Kenntnisnahme - FB 45/0130/WP18

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Beratungsfolge

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Beschlussvorschlag

Beschlussvorschlag:

Der Kinder- und Jugendausschuss nimmt der Ausführungen der Verwaltung zustimmend zur Kenntnis.
 

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Erläuterungen

Erläuterungen:

  1. Ausgangslage
     

Die Wahrnehmung des Kinderschutzes in der Stadt Aachen ist seit mehr als zwei Jahrzehnten gelebte Tradition. Auf Wunsch der Fachpolitik vom 15.06.2021 wird Abteilung Jugend des FB 45 im Folgenden die Entwicklung des Kinderschutzes in der Stadt Aachen skizzieren.

 

  1. Entwicklung von Standards im Kinderschutz in der Stadt Aachen zwischen 1999-2005
     

Durch die Einführung der Sozialraumorientierung in der Stadt Aachen zum 01.April 1999 nach einer vorangegangenen mehrjährigen intensiven fach-politischen Diskussion und die damit verbundene Auflösung von drei Abteilungen hin zur Bildung von sechs Sozialraumteams fand auch eine Neuorientierung der öffentlichen Jugendhilfe in der Stadt Aachen statt.

Als einer der Kernpunkte der Sozialraumorientierung innerhalb des verwaltungsmäßigen Handelns war die Dezentralisierung der Teams innerhalb des Stadtgebietes und die Implementierung der alleinigen Verantwortlichkeit des/der einzelnen Bezirkssozialarbeiters*in für das eigene Handeln im Sozialraum.

Einhergehend mit dieser Umstrukturierung und dem damit verbundenen hohen Verantwortungsgrad für die zu betreuenden Familien im Sozialraum wurde die Standardisierung von Arbeitsabläufen sowie eine Entwicklung von Qualitätsstandards in der Bezirkssozialarbeit zwingend erforderlich.

 

Handlungsabläufe und Arbeitsweisen in den verschiedenen Aufgabenfeldern „allgemeine

(Erziehungs-)Beratung, Hilfen zur Erziehung, Beteiligung in gerichtlichen Verfahren, sowie Inobhutnahmen von Kindern und Jugendlichen“ wurden im Sinne eines Qualitätsmanagements definiert und standardisiert.

 

Meldungen auf Kindeswohlgefährdungen wurden in den Sozialraumteams aufgenommen und nach Mitarbeiter-bezogener Einschätzung bearbeitet. Zeitgleich wurden in den Medien bundesweit spektakuläre Kinderschutzfälle aus ganz Deutschland bekannt. Durch bundesweit steigende Zahlen von Strafrechtsverfahren gegen Sozialarbeiter*innen im Zusammenhang mit Vernachlässigung, Misshandlung und sexueller Misshandlung von Kindern und Jugendlichen entwickelte sich eine übergreifende Diskussion um Fachlichkeit und Professionalität sozialer Arbeit im Bereich der Jugendhilfe. Hierdurch und durch einen deutlichen Anstieg der Kindeswohlgefährdungen lastete ein hoher Druck auf die Bezirkssozialarbeiter*innen auch in Aachen.

 

Aufgrund dessen wurde eigeninitiativ durch die damals Verantwortliche ein Prozess zur Entwicklung von Kindeswohlkriterien und Standards für den Umgang mit Hinweisen auf Vernachlässigung, Misshandlung und sexuelle Misshandlung von Kindern und Jugendlichen angestoßen, ein Projektverantwortlicher benannt und eine Arbeitsgruppe aus Vertreter*innen der öffentlichen und freien Jugendhilfe zur Erarbeitung von Standards gebildet.

 

Begrifflichkeiten der Vernachlässigung, Misshandlung und sexuellem Missbrauch von Kindern und Jugendlichen sowie der Prozess vom Hinweiseingang bis zum Ergebnis der Meldungsüberprüfung mit allen erforderlichen Arbeitsschritten wurden in der Folge einheitlich und verbindlich definiert.

