Entscheidungsvorlage - FB 23/0154/WP18

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Beratungsfolge

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Beschlussvorschlag

Beschlussvorschlag:


Der Wohnungs- und Liegenschaftsausschuss nimmt die Erläuterungen der Verwaltung zur Kenntnis und beauftragt die Verwaltung, den Baulandbeschluss entsprechend den Erläuterungen zu überarbeiten und dem Ausschuss zur Beratung vorzulegen.

 

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Erläuterungen

Erläuterungen:


Ratsantrag

 

Mit Schreiben vom 29.09.2021 beantragen die Fraktionen Grüne und SPD, durch die Verwaltung prüfen zu lassen, ob der bislang nur für eine geplante Wohnbebauung genutzte, sogenannte „Baulandbeschluss“ auch auf andere Formen der zukünftigen Bebauung (Gewerbe, Büro, Industrie) rechtssicher angewandt werden kann.

 

Der Antrag ist als Anlage beigefügt.

 

 

Ausgangslage

 

Der Rat der Stadt hat in seiner Sitzung am 14.03.2007 die Anwendung eines Kooperationsmodells zwischen Grundstücksentwicklern und der Stadt als Planungsträgerin, den Baulandbeschluss, beschlossen. Demnach werden Planverfahren zur Entwicklung von Wohnbauflächen auf Grundstücken von mindestens 5.000 m² Größe nur durchgeführt, wenn der Grundstückseigentümer der Stadt vor Einleitung des Planverfahrens ein notarielles Kaufangebot über 1/4 der zukünftigen Netto-Baulandfläche des beantragten Gebietes zum planungsunbeeinflussten Wert unterbreitet. Die Stadt erklärt sich im Gegenzug dazu bereit, ein Planverfahren mit dem Ziel einzuleiten, ein Wohngebiet zu entwickeln. In seiner Sitzung am 19.06.2019 hat der Rat die Neufassung dieses Kooperationsmodells beschlossen und den durch den Entwickler der Stadt anzubietenden Grundstücksanteil auf 1/3 der zukünftigen Netto-Baulandfläche erhöht. Sämtliche mit der Entwicklung entstehenden Kosten werden entsprechend der Anteile der Bruttobaulandflächen aufgeteilt.

 

 

Zweck des Baulandbeschlusses

 

Der Baulandbeschluss ist ein kommunaler Grundsatzbeschluss, der die Möglichkeit bietet, ein einheitliches Vorgehen der Stadt bei der Entwicklung privater Flächen zu gewährleisten. Er verfolgt das Ziel, insbesondere den Bau von preiswertem Wohnungsbau zu stärken und die privaten Grundstückseigentümer, auf deren Flächen bauliche Entwicklungen stattfinden, durch Bindungen und Kostenbeiträge an der Erreichung wohnungs- und sozialpolitischer Ziele zu beteiligen. Diese Ziele folgen dem § 1 Baugesetzbuch (BauGB), nämlich „eine dem Wohl der Allgemeinheit dienende sozialgerechte Bodennutzung unter besonderer Berücksichtigung der Wohnbedürfnisse der Bevölkerung“ zu gewährleisten.

 

 

 

 

Der Baulandbeschluss dient somit der Mobilisierung von Bauland für eine sozialgerechte Stadtentwicklung bei der Neubegründung oder der Änderung von Planungsrecht. Dieses Ziel wird durch den städtischen Erwerb privater Flächen in den Gebieten künftiger Wohnbauentwicklungen unterstützt, um hierdurch Flächen für soziale Infrastruktur, für geförderten und bezahlbaren Wohnungsbau und für gemeinschaftliches und genossenschaftliches Wohnen bereit zu stellen. Mit dem Baulandbeschluss werden die Eckpunkte für den Abschluss städtebaulicher Verträge und die Pflichten zur Kostenbeteiligung der Planungsbegünstigten vereinheitlicht. Die Methode der planungsbedingten Bodenwertsteigerung und damit der Rahmen für eine Kostenbeteiligung der Entwickler an der Baulandentwicklung wird transparent und verbindlich festgelegt.

