Entscheidungsvorlage - B 03/0058/WP17
Grunddaten
- Betreff:
-
Städtebauliche Verträgehier: grundsätzliche Anforderungen
- Status:
- öffentlich (Vorlage abgeschlossen)
- Vorlageart:
- Entscheidungsvorlage
- Federführend:
- FB 60 - Vertrags-, Vergabe- und Fördermittelmanagement
- Beteiligt:
- FB 63 - Fachbereich Bauaufsicht; FB 61 - Fachbereich Stadtentwicklung und Stadtplanung; Fachbereich Wohnen
Beratungsfolge
Status | Datum | Gremium | Beschluss | NA |
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●
Erledigt
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Planungsausschuss
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Entscheidung
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12.05.2016
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Beschlussvorschlag
Beschlussvorschlag:
Der Planungsausschuss beschließt:
- Einem Investorenwechsel wird nur zugestimmt, wenn der Folgeinvestor 1:1 in alle Verpflichtungen und Sicherheitsleistungen des Vertrages eintritt.
- Einem Wechsel auf mehrere Folgeinvestoren wird nicht zugestimmt.
- Die Realisierung von öffentlich gefördertem Wohnraum muss grundsätzlich innerhalb des Plangebietes erfolgen.
- Grundsätzlich sind zur Absicherung der städtebaulichen Verträge ausschließlich Bürgschaften einzureichen, die die vertraglichen Verpflichtungen in voller Höhe absichern, bei Vertragsstrafen für Wohnungsbau genügt eine Absicherung durch Bürgschaft in Höhe von 50 % der festgesetzten Vertragsstrafe.
- Der Planungsausschuss empfiehlt, die Regelungen der Stellplatzfrage dem Mobilitätsausschuss zur Entscheidung vorzulegen.
Erläuterungen
Erläuterungen:
Städtebauliche Verträge haben insbesondere in den letzten Jahren zunehmend an Bedeutung gewonnen.
Zum einen wollen Bauinvestoren nicht auf die planrechtliche Entwicklung ihrer Grundstücke warten, zum anderen bieten städtebauliche Verträge die Möglichkeit einer Win-Win-Situation für Investoren, die Stadt und Bürgerinnen und Bürger.
Gleichwohl macht die Standardisierung von Kernforderungen (Regelungsinhalten) für städtebauliche Verträge Sinn, damit bereits im Vorfeld der Vertragsverhandlungen für den entsprechend notwendigen Durchführungsvertrag nicht verhandelbare Positionen dem Investor bekannt sind.
Die Verwaltung empfiehlt zu folgenden Punkten die beschriebenen Positionen einzunehmen.
- Investorenwechsel
Grundsätzlich sollte nur dann mit einem Investor ein städtebaulicher Vertrag abgeschlossen werden, wenn dieser bereit und in der Lage ist, das Projekt zu realisieren (§ 12 Abs. 1 BauGB).
Die Praxis sieht jedoch anders aus: Gerade bei großen Projekten ist ein Investorenwechsel gängige Praxis. Oftmals arbeiten Projektentwickler bis zur Baureife des Projekts und veräußern dieses dann an Realisatoren, verbunden mit dem Investorenwechsel.
Die Versagung eines Investorenwechsels ist nur aus wichtigem Grund möglich.
Aus Sicht der Verwaltung sollte aber die Grundsatzposition sein, dass der übernehmende Investor in den ursprünglichen Durchführungsvertrag als Rechtsnachfolger 1:1 eintritt, dies sowohl bezogen auf den Umfang als auch auf den vorgegebenen Zeitrahmen. Zudem darf dem Investorenwechsel nur dann zugestimmt werden, wenn ein Austausch der Sicherheiten in voller Höhe Zug um Zug (und damit die Haftungsentlassung des ursprünglichen Investors)
erfolgt ist. Ein derartiger Ratsbeschluss sollte daher immer mit einer auflösenden Bedingung versehen sein.
