Kenntnisnahme - FB 20/0124/WP18
Grunddaten
- Betreff:
-
Stellungnahme der Verwaltung zum Ratsantrag Nr. 245/18 "Gesellschaftszwecke städtischer Gesellschaften"
- Status:
- öffentlich (Vorlage abgeschlossen)
- Vorlageart:
- Kenntnisnahme
- Federführend:
- FB 20 - Fachbereich Finanzsteuerung
Beratungsfolge
Status | Datum | Gremium | Beschluss | NA |
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Gestoppt
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Hauptausschuss
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Kenntnisnahme
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14.09.2022
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Gestoppt
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Rat der Stadt Aachen
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Kenntnisnahme
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28.09.2022
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Beschlussvorschlag
Beschlussvorschlag:
Hauptausschuss:
Der Hauptausschuss nimmt die Ausführungen der Verwaltung zum Ratsantrag der Fraktionen von Grüne, CDU, SPD, Die Zukunft, Die Linke und FDP zustimmend zur Kenntnis.
Rat:
Der Rat der Stadt Aachen nimmt die Ausführungen der Verwaltung zum Ratsantrag der Fraktionen von Grüne, CDU, SPD, Die Zukunft, Die Linke und FDP zustimmend zur Kenntnis. Der Ratsantrag Nr. 245/18 vom 08.03.2022 gilt damit als behandelt.
Erläuterungen
Erläuterungen:
Der vom Rat der Stadt Aachen in der Sitzung am 30.03.2022 angenommene Ratsantrag der Fraktionen von Grüne, CDU, SPD, Die Zukunft, Die Linke und FDP beinhaltet den Auftrag zu prüfen, ob bei den städtischen Gesellschaften SEGA, GEGRA und ASB die in den Satzungen/Gesellschaftsverträgen festgeschriebenen Gesellschaftszwecke noch zeitgemäß und wirtschaftlich sind oder einer Anpassung an neue gesellschaftliche Verhältnisse bedürfen. Dabei sollen die Vor- und Nachteile der jeweiligen Änderungen dargestellt werden.
Städtische Entwicklungsgesellschaft Aachen GmbH & Co. KG (SEGA)
Gesellschaftszweck und Tätigkeit
Der Gesellschaftszweck der im Jahr 2019 gegründeten SEGA ist in § 2 Abs. 1 des Gesellschaftsvertrages definiert:
„Gegenstand des Unternehmens ist die Übernahme der städtebaulichen Entwicklung und Erschließung des Altstadtquartiers Büchel entsprechend der vom Rat der Stadt Aachen festgelegten Zielsetzung und Bauleitplanung.“
Gemäß § 2 Abs. 2 des Gesellschaftsvertrages ist die Gesellschaft zu allen Maßnahmen und Geschäften berechtigt, durch die der Gesellschaftszweck unmittelbar oder mittelbar gefördert werden kann. Die Gesellschaft kann sich zur Erfüllung ihrer Aufgaben anderer Unternehmen bedienen, sich an ihnen beteiligen oder solche Unternehmen sowie Hilfs- und Nebenbetriebe errichten, erwerben und pachten, soweit dies kommunalrechtlich zulässig ist.
Zu den Aufgaben der SEGA zählen dabei die Verwaltung der Bestandsimmobilien im Altstadtquartier Büchel und die Stadtentwicklung und Aufwertung des Bereichs. Dabei wird ein kooperativer Planungsansatz verfolgt, der die Bürger*innen der Stadt als potenzielle Nutzer*innen aktiv in die Planung einbezieht.
Der im Jahr 2021 und Anfang 2022 erfolgte Abriss des Parkhauses Büchel ist ein erster bautechnischer Meilenstein in der Entwicklung des Altstadtquartiers Büchel. Die Kernaufgabe der kommenden Jahre wird es nun sein, auf Basis der Grundlagenkonzeption „Wiese“ eine attraktive Freianlage zu schaffen.
Zudem begleitet die SEGA die Stadt Aachen bei der Durchführung einer Machbarkeitsstudie zur Realsierungsfähigkeit eines Hauses der Neugier. Die Machbarkeitsstudie vergleicht zwei potenzielle Standorte (ehemaliges Horten-Kaufhaus an der Komphausbadstraße oder Bestand zwischen Bushof, St. Peter und aktueller Bibliothek). Mit dem Haus der Neugier sollen die Vermittlungs-, Lern-, Forschungs- und Bildungskompetenzen und -ressourcen von Volkshochschule Aachen und Stadtbibliothek Aachen an einem Standort / in einem Standortverbund gebündelt und zu einem der ganzen Stadtgesellschaft offenstehenden dritten Ort entwickelt werden.
