Entscheidungsvorlage - AVV/0087/WP18
Grunddaten
- Betreff:
-
Tarifliche und vertriebliche Angelegenheiten - AVV-Tarif:Anpassung AVV-Tarif 2024
- Status:
- öffentlich (Vorlage für Öffentlichkeit freigegeben)
- Vorlageart:
- Entscheidungsvorlage
- Federführend:
- Aachener Verkehrsverbund
Beratungsfolge
Status | Datum | Gremium | Beschluss | NA |
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Erledigt
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Mobilitätsausschuss
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Entscheidung
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26.10.2023
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Erläuterungen
Erläuterungen:
Anpassung AVV-Tarif 2024
Rahmenbedingungen
Bei der diesjährigen Tariffortschreibung sehen sich die Verkehrsunternehmen auch im AVV erneut mit erschwerten Rahmenbedingungen konfrontiert. Nachdem sich die Anzahl der Fahrgäste und der Einnahmen auch im AVV im Laufe des Jahres 2023 weiter erholte und nur noch knapp unter dem Vor-Corona-Niveau von 2019 liegt, steht die nun anstehende Tariffortschreibung erneut im Zeichen der stark steigenden Kosten.
Auch in diesem Jahr ist mit einer anhaltenden Wirtschaftskrise zu kämpfen. Die Verkehrsunternehmen verzeichnen weiter hohe Kostensteigerungen, vor allem im Personal, Energie- (Diesel, Strom) und Materialsektor. Die aktuelle Inflationsrate lag im Juli 2023 mit 6,2 % weiter auf einem sehr hohen Niveau. Bei einem Vergleich der Erzeugerpreisindizes des Jahres 2022 im Vergleich zum Vorjahr zeigt sich, dass sich beispielsweise die Stromkosten um über 100 % sowie die Dieselkosten um knapp 45 % erhöht haben. Insbesondere im Personalbereich haben die Verkehrsunternehmen mit weiter steigenden Kosten zu kämpfen. Aufgrund dieser Kostenentwicklungen befürchten die Verkehrsunternehmen weiter aufkommende Finanzierungs- und Liquiditätsengpässe.
Prognosen und erste Erkenntnisse aus den Verkaufszahlen des Deutschlandtickets (siehe Top 1.1) gehen davon aus, dass ein Großteil der Fahrgelderlöse zukünftig durch das Deutschlandticket erzielt werden. Daraus folgt, dass es faktisch nur noch bedingt möglich ist, die zuvor geschilderten Kostensteigerungen durch Anpassungen des AVV-Tarifs zu kompensieren. Vielmehr sind Aufgabenträger und Verkehrsunternehmen im Wesentlichen von Finanzierungs- und Tarifentscheidungen auf Landes- und Bundesebene abhängig (siehe Top 5.1).
Das Land gewährt zur Kompensation der durch die Einführung des Deutschlandtickets entstehenden Mindereinnahmen finanzielle Zuwendungen. Bezüglich des Vorgehens bei Tariffortschreibungen schreibt die Richtlinie vor, dass Preisanpassungen, im Wesentlichen gleichmäßig für alle Kartenarten und alle Preisstufen vorzunehmen sind. Dies bedeutet, dass die Preisfortschreibung gleichmäßig für alle Tickets in allen Ticketsegmenten vorzunehmen ist. Die Formulierung „im Wesentlichen“ bezieht sich auf die Rundung von Centbeträgen, damit die Tickets auch weiterhin zu glatten Beträgen an den Automaten erworben werden können.
Um das Leistungsangebot erhalten oder gar weiter ausbauen sowie die hohen Qualitätsstandards halten zu können, ist ein Ausgleich der gestiegenen Kosten vor dem Hintergrund weiterhin verminderter Fahrgeldeinnahmen durch eine Fortschreibung der Tarife und damit einer Berücksichtigung im Rettungsschirm unvermeidbar.
Tariffortschreibung 2024
Gemäß dem Beschluss des AVV-Unternehmensbeirats schlägt die Verbundgesellschaft eine Gesamtfortschreibung des AVV-Tarifs zum 01.01.2024 um 8,5 % vor. Wie bereits in den Vorjahren wurde auch die Höhe für die Tariffortschreibung 2024 durch ein indexbasiertes Verfahren ermittelt. Um auf eine sich weiter verschärfende Kostenentwicklung reagieren zu können, soll die Möglichkeit einer zweiten unterjährigen Fortschreibung nicht gänzlich ausgeschlossen werden.
Ergänzend zur Fortschreibungshöhe muss erwähnt werden, dass es für die Fahrgäste mit dem Deutschlandticket kostengünstige Alternativen zum konventionellen AVV-Tarif gibt, weshalb die Preissteigerungen einen Großteil der Fahrgäste nicht direkt betreffen. Die Anpassungshöhe deckt sich weitestgehend auch mit den übrigen NRW-Entwicklungen.
Nach Maßgabe der Musterrichtline hat die Verbundgesellschaft einen Tarifanpassungsvorschlag zum 01.01.2024 in Form des beigefügten Tariftableaus (Anlage) abgeleitet. Eine Anpassung würde auf Basis der Verkaufszahlen aus 2019 eine Einnahmenwirkung von ca. 12,2 Millionen Euro im Vergleich zum Vorjahr (Soll-Einnahmen 2023) ergeben. Diese Summe wäre somit die Fortschreibung der Soll-Einnahmen 2023, die den Verkehrsunternehmen als Schadensausgleich nach Musterrichtline erstattet werden würden.
