Entscheidungsvorlage - FB 61/0023/WP18
Grunddaten
- Betreff:
-
Klima-Checkliste für städtebauliche Planungen und Bebauungspläne
- Status:
- öffentlich (Vorlage abgeschlossen)
- Vorlageart:
- Entscheidungsvorlage
- Federführend:
- FB 61 - Fachbereich Stadtentwicklung und Stadtplanung
- Verfasst von:
- Dez. III / FB 61/200
Beratungsfolge
Status | Datum | Gremium | Beschluss | NA |
---|---|---|---|---|
●
Erledigt
|
|
Ausschuss für Umwelt und Klimaschutz
|
Kenntnisnahme
|
|
|
20.04.2021
| |||
●
Erledigt
|
|
Planungsausschuss
|
Kenntnisnahme
|
|
|
04.03.2021
|
Erläuterungen
Erläuterungen:
Hintergrund
Klimaschutz und Klimaanpassung sind Anforderungen, denen sich Städte und Gemeinden stellen müssen.
Derzeit steigt die globale Mitteltemperatur um 0,2 °C pro Jahrzehnt. Wenn eine radikale Wende ausbleibt, wird die Erde schon im Jahr 2040 um 1,5 °C heißer sein als in vorindustrieller Zeit, 60 Jahre früher als im Pariser Weltklimaabkommen beabsichtigt. Mit der Temperatur steigt auch das Risiko, dass sogenannte Kipppunkte im Klimasystem erreicht werden. Wenn diese Schwellen überschritten werden, kommt es zu sich selbst verstärkenden, möglicherweise unumkehrbaren Prozessen, die zu noch mehr Erwärmung führen. In der Fachzeitschrift „Nature“ warnen unter anderem Forscher des Potsdam-Instituts für Klimafolgenforschung ausdrücklich vor diesen Kipppunkten. Diese theoretische Möglichkeit allein begründe nach Ansicht der Wissenschaftler*innen bereits eine „planetare Notlage“ und eine „existenzielle Bedrohung für die Zivilisation“.
Klimaschutz umfasst im Wesentlichen alle Maßnahmen, die der Verringerung klimaschädlicher Treibhausgasemissionen dienen, wie z. B. Energieeinsparung oder Nutzung erneuerbarer Energien. Klimaanpassung bedeutet die Anpassung an die Folgen des Klimawandels, die schon heute nicht mehr zu verhindern sind, wie z.B. Starkregenvorsorge oder Vermeidung von Hitzeinseln durch das Freihalten von Belüftungsbahnen oder Verschattung.
Im Baugesetzbuch (BauGB) sind Klimaschutz und Klimaanpassung fest verankert. Insbesondere im Rahmen des „Gesetzes zur Förderung des Klimaschutzes bei der Entwicklung in den Städten und Gemeinden“ aus dem Jahr 2011 wurden Aspekte des Klimaschutzes und der Klimaanpassung in die entsprechenden Paragraphen des BauGB aufgenommen.
In § 1 Abs. 5 BauGB ist als Grundsatz der Bauleitplanung formuliert, dass Bauleitpläne dazu beitragen sollen, den Klimaschutz und die Klimaanpassung, insbesondere auch in der Stadtentwicklung, zu fördern. Gemäß § 1 Abs. 6 Nr. 7a) BauGB sind die Auswirkungen der Planung auf das Klima zudem als Belang des Umweltschutzes zu berücksichtigen. Weiterhin ist in den ergänzenden Vorschriften zum Umweltschutz gemäß § 1a Abs. 5 BauGB festgelegt, dass den Erfordernissen des Klimaschutzes sowohl durch Maßnahmen, die dem Klimawandel entgegenwirken, als auch durch solche, die der Anpassung an den Klimawandel dienen, Rechnung getragen werden soll. Dieser Grundsatz ist in der Abwägung zu berücksichtigen, in der die öffentlichen und privaten Belange gegeneinander und untereinander gerecht zu gewichten sind. Ein genereller Vorrang der Belange des Klimaschutzes und der Klimaanpassung kann daraus jedoch nicht abgeleitet werden.
Die Pflicht zur Darstellung der Auswirkungen von Planungen auf das Klima und auf die Folgen des Klimawandels ist ebenfalls in der in § 2 Abs. 4 BauGB zitierten Anlage 1 zur Erstellung des Umweltberichtes unter Ziffer 2 b) gg) enthalten.
