Entscheidungsvorlage - E 18/0052/WP16
Grunddaten
- Betreff:
-
Antrag der SPD Fraktion Nr. 135/16 vom 14.01.2011Maßnahmenplan Wintereinbruch
- Status:
- öffentlich (Vorlage für Öffentlichkeit freigegeben)
- Vorlageart:
- Entscheidungsvorlage
- Federführend:
- E 18 - Aachener Stadtbetrieb
Beratungsfolge
Status | Datum | Gremium | Beschluss | NA |
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●
Erledigt
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Betriebsausschuss Aachener Stadtbetrieb
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Kenntnisnahme
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29.03.2011
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Erläuterungen
Erläuterungen:
Mit dem als Anlage beigefügten Antrag der SPD-Fraktion vom 14.01.2011 wurde die Verwaltung beauftragt, einen Maßnahmenplan für den Fall eines massiven Wintereinbruchs mit starkem Schneefall zu entwickeln, damit die Mobilität der Aachenerinnen und Aachener bei jedem Wetter gewährleistet ist. Dabei soll insbesondere auch auf die Mobilität von älteren Menschen und Menschen mit Behinderungen auf Fußwegen und an Bushaltestellen geachtet werden.
Zu diesem Antrag nimmt der Aachener Stadtbetrieb wie folgt Stellung:
A) Grundlagen des Winterdienstes
1. Ziel des Winterdienstes
In Deutschland wird auf den Straßen der überwiegende Anteil am Personen- und Güterverkehr abgewickelt. Auch ein erheblicher Teil des öffentlichen Personennahverkehrs (ÖPNV) nutzt die Straßen. Ein funktionsfähiges Straßennetz ist sowohl für den einzelnen Bürger als auch für die Volkswirtschaft von existenzieller Bedeutung.
Winterliche Straßenverhältnisse beeinflussen erheblich die Verkehrssicherheit und den Verkehrsfluss, angefangen von der Herabsetzung des Kraftschlusses bis zur Unbefahrbarkeit. Der hierdurch verursachte volkswirtschaftliche Verlust infolge von Unfällen, Zeitverlusten, mangelnder Erreichbarkeit oder Produktionseinbußen kann sehr groß sein.
Der Winterdienst soll nach Möglichkeit die Glättebildung vermeiden, entstandene Glätte beseitigen oder ihre Auswirkungen auf den Verkehr minimieren. Er leistet damit einen hohen Beitrag zur Verkehrssicherheit und für die Volkswirtschaft. Um die Glätte effizient bekämpfen zu können, sind neben den technischen Voraussetzungen und einer sachgerechten Ausstattung insbesondere eine wirkungsvolle Organisation und eine gute Einsatzplanung erforderlich.
2. Rechtliche Grundlagen
Im Bundesfernstraßengesetz, in den Straßen- und Straßenreinigungsgesetzen der Länder sowie in den Verordnungen und Satzungen der Kommunen sind Regelungen für den Winterdienst enthalten. Darüber hinaus ergeben sich vor allem Anforderungen aus der Verkehrssicherungspflicht nach dem Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB), wonach derjenige, der einen öffentlichen Verkehr eröffnet und dort eine Gefahrenlage schafft oder andauern lässt, zumutbare Vorkehrungen zur Abwehr der daraus resultierenden Gefahren zu treffen hat. Das gilt auch für öffentliche Straßen und bedeutet, dass im Winter Schnee und Eisglätte auf den Verkehrswegen nach besten Kräften zu bekämpfen sind.
Inhalt sowie Umfang dieser Regelungen und Anforderungen sind für Straßen außerhalb und Straßen innerhalb geschlossener Ortslagen verschieden. Detaillierte Anforderungen sind gesetzlich nicht geregelt. Die im Einzelfall an die Erfüllung der Räum- und Streupflicht zu stellenden Anforderungen werden durch die ständige Rechtsprechung umfangreich konkretisiert und fortentwickelt.
Die sich aus der Gesetzeslage sowie der ständigen Rechtsprechung ergebenden Anforderungen an den Winterdienst sind vor allem straf- und haftungsrechtlich relevant. Im praktischen Winterdienst ist es vielfach sinnvoll und effektiv, zur Gewährleistung eines flüssigen Verkehrsablaufes, der Verkehrssicherheit sowie der Wirtschaftlichkeit des Winterdienstes über diese rein rechtlichen Anforderungen hinauszugehen.
