Entscheidungsvorlage - AVV/0061/WP18

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Beratungsfolge

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Beschlussvorschlag

Beschlussvorschlag:

Der regionale AVV-Beirat der Stadt Aachen stimmt einer Fortschreibung des AVV-Tarifs zum 01.01.2023 im beschriebenen Umfang sowie einer weiteren Preisanpassung um durchschnittlich rund 3,5% zum 01.07.2023 zu.

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Erläuterungen

Erläuterungen:


Fortschreibung AVV-Tarif

Im Kontext der diesjährigen Tariffortschreibung sieht man sich mit vielschichtigen, dynamischen sowie weitreichenden Rahmenbedingungen konfrontiert. Noch immer sind sowohl die Auswirkungen der Corona-Krise als auch die damit verbundenen Unsicherheiten in der ÖPNV-Branche allgegenwärtig. So sank die Zahl der Fahrgäste im Jahr 2021 im Bundesdurchschnitt nochmals um ca. 4 Prozent auf den tiefsten Stand seit 2004. Obwohl sich die Fahrgastzahlen und Einnahmen im AVV im Verlauf des Jahres 2022 im Ansatz stabilisieren konnten, liegen sie weiter unter dem Vor-Corona-Niveau von 2019. Die entstandenen Einnahmeausfälle konnten für die Jahre 2020, 2021 und 2022 dank des von Bund und Land aufgespannten Rettungsschirms kompensiert werden.

 

Erschwerend zur bereits herausfordernden Ausgangssituation im Vorjahr hat auch die ÖPNV-Branche in diesem Jahr mit den Anfängen einer schweren Wirtschaftskrise mit noch nicht abschätzbarem drastischen Ausmaß zu kämpfen. Bereits vor Beginn des Ukraine-Konflikts Ende Februar 2022 verzeichneten die Verkehrsunternehmen drastische Kostensteigerungen, vor allem im Energie- (Diesel, Strom), Material- und Personalsektor, welche sich nun weiter verschärft haben, sodass die Unternehmen von Kostensteigerungen im mittleren zweistelligen Millionenbereich ausgehen. Die aktuelle Inflationsrate liegt mit derzeitig rund 10 % auf dem höchsten Stand seit 1981. Die Inflationsentwicklung fand bereits im Jahr 2021 ihren Anfang und steigerte sich drastisch bis zur Erstellung der Vorlage. Diese Entwicklungen und Auswirkungen auf die Kostensituation im ÖPNV wurde den ÖPNV-Kunden im AVV bislang nicht weitergegeben – anders als in anderen Branchen oder bei der Energiekostenentwicklung.

 

Aufgrund dieser besorgniserregenden Entwicklungen befürchten die Verkehrsunternehmen aufkommende Finanzierungs- und Liquiditätsengpässe, welche massive Leistungseinschränkungen zur Folge haben könnten.

 

Um das Leistungsangebot von Bus und Bahn weiterhin in der jetzigen Form erhalten zu können, ist ein anteiliger Ausgleich der gestiegenen Kosten auch durch eine Fortschreibung der Tarife alternativlos. Unabhängig hiervon setzt sich auch die AVV GmbH gemeinsam mit den Aufgabenträgern und politischen Vertretungen sowie den Verbundpartnern in NRW für eine dringend notwendige zusätzliche Finanzierung des Nahverkehrs durch Bund und Land ein.

 

Vor dem Hintergrund der skizzierten Herausforderungen, dem gesetzten Ziel der Verkehrswende sowie dem Ziel der Kundenbindung und Neukundengewinnung hat die Verbundgesellschaft gemeinsam mit den Verkehrsunternehmen im AVV eine differenzierte Strategie zur Fortschreibung des AVV-Tarifs erarbeitet. Das im Nachfolgenden dargelegte Maßnahmenpaket zur Tariffortschreibung wurde im bestehenden Spannungsverhältnis zunehmend steigender Kosten und Finanzierungslücken bei den Verkehrsunternehmen und bruttoverantwortlichen Aufgabenträgern einerseits und dem übergeordneten verkehrspolitischen Ziel der Verkehrswende andererseits erarbeitet.

 

Die außergewöhnliche Lage erfordert eine im Verhältnis zu den vergangenen Jahren höhere Tarifmaßnahme in zwei Schritten.

 

  1. Anpassung zum 01.01.2023

Gemäß Beschlussfassung des Unternehmensbeirates im AVV schlägt die Verbundgesellschaft eine Gesamtfortschreibung in Höhe von 3,53 % zum 01.01.2023 vor. Hierin enthalten sind die bereits im Vorjahr im Kontext des fahrtenbezogenen Preisdeckels für eezy beschlossenen strukturellen Anpassungen der Einzel- und 4Fahrten-Tickets der Preisstufe 1 und Kurzstrecke um jeweils 10 Cent (0,18 %). Weitere Details können dem Tariftableau in der Anlage 2 entnommen werden.

