Kenntnisnahme - FB 36/0059/WP15-1
Grunddaten
- Betreff:
-
Umsetzung der europäischen Luftqualitätsrichtlinien in NRWhier: Dritter Sachstandsbericht zur Immissionssituation und zur vorbereitenden Luftreinhalteplanung in Aachen
- Status:
- öffentlich (Vorlage abgeschlossen)
- Vorlageart:
- Kenntnisnahme
- Federführend:
- FB 36 - Fachbereich Klima und Umwelt
- Verfasst von:
- FB 36/40
Beratungsfolge
Status | Datum | Gremium | Beschluss | NA |
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●
Erledigt
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Ausschuss für Umwelt und Klimaschutz
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Kenntnisnahme
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21.03.2006
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Beschlussvorschlag
Beschlussvorschlag:
Der Umweltausschuss nimmt die Ausführungen der Verwaltung zustimmend zur Kenntnis. Der Umweltausschuss beauftragt die Verwaltung zum Thema Luftreinhalteplanung und der Immissionssituation für 2006 aktuell zu berichten und die Maßnahmenvorschläge weiter zu konkretisieren.
Erläuterungen
Erläuterungen:
Umsetzung der
europäischen Luftqualitätsrichtlinien in NRW
hier: 3.
Sachstandsbericht zur Immissionssituation und zur vorbereitenden
Luftreinhalteplanung
1. Bisherige
Maßnahmen zur Reduzierung der Luftschadstoffe in Aachen
Seit Anfang der 90er Jahre wurden in der Stadt Aachen im Bereich der Luftreinhaltung zahlreiche Maßnahmen und Projekte mit unterschiedlich starkem Einfluss auf die Aachener Immissionssituation durchgeführt. Die wichtigsten Projekte finden sich in der Anlage.
Bereits im Umweltbericht 2000, Luftqualität in Aachen, wurde die besondere Wirksamkeit sämtlicher bundes- und lokalpolitischer Maßnahmen eindrucksvoll belegt. Die allgemeine Luftqualität hatte sich spürbar verbessert; für einzelne Parameter wurden Reduktionen der Belastungen je nach Schadstoffparameter bis über 90 % innerhalb von 15 - 20 Jahren nachgewiesen.
Schon damals wurde verwaltungsseitig gezielt darauf hingewiesen, dass damit:
· die Verbesserung der allgemeinen Luftqualität aus dem Fokus der städtischen Luftreinhaltestrategien rückt,
· über die Luftqualität am Wohnort nicht länger der Stadtteil, sondern die örtliche Verkehrsbelastung entscheidet und
· der Kfz-Verkehr auf absehbare Zeit erhebliche lufthygienische Probleme bereiten wird und die Anforderungen der EU-Richtlinien für die Stadt eine große Herausforderung darstellen.
2. Ergebnisse
der Immissionsmessungen an der Luftmessstation Kaiserplatz für 2005 im
Vergleich zu den Vorjahren (NO2 und PM10) und Modelluntersuchungen
2.1. Immissionsmessungen
am Kaiserplatz
Die aktuellen Auswertungen für das Jahr 2005 zeigen
für die Luftschadstoffe NO2 und PM10 überwiegend ein ähnliches
Belastungsniveau wie in den Vorjahren 2000 bis 2004, d.h. mit stagnierender
Tendenz. Dies trifft sowohl auf die Jahresmittelwerte als auch auf die
Tagesmittel (Kurzzeitbetrachtung) zu, siehe Anlage 1 und 2.
NO2
Anlage 3 zeigt einen NO2-Stationsvergleich
sämtlicher NRW-Luftmessstationen. Dabei bestätigt sich die Erkenntnis, dass an
der Messstation Aachen-Kaiserplatz auch im NRW-Vergleich recht hohe NO2-Immissionen
auftreten.