Eine Prüfung, ob die Unterstützung bei der Machbarkeitsstudie mit dem Gesellschaftszweck der SEGA vereinbar ist, hat ergeben, dass die Tätigkeit vom Unternehmensgegenstand erfasst ist. Die Begleitung der Machbarkeitsstudie fördert den Gesellschaftszweck sowohl unmittelbar als auch mittelbar. Die leerstehende Einzelhandelsgroßimmobilie hat nicht nur einen prägenden Charakter für die Komphausbadstraße, die außerhalb des Planungsgebietes Büchel liegt, sondern auch für die Straßen Bädersteig und Mefferdatisstraße, die innerhalb des Planungsgebietes Büchel liegen. Die Begleitung der Machbarkeitsstudie fördert die Anstrengungen, die Bereiche des Bädersteigs und der Mefferdatisstraße aufzuwerten und entspricht somit den Planungszielen für den Gesamtbereich des Bebauungsplanes Antoniusstraße / Mefferdatisstraße (vgl. Ratsbeschluss vom 26.08.2020, Vorlage-Nr. FB 61/1500/WP17).
Die Begleitung der Machbarkeitsstudie durch die SEGA erfolgt durch die Bereitstellung von Personalkapazitäten. Die Tätigkeiten werden im Auftrag und auf Rechnung der Stadt Aachen im Rahmen einer Inhouse-Vergabe erbracht.
Gründung als Projektgesellschaft
Die SEGA wurde als Projektgesellschaft gegründet, um gezielt das komplexe Büchel-Projekt umzusetzen. Es sollten personelle Ressourcen gebündelt werden und eine Konzentration auf die Projektarbeit erfolgen. Die Finanz- und Vermögensausstattung der Gesellschaft setzt den Rahmen für das Projekt, das dadurch finanziell abgesichert ist. Kurze Entscheidungswege innerhalb der Gesellschaft sowie ein einheitlicher Ansprechpartner für künftige Nutzer*innen und die Öffentlichkeit waren weitere Gründe für die Etablierung der SEGA.
Zukünftige Ausrichtung
Die SEGA wünscht sich eine Anpassung des Gesellschaftszwecks dahingehend, dass inhouse-fähige Dienstleistungs- und Beratungsaufträge durch die Stadt Aachen im Zusammenhang mit der Innenstadtentwicklung (auch außerhalb des Altstadtquartiers Büchel) möglich sind. Der primäre Unternehmensgegenstand soll die Entwicklung des Altstadtquartiers bleiben. Gleichzeitig möchte die SEGA ihren Charakter einer kleinen Projektgesellschaft bewahren. Die Erweiterung des Gesellschaftszwecks um gezielte Auftragsmöglichkeiten soll der SEGA die Möglichkeit geben, auftragsbezogen Vorbereitungen für Problemlagen-Projekte im Interesse der Stadt zu treffen und so freiwerdende Kapazitäten zu nutzen.
Eine solche Anpassung des Gesellschaftszwecks ist auch aus Sicht der Verwaltung zum jetzigen Zeitpunkt umsetzbar.
Vor einer weiteren, umfassenden Änderung des Gesellschaftszwecks wäre zunächst die zukünftige Ausrichtung der Projektgesellschaft festzulegen. Es müsste klar definiert werden, mit welchen Aufgaben und Projekten die SEGA in der Zukunft betraut werden soll. Dabei müssten ebenfalls die finanziellen und personellen Ressourcen geklärt werden. Zudem wären die Verknüpfung zu anderen Bereichen der städtebaulichen Entwicklung sowie auftretende Abhängigkeiten innerhalb der städtischen Beteiligungsstruktur zu beachten.
Eine Aufstockung der Ressourcen ginge je nach Umfang neben der Belastung des städtischen Haushalts möglicherweise zu Lasten der kurzen und schnellen Entscheidungswege und würde die Gesellschaft insgesamt schwerfälliger werden lassen. Es wäre die Frage zu stellen, ob das Ziel der Schnelligkeit dadurch konterkariert würde. Insbesondere müsste geprüft werden, ob eine Erweiterung zu den Schnittstellen innerhalb der Verwaltung passen würde. Zudem ist fraglich, ob die SEGA je nach Erweiterung noch als Entwicklerin für Städtebauliche Sanierungsmaßnahmen fungieren würde, die sich auf ein fest umgrenztes Gebiet im Rahmen eines Projektes beziehen. Des Weiteren wäre zu klären, ob eine Konzentration auf den Innenstadtbereich erfolgen soll oder ob auch Vorhaben darüber hinaus in Frage kommen.