Eine Aufteilung auf mehrere neue Investoren ist theoretisch denkbar, ein Vertragsabschluss mit mehreren Investoren sollte aber aus haftungs- und schuldrechtlichen Gründen unbedingt vermieden werden.
Grundsätzlich sind Investorenwechsel nicht ungewöhnlich und können vertraglich auch nicht im Vorfeld ausgeschlossen werden. Vorsicht ist aber insbesondere dann geboten, wenn bereits vor Satzungsbeschluss und damit vor Baubeginn offenkundig ist, dass der Investor das Projekt nicht selbst realisieren möchte und dadurch die Durchführungsverpflichtung bereits vor Vertragsunterzeichnung gefährdet ist.
- Öffentlich geförderter Wohnungsbau
Die Grundsatzposition, bei Wohnbauvorhaben auf Basis eines vorhabenbezogenen Bebauungsplanes mindestens 20 bis 40 % öffentlich geförderten Wohnungsbau zu fordern, ist durch politische Beschlüsse festgelegt. Im Regelfall werden 30 % gefordert.
Aus Sicht der Verwaltung bedarf es einer konkreten Regelung für den Fall, dass eine Realisierung des öffentlich geförderten Wohnungsbaus im Plangebiet nicht möglich ist.
Grundsätzlich sollte bereits in den Vorgesprächen mit dem Investor signalisiert werden, dass
in diesem Falle der Rat der Stadt keinen entsprechenden Satzungsbeschluss treffen wird.
Gleichwohl mag es Situationen geben, in denen von dieser Grundsatzposition abgewichen
werden muss, weil wichtigere öffentliche Bedürfnisse ein Abweichen von dieser
Grundsatzposition erfordern.
Die Auswahl des Ausweichstandortes hängt von der Qualität und Geeignetheit für die Schaffung von öffentlich gefördertem Wohnungsbau ab. Hierüber entscheidet der Fachausschuss auf Vorschlag der Verwaltung. Der Nachweis über die Verfügbarkeit eines geeigneten Grundstückes als Ausweichstandort für die Realisierung des öffentlich geförderten Wohnungsbaus ist vor Satzungsbeschluss zu erbringen.
Die Verpflichtung und Realisierung des öffentlich geförderten Wohnungsbaus sollte an die Realisierung des eigentlichen Projektes zeitlich geknüpft werden. Das bedeutet, dass die Fertigstellung des geförderten Wohnungsbaus außerhalb des Plangebietes spätestens zeitgleich mit der Realisierung des eigentlichen Investments erfolgen muss. Die ersatzweise Realisierung des öffentlich geförderten Wohnungsbaus außerhalb des Plangebietes sollte die absolute Ausnahme darstellen.
Mit diesem Punkt verbunden sind in der Praxis noch folgende Aspekte und Schwierigkeiten:
a) Übertragung der Verpflichtung der Realisierung des öffentlichen geförderten Wohnungsbaus auf einen Dritten, da eigene Flächen nicht vorhanden sind. Dies verursacht in der Regel weitere umfangreiche Verhandlungen und vertragliche Regelungen mit Dritten. Der Verwaltungsaufwand hierfür kommt oft dem des eigentlichen städtebaulichen Vertrages gleich.
Grundsätzlich sollte die Übertragung einzelner Verpflichtungen (unabhängig von öffentlich geförderten Wohnungsbau) auf einen Dritten ausgeschlossen und nur im Einzelfall zulässig sein, bei dem der Dritte in einer entsprechend gesellschaftsrechtlichen Form mit dem ursprünglich Verpflichteten verbunden ist. Dies entspricht der Grundposition, dass ein Investorenwechsel nur 1:1 möglich sein sollte.
b) Stellung von erforderlichen Sicherheitsleistungen
Das Thema Bürgschaften nimmt im Folgenden einen eigenen Punkt ein.
Hinweis: Die Thematik der Schaffung von neuem öffentlich geförderten Wohnraum im oder außerhalb des Plangebietes ist von der Thematik der Schaffung von Ersatzwohnraum zu unterscheiden. Ersatzwohnraum wird dann gefordert, wenn durch das Vorhaben bereits bestehender Wohnraum vernichtet wird.