PM10
Beim PM10 verzeichnete die Station Kaiserplatz im
vergangenen Jahr mit nur 13 Überschreitungen des Tagesmittels von 50 µg/m³ (35
erlaubte Überschreitungen) ein auch landesweit vergleichbar niedriges Niveau,
siehe Anlage 4. Die wenigen Überschreitungen waren hier hauptsächlich in dem
sehr „günstigen“ Witterungsverlauf in 2005 begründet. Das die Witterung der
entscheidende Faktor ist zeigt auch ein erster Vergleich mit dem Jahresbeginn
2006: Allein bis zum 3. Februar wurden am Kaiserplatz 11 Überschreitungen
registriert, siehe Anlage 5 !
2.2. Kommunales Online-Screening
in NRW
In NRW werden aktuell alle Straßen / Straßenabschnitte in Ballungsgebieten mit potentiell kritischen Schadstoffbelastungen für Benzol, PM10 und NO2 mittels eines vom Landesumweltamt (LUA) vorgegebenen Screening-Modells (IMMIS-Luft) überprüft.
Unter Federführung des LUA’s in Essen sind in einer Testphase die Großstädte Aachen, Mülheim / Ruhr, Bochum und Duisburg beteiligt.
Die Testphase, in die für Aachen 26 belastete Straßenabschnitte einbezogen werden, begann im Dezember 2005. Nach Abschluss dieser Phase (Frühjahr 2006) wird vom LUA entschieden, für welche Straßen in NRW bzw. in Aachen ergänzende Messungen erforderlich werden. Ziel des Gesamtprojektes ist, die konkreten Erfordernisse und kommunalen Spielräume für eine wirksame Luftreinhaltestrategie zu eruieren.
Angesichts der bereits vorliegenden Erkenntnisse gehen
Umweltverwaltung und LUA davon aus, dass an einigen Hauptverkehrsstraßen des
inneren Talkessels höhere Immissionsbelastungen vorliegen als an der
Kreuzungssituation um den Kaiserplatz. An diese These knüpfen sich aktuelle
Überlegungen des LUA, die Luftmessstation Kaiserplatz (Platzsituation) in eine
Hauptverkehrsstraße mit Straßenschluchtcharakter zu verlegen.
2.3 Wertung
der Messergebnisse / des Online-Screenings
Die allgemein durch technische
Emissionsminderungsmaßnahmen am Kfz erhofften Reduzierungen auch auf der
Immissionsseite haben sich vor allem beim Schadstoff NO2 nicht
bestätigt. Hierfür gibt es je nach Schadstoff verschiedene Gründe, die jedoch
nicht in kommunaler Verantwortung liegen.
Bei Experten aus den Bereichen Verkehr & Umwelt
besteht in diesem Zusammenhang Einvernehmen darüber, dass die Kommunen bei der
Lösung der Probleme nicht die „Hauptrolle“ bzw. die Hauptlast übernehmen können
und dem Bundesgesetzgeber die Verantwortung obliegt, den Schadstoffausstoß
durch wirksame Strategien zu steuern.
2.4 Fazit aus den aktuellen
Immissionsuntersuchungen
Die
flächenbezogene Luftqualität in Aachen hat sich in den letzten 20 Jahren
deutlich verbessert. Hingegen haben sich die rein verkehrsbezogenen
(linienhaften) Immissionsverhältnisse ungünstig entwickelt. Die
verkehrsbedingten Belastungen werden sich ohne wirksame Gegenmaßnahmen nicht
wesentlich verändern. Dies gilt nicht nur am Knotenpunkt Kaiserplatz, sondern
auch an vielen anderen Hauptverkehrsstraßen im Aachener Talkessel.
Wahrscheinliche
Folge wäre, dass die Stadt Aachen, wie eine Reihe vergleichbarer Großstädte in
NRW, einen Luftreinhalteplan aufstellen muß.
3. Weiteres
Vorgehen in 2006
Nach gemeinsamer Auffassung von MUNLV,
Bezirksregierung Köln und Fachbereich Umwelt erscheint es geboten, für Aachen
schon jetzt die Erstellung eines Luftreinhalteplans (LRP) mit Schwerpunkt
Verkehr für eine spätere Umsetzung vorzubereiten.
