigen Bemühungen der Stadt Aachen ein, erwähnt die Mitgliedschaft im Europäischen Klimabündnis seit 1991, die Verbundenheit der Stadt mit dem European Energy Award-Verfahren seit 2009 und der Auszeichnung der Stadt im Jahr 2011. Die Stadt sei unter wechselnden Mehrheiten Vorreiter gewesen für die Energie-Einspeisevergütung, man habe früh eine Festbrennstoffverordnung auf den Weg gebracht und mit einem Luftreinhalteplan als eine der ersten Kommunen begonnen. Solardachkataster und Grünsatzung seien verabschiedet worden. 2018 habe man ein Klimafolgenanpassungskonzept verabschiedet und 2018 sei Aachen zur drittnachhaltigsten Großstadt Deutschlands gewählt worden. Trotz dieser Erfolge zeige sich in Gesprächen, dass es offensichtlich nicht reiche, was gemacht worden sei. Sie begrüße deshalb die neue Bewegung für Klimaschutz und spricht sich dafür aus, dass auf der Grundlage der bisherigen Erfolge die Stadt Aachen als europäische Klimaschutzkommune weitere Anstrengungen unternehmen möge.

 

Ratsherr Allemand, UWG, bekundet, dass das Problem für Menschen feindlich und den Planet bedrohlich, jedenfalls ein großes, übergeordnetes sei, dass man lösen müsse. Er begrüßt, dass der Rat es gemeinschaftlich lösen wolle und sieht den Streit um Formulierungen als überflüssig an.

 

Ratsherr Deumens,, Linke, begrüßt die sich abzeichnende Einigkeit des Rates, und stellt rhetorisch die Frage, ob der vorgelegte Antrag von CDU und SPD eine späte Einsicht als Folge der verloren gegangenen Europawahl sei. Er sieht in deren Antrag einen bemerkenswerten Wandel, hätte doch die Große Koalition noch vor einigen Monaten um jeden Autoparkplatz in der Innenstadt gekämpft. In verschiedenen Formulierungen des Antrags sieht er das Fehlen wichtiger Aspekte. Diese seien in der von der Opposition vorgelegten Resolution deutlicher formuliert. Diese Unterschiede zwischen beiden Fassungen sollten aufgelöst werden.

 

Ratsherr Palm, Allianz für Aachen, sieht in der Resolution unter dem Begriff des Klimanotstands einen ideologischen Versuch, sich als städtische Weltretter zu profilieren. Im Vordergrund stehe eine radikal-ökologische Umwälzung unter Vernachlässigung ökonomischer Rahmenbedingungen. Konkret gehe es um die Gefährdung von Arbeitsplätzen und um die Vernichtung des Wohlstands. Eine Klimadiktatur werde angestrebt. Die Ratsmitglieder hätten eine besondere Verantwortung, diesen politischen Irrweg nicht zu beschreiten. Den jungen Menschen, die das Weltklima kurzfristig retten möchten, solle klargemacht werden, dass dieses klimapolitische Marktschreien nicht mehr sei als purer Alarmismus. Die Ausrufung des Aachener Klimanotstands könne und werde nicht unterstützt werden.

 

Ratsherr Teuku, Piraten, begrüßt, dass die Große Koalition der von der Opposition vorgelegten Resolution zustimmen werde und hofft, dass auch konkrete Maßnahmen gemeinsam auf einen guten Weg gebracht werden können.

 

Ratsherr Baal, CDU, erklärt, dass die Arbeit am Antragstext am 26 Mai begonnen habe und auch unter dem Eindruck der Europawahl abgefasst worden sei. Die große Koalition halte es für unabdingbar, dass das Thema Klimawandel, Umgang mit den Folgen, Verteilung der Lasten ein Thema sei, das auf breitem gesellschaftlichen Konsens fußen müsse. Diesen gesellschaftlichen Konsens herzustellen, sei die eigentliche Aufgabe des Rates der Stadt. Aus Sicht der CDU-Fraktion sei es jetzt an der Zeit, klare Ansagen zu machen, da der Klimaschutz inzwischen ein gesellschaftlich diskutiertes Thema sei. In den beiden vorliegenden Papieren sieht er keinen Widerspruch, sie seien inhaltlich gleichgerichtet. Deshalb können sie auch gemeinsam abgestimmt werden. Hierin sieht er den elegantesten Weg, um deutlich zu machen, dass es nicht darum gehe, wer den Briefkopf gestellt habe, sondern welche Inhalte letztendlich Konsens im Rat sein werden. Er geht sodann auf einige von Vorrednern benannte semantischen Unterschiede ein und zeigt auf, dass aus seiner Sicht keine Widersprüche bestehen.

