Entscheidungsvorlage - FB 30/0009/WP18

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Beratungsfolge

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Beschlussvorschlag

Beschlussvorschlag:

Der Rat der Stadt stellt gemäß § 25 Abs. 7 Satz 1 GO NRW die Zulässigkeit des Einwohner*innenantrages „Aachen klimaneutral 2030!“ fest.
 

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Erläuterungen

Erläuterungen:

In der Ratssitzung vom 30.03.2022 überreichten die Antragsteller*innen und Vertretungsberechtigten des Einwohner*innenantrages die von den Befürwortern des Einwohner*innenantrages „Aachen klimaneutral 2030“ unterzeichneten Unterschriftenlisten und lösten damit die Verpflichtung des Rates nach § 25 Abs. 7 S. 1 GO NRW, über die Zulässigkeit des Einwohnerantrages unverzüglich zu entscheiden, aus.

 

§ 25 Abs. 7 GO NRW sieht zwei Beschlüsse des Rates zu dem eingereichten Einwohner*innenantrag vor:

 die Zulässigkeitsentscheidung und

 die inhaltliche Beschlussfassung,

die in verschiedenen Sitzungen des Rates innerhalb eines Zeitrahmens von maximal vier Monaten nach Eingang des Antrages erfolgen können.

 

Gegenstand der Vorlage ist das Ergebnis der durchgeführten Prüfung der Verwaltung über die Zulässigkeit des Einwohner*innenantrages, die dem Rat zur formellen Entscheidung vorzulegen ist. Kommt der Rat zu dem Ergebnis, dass der Antrag zulässig ist, stellt er die Zulässigkeit des Antrags durch Beschluss fest. Kommt der Rat zum Ergebnis der Unzulässigkeit des Antrages, so sind die antragstellenden Einwohner*innen über ihre Einwohnervertreter*innen entsprechend zu bescheiden.

Im Unterschied zu einem Bürgerbegehren und Bürgerentscheid nach § 26 GO NRW handelt es sich bei einem Einwohner*innenantrag nach § 25 GO NRW nicht um eine Entscheidungs-, sondern um eine Mitwirkungsmöglichkeit mittels einer unmittelbar demokratischen Einflussnahme auf den Rat, sich mit dem Anliegen zu befassen und darüber zu entscheiden.

 

Unter welchen Voraussetzungen ein Einwohner*innenantrag zulässig ist, ist in § 25 GO NRW abschließend geregelt.

 

Danach können Einwohner*innen, die seit mindestens drei Monaten in der Gemeinde wohnen und das 14. Lebensjahr vollendet haben, beantragen, dass der Rat über eine bestimmte Angelegenheit, für die er gesetzlich zuständig ist, berät und entscheidet.

 

Der Einwohner*innenantrag muss bis zu drei Personen benennen, die berechtigt sind, die Unterzeichnenden zu vertreten. Mehrere Vertreter*innen handeln gemeinschaftlich.

Die im Einwohnerantrag benannten Vertretungsberechtigten Frau Susanne Ehret, Frau Elisa Ehret und Herr Alexander Graf sind vertretungs- und antragsbefugt im Sinne des § 25 Abs. 2 S. 3 i.V.m. Abs. 1 S. 1 GO NRW, da sie seit mehr als drei Monaten in der Stadt Aachen wohnen und auch das 14. Lebensjahres vollendet bzw. überschritten haben.

 

Die zwingend vorgeschriebene Schriftform des Antrages nach § 25 Abs. 2 S. 1 GO NRW wurde eingehalten. Die in der Ratssitzung vom 30.03.2022 eingereichten Unterschriftenlisten, lassen eine klare Zurechnung der Unterschriften zum Antragsbegehren feststellen, da auf jeder Unterschriftenliste gemäß den gesetzlichen Vorgaben nach § 25 Abs. 4 S. 1 GO NRW der volle Wortlaut des Antrages abgedruckt ist.

 

Neben der Unterschrift ist gemäß § 25 Abs. 4 S. 2 GO NRW die zweifelsfreie Angabe des Namens, Vornamens, Geburtsdatums und der Anschrift des*r Unterzeichnenden auf der Liste erforderlich. Damit soll die klare Zuordnung der Unterschrift zu einer bestimmten und überprüfbar antragsberechtigten Person sichergestellt werden. Die Unterschriftenlisten sind in Bezug auf die Antragsberechtigung der Unterzeichnenden überprüfbar. Die Überprüfung konnte das Wahlamt entsprechend § 25 Abs. 4 S. 3 GO NRW erfolgreich abschließen.

 

Der Einwohner*innenantrag hat das nach § 25  Abs. 3 Ziffer 2 GO NRW erforderliche Quorum übererfüllt. Danach muss der Antrag in kreisfreien Städten von mindestens 4 % der Einwohner*innen, höchstens jedoch 8.000 Einwohner*innen unterschrieben worden sein. Nach Prüfung der Verwaltung wurde der Antrag von 9.626 antragsberechtigten Einwohner*innen unterzeichnet.

 

Jede Liste mit Unterzeichnungen enthält den vollen Wortlaut des Antrages und dessen Begründung. Damit ist sichergestellt, dass alle Unterzeichnenden den gleichen Antrag stellen.

 

Der Antrag ist gemäß § 25 Abs. 5 GO NRW nur zulässig, wenn nicht in derselben Angelegenheit innerhalb der letzten 12 Monate bereits ein Antrag gestellt wurde. Dies ist nicht der Fall. Die Tatsache, dass mit dem Antrag das vom Rat in seiner Sitzung am 26.08.2020 beschlossene integrierte Klimaschutzkonzept (IKSK) ersetzt bzw. fortentwickelt werden soll, löst bezogen auf den Einwohner*innenantrag keine Fristen aus.