3. Winterdienst innerhalb geschlossener Ortslagen
Die gesetzliche Verpflichtung ist für Räumen und Streuen sehr unterschiedlich. Der Winterdienst kann von der Kommune im Rahmen des Zumutbaren zum Teil auf die Anlieger übertragen werden.
Innerorts besteht grundsätzlich eine Straßenreinigungspflicht der Kommune. Aus dieser ergibt sich im Winter die Schneeräumpflicht, das heißt die Notwendigkeit, alle Verkehrsflächen vom Schnee zu reinigen.
Die Schneeräumung muss nicht überall gleichzeitig ausgeführt werden und kann gegenüber der Streupflicht nachrangig erfolgen.
Die Kommunen müssen Räumpläne aufstellen, in denen die zu räumenden Flächen bestimmten Dringlichkeitsstufen zugeordnet sind.
Innerorts besteht eine Streupflicht auf Fahrbahnen nur an Stellen, die sowohl gefährlich als auch verkehrswichtig sind. Gehwege und Fußgängerquerungsbereiche sind bei Glätte abzustreuen. Die Streupflicht besteht grundsätzlich erst bei Eintritt der Gefahrenlage und nur tagsüber.
Gefährlich sind solche Straßenstellen, die wegen ihrer besonderen Lage oder bestimmter Zustände, die nicht ohne weiteres erkennbar sind, die Möglichkeit eines Unfalles auch dann nahe legen, wenn der Verkehrsteilnehmer die im Verkehr allgemein erforderliche Sorgfalt walten lässt. Dies können z.B. enge Kurven, Fahrbahnverengungen, Kreuzungen und Einmündungen in Verbindung mit Längsneigungen oder Straßen mit erhöhter Glätteneigung sein.
Die Verkehrswichtigkeit eines Straßenabschnittes ergibt sich vor allem aus dessen Verbindungsfunktion oder aus besonderen Verkehren.
4. Wahrnehmung der Räum- und Streupflicht
Straßenabschnitte, für die eine Räum- und Streupflicht besteht, sind in einen Räum- und Streuplan aufzunehmen. Darin ist die Reihenfolge entsprechend der Dringlichkeit festzulegen.
Der winterlichen Situation entsprechend sind wirkungsvolle Streustoffe zu verwenden.
Der zeitliche Umfang der Räum und Streupflicht richtet sich nach dem Verkehrsbedürfnis. Die Verkehrswege sind generell nur für den normalen Tagesverkehr zu räumen und zu streuen.
Morgens sollen die Arbeiten so rechtzeitig einsetzen, dass bereits der vor dem allgemeinen Tagesverkehr liegende Hauptberufsverkehr geschützt wird.
Abends endet die Räum- und Streupflicht mit dem Aufhören des allgemeinen Tagesverkehrs. In den übrigen Zeiten besteht keine Räum- und Streupflicht.
Kommunen können innerorts die ihnen obliegenden Räum- und Streupflichten grundsätzlich im Rahmen des Zumutbaren auf die Anlieger durch Satzung übertragen. In der Regel erfolgt dies für die Gehwege, gemeinsamen Geh- und Radwege oder am Rande der Fahrbahn liegende Gehstreifen, gegebenenfalls auch für Fußgängerüberwege und Bushaltestellen.
Bei Gehwegen hat der Anlieger nur eine für den Fußgängerverkehr notwendige und nicht die gesamte Gehwegbreite zu betreuen.
Als Eigentümer an Straßen angrenzender Grundstücke haben die Kommunen dieselben Verpflichtungen wie sonstige Anlieger. Im Falle der Übertragung auf die Anlieger obliegt der Kommune eine Überwachungspflicht.
Bei der Stadt Aachen beruht die Organisation, Einsatzplanung und Dokumentation des gesamtstädtischen Winterdienstes auf den vorstehenden Grundlagen. Mithin erfüllt der Winterdienst in der Stadt Aachen die gesetzlichen und rechtlichen Vorgaben und Anforderungen.