 

Handlungsabläufe bei der Überprüfung und Rückkopplung mit anderen Fachkräften, Leitungskräften oder Fachstellen wurden untersucht, beschrieben und standardisiert festgelegt. Zur Standardisierung wurden Gefährdungsbewertungstabellen erstellt, mit deren Hilfe Hinweise auf Kindeswohl-gefährdungen umfassend erfasst und gemäß den festgelegten Kriterien bewertet wurden.

 

Zusätzlich fand auf dieser Grundlage eine persönliche fachliche Bewertung unter Einbeziehung der festgelegten Beratungsabläufe mit Vorgesetzten und dem Team statt. Auf diese Weise konnte einerseits sichergestellt werden, dass alle vorhandenen Hinweise systematisch und nachprüfbar erfasst wurden und gleichzeitig eine persönliche fachliche Bewertung der Gefährdungslage unter Einbeziehung der Vorgesetzten und / oder der jeweiligen Experten (z.B. der Fachberatung sexuelle Gewalt)  erfolgte. 

Gleichzeitig fand eine Bewertung des Eingriffszeitraums von sofortiger Kontaktaufnahme und Prüfung einer Inobhutnahme bis zum Angebot einer Hilfe zur Erziehung oder einem Beratungsangebot statt.

Ziel war es, verbindliche Handlungsanleitungen für die Bewertung und Prüfung von Hinweisen auf Kindeswohlgefährdung zu geben, wodurch die Bearbeitung verbessert und qualifiziert wurde.

 

Alle Hinweise auf Kindeswohlgefährdung innerhalb der Sozialraumteams werden seitdem (01.Oktober 2003) gemäß den Standards erfasst, bewertet und bearbeitet.

 

Zeitgleich wurde ein bereits aus den 1990-ziger Jahren existierender „Bereitschafts- und Sprechstundendienst“ im Zuge dessen im Juli 2003 neu strukturiert. Nicht mehr jedes der seinerzeit sechs Sozialraumteams stellte täglich durch eine Fachkraft die Bereitschaft für Einsätze bei Kindeswohlgefährdung sicher. Ressourcen wurden gebündelt, indem diese Bereitschaft täglich durch eins der Teams stellvertretend für alle sechs Sozialraumteams mit entsprechendem Fachpersonal sichergestellt wurde.

 

Im Jahr 2005 wurde auf Eigeninitiative eines Mitarbeiters das EDV Programm „Infokid“ entwickelt und eingeführt, welches diese Standards digital abbildete.

Dieses wird - in den Folgejahren weiter qualifiziert - seitdem neben der persönlich fachlichen Bewertung der Fachkräfte zur Erfassung, Bewertung und Prüfung aller Hinweise auf eine Kindeswohlgefährdung verbindlich in den Sozialraumteams verwendet. Den in der Jugendhilfe tätigen Trägern sind die Standards bekannt und gelten als verbindliche Orientierung bei gemeinsamer Handlung.

 

Für die stetige Weiterentwicklung, Reflexion und Evaluation dieser Standards wurde der interne Qualitätszirkel Kinderschutz eingerichtet, der bis heute prozessbegleitend die Qualität im Kinderschutz in der Stadt Aachen sichergestellt.

An diesem Qualitätszirkel nimmt je eine sozialarbeiterische Fachkraft aus jedem Sozialraumteam teil und sorgt damit für die Sicherstellung einer möglichst vergleichbaren Arbeit nach den jeweils anzuwendenden fachlichen Kriterien über alle Sozialraumteams hinweg. Somit ist auch die Nutzung und der Transfer von Synergieeffekten sichergestellt.

 

Die Standards werden im ca. jährlichen Abstand fortgeschrieben. Zu den entsprechenden Reflexionsgesprächen lädt FB45/300 die an dem Projekt beteiligten Verbände, Leistungspartner*innen und Vertreter*innen des FB 45 ein. Die Ergebnisse der Reflexionsgespräche werden von dem bereits damals beauftragten Projektverantwortlichen in die Standards eingearbeitet.

 

  1. Gesetz zur Weiterentwicklung der Kinder- und Jugendhilfe (KICK) im Jahr 2005
     

In den folgenden Jahren wurde die Weiterentwicklung dieser Qualitätsstandards durch Gesetzesänderungen ebenfalls gefördert.