Da gemäß der Musterrichtlinie alle Tarife im gleichen Umfang fortgeschrieben werden müssen, ist auch eine Anpassung des e-Tarifs (eezy avv) in einer Höhe von ca. 8,5 % obligatorisch. Um die Beträge auf ganze Cent anzupassen, fällt die Fortschreibung leicht unterproportional aus. So erhöht sich der Grundpreis Erwachsene von 1,30 Euro auf 1,41 Euro (8,46 %) und der Arbeitspreis Erwachsene von 0,25 Euro auf 0,27 Euro (8,0 %). Der Tagesdeckel Erwachsene AVV wird um 8,57 % auf 20,60 Euro fortgeschrieben. Die Zubuchungsmöglichkeit eines Fahrrads erhöht sich auf 2,28 Euro (8,57 %).
Strukturelle Tarifmaßnahmen
Die im AVV im Jahr 2021 beschlossene Überführungsstrategie hat zum Ziel, innerhalb eines angestrebten Zeitkorridors von fünf Jahren die Gelegenheitsnutzer vom heutigen Flächenzonentarif auf den eTarif AVV zu überführen. Hierdurch sollte das übergelagerte Ziel verfolgt werden, das Risiko von Einnahmenverlusten während des Parallelbetriebs von eTarif und konventionellen Tarif zu minimieren. Mit Blick auf die aktuellen Vertriebszahlen von eezy (s. Top 3) wird deutlich, dass auch nach knapp zwei Jahren eezy (NRW-weite ÖPNV Luftlinientarif) der angestrebte Hochlauf bei Weitem nicht erreicht wurde. Als Gründe hierfür sind maßgeblich die Einführung von eezy während der Corona-Pandemie, das 9-Euro-Ticket während der Sommermonate im Jahr 2022 und die Einführung des Deutschlandtickets zum 01.05.2023 zu nennen. Auch wenn mit dem Preisstopp pro Fahrt und dem Monatsdeckel in Höhe von 49 Euro in eezy ein massiver Anreiz zur Nutzung gesetzt wurde, zeigen aktuelle Befragungen, dass nur ein kleiner Teil der Bevölkerung den NRW-weiten Luftlinientarif als attraktive Alternative zum Deutschlandticket oder konventionellen Tarif kennt. Auch das seinerzeitige übergeordnete Ziel, Einnahmeverluste während des Parallelbetriebs zu minimieren, scheint unter den jüngsten Entwicklungen und finanziellen Auswirkungen des Deutschlandtickets fast schon nebensächlich.
Um dennoch geeignete und wirkungsvolle Maßnahmen ergreifen zu können, die dazu dienen, den Hochlauf in eezy anzutreiben, soll sich im Rahmen eines Strategieworkshops auf NRW-Ebene hierzu im weiteren Verlauf des Jahres ausgetauscht werden.
Neben den noch ausstehenden Abstimmungen zwischen den Verbünden in NRW, werden seitens der Partnerunternehmen im AVV konkrete kurzfristige strukturelle Tarifmaßnahmen vorschlagen.
Bereits 2021 wurde der Preisvorteil beim 4Fahrten-Ticket zur Attraktivierung der digitalen Vertriebskanäle abgelöst. Aus Vertriebsvereinfachungsgründen wurden die 4Fahrten-Tickets im Sinne der Fahrgäste auch weiterhin angeboten. Aufgrund ihrer Beschaffenheit bedarf es bei Nutzung der jeweiligen Fahrtabschnitte einer Entwertung, die mittels der Entwerter in den Fahrzeugen oder an den Stationen vorgenommen wird. Im Zuge der AVV-Digitalisierungsstrategie werden bereits sämtliche Tickets im Bartarif als be- oder entwertete Tickets angeboten – mit Ausnahme des 4Fahrten-Tickets aus dem vorgenannten Grund. Da die Verkehrsunternehmen nun vor der Entscheidung stehen, die Entwerterausrüstung zu erneuern, wird angeregt, anstelle von Investitionen in neue Entwerter das 4Fahrten-Ticket zum 01.07.2024 vom Markt zu nehmen. Als Alternativen stehen den Fahrgästen neben dem preisgleichen Einzelticket der günstigere bzw. preisgleiche eezy Tarif zur Verfügung. Auch in den anderen Verbundräumen gibt es konkrete Überlegungen zur Abschaffung der Mehrfahrtenkarten. Zwischen den Partnerunternehmen im AVV besteht Einigkeit, dass eine Abschaffung mit einer umfassenden Kommunikation und Vorstellung der alternativen Produkte, insbesondere im digitalen Bereich, begleitet werden muss.
Für das Welcome-Ticket wird aufgrund der weiter zurückgehenden Einnahmen sowie der strukturellen Veränderungen im Rahmen der Einführung des Deutschlandtickets keine weitere Marktrelevanz mehr gesehen. Mit dem bestehenden Tarifsortiment, insbesondere mit dem 24-Stunden-Ticket und dem Deutschlandticket, ist die Gruppe der Touristen bereits gut abgedeckt. Aus Tarifvereinfachungsgründen wird daher eine Abschaffung zum 01.07.2024 empfohlen.
Anlagen
Nr. | Name | Original | Status | Größe | |
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(wie Dokument)
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285,5 kB
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