 

Die nachfolgenden Produkte sind aus tarifstrategischen Gesichtspunkten von einer Tariferhöhung ausgenommen:

 

  • Mobil-Ticket StädteRegion Aachen im ABO
  • Job-Ticket-Split
  • eezy avv (digitaler Luftlinientarif)
  • Einzel- und 4Fahrten-Tickets Kinder
  • Fahrrad-Tickets (Einzel- und 24-Stunden-Ticket)

 

 

Allgemeine Preismaßnahme

Insbesondere Fahrgäste mit Abonnements tragen einen massiven Beitrag zum Erreichen der Verkehrswende bei. Daher ist es priorisiertes Ziel, diese Zielgruppen verstärkt an den ÖPNV zu binden bzw. für die Nutzung umweltfreundlicher Mobilitätsformen zu gewinnen. Eine bereits zum Juni umgesetzte ABO-Aktion soll einen Anreiz zum Einstieg in den ÖPNV setzen und zur Kunden(rück)gewinnung im Anschluss an die 9-Euro-Ticket-Aktion beitragen. Die Aktion sieht vor, dass AVV-Abonnements im ersten Vertragslaufjahr bis 31.12.2022 ohne Erhebung eines Differenzbetrages gekündigt werden können. Zudem können ABO-Inhaber seit 01.09.2022 bis 31.12.2022 an den Wochenenden und in den Ferien NRW-weit den ÖPNV nutzen sowie eine weitere Person oder 3 Kinder mitnehmen.

 

Aufgrund der vergleichsweise geringen Anzahl an Kündigungen wurden die Abonnements im vergangenen Jahr als Anerkennung für die Treue der Kunden von einer preislichen Anpassung ausgenommen. Um das Ziel der nachhaltigen Bindung der Fahrgäste an den ÖPNV auch künftig zu stärken, werden die ABO-Produkte zum 01.01.2023 nur unterdurchschnittlich um 3,19 % angepasst.

 

Die nachfolgenden Produkte hat man im ABO-Segment gänzlich von einer Anpassung ausgenommen:

  • Job-Ticket Split
  • Mobil-ABO StädteRegion Aachen

 

Hiermit soll zum einen die Etablierung der beiden Pilotprodukte gesichert werden. Durch die ausbleibende Fortschreibung des Job-Ticket Splits sollen zudem weitere Anreize zur Arbeitgeberfinanzierung gesetzt werden. Die Preiskonstanz des Mobil-ABO StädteRegion Aachen leistet zudem einen Beitrag zur geringeren Belastung einkommensschwacher Gruppen.

 

Im Bereich der Monatskarten sieht der Vorschlag eine überdurchschnittliche Preisanpassung von durchschnittlich 3,91 % vor. Diese Push-Maßnahme soll im Sinne der gemeinsam gefassten AVV-Grundsatzstrategie das Abonnement als Premiumprodukt weiter stärken und Zeitkartenutzern in das ABO überführen. Um die Gruppe der Leistungsempfänger nicht überproportional zu belasten, wird im Bereich der Mobil-Tickets von einer überproportionalen Anpassung abgesehen und eine Fortschreibung von 3,27 % vorgeschlagen. Wochen-Tickets sollen nach der ausgebliebenen Fortschreibung im Vorjahr um durchschnittlich 4,16 % angepasst werden.

 

Für Einzel-, 4-Fahrten- und 24-Stunden Tickets ist eine lineare Anpassung von durchschnittlich 3,09 % vorgesehen. Mit den bereits im Vorjahr beschlossenen Preiserhöhungen der Einzel- und 4-Fahrten-Tickets in der Preisstufe 1 und Kurzstrecke um jeweils 10 Cent beläuft sich die Gesamtfortschreibung im Bartarif in Summe auf 4,17 %. Mit dieser insgesamt überproportionalen Anpassung soll weiter die Überführungsstrategie in den eTarif AVV unterstützt werden. Um Kunden des Gelegenheitstarifes weiter eine kostengünstige und preisstabile Alternative bieten zu können, werden die Preise des eezy avv Tarifs nicht angepasst. Durch den im eTarif zur Anwendung kommenden fahrtenbezogenen Preisdeckel wird die einzelne Fahrt (in der 2. Klasse) nie teurer als im klassischen Tarif, in den meisten Fällen sogar günstiger, was eine weitere Untermauerung der Überführungsstrategie darstellt.

 

Folgende Produkte des Gelegenheitstarifes sind von einer Fortschreibung ausgenommen:

  • Einzel- und 4Fahrten-Tickets Kinder
  • Fahrrad Einzel und 24Stunden-Tickets
  • Alle Produkte des eezy avv-Tarifes

 

Die Kindertickets sollen erneut preiskonstant gehalten werden, um eine übermäßige finanzielle Belastung von Familien zu vermeiden. Um die Vernetzung des ÖPNVs mit dem Fahrrad weiter zu fördern, werden auch die Einzel- und 24Stunden Fahrrad-Tickets von einer Fortschreibung ausgeschlossen.

 

Das in der Anlage 2 beigefügte Tariftableau sieht eine durchschnittliche Gesamtfortschreibung zum 01.01.2023 von 3,5 % vor. Die auf Basis der Verkaufszahlen 2021 kalkulierte Umsatzsteigerung liegt für das gesamte Verbundgebiet bei rund 3,3 Millionen Euro. Weitere Details können der Anlage 1 entnommen werden.

 

  1. Anpassung zum 01.07.2023

Als weiteren zwingend notwendigen anteiligen Finanzierungsbeitrag zu den gestiegenen Kosten wird vorgeschlagen eine weitere unterjährige Tarifanpassung zum 01.07.2023 um weitere ca. 3,5 % durchzuführen. Die Verbundgesellschaft wird einen dezidierten Vorschlag für die zweite Fortschreibung erstellen, welcher im Wesentlichen den strategischen Grundzügen der 1. Anpassung entspricht und die Anwendung der Tariffortschreibung im Kontext eines 9-Euro-Nachfolgemodells berücksichtigt.

 

Abschließend sei darauf hingewiesen, dass durch die mögliche Einführung eines Nachfolgemodells zum 9-Euro-Ticket je nach Preisgestaltung entsprechend voraussichtlich nur ein Teil der Fahrgäste von diesen Preismaßnahmen betroffen sein wird.

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Anlagen

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