Die Verwaltung hatte hierzu ab 2005 eine Arbeitsgruppe
‚Luftreinhalteplanung’ unter Beteiligung von:
·
Verkehrs- und
Umweltplanung,
·
Straßenverkehrsbehörde,
·
Landesumweltamt /
Umweltministerium,
·
ASEAG, STAWAG u.a.
eingerichtet.
Ziel der Arbeitsgruppe ist, kurzfristig geeignete
Vorschläge für die Luftreinhalteplanung zu entwerfen. Angesichts der Ergebnisse
aus den Untersuchungen / Messungen zur 22. BImSchV wird sich dieser
Planungsauftrag nicht allein auf den Belastungsschwerpunkt „Kaiserplatz“
beschränken können.
Eine solche Vorgehensweise würde das MUNLV aufgrund
von Erfahrungen zur Umsetzung von LRP’s in anderen NRW-Städten nicht mittragen.
Statt einer sehr lokalen Planung soll möglichst ein innerstädtisches
Gesamtkonzept zur Reduzierung der Immissionskonzentrationen von NO2
und PM10 verfolgt werden. Dieser weitreichenden Vorgabe des Landes kommt die
Arbeitsgruppe nach. Mit dem Stand vom Februar 2006 ergibt sich folgender
Sachstand der aktuell umgesetzten, beschlossenen und eingeleitenden Maßnahmen.
Umgesetzte bzw. begonnene Maßnahmen
·
Sukzessive Einführung
schadstoffarmer Motorabgastechnik in der Fahrzeugflotte der ASEAG durch
entsprechende Beschaffung (ca. 18 Neufahrzeuge pro Jahr) und Forcierung der
Einführung schadstoffarmer Motorabgastechnik beim ÖPNV (Ratsantrag von SPD und
GRÜNEN aus Dezember 2005 zur verstärkten Ausrüstung der ASEAG -Busflotte mit
Partikelfiltern)
·
Umfassende Einführung
von Partikelfiltertechnik bei Fahrzeugen des Stadtbetrieb, d.h. für alle
technisch umrüstbaren Dieselfahrzeuge, Finanzmitteleinsatz bis 2009:
1.218.000,-- € (siehe Anlage 6).
·
Einrichtung und
Betriebsaufnahme der ersten öffentlichen Pflanzenöltankstelle in NRW, u.a. mit
städt. Unterstützung.
·
Veranlassung von
PM10-orientierter Nassreinigungen an Hauptverkehrsstraßen im Umfeld des
Kaiserplatzes mittels Stadtbetriebfahrzeuge (zeitlich begrenzte Maßnahme in
Akutsituationen um „vermeidbare“ Überschreitungen auszuschließen).
·
Förderung von Maßnahmen
zur Senkung der Hausbrandemissionen u.a. durch verbesserte Heizungstechnik,
Wärmeschutz etc. (vgl. STAWAG - Förderprogramme).
Beschlossene Maßnahmen
·
Verstärktes Einfordern
von Luftreinhaltemaßnahmen bei Landes- und Bundesbehörden in Aachen, z.B. bei
der Beschaffung von Fahrzeugen, Jobticketeinführung; hier haben sich die
Landesjustizbehörde und inzwischen auch das STUA Aachen zur Jobticketeinführung
positiv geäußert. Anlage 7 zeigt eine Übersicht der bisherigen Firmen /
Behörden mit Jobticketnutzung.
·
Weitere Umrüstung städt.
Kehrmaschinen mit emissionsarmer Pflanzenöltechnik
·
Umrüstung aller
STAWAG-Transporter mit Partikelfiltertechnik (z.Z. in Umsetzung), mehrere Pkw
der STAWAG sind auf Erdgas umgerüstet.
·
Weiterer Ausbau der
Fernwärme im Aachener Talkessel.