Im Rahmen der Novellierung des BauGB im Jahr 2011 wurde der Katalog möglicher Inhalte des Bebauungsplanes in § 9 BauGB um Erfordernisse des Klimaschutzes erweitert. Hierbei handelt es sich um Maßnahmen, die dem Klimawandel entgegenwirken und um Maßnahmen, die der Anpassung an den Klimawandel dienen.
Städte und Gemeinden sind gezwungen, in ihrem Handeln den formulierten Anforderungen im BauGB zu entsprechen und dazu entsprechende Strategien zur Umsetzung zu entwickeln.
Am 19.06.2019 wurde vom Rat der Stadt Aachen der Klimanotstand beschlossen und gleichzeitig der Auftrag an die Verwaltung erteilt, ein Integriertes Klimaschutzkonzept (IKSK) zu erarbeiten. Das IKSK wurde in einem ca. einjährigen Prozess mit vielen Beteiligten entwickelt und in der Sitzung des Rates am 26.08.2020 im Sinne eines Grundsatzpapiers beschlossen. Es beinhaltet zahlreiche Maßnahmen in unterschiedlichen Themenfeldern, die zur Reduzierung der CO2-Emissionen beitragen sollen. Im Themenfeld „Städtebauliche Planung“ sieht es als eine Maßnahme die Erstellung einer Klima-Checkliste für städtebauliche Planungen und Bebauungspläne vor.
Es gibt bereits zahlreiche Städte und Gemeinden, die ihre Planungen hinsichtlich Klimaschutz- und teils zusätzlich hinsichtlich Klimaanpassungsbelangen überprüfen und die Ergebnisse in Checklisten festhalten. Für das Bergische Städtedreieck mit den Städten Wuppertal, Solingen und Remscheid wurde im Rahmen des Projekts BESTKLIMA vom Institut für Stadtbauwesen und Stadtverkehr der RWTH Aachen eine umfangreiche Klima-Checkliste erarbeitet. Diese betrachtet sowohl Klimaschutz- wie auch Klimaanpassungsbelange. Die Stadt Aachen war an der Entwicklung einer Klimaanpassungscheckliste im Rahmen des Projektes ESKAPE, ebenfalls gemeinsam mit dem Institut für Stadtbauwesen und Stadtverkehr der RWTH Aachen, beteiligt. Beide Checklisten wurden als Muster zur Übernahme für weitere Kommunen konzipiert. Auf dieser Grundlage wurde unter Federführung der Abteilung Verbindliche Bauleitplanung, Fachbereich Stadtentwicklung, -planung und Mobilitätsinfrastruktur eine für Aachen angepasste Checkliste für städtebauliche Planungen und Bebauungspläne erstellt. Dabei wurden sämtliche Abteilungen des Fachbereichs sowie der Fachbereich Klima und Umwelt der Stadt Aachen beteiligt.
Ziele und Anwendung
Die Klima-Checkliste soll dazu dienen, sämtliche Klimaschutz- und Klimaanpassungsbelange im Planungsprozess zu prüfen, zu bewerten und transparent darzustellen. So stellt sie ein Instrument zur Entscheidungsvorbereitung in der Stadtverwaltung dar und soll politischen Gremien bei der Entscheidungsfindung behilflich sein.
Die Klima-Checkliste gliedert sich in drei Planungsstufen, wobei die letzte Stufe wiederum unterteilt ist:
- Planungsstufe 1: Generelle Einschätzung der Fläche aus Sicht des Klimaschutzes und der Klimaanpassung / Planungsvoraussetzungen
- Planungsstufe 2: Klimaschutz und Klimaanpassung im Städtebaulichen Vorentwurf / Entwurf
- Planungsstufe 3: Umsetzung
a) Klimaschutz und Klimaanpassung im Bebauungsplan
b) Klimaschutz und Klimaanpassung in vertraglichen Regelungen
Die Checkliste soll entsprechend dem jeweiligen Planungs- bzw. Verfahrensstand angewendet werden. In der ersten Planungsstufe soll die Checkliste möglichst ausgefüllt werden, bevor ein konkreter Entwurf für eine Fläche vorliegt, so dass Klimaschutz- und Klimaanpassungsbelange bei Planungen bereits frühzeitig berücksichtigt werden. Die Ergebnisse sollen auch in den Erläuterungsbericht zu Bebauungsplänen im Rahmen der Programmberatung oder der frühzeitigen Beteiligung einfließen. Zur Offenlage von Bebauungsplänen soll die Checkliste bis zur Planungsstufe 3a ausgefüllt als Bestandteil der Begründung vorgelegt und der Vorlage als Anlage beigefügt werden. Die Ergebnisse sollen zudem umfassend in der Begründung erläutert werden, um den Anforderungen an die gesetzlich vorgeschriebene Abwägung gerecht zu werden. Gleichzeitig soll die Klima-Checkliste auch als Entscheidungsgrundlage für gutachterliche Leistungen dienen, die im Rahmen des Bebauungsplanverfahrens zu erbringen sind.