 

Rechtliche Basis zur Umsetzung des Baulandmanagements (dazu gehören Kooperations-, Zwischenerwerbs-, Quoten- oder Baulandmodelle) ist das BauGB, da die Modelle durch politische Beschlüsse und die Anwendung städtebaulicher Verträge ermöglicht und umgesetzt werden. Grundlage aller kooperativen Modelle des Baulandmanagements ist, dass erst durch das Handeln der Kommune die Entwicklung von bisher nicht bebaubaren Grundstücken im Privateigentum möglich wird. Da die Investierenden somit deutlich vom öffentlichen Handeln und öffentlichen Investitionen profitieren, wird ein Teil des Entwicklungsgewinns in Form von Grundstücksanteilen, Geldzahlungen oder Erfüllung bestimmter Anforderungen an die Kommune zurückgegeben. Alle Modelle eint, dass die Umsetzung den Belangen der einheimischen Bevölkerung zu Gute kommt, sie werden daher auch als Einheimischenmodelle bezeichnet. Die Versorgung der Bevölkerung mit preiswertem Wohnraum ist eine Kernaufgabe kommunalen Handelns, daher ist auch in der Rechtsprechung unstrittig, dass diese Modelle im Wohnungsbau angewandt werden dürfen.

 

Bisher erfasst der Aachener Baulandbeschluss nur die Entwicklung von Wohnbauflächen. Die Beschränkung auf das Wohnen schließt zunächst alle anderen Formen der Bodennutzung wie Gewerbe, Einzelhandel etc. ebenso wie Mischformen aus bzw. erfasst diese nicht eindeutig. Da immer wieder größere Flächenentwicklungen anstehen, die nicht oder nicht ausschließlich dem Wohnen dienen, zielt der Ratsantrag folgerichtig auf die Frage der möglichen Erweiterung des Beschlusses auf andere Nutzungen.

 

 

Rechtliche Bewertung der Erweiterung des Baulandbeschlusses

 

Der Fachbereich Recht und Versicherung (FB 30) hat sich ausführlich mit der Zulässigkeit der Ausweitung des Baulandbeschlusses auf gewerbliche Nutzungen beschäftigt (s. Anlage 2 Stellungnahme des FB 30).

 

Nach Auswertung mehrerer Urteile u.a. des Bundesverwaltungsgerichtes oder des Verwaltungsgerichtshofes München sowie Kommentierungen zu Urteilen über Baulandmanagementmodelle kommt der FB 30 zu dem Ergebnis, dass ein Baulandmodell im gewerblichen Bereich, der, vergleichbar dem Aachener Baulandbeschluss, die Schaffung von Planungsrecht an die Übertragung bestimmter Grundstücksanteile an die Stadt voraussetzt, nicht rechtssicher umsetzbar ist. Begründet wird dies mit europäischem Recht sowie der Bindung des Baulandbeschlusses an die Regelungen des Baugesetzbuches, hier der Bindung an städtebauliche Verträge nach § 11 BauGB, deren gesetzliche Voraussetzungen diese erfüllen müssen. Im § 11 BauGB werden als Ziele eines städtebaulichen Vertrages u.a. die Sicherung des Wohnbedarfs einkommensschwächerer und weniger begüterter Personengruppen genannt. Ein Bedarf an gewerblichen Bauflächen wird in § 11 BauGB nicht erwähnt, jedoch ist die Auflistung des § 11 auch nicht abschließend („insbesondere“). In § 1 (6) Nr. 8 BauGB werden hingegen die Belange der Wirtschaft als abwägungsrelevanter Belang genannt, das Ziel der Wohnraumversorgung wird aber im BauGB deutlich stärker als Ziel der Bauleitplanung gewichtet.

 

Eine Recherche hat ergeben, dass es bisher scheinbar kein vergleichbares Baulandmodell für Gewerbeflächen in Deutschland gibt. Zwar geben einige Städte an, auch bei gewerblichen Entwicklungen Modelle des Bodenmanagements, z.B. den des Zwischenerwerb zu verwenden, eine dem Aachner Baulandbeschluss ähnliche Regelung gibt es aber nicht.