Zum 01.10.2005 wurde das Kinder- und Jugendhilfeweiterentwicklungsgesetz (KICK) eingeführt. Mit diesem Gesetz wurde der § 8a SGB VIII neu in das SGB VIII aufgenommen. Der § 8a SGB VIII beschreibt für die öffentlichen Träger der Jugendhilfe und – durch Vereinbarungen gem. § 8a Abs. IV SGB VIII – auch für die freien Träger der Jugendhilfe das Verfahren zur Sicherstellung des Schutzauftrages bei Kindeswohlgefährdung.

Das Gesetz zielte auf eine Verbesserung des Schutzes von Kindern und Jugendlichen ab. Es wurde nicht nur die Aufgabenstellung und Verantwortung des Jugendamtes verdeutlicht, sondern erweiterte Verpflichtungen durch die Einbeziehung der nicht öffentlichen Träger.

Im Rahmen dessen wurde gemeinsam mit dem Kinderschutzbund Aachen das erste Frühwarnsystem der Kinder- und Jugendhilfe in der Stadt Aachen konzipiert, welches vom damaligen Fachausschuss in seiner Sitzung vom 14.11.2006 unter „Frühe Hilfen - Prävention von Gewalt im Säuglingsalter“ verabschiedet wurde. Folgeprojekte, wie z. B. die niederschwellig angelegten „Müttercafés“, wurden entwickelt und in einzelnen Sozialräumen etabliert. Verbindliche Strukturen der Zusammenarbeit wurden entwickelt und haben bis heute Bestand.

 

Darüber hinaus wurde vorgeschrieben, dass bei Gefährdungseinschätzungen eine „insoweit erfahrene Fachkraft“ (vgl. § 8a Abs. 4 SGB VIII) beratend hinzugezogen werden muss. Dies führte dazu, dass alle Mitarbeiter*innen der Sozialraumteams verpflichtend bis heute zur Kinderschutzfachkraft fortgebildet sind bzw. werden.

 

Mit Einführung des § 8a SGB VIII haben alle Jugendämter in der StädteRegion dazu gemeinsame Vereinbarungen im Kinderschutz erarbeitet.

 

Gleichzeitig wurde in § 72a SGB VIII geregelt, dass sowohl die öffentlichen als auch die freien Träger der Jugendhilfe keine Personen beschäftigen oder vermitteln dürfen, die rechtskräftig nach einem Straftatenkatalog des Strafgesetzbuches (§ 72a Abs. 1 SGB VIII) verurteilt worden sind. Der Nachweis hierzu ist auch über die Einstellungsvoraussetzungen hinaus durch die regelmäßige Vorlage eines erweiterten Führungszeugnisses während der gesamten Beschäftigungsdauer beizubringen. 

 

Im Jahr 2007 entwickelte in der Stadt Aachen eine Projektgruppe, bestehend aus Vertreter*innen der öffentlichen und der freien Jugendhilfe, diese Generalvereinbarungen gem. §§ 8a und 72a SGB VIII.

 

Mit zurzeit ca. 130 in der Stadt Aachen verorteten Jugendhilfeträgern wurden diese Vereinbarungen, sofern sie Fachkräfte im Sinne des SGB VIII beschäftigen, zwischenzeitlich abgeschlossen.

Weiterhin wurde für ehrenamtlich Tätige in der Jugendhilfe eine Broschüre zum Umgang mit Kindeswohlgefährdungen gemeinsam mit den freien Trägern entwickelt und an Vereine und Verbände in der Stadt Aachen verteilt. Mit Kooperationspartnern aus der Gesundheitshilfe, der Feuerwehr, der Suchthilfe und dem Fachbereich Sicherheit und Ordnung wurden analoge Vereinbarungen der Zusammenarbeit geschlossen.

