Kenntnisnahme - FB 45/0445/WP18

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Beratungsfolge

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Beschlussvorschlag

Beschlussvorschlag:

 

Der Kinder- und Jugendausschuss nimmt die Ausführungen der Verwaltung zur Kenntnis.
 

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Erläuterungen

Erläuterungen:

  1. Ausgangslage

Am 10. Juni 2021 trat das Kinder- Jugendstärkungsgesetz (KJSG) im Rahmen eines Dreistufenplans in Kraft. Zentraler Bestandteil des Gesetzes ist die lang diskutierte inklusive Lösung. Mit der Gesetzesreform ist die Zusammenführung aller Leistungen für junge Menschen mit (drohender) Behinderung in das SGB VIII, vorbehaltlich eines entsprechenden Bundesgesetzes zum 1. Januar 2027, auf den Weg gebracht.

 

Damit soll die differenzierte Aufteilung der Zuständigkeiten für junge Menschen mit (drohender) Behinderung zwischen den Trägern der Jugendhilfe und den Trägern der Eingliederungshilfe entfallen. Die öffentlichen Träger der Kinder- und Jugendhilfe sind nach derzeitigem Stand künftig für alle jungen Menschen zuständig, unabhängig davon, ob eine Behinderung droht, besteht und um welche es sich im Einzelfall handelt.

 

Das KJSG beinhaltet in der Umsetzung ein Drei-Stufen-Modell, dass dem Kinder- und Jugendausschuss in der Sitzung am 24.08.2021 im Rahmen eines Vortrags der Fachabteilung Jugend vorgestellt wurde:

  • Stufe 1: Mit der bereits in Kraft getretenen Stufe wird die inklusive Lösung grundsätzlich im SGB VIII verankert.

(§§ 1, 7, 8a, 8b, 9, 11, 22 f., 77, 78a, 79a, 80 SGB VIII sowie die Schnittstellenbereinigung zur Eingliederungshilfe im SGB IX (§ 10a Abs. 3 SGB VIII, §§ 117, 119 SGB IX; § 36b Abs. 2 SGB VIII))

  • Stufe 2: Ab dem 01.01.2024 wird in § 10b SGB VIII der Verfahrenslotse eingeführt.

Nach jetzigem Stand soll diese Vorschrift zum 01.01.2028 wieder außer Kraft treten, allerdings sehen der Koalitionsvertrag der Ampelkoalition sowie aktuelle Bekräftigungen des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (BMFSFJ) eine Entfristung vor.

  • Stufe 3: Die letzte und dritte Stufe des KJSG bildet die Gesamtzuständigkeit der Kinder- und Jugendhilfe, in dem der Vorrang des SGB IX für junge Menschen mit (drohender) geistiger, körperlicher oder Sinnesbehinderung entfällt (§ 10 Abs. 4 SGB VIII).

Diese Stufe tritt unter der Voraussetzung in Kraft, dass das „Wie“ der Umsetzung in einem Bundesgesetz geregelt und dieses bis spätestens 1. Januar 2027 verkündet wird (Art. 10 Abs. 3 KJSG).

 

  1. Aufgaben

Mit in Kraft treten der zweiten Stufe zum 01.01.2024 wird im Fachbereich Kinder, Jugend und Schule (FB 45) die Stelle und Aufgabe der Verfahrenslots*innen entsprechend eingeführt. § 10b SGB VIII lautet wie folgt:

 

1) 1Junge Menschen, die Leistungen der Eingliederungshilfe wegen einer Behinderung oder wegen einer drohenden Behinderung geltend machen oder bei denen solche Leistungsansprüche in Betracht kommen, sowie ihre Mütter, Väter, Personensorge- und Erziehungsberechtigten haben bei der Antragstellung, Verfolgung und Wahrnehmung dieser Leistungen Anspruch auf Unterstützung und Begleitung durch einen Verfahrenslotsen. 2Der Verfahrenslotse soll die Leistungsberechtigten bei der Verwirklichung von Ansprüchen auf Leistungen der Eingliederungshilfe unabhängig unterstützen sowie auf die Inanspruchnahme von Rechten hinwirken. 3Diese Leistung wird durch den örtlichen Träger der öffentlichen Jugendhilfe erbracht.

(2) 1Der Verfahrenslotse unterstützt den örtlichen Träger der öffentlichen Jugendhilfe bei der Zusammenführung der Leistungen der Eingliederungshilfe für junge Menschen in dessen Zuständigkeit. 2Hierzu berichtet er gegenüber dem örtlichen Träger der öffentlichen Jugendhilfe halbjährlich insbesondere über Erfahrungen der strukturellen Zusammenarbeit mit anderen Stellen und öffentlichen Einrichtungen, insbesondere mit anderen Rehabilitationsträgern.

 

In der Umsetzung werden die Verfahrenslots*innen im Umfang von 2 VZÄ im Sachgebiet FB 45/330 Erweiterte Dienste des FB 45 verankert. Hintergrund ist die im Gesetz geforderte Unabhängigkeit zu anderen Aufgabengebieten des Jugendamtes, insbesondere den Allgemeinen Diensten mit den Sozialraumteams und der Eingliederungshilfe gem. § 35a SGB VIII.