Alle zukünftig geplanten und darüber hinaus gehenden Maßnahmen stellen sog. überobligatorische Leistungen dar und führen zwangsläufig zu einer Erhöhung der Winterdienstkosten, was wiederum auch zu einer Erhöhung der Straßenreinigungsgebühren führen kann.
B) Maßnahmenplan Wintereinbruch
1. Die Erstellung eines öffentlich zugänglichen, stadtweiten Räumplans mit Prioritäten für Straßen, öffentliche Flächen und Bushaltestellen zur Gewährleistung der Mobilität für alle Aachenerinnen und Aachener bei jedem Wetter.
Der Aachener Stadtbetrieb wird zukünftig die aktuellen Räum- und Streupläne für den Winterdienst auf Fahrbahnen über ein geeignetes Medium (z.B. Internet) der Öffentlichkeit zugänglich machen.
Eine Gewährleistung der Mobilität für alle Aachenerinnen und Aachener bei jedem Wetter ist schlechterdings unmöglich und würde auch die Grenzen der Zumutbarkeit und finanziellen Belastbarkeit der Kommunen maßlos überfordern.
2. Die Aufrechterhaltung des ASEAG-Linienverkehrs zumindest auf den Hauptmagistralen, ggf. durch den Einsatz von Schneeketten für die Busse.
Bis auf kleinste Ausnahmen befinden sich bereits alle Strecken des ÖPNV in Dringlichkeitsstufe 1. Allerdings kann kein Spezialverkehr (wie Schulbusse, ÖPNV, Kranken- und Rettungswagen oder die Müllentsorgung) eine sonst verkehrsunwichtige in eine verkehrswichtige Straße transformieren. Im Übrigen hat sich der Personenkollektivverkehr durch Winterbereifung oder Schneeketten selbst zu schützen (§ 18 BOKraft). Beachtet man diese eigenen Sorgfaltspflichten, muss die Kommune keinen Spezialverkehr auf verkehrsunwichtigen oder ungefährlichen Straßen vor Schäden schützen. Gleiches gilt im Übrigen auch für die Müllentsorgung. Sollte damit eine Straße immer noch nicht sicher zu befahren sein, ruht die Entsorgungsverpflichtung. Ungeachtet dessen werden im Anschluss an die Winterdienstperiode 2010 / 2011 weitere Abstimmungsgespräche mit der ASEAG erfolgen.
3. Die Einplanung von Maßnahmen speziell für ältere Menschen und Menschen mit Behinderungen, damit diese Gruppen nicht durch Schneeberge am Straßenrand, auf Gehwegen und an Bushaltestellen quasi gezwungen werden im Haus zu bleiben.
Eine Einplanung von Maßnahmen speziell für ältere Menschen und Menschen mit Behinderungen stellen Einzelfallmaßnahmen dar und sind bei Extremwetterlagen mit den vorhandenen Winterdienstressourcen nicht leistbar. Da der Winterdienst auf Gehwegen, Fußgängerüberwegen und an Bushaltestellen per Satzung auf die angrenzenden Grundstückseigentümer übertragen ist, käme hier allenfalls eine Intensivierung der der Stadt Aachen obliegenden Überwachungspflichten in Betracht.
Mit dem Fachbereich Sicherheit und Ordnung wurden diesbezüglich bereits konstruktive Gespräche geführt, die vermuten lassen, dass zukünftig auch die Außendienstmitarbeiter dieses Fachbereiches entsprechende Überwachungen und ggf. Ahndungen der Eigentümerverpflichtungen vornehmen werden.
Darüber hinaus wurden mit der ASEAG Gespräche geführt, inwieweit man sich von dortiger Seite für eine Schneebeseitigung an Bushaltestellen verantwortlich sieht. Sollte der Rat der Stadt in diesem Zusammenhang durch Satzungsänderung beschließen, dass die Räum- und Streupflicht an Bushaltestellen zukünftig der ASEAG obliegt, weist die ASEAG vorsorglich darauf hin, dass sie hierfür sowohl das dafür erforderliche Personal als auch die ggf. notwendige Technik bislang nicht vorhält und die Bereitstellung dieser Ressourcen zu erheblichen Mehrkosten führen wird. Entweder werden diese Mehrkosten dann über den Fahrpreis abgewälzt oder der Zuschuss der Stadt müsste entsprechend erhöht werden.