 

Bereits zum 01.04.1999 wurde eine spezialisierte Fachberatungsstelle „sexualisierte Gewalt gegen Kinder und Jugendliche“ eingerichtet, die bei Hinweisen auf sexuellen Missbrauch von Kindern und Jugendlichen verpflichtend hinzugezogen wird und beratend bei der Prüfung des Hinweises zur Seite steht. Mit Gründung der StädteRegion Aachen (im Jahr 2007) wurde diese Fachberatungsstelle dort verortet und berät seitdem städteregionsweit.

 

  1. Einrichtung einer Notruf-Hotline im Jahr 2006
     

Auf Grundlage der im Jahr 2006 durch Studien dokumentierten Gewalt gegen Kinder und Jugendliche im häuslichen Umfeld, beauftragte der Fachausschuss die Fachverwaltung mit der Einrichtung einer sogenannten Notrufnummer.  Hinweise auf Gewalt und Vernachlässigung sollten möglichst unter einer einheitlichen und bekannten Rufnummer direkt dem Jugendamt gemeldet werden können.

Kurzfristig wurde die bis heute geltende Rufnummer 0241 - 432 5151 und die dahinter liegenden Regelungen und verbindlichen Vereinbarungen, die mit der Kinder- und Jugendhilfe Brand bestehen, konzipiert, implementiert und im Rahmen der regelmäßigen Qualitätsentwicklung fortgeschrieben. (FB 45/0068/WP18, Sachstandsbericht vom 27.04.2021).

 

Durch diese Regelung ist eine sieben Tage und 24 Stunden Erreichbarkeit im Jahr unter der einheitlichen Telefonnummer bis heute gewährleistet sowie der Einsatz von geschulten Kinderschutzfachkräften gemäß § 8a SGB VIII.

 

  1. Bundeskinderschutzgesetz (BKiSchG) im Jahr 2012
     

Zum 01.01.2012 trat das Gesetz zur Stärkung eines aktiven Schutzes von Kindern und Jugendlichen (Bundeskinderschutzgesetz BKiSchG) in Kraft.

Erfahrungen der Praxis zeigten erneut, dass in verschiedenen Feldern des präventiven und des intervenierenden Kinderschutzes Handlungsbedarf bestand.

Das Gesetz zielte auf das frühzeitige Erkennen von Risiken und Belastungen für eine gesunde Entwicklung von Kindern ab und wollte in der Schnittstelle zwischen Kinder- und Jugendhilfe und dem Gesundheitssystem eine Verbesserung der Rechtsgrundlagen vornehmen. Darüber hinaus wurde eine Weiterentwicklung fachlicher Leitlinien und Qualitätskriterien für die Arbeit der Kinder- und Jugendhilfe, insbesondere im Hinblick auf den Schutz von Kindern und Jugendlichen vor sexueller Gewalt in Einrichtungen vorgenommen.

 

Folgende Änderungen wurden eingeführt:

  • Einrichtung bzw. Ausweitung von Netzwerken im Kinderschutz auf der örtlichen Ebene
  • Eine weitere Qualifizierung des Schutzauftrages des Jugendamtes bei Kindeswohlgefährdung durch eine Differenzierung des Prüfverfahrens und durch die Verpflichtung, sich zur Überprüfung einen unmittelbaren Eindruck von dem Kind und seiner persönlichen Umgebung zu machen, wenn dies nach fachlicher Einschätzung erforderlich und das Kindeswohl hierdurch nicht gefährdet ist
  • Anspruch aller beruflich mit Kindern und Jugendlichen in Kontakt stehenden Personen auf Beratung bei der Einschätzung von Kindeswohlgefährdungen durch eine insoweit erfahrene Fachkraft
  • Anspruch aller Träger von Einrichtungen, in denen sich Kinder oder Jugendliche ganztätig oder für einen Teil des Tages aufhalten oder Unterkunft erhalten, auf Beratung bei der Entwicklung und Anwendung fachlicher Handlungsleitlinien zur Sicherung des Kindeswohls und zur Beteiligung von Kindern an strukturellen Entscheidungen in den Einrichtungen sowie Beschwerdeverfahren in persönlichen Angelegenheiten
  • Verbesserung der Zusammenarbeit der Jugendämter untereinander zum Schutz von Kindern, deren Eltern sich durch Wohnungswechsel der Kontaktaufnahme entziehen wollen (sogenanntes „Jugendamts-Hopping“), durch Datenweitergabe und Übergabegespräch
  • Bundeseinheitliche Regelung der Befugnis kinder- und jugendnaher Berufsgeheimnisträger zur Weitergabe von Informationen an das Jugendamt bei Kindeswohlgefährdungen, Hinwirken auf Inanspruchnahme von Hilfen bei den Eltern durch diese Personengruppe, Anspruch der Personengruppe auf Beratung durch eine insoweit erfahrene Fachkraft beim öffentlichen Jugendhilfeträger (auch Ärzte, Lehrer etc.)
  • Verpflichtung der Träger der öffentlichen Jugendhilfe zur Entwicklung, Anwendung und Evaluation fachlicher Standards (Qualitätsentwicklung) sowie zum Abschluss von entsprechenden Vereinbarungen mit der freien Jugendhilfe als Grundlage für die Finanzierung
  • Verpflichtung zur Vorlage erweiterter Führungszeugnisse für alle in der Jugendhilfe beschäftigten Personen sowie das Personal in den erlaubnispflichtigen Einrichtungen (z.B. auch Internate, sofern sie nicht der Schulaufsicht unterliegen)
  • Statistik zum Kinderschutz