- Sicherheitsleistungen (Bürgschaften)
Bei der Stellung von Sicherheitsleistungen ergeben sich in der Praxis häufig Probleme, insbesondere hinsichtlich der Art, der Höhe und des Zeitpunkts des Einreichens. Vor dem VEP „Aquis Plaza“ hat die Verwaltung grundsätzlich nur Bankbürgschaften akzeptiert. Hier kamen erstmalig Patronate als Sicherheitsleistung zum Einsatz. Mittlerweile wird von Investorenseite gefordert, auf die Bürgschaften im klassischen Sinn zu verzichten und Patronatserklärungen oder selbstschuldnerische persönliche Bürgschaftserklärungen unter Verzicht der Vorausklage zu akzeptieren. Hiervon kann die Verwaltung letztlich nur abraten und empfiehlt zum bewährten Grundsatz der Bankbürgschaft zurückzukehren.
Erläuterung: Die Bürgschaft begründet einen primärrechtlichen Anspruch des Gläubigers. Die Patronatserklärung ist eine Kreditsicherungsmaßnahme innerhalb eines Konzerns. Sie wird vom Mutterunternehmen zu Gunsten der Tochter zur Verbesserung der Kreditwürdigkeit abgegeben. Im Unterschied zu einer Bürgschaft beinhaltet die Patronatserklärung keine Übernahme einer vertraglichen Zahlungsverpflichtung des Patrons gegenüber dem Gläubiger der Tochter, falls diese ihren Verpflichtungen nicht nachkommt. Die selbstschuldnerische Bürgschaftserklärung eines Dritten ohne Einreichen einer Bürgschaft des Dritten, ist (wie kürzlich praktiziert) keine echte Sicherheit. Der Bürge (Dritter) wird bei der selbstschuldnerischen Bürgschaft bei Zahlungsverzug des Schuldners lt. Vertrag so behandelt, als sei er selbst Schuldner. Im Rahmen von Verträgen machen selbstschuldnerische Bürgschaften eines Dritten nur dann Sinn, wenn der Bürge selbst eine entsprechende Bürgschaft als Sicherheit einreicht. Im Rahmen von städtebaulichen Verträgen gem. § 12 BauGB ist diese Form der Sicherheit ohnehin nicht zulässig, da der Vorhabenträger selbst willens und in der Lage sein muss, das Vorhaben umzusetzen.
Bürgschaften können sinnvollerweise nur dann gefordert werden, wenn die Verwaltung die nicht erfüllten Auflagen des Investors im Rahmen der Ersatzvornahme selbst umsetzen kann. Diese sind daher zu 100 % abzusichern. Innerhalb des Vorhabens selbst sind der Verwaltung eigentumsrechtliche und tatsächliche Grenzen gesetzt, so dass klassischerweise Bürgschaften nur für folgende Leistungen Sinn machen:
- Herstellung öffentlicher Infrastruktur (öffentliche Verkehrsfläche, Ver- und Entsorgungseinrichtungen)
- Ausgleichsmaßnahmen
- aktive Lärmschutzmaßnahmen zum Schutze der Anwohner
- Altlastensanierung
- Vermessung
- Mängelansprüche
Diese Auflistung ist nicht abschließend.
Für die Kommune von Vorteil wäre es, wenn die Bürgschaften bereits zum Satzungsbeschluss vorliegen würden. Gleichwohl ist zu berücksichtigen, dass Finanzierungsinstitute die Projekte erst mit Satzungsbeschluss finanzieren. Daher schlägt die Verwaltung vor, die Bürgschaften 1 Monat nach Satzungsbeschluss einreichen zu lassen.
Die Situation auf den Finanzmärkten stellt sich derzeit wie folgt dar:
Der Zins für Bürgschaften steht aufgrund des Leitzinses für langfristige Investments in einem für die Investoren sehr ungünstigen Verhältnis. Dies ist vom Grundsatz her jedoch ein temporäres Problem.
