10.07.2019 - 5 Aufstellung einer Wohnraumschutzsatzung -Satzun...
Grunddaten
- TOP:
- Ö 5
- Gremium:
- Rat der Stadt Aachen
- Datum:
- Mi., 10.07.2019
- Status:
- gemischt (Sitzung abgeschlossen)
- Uhrzeit:
- 17:00
- Anlass:
- Öffentliche/Nichtöffentliche Sitzung
- Beratung:
- öffentlich
- Vorlageart:
- Entscheidungsvorlage
- Federführend:
- FB 56 - Fachbereich Wohnen, Soziales und Integration
- Beschluss:
- ungeändert beschlossen
Beratung
Der Oberbürgermeister weist darauf hin, dass im Wohnung-und Liegenschaftsausschuss ein geänderter Beschluss gefasst wurde, indem der Beschlussvorschlag ergänzt wurde um den Satz: „Die Verwaltung wird beauftragt, binnen eines Jahres im Wohnung-und Liegenschaftsausschuss über die Wohnraumschutzsatzung zu berichten.“
Bürgermeister Plum, SPD, begrüßt die Wohnraumschutzsatzung, die ein Mittel zur Bekämpfung von Spekulationen mit Wohnraum, aber kein Allheilmittel sei. Das Instrument müsse im Zusammenhang mit anderen schon beschlossenen Maßnahmen der Wohnungspolitik gesehen werden, so mit der Vergabe von Grundstücken in Erbpacht, der Verschärfung des Quotenbeschlusses für öffentlich geförderten Wohnraum sowie der Verschärfung eines Baulandbeschlusses und mit der Vergabe von Grundstücken nur noch nach Qualität. Mit Verweis auf die Situation in anderen Städten, in denen über Vermietungsportale Wohnungen kaum mehr zur Verfügung stehen, damit Menschen dort wohnen und leben können, sondern praktisch nur noch Hotelzimmer angeboten werden, betont er, dass mit der Zweckentfremdungssatzung dies für Aachen verhindert werden solle. Statistisch lasse sich feststellen, dass Maßnahmen bereits einen gewissen Erfolg hätten. Dem Wohnungsmarktbericht der Stadt sei zu entnehmen, dass in den Jahren 2013 und 2014 eine Steigerung des durchschnittlichen Mietpreises von 5,1 % festgestellt wurde, im Jahre 2016 zu 2017 von 1,1 %. In Aachen sei ein umfangreiches Wohnungsprogramm auf den Weg gebracht worden.
Ratsfrau Moselage, FDP, erhebt Bedenken gegen die vorgelegte Satzung, wenn man auch das Ansinnen selbst unterstütze. Mit Verweis auf § 10 des Wohnungsaufsichtsgesetzes, worin festgestellt werde, dass die Gemeinde durch Satzung Gebiete mit erhöhtem Wohnungsbedarf oder Wohnungsbedarf festlegen könne, stellt sie die Rechtskonformität der Satzung infrage, da hier das gesamte Stadtgebiet einbezogen werde. Ihre Fraktion wünsche eine Konkretisierung und Zielgenauigkeit. Da man aber das Anliegen selbst unterstütze, werde man nicht dagegen stimmen, sondern sich enthalten.
Frau Stadtdirektorin Grehling nimmt zur Frage der Rechtssicherheit Stellung und zitiert hierzu aus dem Leitfaden zum Wohnungsaufsichtsgesetz des zuständigen Ministeriums, in dem es unter der Ziffer 2 zum § 10 heiße, dass bei erhöhtem Wohnbedarf die Gemeinde das Verbot für das gesamte Gemeindegebiet oder Teilgebiete aussprechen könne.
Ratsherr Baal, CDU, sieht in der Satzung einen wesentlichen Baustein im Zusammenhang der Wohnungspolitik der Stadt Aachen. Die Satzung beschließe gleichwohl einen Eingriff ins Eigentumsrecht. müsse begründet werden, was aber gelungen sei. Er geht auf die Wohnungsnot in Aachen ein und verweist auf eine Leerstandsquote, die knapp über 2 % liege und sich deshalb am unteren Ende dessen befindet, was ein Markt an Leerstandsquote überhaupt haben kann. Die in der Satzung festgeschriebenen Maßnahmen zur Wiedervermietung innerhalb von drei Monaten seien zumutbar, niemand werde enteignet.