Maßnahmen in Vorbereitung
·
Verstärkung der
City-Logistik u.a. durch die IHK
·
Unterstützung der
IHK-Aachen in Sachen Jobticket-Einführung für Firmen in der Region nach dem
Vorbild IHK-Köln und dem Nahverkehrsverbund VRS
·
verkehrsplanerische
Maßnahmen: Maßnahmen zur Reduzierung des Stauanteils (Verflüssigung des
Verkehrs), Verkehrslenkung, Verkehrsbeschränkungen (z.B. für den Lastverkehr) ,
Förderung des Umweltverbundes. Über dieses Maßnahmenpaket werden laufend
Gespräche geführt, da sich erfahrungsgemäß derartige Maßnahmen nur mit großen
Schwierigkeiten umsetzen lassen.
·
Bewerbung der Stadt
Aachen bei einem aktualisierten Finanzförderprojekt des MUNLV zur Einführung
der Pflanzenöltechnik bei kommunalen Fahrzeugen.
·
Verstärkung der
Berücksichtigung stadtklimatischer Belange in der Bauleit- und Bauplanung nach
dem Empfehlungen des Gesamtstädt. Klimagutachtens 2000 – zur Reduzierung von
Immissionsbelastungen. Lokal wirksame Klimafunktionen im Talkessel sollten als
wichtiger Umweltbelang bei Planungen von der Politik verstärkt gewürdigt
werden.
4.
Kommunal
bedeutsame Tendenzen auf der Ebene der Gesetzgebung
4.1 EU-Gesetzgebung
Bisher waren laut EU weitere gesetzgeberische
Verschärfungen auf der Ebene verschiedener Tochterrichtlinien zur Luftqualität
vorgesehen. Aufgrund der allgemeinen
Umsetzungsprobleme bei der Reduzierung vorrangig verkehrsbedingter
Luftschadstoff-belastungen ist die EU neuerdings von dieser Vorgehensweise
abgewichen.
In der aktuellen EU-Luftreinhaltekonzeption (Clean Air
For Europe - CAFE) sind daher z.B. für verschiedene Luftschadstoffparameter
zukünftige Verschärfungen, gültig ab 2008 bzw. 2010, nicht mehr als Grenzwerte,
sondern nur noch als Richtwerte verzeichnet. Aus Sicht der Umweltverwaltung
sollte dies keinesfalls zum Anlass genommen werden, das Luftreinhalteproblem in
Aachen auf die „leichte Schulter“ zu nehmen. Wegen der aktuellen Maßnahmenumsetzungsprobleme in
zahlreichen deutschen Städten ist davon auszugehen, dass die Aufsichtsbehörden
eine zeitliche Streckung der Maßnahmen nicht befürworten bzw. akzeptieren würden.
4.2
Bundesebene
Das Problem Feinstaub und Stickstoffoxide wird die
Bundesregierung mittels Gesetzes-Verordnung nach § 40 Abs1. BImSchG mit der
Ausgabe von sog. Umwelt-Plaketten angehen. Zur Steuerung innerörtlicher
Fahrverbote z.B. bei Feinstaubalarm hat das Bundeskabinett beschlossen, dass Autofahrer
Aufkleber auf der Windschutzscheibe anbringen müssen. Vorbild dieser Praxis
sind die Kfz-Kennzeichnungen der ‚3-Wege-Kat-Plaketten’ aus der Zeit der
winterlichen Smog-Perioden (80er Jahre) und der Ozon-Gesetzgebung (Ende der
90er Jahre).
Das hat zu Folge, dass z.B. Diesel-Kfz mit hohem
Partikelausstoß keine Plakette erhalten werden und damit ausnahmslos unter das
von Kommunen festzulegende Fahrverbot fallen. Vier weiße Plaketten mit
unterschiedlichen Schadstoffnummern regeln bei Bedarf je nach Festlegung der
Städte für die Sperrzonen die Durchfahrt oder den Ausschluss. Begünstigt sind
damit alle Kfz mit geringen Partikelemissionen.
Ferner wird z.Z. ein Bundesgesetz auf den Weg
gebracht, dass eine erhebliche steuerliche Benachteiligung aller Neufahrzeuge ohne
Partikelfilter vorsieht.
Mit diesen Maßnahmen verschärft der Gesetzgeber die
aus kommunaler Sicht bislang unzureichende Initiative zur Förderung
schadstoffarmer Kfz.
Anlagen
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