- Vertragsstrafen
Vertragsstrafen müssen dann festgesetzt werden, wenn die Verwaltung aufgrund fehlender Eingriffsmöglichkeiten, z.B. wenn eine Ersatzvornahme nicht möglich ist, die Umsetzung der im öffentlichen Interesse stehenden Anforderungen an den Investor absichern muss. Um den langwierigen und kostspieligen Weg der Verpflichtungsklage auszuschließen, sollen sich die Investoren hinsichtlich der Vertragsstrafen der sofortigen Verwaltungsvollstreckung unterwerfen.
Die Vertragsstrafen selbst werden so kalkuliert, dass der Investor bei Nichtumsetzung der Auflage einen entsprechenden finanziellen Nachteil erleiden würde. Damit auch im Falle einer Insolvenz bzw. bei mangelnder Liquidität der Projektgesellschaft der mögliche Schaden im Falle einer Nichtumsetzung kompensiert werden kann, sollten die Vertragsstrafen selbst wiederum über eine Bürgschaft abgesichert werden.
Insbesondere bei der Schaffung von öffentlich gefördertem Wohnraum, der durch die Stadt vor allem innerhalb des Vorhabens nicht selbst umgesetzt werden kann, ist das gebotene Druckmittel daher die Vertragsstrafe und Absicherung derselben über eine Bürgschaft.
Ausgehend vom Ziel, öffentlich geförderten Wohnraum zu realisieren, entstehen für den Investor Gesamtbaukosten. Gleichzeitig erhält er bei einer Realisierung öffentlich geförderten Wohnraums im Rahmen der Wohnbauförderung eine günstige Darlehensförderung. Der verbleibende Betrag zwischen Gesamtbaukosten abzüglich Darlehensförderung ist vom Investor selber zu finanzieren und dient als Basis für die Vertragsstrafe. Die Vertragsstrafe selber sollte jedoch diesen so ermittelten Betrag um 50 % übersteigen, da andernfalls kein gesteigertes Interesse an einer tatsächlichen Realisierung besteht.
Die durch die NRW.Bank veröffentlichten durchschnittlichen Gesamtbaukosten im öffentlich geförderten Wohnungsbau (aktuell für das Jahr 2014) belaufen sich auf 2.414,00 € pro qm. Demgegenüber steht eine öffentliche Förderung (EKG A im Jahr 2014) von 1.650 € pro qm. Das für den Investor selber zu finanzierenden Investitionsvolumen beträgt demnach 764,00 € pro qm. Eine 50 % darüberhinausgehende Vertragsstrafe würde somit eine Höhe von 1.146,00 € pro qm nach sich ziehen.
Beispiel 1: Realisierung von öffentlich gefördertem Wohnraum innerhalb des Vorhabens
Der Inverstor muss innerhalb seines Vorhabens 17 Wohneinheiten mit insgesamt 1450 qm
öffentlich gefördertem Wohnraum schaffen.
Demnach würde die Vertragsstrafe 1.661.700 € (1450 qm x 1.146 €) betragen.
Da im Regelfall nicht von einer 100%igen Vertragsbrüchigkeit auszugehen ist, sollte die Absicherung der „Vertragsstrafenbürgschaft“ 50 % betragen.
Im vorliegenden Beispiel beträgt die Höhe der Bürgschaft demnach rd. 830.000.00 €.
Variante: Die Vertragsstrafe wird per anno fällig. Dies wäre u.U. angemessener, da der
Investor nach Zahlung der ersten Strafe einsichtig werden könnte.
In dem Falle wäre pro Jahr nicht realisierten öffentlichen Wohnraums eine Strafe von rd. 58,00 € pro Quadratmeter zu zahlen. Die Bürgschaft würde in gleicher Höhe festgesetzt.
(Davon, dass überhaupt Wohnraum im Plangebiet geschaffen wird, ist aufgrund
bestehender und genehmigter Planung auszugehen und muss daher nicht zusätzlich
abgesichert werden. Vgl. hierzu Beispiel 2).