4. Eine temporäre Ausweisung von Einbahnstraßen, um die durch die Räumung entstehende Einspurigkeit der Nebenstraßen auszugleichen.
Diese Maßnahme macht bei extremen und lang andauernden Schneefällen Sinn und unterliegt der Zuständigkeit des Fachbereiches 61. Diesbezügliche Gespräche werden im Rahmen der Vorbereitungen für die Winterdienstperiode 2011/2012 geführt und ggf. zukünftig im Rahmen der Winterdienstorganisation berücksichtigt.
5. Die möglichst gleichmäßige über das Stadtgebiet verteilte Ausweisung von Schneeabladeflächen in Kooperation mit Landwirten .
In Abstimmung mit den Fachbereichen Immobilienmanagement und Umwelt wird der Aachener Stadtbetrieb nach derartigen Flächen suchen und diese in die Winterdienstorganisation integrieren.
6. Die Kooperation mit Landwirten, Bauunternehmungen und Lohnunternehmern zur Erhöhung der Schneeräumkapazitäten.
Die Einbeziehung von privaten Dritten bei der Durchführung von Winterdienstmaßnahmen wurde in der Vergangenheit bereits praktiziert, jedoch aufgrund des Spardiktates immer weiter zurückgefahren. Eine Ausweitung derartiger Kooperationen ist bei Bedarf im Wege der Ausschreibung ohne weiteres denkbar und machbar. Allerdings ist hierbei zu berücksichtigen, dass die wenigsten Privatunternehmen über die notwenigen Winterdienstgeräte (Räumschild und Streuer) verfügen. Bei evtl. notwendigem Abtransport von Schneemengen werden verschiedene Privatunternehmen bereits standardmäßig im Rahmen der Winterdienstorganisation berücksichtigt.
7. Die Veröffentlichung einer Infobroschüre für die Bürgerinnen und Bürger, in der über Rechte und Pflichten bei der Schneebeseitigung informiert wird und Tipps zur Schneeräumung und zur Bekämpfung von Dachlawinen gegeben werden.
Der Aachener Stadtbetrieb wird sich im Rahmen der personellen und finanziellen Möglichkeiten bemühen, bereits zur Winterdienstperiode 2011 / 2012 eine derartige Infobroschüre zur Verfügung zu stellen. Darüber hinaus wird auf die bereits vorhandenen Winterdienstinformationen auf der Internetseite des Aachener Stadtbetriebes verwiesen. Im Übrigen enthalten die Erläuterungen zum jährlichen Grundbesitzabgabenbescheid bereits seit Jahren deutliche Hinweise auf die Winterdienstverpflichtungen der Grundstückseigentümer. Insofern muss davon ausgegangen werden, dass jeder Grundstückseigentümer seine diesbezüglichen Pflichten kennt bzw. kennen muss.
8. Die Optimierung des Split- bzw. Streusalzmanagements.
Wie die vergangenen Winterdienstperioden und die Winterdienstperiode 2010/2011 gezeigt haben, verfügt der Aachener Stadtbetrieb bereits über ein optimiertes Splitt- und Streusalzmanagement. Im Gegensatz zu vielen anderen Kommunen in Deutschland ist in Aachen kein Salzmangel eingetreten.
9. Die Errichtung eines zusätzlichen Streusalzlagers auf dem Gelände des Stadtbetriebes
Die Errichtung eines zusätzlichen Streusalzlagers auf dem Betriebsgelände Madrider Ring ist bereits ein mehrjähriger Wunsch des Aachener Stadtbetriebes. Voraussetzung hierfür ist jedoch die Bereitstellung des Erweiterungsgeländes Halden Schmidt, welches unmittelbar an das Betriebsgelände des Stadtbetriebes am Madrider Ring angrenzt und z. Z. nicht genutzt wird.
c) Kostenberechnung / -schätzung
Zum derzeitigen Zeitpunkt kann keine seriöse Kostenberechnung / -schätzung vorgenommen werden. Sollten sich durch die Optimierungsmaßnahmen erhebliche Mehrkosten ergeben, wird der Aachener Stadtbetrieb hierüber unaufgefordert berichten.
Anlagen
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