Ratsherren Lübben, Grüne, begrüßt die Aufstellung der Wohnraumschutzsatzung, merkt aber an, dass die expliziten Rechtfertigungen und langen Ausführungen seiner Vorredner auf ein schlechtes Gewissen hinweisen würden, dass jahrelang in der Wohnungspolitik nichts getan wurde. Er befürwortet die Berichterstattung nach einem Jahr, damit die Satzung kein stumpfes Schwert bleibe.
Ratsfrau Begolli, Die Linke, begrüßt ebenfalls die Satzung und bemängelt, dass spekulative Leerstände vor dem Inkrafttreten nicht mehr verfolgt werden können. Die Leerstandsatzung werde das Wohnungsproblem nicht lösen, aber es werde ein Zeichen dafür gesetzt, dass Eigentum verpflichte. Sie erinnert an einen Antrag ihrer Fraktion, die Verwaltung mit der Prüfung zu beauftragen, ob auch Leerstände in Gewerbeimmobilien mit einer Satzung behoben werden könnten..
Ratsherr Pütz, Piraten, begrüßt grundsätzlich die Zielrichtung der Satzung, gibt aber zu bedenken, dass er im § 5 ein großes Scheunentor für Umgehungen sehe, weshalb er, obwohl er es gut finde, dass die Sache grundsätzlicher angegangen werde, sich enthalten werde.
Ratsfrau Lux, AfD, sieht in der Satzung eine neue Form des staatlichen Zugriffs, nämlich eine Art Enteignung light. Sie stimme zwar den Vorrednern zu, wenn es wirklich um spekulativen Leerstand großer Gesellschaften oder Investoren gehe, durch die Verwaltung ziehe sich aber ein Faden, dass man Privateigentümern eine gewisse Missgunst gegenüber habe, ihr Objekt möglichst gewinnbringend an den Markt zu bringen. Sie führt Beispiele für die Nutzung von Wohnungsplattformen durch Studenten oder Eigentümern an, die negative Erfahrungen mit Mietern gemacht haben. Die Debatte gewinne ohnehin an Scheinheiligkeit, wenn unter Tagesordnungspunkt 22 zur Seenotrettung großzügig die dauerhafte Aufnahme aller hier ankommenden Flüchtlinge behandelt werde, die mit der Zusicherung einer Integration in den Wohnungsmarkt verbunden sei. Somit sei scheinbar doch genug Wohnraum vorhanden und eine zusätzliche Konkurrenz würde geschaffen. Statt in Eigentumsrechte einzugreifen, sollten besser Anreize durch günstige Darlehen und Bürgschaften geschaffen werden. Die Einführung der Wohnraumschutzsatzung sei ein weiterer Tiefpunkt der Aachener Politik und der Verwaltung sowie ein Verrat an den Bürgern die mit ihren immer höheren Steuern und Abgaben „den Laden hier am Laufen halten“.
Ratsherr Mohr, Allianz für Aachen, bezieht sich auf eine Verwaltungsvorlage für den Ausschuss für Soziales und Integration, wonach in Aachen 1500 Plätze für Flüchtlinge in Übergangsheimen zur Verfügung stehen, gerade aber knapp 1000 Plätze belegt seien. Hier gebe es eine Lücke von über 500 Plätzen. Allerdings seien 820 Flüchtlinge in Einzelwohnungen untergebracht worden. Somit sei es klar, dass am Wohnungsmarkt hunderte von Wohnungen fehlten. Der erste Schritt müsse sein, die Auslassungskapazitäten der Gemeinschaftsunterkünfte hochzufahren statt in die Eigentumsrechte der Aachener Immobilienbesitzer einzugreifen. Von daher werde keine Veranlassung gesehen, den marktwirtschaftlichen Eingriff in irgendeiner Form zu unterstützen und die vorgelegte Satzung werde abgelehnt.
Ratsherr Servos, SPD, betont nochmals die Verpflichtung von Eigentümern, die mit der Satzung deutlich werde.
Anlagen zur Vorlage
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41,2 kB
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107,8 kB
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