 

Die bereits 2007 im FB 45/300 eingerichtete Projektgruppe nahm sich der oben genannten Punkte an und erarbeitete in 2012 gemeinsam mit den Jugendämtern der Städte Herzogenrath, Würselen und der StädteRegion an einheitlichen Generalvereinbarungen gem. § 72a SGB VIII mit Relevanz für die gesamte StädteRegion Aachen.

 

  1. Neukonzeptionierung SRT IX Kriseninterventionsdienst im Jahr 2018
     

Aufgrund der hohen personellen Belastung der Sozialraumteams I bis VIII und auf der Grundlage der in den letzten Jahren weiter gestiegenen Fallzahlen im Bereich der Meldungen und Prüfungen Kindeswohlgefährdungen wurde ein weiteres Fachteam in Form eines „Kriseninterventionsdienstes“ innerhalb der Sozialraumteams eingerichtet (siehe Vorlagennummer FB 45/0490/WP17).

 

Die Konzeption des „Kriseninterventionsdienstes“ orientierte sich im Wesentlichen an der Arbeit und der Aufgabenstellung im Hinblick auf die hoheitliche Aufgabe der Wahrnehmung des Kinderschutzes in der Stadt Aachen. Diese Aufgabe wurde - wie bereits oben beschrieben - bisher durch diero-/ Bereitschaftsdienste, rollierend durch die Sozialraumteams I bis V, gewährleistet.  

Seit dem 01.06.2018 stellt das Sozialraumteam IX sicher, dass alle eingehenden Hinweise einer Kindeswohlgefährdung bearbeitet werden. Bewertungen von Kindeswohlgefährdungen werden gemäß den Standards in der Stadt Aachen grundsätzlich mit einer „insoweit erfahrenen Fachkraft gem. § 8a SGB VIII reflektiert und weitere Handlungen im Team und je nach Art des Hinweises ggfls. mit Leitung abgestimmt.

Das bedeutet, dass eine speziell hierfür vorgehaltene qualifizierte Weiterbildung durchlaufen wurde und auch eine mindestens zweijährige einschlägige Berufserfahrung nachgewiesen werden muss. Der Zuständigkeitswechsel der Fälle vom SRT IX zurück in die Sozialraumteams I-VIII ist abhängig von der Bewertung und Bearbeitung der geprüften Kindeswohlgefährdung. Detailliert ist die Verfahrensweise in einer Schnittstellenbeschreibung festgehalten.

Die abzudeckenden Dienstzeiten werden in der Zeit von montags bis donnerstags 8:00 Uhr bis 17:00 Uhr und freitags 8:00 Uhr bis 13:00 Uhr durch den Kriseninterventionsdienst erbracht.