Beispiel 2: Realisierung von öffentlich gefördertem Wohnraum und/oder Ersatzwohnraum außerhalb des Vertragsgebietes. (Dies sollte die absolute und unbedingt zu vermeidende Ausnahme darstellen!)
Der Investor ist verpflichtet, außerhalb des Vorhabens 17 Wohneinheiten mit mind. 1450 qm
zu schaffen. Hiervon sollen mind. 1000 qm öffentlich gefördert sein.
Zunächst sollte die Realisierung des geförderten Wohnraums (1000 qm) wie in Beispiel 1
abgesichert werden.
Darüber hinaus ist in diesem Fall zusätzlich auch der Möglichkeit Rechnung zu tragen, dass der Investor oder Rechtsnachfolger sich im Nachhinein weigert oder nicht in der Lage
ist, trotz vertraglicher Verpflichtung überhaupt Wohnraum außerhalb des Vertragsgebietes
zu errichten. Auch hier ist eine Ersatzvornahme durch die Stadt in der Praxis kaum möglich. Es sollte daher nicht nur die Art des zu realisierenden Wohnraumes abgesichert werden, sondern zusätzlich auch, dass überhaupt Wohnraum geschaffen wird; dies ebenfalls in Form einer angemessenen Vertragsstrafe als Druckmittel. Die Neubauverkaufspreise für Wohnraum belaufen sich in Aachen derzeit auf ca. 3.000 € pro m² (Quelle: Wohnungsmarktbericht). Die Verwaltung sollte daher 50 % der Realisierungskosten als Vertragsstrafe festsetzen und diese über eine „Vertragsstrafenbürgschaft“ absichern.
Trotz dieser Reduzierung wird die Absicherung der Realisierung von Wohnraum durch die vorgenannte Vertragsstrafenbürgschaft von Investoren als zu teuer empfunden.
Die Verwaltung ist zusätzlich bereit, den Investoren im lfd. Realisierungsprozess des Projektes entgegen zu kommen und die Bürgschaftssumme nach Rohbaufertigstellung zu halbieren. Trotz allem bleibt diese Variante für den Investor teuer und damit unattraktiv, er wird also alles daran setzen, die Sicherheiten aufzuweichen. Die Verwaltung rät davon ab, hier Verträge auf Treu und Glauben abzuschließen oder nur durch Patronate o.ä. abzusichern.
Im Beispiel 2 würden demnach folgende Strafen und Bürgschaften festgesetzt:
1. Vertragsstrafe für nicht realisierten sozialen Wohnraum = 1146 €/qm (bezogen auf
20 Jahre) 573.000 € (errechnet wie in Beispiel 1)
2. Vertragsstrafe für nicht errichteten Wohnraum 3.000 € pro Quadratmeter (450 m²)
3000 x 450 = 1.350.000, davon 50 % Bürgschaften zur Absicherung der Vertragsstrafen =
675.000 € sowie (Rückgabe 50 % bei Rohbauabnahme und 50 % bei Fertigstellung)
3.Gesamtbetrag der Bürgschaft = 1.248.000 €
- Stellplätze
Die Herstellung von Stellplätzen und auch der Schlüssel der herzustellenden Stellplätze bieten immer wieder Anlass zu Diskussionen, da die Herstellung der Stellplätze wirtschaftlich unattraktiv für den Investor ist. So wird regelmäßig im sozialen Wohnungsbau argumentiert, dass nicht jede Mietwohnung einen Stellplatz erfordert, im studentischen Wohnen die Studenten heutzutage gar kein Auto mehr besitzen wollen und auch bei Seniorenwohnungen der Stellplatzschlüssel 1:1 überholt sei.
Zu beachten ist allerdings auch, dass die Wohnraumförderungsbestimmungen NRW in Nr. 3.2 der Anlage 1 "Städtebauliche und technische Fördervoraussetzungen" fordern, dass ein Drittel der Grundstücksfläche mindestens als Grünfläche (ohne Stellplätze) gestaltet werden soll. Hier kommt es durchaus zu konfliktbehafteten Konkurrenzsituationen in der Flächennutzung, die förderrechtliche Hindernisse aufbauen.