 

Der FB 30 kommt in der Gesamtbetrachtung zu dem Schluss, dass die sog. Einheimischenmodelle im Bereich einer Gewerbegebietsentwicklung rechtlich nicht sicher umsetzbar und vermutlich nicht mit europäischem Recht vereinbar seien (s. Anlage). Somit ist das Ziel des Ratsantrages, den Baulandbeschluss auf andere Nutzungen zu erweitern, nicht rechtssicher umsetzbar. Dennoch ist der Ansatz richtig, den Baulandbeschluss zu erweitern, um zumindest Mischformen aus Wohnen und Gewerbe zu erfassen.

 

 

Wohnbaulandentwicklung

 

Der im Baulandbeschluss verwandte Begriff Wohnbaufläche lehnt sich an die Baunutzungsverordnung (BauNVO) an, welche die Darstellung von Wohnbauflächen im Flächennutzungsplan und die Festsetzung von Wohngebieten in Bebauungsplänen ermöglicht. Damit werden Flächen bezeichnet, bei denen die Nutzung Wohnen prägend ist und andere Nutzungen deutlich untergeordnet werden. Nicht abgedeckt durch den Begriff Wohnbaufläche werden andere nach BauNVO als Bauflächen dargestellten bzw. als Gebiete festgesetzten Flächen, auch wenn es sich um Gebiete handelt, bei denen in nicht unerheblichem Maße Wohnungsbau realisiert werden könnte, z.B. Dorf- (MD) oder Mischgebiete (MI) oder die urbanen Gebiete (MU). Während die Festsetzung eines größeren Dorfgebietes in Aachen eher unwahrscheinlich ist, könnten Misch- und Urbane Gebiete an Bedeutung gewinnen, da in Zukunft aufgrund der Flächenknappheit voraussichtlich mehr gemischte Bauformen entstehen werden. Diese Mischformen unterstützen auch die im Sinne einer flächensparenden Nachverdichtung mögliche und sinnvolle Kombination aus Gewerbe und Wohnen, sind aber eben nur in M-Gebieten möglich. Da im MI der Wohnflächenanteil ca. die Hälfte der gesamten Fläche und im MU sogar deutlich mehr betragen kann, könnte der Beschluss in der derzeitigen Fassung nicht rechtssicher auf diese Gebiete angewandt werden. Somit wäre die Ausweitung des Baulandbeschlusses auf diese Gebietskategorien folgerichtig.

 

Der bisherige Baulandbeschluss zieht nur unter der Voraussetzung Wohnbaufläche und mindestens 5.000m² Plangebietsgröße. Gemischte Nutzungen würden erst dann erfasst, wenn der Wohnflächenanteil mindestens 5.000m² betragen würde, wobei auch hier fraglich ist, ob der jetzige Beschluss bei Mischnutzungen überhaupt anwendbar wäre. Bei der Entwicklung gemischter Quartiere hat die Stadt Aachen also keinen oder einen nicht genau definierten Anspruch auf Partizipation an der Entwicklung. Auch werden Entwicklungen von Wohnbauflächen, die den Leitlinien der Innenentwicklung entsprechen, also weniger Flächenverbrauch bei höherer Dichte, unter Umständen trotz hoher Zahl an Wohneinheiten nicht durch den heutigen Beschluss erfasst. So befindet sich derzeit ein Projekt in der Entwicklung, bei dem eine Mischnutzung mit rund 12.500m² Bruttogeschossfläche und knapp 60 Wohneinheiten entsteht, also eine deutliche Relevanz aufweist, aufgrund der Plangebietsfläche von ca. 4.900m² aber nicht vom Beschluss erfasst wird. 