Das bisher bewährte Konzept des Kinder- und Jugendnotdienstes in Kooperation mit der Ev. Kinder- und Jugendhilfe Brand wurde bei der Umstrukturierung unberührt belassen, so dass weiterhin eine 24 Stunden Erreichbarkeit an sieben Tagen in der Woche weiterhin gewährleistet ist.

  1. Anforderungen aus den überörtlichen Handlungsempfehlungen und Maßnahmenkonzepten
     

Vor dem Hintergrund dramatischer Kinderschutzfälle hatten die Fraktionen von CDU, SPD, FDP und Bündnis 90/Die Grünen im Landtag NRW bereits Anfang 2020 die intensive Auseinandersetzung mit den schweren und erschütternden Missbrauchsfällen in Lügde – und später auch Bergisch Gladbach – beantragt.

In Folge dessen hat die Landesregierung Nordrhein-Westfalen im Dezember 2020 ein Handlungs- und Maßnahmenkonzept im Bereich „Sexualisierte Gewalt gegen Kinder und Jugendliche“- Prävention, Intervention, Hilfen - herausgegeben.

Mit diesem Handlungs- und Maßnahmenkonzept sollen die Eingriffsmöglichkeiten der verschiedenen Zuständigkeitsbereiche im Sinne des verantwortlich wahrzunehmenden Kinderschutzes gebündelt und wirksamer aufeinander abgestimmt werden. Prävention vor sexualisierter Gewalt soll gestärkt, Interventionsmöglichkeiten weiterentwickelt und Hilfe für Betroffene und deren Angehörige verbessert werden.

Dem angeschlossen wurde von den Landesjugendämtern Rheinland und Westfalen ebenfalls im Dezember 2020 Empfehlungen für Jugendämter zu den Gelingensfaktoren bei der Wahrnehmung des Schutzauftrags gemäß § 8a SGB VIII und zu den Grundsätzen und Maßstäben zur Bewertung der Qualität einer insoweit erfahrenen Fachkraft herausgegeben.

 

Eine Gegenüberstellung der Handlungsempfehlung zu den Gelingensfaktoren bei der Wahrnehmung des Schutzauftrags gem. § 8a SGB VIII und den in der Stadt Aachen bereits etablierten Standards im Bereich Kinderschutz wurde durchgeführt.

Dabei wurde festgestellt, dass bereits verbindliche Handlungsleitlinien sowohl für die Mitarbeiter*innen in den Sozialraumteams, wie auch für die Mitarbeiter*innen des Bereitschaftsdienstes der Ev. Kinder- und Jugendhilfe Brand bestehen.

 

 

 

 

Folgendes ist heute sichergestellt:

  • Jede Mitteilung, die auf eine Kindeswohlgefährdung hinweist, wird aufgenommen und gemäß den Standards überprüft. Eine strukturierte Vorlage zur Aufnahme einer Meldung existiert bereits und ist in der Praxis erprobt.
  • Die nächsthöheren Vorgesetzten sind über jeden Meldungseingang informiert und abhängig von der Gefährdungsstufe bei der Prüfung des Hinweises involviert.
  • In einem Einarbeitungskonzept ist definiert, ab welchem Zeitpunkt einzuarbeitende Fachkräfte Aufgaben in die eigene Bearbeitung übernehmen dürfen. Somit ist gewährleistet, dass die Einschätzung einer Kindeswohlgefährdung immer mit einer insoweit erfahrenen Fachkraft stattfindet.
  • Ein Fortbildungskonzept regelt eine verbindliche Teilnahme aller Mitarbeiter*innen an einer Fortbildung zur Kinderschutzfachkraft.
    Darüber hinaus wird regelmäßig die Teilnahme an externen Fortbildungen sowie Inhouse-Seminaren zu Themen im Kinderschutz ermöglicht und gefördert, um die fachliche Qualifizierung in diesem Bereich laufend sicher zu stellen. Einzel-, Gruppen- und Teamsupervision steht jedem Mitarbeitenden zur Verfügung.
  • In der Stadt Aachen ist ein Gewaltpräventionskonzept / Konzept zum Arbeits- und Gesundheitsschutz der Fachkräfte verbindlich gültig. Für jeden Arbeitsplatz existiert eine Gefährdungsbewertung. Notfallsupervision kann nach besonders belastenden Situationen kurzfristig in Anspruch genommen werden.