 

Ratsherr Blum, FDP, bezieht sich auf die von Aachen in der Vergangenheit geleisteten Beiträge zum Klimaschutz, die gezeigt hätten, dass die Stadt ein Vorreiter gewesen sei. Der Resolution, der man zustimmen werde, sei die Forderung zu entnehmen, in der Zukunft mehr zu tun, wobei zu beachten sei, dass die Wege nicht vollkommen zugestellt werden können für weitere Entwicklungen. Gefordert sei die Flexibilität, etwas ändern und auch neu einfließen lassen zu können. Für problematisch hält er das Wort Klimanotstand, da ein Notstand immer eine Aussetzung der Freiheitsrechte bedeute. Für Liberale sei dies so nicht tragbar. Er regt deshalb an, eher von einer Resolution zum Klimawandel zu sprechen.

 

Ratsherr Servos, SPD, erklärt, dass die anhaltenden Demonstrationen von Schülerinnen und Schülern aus seiner Sicht die Spitze der Bewegung sind und wendet sich sodann den vorgeblichen Widersprüchen in den Formulierungen beider vorliegender Texte zu. Anhand von Beispielen zeigte auf, dass einzelne Veränderungen in den Text Eingang gefunden hätten, um die Inhalte stärker zum Ausdruck zu bringen und nicht mit dem Ziel einer Minderung der Bedeutung. Es sei selbstverständlich, dass man eine breite Beteiligung zu einem gesellschaftlichen Konsens führen wolle, was er auch gerne zu Protokoll gebe. Es werde natürlich eine Abstimmung mit allen Verbänden und Organisationen von der IHK bis hin zu Greenpeace geben, da das Thema nur gemeinsam mit der gesamten Stadtgesellschaft bearbeitet werden könne. Die Begrifflichkeit Notstand sei lange diskutiert worden, schließlich sei man jedoch zur Sicht gelangt, dass es in der Sache um einen Notstand gehe und man diesen dann auch so benennen könne.

 

Ratsherr Gilson, CDU, bekräftigt ebenfalls, dass das Wort Notstand angemessen sei. Da aus den bisherigen Wortbeiträgen herauszuhören sei, dass der Rat wahrscheinlich mit einer Mehrheit von über 90 % seiner Mitglieder entscheiden werde, stelle sich die Aufgabe, die Bevölkerung in ebenso großer Mehrheit für die Maßnahmen zu gewinnen, die nötig seien. Er bezieht sich auf Beispiele früherer Maßnahmen und bekundet, dass es nicht ausreiche. Dies müsse deutlich gemacht werden. Nachdrücklich betont er die Notwendigkeit von Gesprächen, um beispielsweise Mobilitätsalternativen zu finden. Der Klimaschutzbewegung spricht er seinen Dank aus, da sie die Politik wachgerüttelt habe.

 

Ratsherr Mohr, Alternative für Aachen, sieht die Diskussion von falschen Prämissen ausgeführt. Unreflektiert werde das Narrativ gefestigt, dass der Mensch wesentlichen Einfluss auf den Klimawandel habe. Dies sei eine These, die nicht verifizierbar sei. Der menschengemachte Klimawandel sei an sich fragwürdig. Nur 6 % des gesamten CO2-Ausstoßes seien überhaupt von Menschen verursacht, Deutschland habe daran einen Anteil von 1,8 %. Über den Aachener Anteil brauche gar nicht diskutiert werden. Sich als Weltretter zu fühlen sei eine ideologisch aufgeladene Wohlfühl-und Symbolpolitik. Würde dieser in weiten Teilen unwissenschaftliche Weg begangen, werde man sich selbst seiner Wettbewerbsfähigkeit berauben und auch international an Ansehen verlieren. Mit Verweis auf Kohlekraftwerke, die in Indien und China betrieben und geplant seien, und weil Deutschland keine Insel sei, müsse eine Politik gemacht werden, die sich an den Gegebenheiten und am Realistischen und Machbaren orientiere. Es werde eine Deindustrialisierung des Landes betrieben, die wirtschaftlich negative Folgen habe, sodass auch global weniger Gewicht vorhanden sei, um für Klimaschutz und Umweltschutz einzutreten. Er sieht eine Endzeitstimmung, bei der so getan würde, als stünde der Untergang der Menschheit kurz bevor und schlägt vor, zur Rationalität zurückzufinden. Den beiden Anträgen könne man in der Form nicht zustimmen.