 

 

Überarbeitung Baulandbeschluss

 

Die Verwaltung schlägt daher vor, den Baulandbeschluss zu überarbeiten. Dabei sollte geprüft werden, inwieweit die Ausdehnung auf gemischte Baugebiete erfolgen kann und ob anstatt einer Mindestgröße des Plangebietes eine Umstellung auf eine Mindest-Bruttogeschossfläche zielführender ist. Weitere Fragestellungen wären, ob neben den im Plangebiet anzubietenden Kaufgrundstücken alternativ auch andere Flächen übertragen werden könnten, und ob je nach Projekt alternativ auch Geldzahlungen möglich wären, die dann z.B. zweckgebunden zur Sicherung oder Schaffung von Bindungen im Bestand oder Neubauvorhaben zu verwenden wären.

 

 

 

Anlage 1:  Ratsantrag

Anlage 2:  Stellungnahme FB 30

 

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Auswirkungen

Finanzielle Auswirkungen

 

 

JA

NEIN

 

 

 

x

 

 

 

 

Investive Auswirkungen

Ansatz

20xx

Fortgeschriebener Ansatz 20xx

Ansatz 20xx ff.

Fortgeschriebener Ansatz 20xx ff.

Gesamt­bedarf (alt)

Gesamt­bedarf (neu)

Einzahlungen

0

0

0

0

0

0

Auszahlungen

0

0

0

0

0

0

Ergebnis

0

0

0

0

0

0

+ Verbesserung /

- Verschlechterung

0

0

 

 

Deckung ist gegeben/ keine ausreichende Deckung vorhanden

Deckung ist gegeben/ keine ausreichende Deckung vorhanden

 

konsumtive Auswirkungen

Ansatz

20xx

Fortgeschriebener Ansatz 20xx

Ansatz 20xx ff.

Fortgeschriebener Ansatz 20xx ff.

Folge-kosten (alt)

Folge-kosten (neu)

Ertrag

0

0

0

0

0

0

Personal-/

Sachaufwand

0

0

0

0

0

0

Abschreibungen

0

0

0

0

0

0

Ergebnis

0

0

0

0

0

0

+ Verbesserung /

- Verschlechterung

0

0

 

 

Deckung ist gegeben/ keine ausreichende Deckung vorhanden

Deckung ist gegeben/ keine ausreichende Deckung vorhanden

 

Weitere Erläuterungen (bei Bedarf):

 


Klimarelevanz

Bedeutung der Maßnahme für den Klimaschutz/Bedeutung der Maßnahme für die

Klimafolgenanpassung (in den freien Feldern ankreuzen)

Zur Relevanz der Maßnahme für den Klimaschutz

Die Maßnahme hat folgende Relevanz:

keine

positiv

negativ

nicht eindeutig

x

 

 

 

 

Der Effekt auf die CO2-Emissionen ist:

gering

mittel

groß

nicht ermittelbar

x

 

 

 

 

Zur Relevanz der Maßnahme für die Klimafolgenanpassung

Die Maßnahme hat folgende Relevanz:

keine

positiv

negativ

nicht eindeutig

x

 

 

 

 

Größenordnung der Effekte

Wenn quantitative Auswirkungen ermittelbar sind, sind die Felder entsprechend anzukreuzen.

 

Die CO2-Einsparung durch die Maßnahme ist (bei positiven Maßnahmen):

gering

 

 

unter 80 t / Jahr (0,1% des jährl. Einsparziels)

mittel

 

 

80 t bis ca. 770 t / Jahr (0,1% bis 1% des jährl. Einsparziels)

groß

 

 

mehr als 770 t / Jahr  (über 1% des jährl. Einsparziels)

 

Die Erhöhung der CO2-Emissionen durch die Maßnahme ist (bei negativen Maßnahmen):

gering

 

 

unter 80 t / Jahr (0,1% des jährl. Einsparziels)

mittel

 

 

80 bis ca. 770 t / Jahr (0,1% bis 1% des jährl. Einsparziels)

groß

 

 

mehr als 770 t / Jahr (über 1% des jährl. Einsparziels)

 

Eine Kompensation der zusätzlich entstehenden CO2-Emissionen erfolgt:

 

 

 

vollständig

 

 

 

überwiegend (50% - 99%)

 

 

 

teilweise (1% - 49 %)

 

 

 

nicht

 

 

 

nicht bekannt

 

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Anlagen

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