Unbeschadet der bauplanungsrechtlichen Vorschriften (§ 12 und § 23 Baunutzungsverordnung) regelt das Bauordnungsrecht die Pflicht zur Schaffung von Stellplätzen (Herstellungspflicht).
Der Nachweis der notwendigen Stellplätze oder Garagen nach § 51 der Landesbauordnung ist im Baugenehmigungsverfahren zu erbringen, wenn zu erwarten steht, dass bei der Errichtung der baulichen Anlagen der Zu- und Abgangsverkehr mittels Kraftfahrzeugen erfolgt. Bei der Ermittlung der Zahl der notwendigen Stellplätze gilt es, unter Berücksichtigung der örtlichen Verkehrsverhältnisse und des öffentlichen Personennahverkehrs die richtige Zahl auszumachen. Das ist in der bauaufsichtlichen Praxis ein erheblicher Aufwand. Die Anwendung der bekannten Richtzahlen für den Stellplatzbedarf ist für die Planer und Architekten oft die einzige Möglichkeit einen Stellplatznachweis für das bauaufsichtliche Verfahren zustande zu bringen. Es gibt zwar kein Verbot Richtzahlen für einen Stellplatznachweis heranzuziehen, Richtzahlen sind jedoch keine Rechtsnorm. Sie sind allenfalls Erfahrungswerte. Bei der Überprüfung der Zahl der notwendigen Stellplätze wird aber der Bauaufsichtsbehörde kein Ermessens- und auch kein Beurteilungsspielraum eingeräumt. Es besteht bei der Prüfung einer Stellplatzprognose auch kein der gerichtlichen Überprüfung entzogener Beurteilungsfreiraum. Das Prüfergebnis muss richtig sein und unterliegt der uneingeschränkten gerichtlichen Kontrolle.
Abweichend von der Anwendung von „Richtzahlen“ im Einzelfall kann der „Stellplatzbedarf“ für ein Vorhaben über ein Stellplatzgutachten/Verkehrsgutachten, das die vorhandenen Erkenntnisse der Stadt über die örtlichen Verkehrsverhältnisse und andere Rahmenbedingungen berücksichtigt, erbracht werden.
Aus Sicht der Verwaltung sollten Stellplätze grundsätzlich im Plangebiet realisiert werden. Bei der Umsetzung der Verpflichtung außerhalb des VEP-Plangebietes ergeben sich in der Praxis nicht abschätzbare Risiken, z.B. im Falle eines Eigentümerwechsels.
Auch wenn die städt. Stellplatzsatzung Ablöseoptionen vorsieht, sollte die Ablöse von Stellplätzen in Gebieten mit hohem Parkdruck (z.B. alle Anwohnerparkgebiete) ausgeschlossen sein.
Unabhängig von dieser Sonderproblematik sollte die Zahl der maximal ablösbaren Stellplätze eine Größenordnung von 15 % der erforderlichen Stellplätze nicht übersteigen.
Bei kleineren Projekten oder geringfügigen Reduzierungen kann in Abhängigkeit von der Art des Projektes und seiner Lage eine Einzelfallprüfung als Geschäft der laufenden Verwaltung stattfinden, die den Umfang der notwendigen Stellplätze unter Berücksichtigung spezieller Mobilitätskonzepte ermittelt. Die Grenze für die Reduzierung durch Carsharing o.ä. als Geschäft der laufenden Verwaltung liegt bei 10 Stellplätzen oder einem Schlüssel von 1:5 als gravierende Reduzierung der Anzahl oder dem Schlüssel sind dem Mobilitätsausschuss zur Entscheidung vorzulegen.
Abschließend wird darauf hingewiesen, dass v. g. Erläuterungen auch für städtebauliche Verträge gem. § 11 BauGB Anwendung finden.