 

Folgende Weiterentwicklungen sind erforderlich:

  • Die kontinuierliche Stärkung und Qualifizierung der Mitarbeiter*innen im FB 45 sowie die Mitarbeitenden in anderen Institutionen der Jugendhilfe
  • Die Sensibilisierung anderer Stellen für das Thema Kinderschutz mit besonderer Berücksichtigung des Kinderschutzes in Fällen von sexualisierter Gewalt, z.B. im Hinblick auf die vom Landesjugendamt definierten Gelingensfaktoren. (siehe hierzu die Handlungsempfehlungen)
  • Die Konkretisierung eines Anforderungsprofils für die „insoweit erfahrene Fachkraft“ (vgl. § 8a Abs. 4 SGB VIII) ist zu erarbeiten.

Bei der Definition der Anforderungen an die Fachkraft ist deren Verortung, Kompetenz, Zuständigkeit sowie Rolle bei der Umsetzung hoheitlicher Aufgaben innerhalb des FB 45 möglichst eindeutig zu klären.
Es ist zu erwarten, dass sich hieraus Entsprechungen für die insoweit erfahrenen Fachkräfte bei den freien Trägern ergeben werden. Unkonkrete Anforderungsprofile sollen nunmehr durch die empfohlenen Prüfkriterien geschärft und fachlich so definiert werden, dass daraus ein berufliches Qualifikationsprofil entsteht.
Auf diesen Bedarf hat FB 45/300 zunächst durch die Einrichtung einer eigenen Kinderschutzstelle reagiert, die noch in diesem Jahr besetzt werden soll. Es ist zu erwarten, dass sich aus dieser Tätigkeit weitere Maßnahmen zwingend ergeben.

 

Zum 10.06.2021 ist das neue SGB VIII - Kinder- und Jugendstärkungsgesetz - in Kraft getreten. Auch hieraus ergeben sich weitere Veränderungen und neue Aufgaben der Allgemeinen Dienste.

Neben der konsequent zu lebenden Partizipation von Kindern und Jugendlichen als Experten ihrer selbst, sind Schutzkonzepte innerhalb der Betriebserlaubnis-pflichtigen Einrichtungen, der Jugend- und Freizeiteinrichtungen und für die Bereiche der Kindertagespflege und der Pflegeverhältnisse mit den freien Trägern zu erstellen und zeitnah umzusetzen, wobei insbesondere auch den spezifischen Schutzbedürfnissen von Kindern und Jugendlichen mit Behinderungen Rechnung zu tragen ist (vgl. § 8a Abs. 4 SGB VIII).
Diese müssen im Rahmen der gesetzlich vorgegebenen Zeitschiene umgesetzt und mit den vorhandenen bzw. neu zu schaffenden Arbeitsstrukturen zusammengeführt werden. 

 

  1. Fazit und Ausblick

 

Auf Hinweise einer Kindeswohlgefährdung wird in der Stadt Aachen bereits fundiert und qualifiziert reagiert.

Das über zwei Jahrzehnte gewachsene und etablierte System ist geeignet und fortlaufend gefordert, Arbeitsabläufe zu reflektieren und anhand neuer Gesetze, politischer Aufträge oder fachlicher Erfordernisse sich stetig weiter zu qualifizieren.

 

Im Rahmen der Jugendhilfe ist Ziel aller Maßnahmen Kindern, Jugendlichen und deren Familien einen geeigneten Raum zu eröffnen, in dem sie nachhaltig Schutz, Wertschätzung, Unterstützung, und

Sicherheit erfahren.

 

Die Missbrauchsfälle in Lügde, Bergisch-Gladbach und Münster haben in erschreckender Art und Weise deutlich gezeigt, dass hier - trotz oder wegen der engagierten Arbeit - kontinuierlicher Handlungsbedarf besteht.
 