Um der Komplexität des Themas gerecht zu werden, könnte ein Auftrag an ein Beratungsunternehmen erfolgen, das die unterschiedlichen Möglichkeiten der zukünftigen Aufstellung beleuchtet. So könnten die verschiedenen Arten der Ausrichtung der Gesellschaft besser bewertet und die Entscheidung für eine Vorgehensweise erleichtert werden.
Dabei sind insbesondere die folgenden Fragen zu beantworten:
Welche Projekte soll die SEGA in der Zukunft mit welcher personellen und finanziellen Ausstattung bearbeiten? Wie ist eine Vernetzung mit städtischen Fachbereichen im Bereich der städtebaulichen Entwicklung und anderen Unternehmen innerhalb der städtischen Konzernstrukturen möglich und effizient zu gestalten? Welche Auswirkungen haben die Wechselwirkungen zu anderen städtischen Aufgabenbereichen und Organisationseinheiten (z.B. zur vorbereitenden Bauleitplanung) und wie können diese berücksichtigt werden?
Fazit
Die Verwaltung empfiehlt, den Gesellschaftszweck der SEGA um die Möglichkeit, einzelne inhouse-fähige Dienstleistungs- und Beratungsaufträge durchführen zu können, zu erweitern. Diese sollen von untergeordneter Bedeutung sein und freiwerdende Kapazitäten ausnutzen; primärer Zweck der Gesellschaft bleibt weiterhin die städtebauliche Entwicklung des Altstadtquartiers Büchel.
Die Verwaltung spricht sich zum jetzigen Zeitpunkt gegen eine weitere, umfassende Ausweitung des Gesellschaftszweck der SEGA aus. Dies schließt die Möglichkeit, den Gesellschaftszweck noch während oder nach der Entwicklung des Altstadtquartiers Büchel anzupassen und so die Entwicklung weiterer Plangebiete zu ermöglichen, nicht aus. Zuvor wären jedoch die o.g. Fragen zur zukünftigen Ausrichtung zu klären.
GEGRA Gewerbegrundstücksgesellschaft mbH
Die GEGRA beschafft und stellt gewerbliche Flächen bereit; insbesondere durch Erstellung, Vermietung und Verkauf eigener gewerblicher Objekte im Stadtgebiet Aachen (vgl. § 2 Abs. 1 des Gesellschaftsvertrags). Gemäß § 2 Abs. 2 des Gesellschaftsvertrags ist die GEGRA „zu allen Geschäften und Maßnahmen berechtigt, die den Gesellschaftszweck fördern.“
Die Stadt Aachen ist mit 55 Prozent an der GEGRA beteiligt. Weitere Gesellschafter sind die Sparkasse Aachen (30 Prozent) und die Generali Real Estate (15 Prozent).
Die GEGRA war, bis zum Verkauf 2020 an die AGIT, Eigentümerin des Zentrums für Biomedizintechnik (ZBMT), das im Mai 2010 als erstes Gebäude des RWTH-Campus gebaut wurde.
Die GEGRA beschäftigt einen Prokuristen in Teilzeit. Im Übrigen besteht ein Geschäftsführungsvertrag mit der gewoge AG.
Der Gewinn aus der Veräußerung des ZBMT soll in ein neues gewerbliches Projekt reinvestiert werden, was im Aufsichtsrat der Gesellschaft zu diskutieren ist.
Eine Notwendigkeit zur Anpassung des Gesellschaftszwecks wird derzeit nicht gesehen.