Die Anwendung soll in den „Leitfaden für Vorhabenträger“ integriert werden. Die hierin enthaltenen Erläuterungen dienen den Vorhabenträgern bei vorhabenbezogenen Bebauungsplänen als Leitfaden zur Bewältigung der komplexen Bauleitplanverfahren und werden regelmäßig aktualisiert.
Die Bewertung der Klimaschutz- und Klimaanpassungsaspekte in Planungsstufe 1 und 2 erfolgt über ein einfaches Bewertungssystem, das Plus- und Minuspunkte sowie eine neutrale Bewertung vorsieht. Dabei werden je Kriterium maximal zwei Pluspunkte bzw. zwei Minuspunkte vergeben. Die Kriterien haben eine unterschiedliche Relevanz und ihre Bewertung soll stets für sich stehen. Es ist nicht vorgesehen, dass die Bewertungen der einzelnen Kriterien einander gegenübergestellt werden und dadurch schlechte Bewertungen des einen Kriteriums durch die gute Bewertung eines anderen Kriteriums ausgeglichen werden können. Vielmehr soll es darum gehen, einen umfassenden Überblick zu bieten, in welchen Bereichen Klimaschutz- und Klimaanpassungsbelange bereits positiv zu bewerten sind und in welchen Bereichen ggfs. noch Nachbesserungsbedarf besteht.
Planungsstufe 3 a) stellt eine Auflistung der möglichen Festsetzungen im Bebauungsplan, Planungsstufe 3 b) eine Auflistung der möglichen vertraglichen Regelungen dar. Bei diesen beiden Planungsstufen handelt es sich um einfache Checklisten, um die Inhalte einer klimaschützenden und klimaangepassten Bauleitplanung auch auf diesen Planungsebenen zu verankern.
Am Ende jeder Planungsphase erfolgt eine Zusammenfassung der Bewertung, die bei den Planungsphasen 1 und 2 neben den Plus- und Minuspunkten auch eine zusammenfassende verbal-argumentative Bewertung enthält. Ferner werden Anforderungen an die jeweils nächste Planungsphase formuliert.
Es ist beabsichtigt, die Klima-Checkliste ab sofort bei städtebaulichen Planungen und Bebauungsplänen anzuwenden. Das soll auch für laufende Bebauungsplanverfahren gelten, die sich vor dem Offenlagebeschluss befinden. Von der Anwendung ausgenommen sollen städtebauliche Planungen und Bebauungspläne sein, durch die keine oder nur unwesentliche Auswirkungen auf Klimaschutz- und Klimaanpassungsbelange zu erwarten sind. Bei den Bebauungsplänen wird es sich hierbei insbesondere um solche im Bestand handeln, die etwa der Steuerung von Vergnügungsstätten oder Einzelhandel dienen. Bei der Aufhebung von Bebauungsplänen soll die Checkliste nicht angewendet werden. Hier sollen die Auswirkungen der Aufhebung auf Klimaschutz- und Klimaanpassungsbelange ausführlich in der Begründung dargelegt werden.
Die Klima-Checkliste soll fortlaufend auf die Praktikabilität ihrer Anwendung hin überprüft werden. Auf Grundlage dieser Evaluierung soll sie stets verbessert und an die praktische Arbeit angepasst werden.
Anlagen
Nr. | Name | Original | Status | Größe | |
---|---|---|---|---|---|
1
|
(wie Dokument)
|
191,6 kB
|