Eine intensive Auseinandersetzung mit den nunmehr herausgegebenen Empfehlungen zu den Gelingensfaktoren bei der Wahrnehmung des Schutzauftrags gemäß § 8a SGB VIII und zu Grundsätzen und Maßstäben zur Bewertung der Qualität einer insoweit erfahrenen Fachkraft ist erforderlich und die hiermit notwendigen Veränderungen werden erarbeitet und über die Facharbeitskreise, wie z.B. dem Qualitätszirkel Kinderschutz, in die bestehenden Arbeitsstrukturen integriert.

 

Über die weitere Entwicklung und Konkretisierung dieser und weiterer Maßnahmen wird die Fachverwaltung dem Fachausschuss unaufgefordert berichten.
 

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Auswirkungen

Finanzielle Auswirkungen

 

 

JA

NEIN

 

 

 

x

 

 

 

 

Investive Auswirkungen

Ansatz

20xx

Fortgeschriebener Ansatz 20xx

Ansatz 20xx ff.

Fortgeschriebener Ansatz 20xx ff.

Gesamt­bedarf (alt)

Gesamt­bedarf (neu)

Einzahlungen

0

0

0

0

0

0

Auszahlungen

0

0

0

0

0

0

Ergebnis

0

0

0

0

0

0

+ Verbesserung /

- Verschlechterung

0

0

 

 

Deckung ist gegeben/ keine ausreichende Deckung vorhanden

Deckung ist gegeben/ keine ausreichende Deckung vorhanden

 

konsumtive Auswirkungen

Ansatz

20xx

Fortgeschriebener Ansatz 20xx

Ansatz 20xx ff.

Fortgeschriebener Ansatz 20xx ff.

Folge-kosten (alt)

Folge-kosten (neu)

Ertrag

0

0

0

0

0

0

Personal-/

Sachaufwand

0

0

0

0

0

0

Abschreibungen

0

0

0

0

0

0

Ergebnis

0

0

0

0

0

0

+ Verbesserung /

- Verschlechterung

0

0

 

 

Deckung ist gegeben/ keine ausreichende Deckung vorhanden

Deckung ist gegeben/ keine ausreichende Deckung vorhanden

 

Weitere Erläuterungen (bei Bedarf):

 

 

 

 

 


Klimarelevanz

Bedeutung der Maßnahme für den Klimaschutz/Bedeutung der Maßnahme für die

Klimafolgenanpassung (in den freien Feldern ankreuzen)

Zur Relevanz der Maßnahme für den Klimaschutz

 

Die Maßnahme hat folgende Relevanz:

keine

positiv

negativ

nicht eindeutig

x

 

 

 

 

Der Effekt auf die CO2-Emissionen ist:

gering

mittel

groß

nicht ermittelbar

 

 

 

 

 

Zur Relevanz der Maßnahme für die Klimafolgenanpassung

 

Die Maßnahme hat folgende Relevanz:

keine

positiv

negativ

nicht eindeutig

x

 

 

 

 

Größenordnung der Effekte

Wenn quantitative Auswirkungen ermittelbar sind, sind die Felder entsprechend anzukreuzen.

 

Die CO2-Einsparung durch die Maßnahme ist (bei positiven Maßnahmen):

 

gering

 

 

unter 80 t / Jahr (0,1% des jährl. Einsparziels)

mittel

 

 

80 t bis ca. 770 t / Jahr (0,1% bis 1% des jährl. Einsparziels)

groß

 

 

mehr als 770 t / Jahr  (über 1% des jährl. Einsparziels)

 

Die Erhöhung der CO2-Emissionen durch die Maßnahme ist (bei negativen Maßnahmen):

 

gering

 

 

unter 80 t / Jahr (0,1% des jährl. Einsparziels)

mittel

 

 

80 bis ca. 770 t / Jahr (0,1% bis 1% des jährl. Einsparziels)

groß

 

 

mehr als 770 t / Jahr (über 1% des jährl. Einsparziels)

 

Eine Kompensation der zusätzlich entstehenden CO2-Emissionen erfolgt:

 

 

 

vollständig

 

 

 

überwiegend (50% - 99%)

 

 

 

teilweise (1% - 49 %)

 

 

 

nicht

 

 

 

nicht bekannt

 

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Anlagen

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