 

Frau Griepentrog bekundet, man solle Wohlstand nicht mit Überfluss verwechseln. Wenn man den ein oder anderen Überfluss nicht mehr hätte, dann würde man darunter nicht leiden und es ginge an vielen Stellen besser. Mit Blick auf die Debatte freue sie sich über gemeinsame Richtung, die die Beschlüsse nehmen werden. Es komme darauf an, was nach dieser Ratssitzung passiere, was vorher geschehen sei, habe weniger Belang.

 

Ratsfrau Epstein, Linke, begrüßt, dass es eine Zeit nach den Beschlüssen gebe, wo die Vorreiterrolle Aachens nicht aus schönen Papieren bestehe, sondern aus Handeln.

 

Ratsherr Brantin, CDU, sieht in der Bezeichnung Klimawandel eine Verharmlosung der Situation und bekräftigt, den Begriff Notstand zu gebrauchen. Ein Notstand sei eine gegenwärtige erhebliche Gefahr für geschützte Rechtsgüter, die in der Tat nur auf Kosten trennender Interessen abgewendet werden könne. Er spricht sich für lokales Handeln aus, das gewiss nicht immer einfach sei aufgrund widerstreitender Interessen. Es werden Maßnahmen benötigt, die für Menschen auch mit Einschränkungen verbunden sein werden. Er freue sich darauf, den gemeinsamen Weg weiter gehen zu können.

 

Ratsherr Pütz, Piraten, sieht die Notwendigkeit, dass der derzeitige Überfluss sich ändern müsse. Ein Stadtrat könne keine Gesetze aushebeln, aber konkrete Sachen umsetzen. Hierfür benennt er mehrere Beispiele.

 

Nach Benennen der auf der Rednerliste verzeichneten Ratsmitglieder beantragt Ratsfrau Pulinna, Linke, zur Geschäftsordnung, die Rednerliste zu schließen. Hiergegen erhebt sich kein Widerspruch, der Oberbürgermeister stellt fest, dass die Rednerliste damit geschlossen ist.

 

Ratsherr Deumens, Linke, kündigt für seine Fraktion an, beiden Texten zuzustimmen. Er halte aber daran fest, dass in beiden Texten bei bestimmten Aspekten Unterschiede vorhanden seien, die er dargelegt habe und hofft, dass diese in Zukunft nicht zu unnötigen Diskussionen führen.

 

Ratsherr Servos, SPD, zeigt anhand von Einzelbeispielen mögliche Zielkonflikte auf, die sich in der Zukunft einstellen können. Er appelliert, hierfür kreative Lösungen zu finden und nicht auf vermeintlich einfache, die man leicht beschließen könne, umsetzen.

 

Ratsherr Baal, CDU, schließt an seinen Vorredner an und betont, dass man auf einem Wohlstandsniveau lebe, auf dem man sich einschränkende Maßnahmen leisten können müsse. Aufgabe der Stärkeren sei es, mehr Leistung und  Belastung zu tragen als die Schwächeren. Hierfür sei gesellschaftlicher Konsens und kollektives Handeln erforderlich.

 

Der Oberbürgermeister bedankt sich für die weit überwiegende sachliche und gute Debatte. Er hält dies für eine angemessene Reaktion des Rates auf die stattfindende gesellschaftliche Diskussion. Noch vor wenigen Monaten hätte es die heutigen Diskussionen im Rat, die Präsenz des Themas, das Beschäftigen in der Tiefe mit dem Problem und das Entwickeln einer eigenen Haltung nicht gegeben. Nun bewege man sich in die richtige Richtung, verbunden mit der Erkenntnis, dass man an manchen Stellen zu langsam war. Es sei eine gemeinsame Aufgabe, die Diskussionen nicht nur im Rat, sondern in gesellschaftlichen Runden aller Art zu führen. Sodann lässt er über die beiden Texte, die sich fast wortgleich überschneiden, abstimmen.

 

Hinweis zum Protokoll: Die beiden Texte (Ratsantrag Nr. 500/17, „Klimanotstand in Aachen“ der Fraktionen von CDU + SPD sowie Resolution zum Klimanotstand von GRÜNE, DIE LINKE, PIRATEN und UWG vom 04.06.2019) sind dieser Niederschrift als Anlage beigefügt.

 

Beschluss: Bei zwei Gegenstimmen mehrheitlich

 

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Anlagen

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