 

Nach dem Gesetzeswortlaut in § 25 Abs. 2 S. 2 GO NRW muss beantragt werden, dass der Rat über eine bestimmte Angelegenheit, für die er gesetzlich zuständig ist, berät und entscheidet.

 

Die Unterzeichnenden beantragen:

 

1. Die Stadt Aachen erstellt ein konkretes und verbindliches

Klimaschutzkonzept für eine echte Klimaneutralität bis 2030

Dieses Konzept

• kann neu erstellt werden oder auf dem bestehenden integrierten Klimaschutzkonzept {IKSK) basieren,

• wird alle direkten und indirekten Einflussmöglichkeiten der Stadt zur Emissionsminderung umfassen,

• wird innerhalb von 18 Monaten nach Annahme des Einwohner:innenantrags fertiggestellt sein und

• wird direkt im Anschluss allen Bürger:innen barrierefrei zur Verfügung gestellt und unmittelbar danach umgesetzt.

 

 

 

2. Die Stadt Aachen

• überprüft und dokumentiert die Umsetzung,

• informiert weiterhin jährlich die Öffentlichkeit über die Umsetzung und die erreichten Emissionsreduktionen und

• verdeutlicht in der Beschlussvorlage zukünftiger Ausschuss- und Ratsbeschlüsse die Auswirkung auf die Erreichung des Ziels.

 

Der Antragsgegenstand fällt in die Entscheidungskompetenz des Rates. Der Rat ist gemäß § 41 Abs. 1 GO NRW für alle Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft zuständig und hat damit auch die Organkompetenz für klimapolitische Maßnahmen.

 

Unter Berücksichtigung der mit einem Einwohner*innenantrag verbundenen Mitwirkung von Einwohner*innen am politischen Prozess durch die Befassung des Rates mit einer bestimmten Angelegenheit sind an die Bestimmtheit des Antrages keine überzogenen Anforderungen zu stellen. Ausreichend ist, dass der Antrag erkennen lässt, in welchem Sinne ein Beschluss zu fassen ist. Das Erfordernis der inhaltlichen Bestimmtheit des Begehrens bedeutet, dass die Antragstellenden konkret angeben müssen, welche Angelegenheit beraten und entschieden werden soll.

 

Dem könnte entgegenstehen, dass die Verbindlichkeit von Maßnahmen zum Zwecke der Einhaltung des 1,5 Grad-Zieles beschlossen werden sollen, die als solche jedoch noch nicht feststehend sind und nicht konkret benannt werden können, da die erforderlichen Maßnahmen zunächst in einem neu zu erstellenden oder auf Basis des vom Rat in seiner Sitzung vom 26.06.2020 beschlossenen und weiterzuentwickelnden integrierten Klimaschutzkonzept (IKSK) zu entwickeln sind.

 

Zwar ist ein Antrag, der sich nicht auf einen konkreten feststehenden Sachverhalt, sondern auf den Eintritt eines künftigen, ungewissen Ereignisses bezieht, und für diesen Fall bereits jetzt eine Festlegung des Gemeindehandelns erreichen will, als sog. Vorratsbeschluss nicht hinreichend bestimmt, doch ist der vorliegende Sachverhalt ein anderer. Ziel des Antrages ist es, der Problematik der menschengemachten Erderwärmung durch die Reduktion von Treibhausgasemissionen (insbes. CO2-Emissionen) entgegenzuwirken, um im Interesse der Generationengerechtigkeit auch für zukünftige Generationen die Lebendgrundlage zu erhalten. Die Erderwärmung ist ein konkret feststehender Sachverhalt. Nicht feststehend ist, mit welchen Maßnahmen der Rat seinen Beitrag zur Einhaltung des 1,5 Grad-Zieles und der auch vom Rat intendierten Klimaneutralität erreichen kann. Die Notwendigkeit eines Klimaschutzkonzeptes, das „Ob“, ist bereits durch den Ratsbeschluss vom 26.06.2020 belegt. Das „Wie“ ist hingegen nicht feststehend, da es sich mit dem Ziel der Antragstellenden verbindet, zu einer schnelleren und umfangreicheren Reduktion der Treibhausgasemissionen und damit zu einer schnelleren Klimaneutralität zu kommen, als dies im Falle der unveränderten Beibehaltung des IKSK möglich wäre. Insoweit ist dem Erfordernis, dass der Antrag erkennen lässt, in welchem Sinne der intendierte Beschluss zu fassen ist, genüge getan.

 

Das Begründungserfordernis bezweckt, für die Unterzeichner*innen des Einwohner*innenantrags und für den Rat deutlich zu machen, warum sich der Rat mit der Angelegenheit befassen soll. Daher muss auch die Begründung – ggf. in einer Kurzform – auf den Unterschriftenlisten wiedergegeben werden. Der Antrag enthält eine detaillierte Begründungsaussage zum Antragsgegenstand, so dass dem Begründungserfordernis ebenfalls genüge getan wurde.

 

Ergebnis: Demnach ist die Zulässigkeitsentscheidung zu Gunsten der Antragstellenden zu treffen.

Bei der Zulässigkeitsentscheidung ist das im Einwohner*innenantrag formulierte Begehren für den Rat verbindlich. Er ist nicht berechtigt, das Begehren von sich aus in der Ratssitzung – etwa durch einen von allen Fraktionen gemeinsam getragenen Abänderungsantrag – zu verändern (Wansleben, in: Held/Winkel/Wansleben, § 25 GO, 3.3). Die Behandlung in der Sache kann der nachfolgenden Ratssitzung vorbehalten bleiben.


 

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Anlagen

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