Aachener Stadion Beteiligungsgesellschaft mbH (ASB)
Gegenstand der ASB ist gemäß § 2 Abs. 1 des Gesellschaftsvertrags „die Gewährleistung eines Stadionbetriebs im Rahmen der Förderung sozialer und kultureller Betreuung der Einwohner der Stadt Aachen, insbesondere für städtische Veranstaltungen auf dem Gebiet der Jugend- und Sportförderung.“
§ 2 Abs. 2 des Gesellschaftsvertrags regelt, dass „die Gesellschaft […] zu allen Maßnahmen und Geschäften berechtigt [ist], insbesondere Erwerb und/oder Betrieb des Tivoli-Stadions, durch die der Gesellschaftszweck unmittelbar oder mittelbar gefördert werden kann.“
Aktuell verfolgt die Stadt Aachen das Ziel, den Bereich rund um das Tivoli-Stadion für den Breiten- und Individualsport zu öffnen und zu einem modernen Sportpark zu entwickeln. Derzeit wird die Ausschreibung eines „Masterplan Sportpark Soers“ vorbereitet. Der Masterplan soll als Basis für die weiteren bauplanungsrechtlichen Schritte dienen. Einzelheiten zur Zeit- und Ressourcenplanung des Sportpark Soers enthält die Vorlage „Sportpark Soers – Vorwärts- und Rückwärts- Zeit- & Ressourcenplanung“ (Vorlage-Nr. FB 02/0148/WP18) für den Ausschuss für Arbeit, Wirtschaft und Regionalentwicklung sowie den Planungsausschuss.
Zudem hat sich die Stadt Aachen um Fördermittel des Projektaufrufs REVIER.GESTALTEN beworben, da dort der Fördergegenstand „Sportstätten und bewegungsaktivierende Infrastruktur“ in die Förderkulisse aufgenommen wurde. Die Deutsche Sporthochschule Köln hat in einer in Auftrag gegebenen Vorstudie die regionalwirtschaftlichen Effekte des Sportparks ermittelt.
Solche Erfordernisse, wie z.B. die Vergabe des „Masterplan Sportpark Soers“, lassen sich bislang sowohl unter den derzeitigen Gesellschaftszweck subsumieren als auch im Umfang der städtischen Zuschussgewährung im Rahmen der Patronatserklärung finanzieren.
Als Betreibergesellschaft des Sportpark Soers käme grundsätzlich die bereits bestehende ASB in Frage. Zu lösen wären vorab, neben diversen Anpassungserfordernissen im Gesellschaftsvertrag und einer geeigneten Personalentwicklung, beihilfe-, steuer- und gesellschaftsrechtliche Fragestellungen.
Auch wenn diese Fragestellungen grundsätzlich bei Anpassungen im Gesellschaftsvertrag geprüft werden, so sind sie im vorliegenden Fall von besonderer Bedeutung.
Der Zuschuss, den die Stadt der ASB im Rahmen der Patronatserklärung zahlt, fällt unter die Regelungen der AGVO (Allgemeine Gruppenfreistellungsverordnung). Die AGVO vereinfacht die Bezuschussung von Unternehmen und gilt bei Betriebsbeihilfen für Sportinfrastrukturen für max. zwei Mio. Euro pro Infrastruktur und Jahr. Ein höherer Zuschuss wäre durch Regelung der AGVO nicht abgedeckt.
Zudem besteht zwischen der Stadt Aachen und der ASB derzeit eine umsatzsteuerliche Organschaft. Dies bedeutet, dass die ASB umsatzsteuerlich kein eigenes Steuersubjekt ist. Für eine umsatzsteuerliche Organschaft müssen einige Voraussetzungen kumulativ erfüllt sein, nämlich die finanzielle, die wirtschaftliche und die organisatorische Eingliederung. Aktuell sind diese Voraussetzungen erfüllt. Sollte dies zukünftig nicht mehr der Fall sein, würde die umsatzsteuerliche Organschaft unterbrochen oder beendet. Dies hätte zur Folge, dass derzeit umsatzsteuerlich irrelevante Innenleistungen zwischen Stadt Aachen und ASB (insbesondere der o.g. Zuschuss) künftig umsatzsteuerpflichtig sein könnten.
Die steuerlichen Auswirkungen einer möglichen Änderung bzw. Erweiterung des Gesellschaftszwecks müssten vor einer Umsetzung fundiert geprüft werden.
Die Verwaltung schlägt daher vor, Anpassungen im Gesellschaftsvertrag der ASB erst vorzunehmen, wenn die Planungen des Sportparks Soers so weit vorangeschritten sind, dass der Projektumfang sowie eine daraus möglicherweise folgende Aufgabenerweiterung der ASB definiert werden können.
Vor dem Hintergrund der dargestellten Prüfungserfordernisse mit möglicherweise nachteiligen Ergebnissen für die Stadt Aachen bei einer Erweiterung der ASB sollte zudem die mögliche Gründung einer eigenen Gesellschaft für den Sportpark Soers in Betracht gezogen werden.