Der Verfahrenslotse ist vorrangig den Interessen von Familien und jungen Menschen verpflichtet und bedarf einer ähnlichen weisungsfreien Tätigkeit und Entscheidungsfindung wie im Aufgabenbereich der Vormundschaften.

 

Die Verfahrenslots*innen werden insbesondere Einzelfallberatungen für Menschen, die Leistungen der Eingliederungshilfe wegen einer Behinderung oder wegen einer drohenden Behinderung geltend machen wollen, durchführen. Andere Sozialleistungsträger und Kooperationspartner ergeben sich hierbei aus § 81 SGB VIII und sind insbesondere nach SGB II bis SGB VI und SGB XII beispielsweise das Jobcenter, die gesetzlichen Kranken- und Rentenversicherungen, die Sozialämter, die Eingliederungshilfeträger gem. SGB IX, die Schulen/Schulträger, die Stellen der Bundesagentur für Arbeit, die Jugendberufshilfe und Jugendberufsagentur, die Pflegeversicherung gem. SGB XI und Pflegestützpunkte und die Gesundheitsämter.

 

Die Beratungsleistung gegenüber dem jungen Menschen und deren Familien wird folgende Schwerpunkte beinhalten.

  • Beratung über Rechte und mögliche Ansprüche über Hilfsangebote der verschiedenen Rehabilitations- und Sozialleistungsträger und ggf. Unterstützung bei der Antragstellung, Verfolgung und Wahrnehmung von Eingliederungshilfeleistungen
  • Unabhängige Vermittlung zwischen verschiedenen Stellen durch Einordnung und Erläuterung gegenüber den Leistungsberechtigten
  • Vermittlung von Ansprechpartner*innen bei anderen Trägern, bei dringendem Bedarf auch Kontaktaufnahme durch die Verfahrenslots*innen
  • Unterstützung beim Verstehen und Einordnen von Bewilligungs- und Ablehnungsentscheidungen und Hinwirkung auf die Inanspruchnahme von Rechten
  • Begleitung zu Terminen und ggf. Teilnahme an Hilfeplanverfahren bei dem Sozialleistungsträger

 

Im Rahmen der Beratungsleistung verbleibt die Verantwortung für das Vorgehen bei der Inanspruchnahme von Eingliederungshilfeleistungen stets bei den Leistungsberechtigten bzw. deren gesetzlichen Vertreter*innen. Die Beratung stellt außerdem, obwohl sie auch rechtliche Fragen zum Gegenstand hat, keine dezidierte Rechtsberatung dar (vgl. Dijuf - Positionspapier zum Verfahrenslotsen - § 10b SGB VIII, 2022). Die Verfahrenslots*innen stellen somit keine Interessensvertretungen der Leistungsberechtigten dar, sondern bieten lediglich Unterstützungsangebote.

 

Gemäß § 10b Abs. 2 SGB VIII ist es weiterhin die Aufgabe der Verfahrenslots*innen den Träger der öffentlichen Jugendhilfe bei der Zusammenführung der Leistungen der Eingliederungshilfe durch eine halbjährliche Berichterstattung, insbesondere über Erfahrungen der strukturellen Zusammenarbeit mit den oben genannten Kooperationspartnern zu unterstützen. Inhaltliche Aspekte der Berichterstattung sind:

  • Aufbau von Netzwerk- und Kooperationsstrukturen innerhalb der Stadt Aachen
  • Erstellung einer Handlungsempfehlung für die nächsten Schritte bei der angestrebten Zusammenführung und Ausgestaltung der inklusiven Lösung und Abbau von Inklusionsbarrieren in der Verwaltung
  • Qualitative Analyse der wiederkehrenden Anliegen der Familien und der erfolgten Beratungsleistungen (Bsp. Übersicht und Anzahl der in Anspruch genommenen Hilfen)
  • Statistik über die quantitative Inanspruchnahme der Verfahrenslots*innen, inkl. der Themen/Anliegen des zu Beratenden und der jeweilige Zeitaufwand
  • Dauer bis zur Entscheidung über und Installation einer Hilfe bei den verschiedenen Trägern
  • Häufigkeit der Teilnahme an Gesamtplanverfahren des SGB IX-Trägers und weiteren Sozialleistungsträgern für einen Abgleich und eine Anpassung von Teilhabediagnostikinstrumenten und Hilfeplanverfahren
  • Herstellung bzw. Förderung der Kompatibilität verschiedener Fachanwendungen, so dass Arbeitsprozesse digital abbildet werden können

 

  1. Ausblick

Mit der Implementierung von zwei Verfahrenslots*innen (2 VZÄ) im FB 45 wird der gesetzliche Anspruch gem. § 10b SGB VIII umgesetzt. Die Stellen der Verfahrenslots*innen fordern sowohl Fachkenntnisse und Erfahrungen in der Kinder- und Jugendhilfe als auch Wissen über verschiedene Arten von Behinderungen und möglicher Teilhabebedarfe. Vertiefte Rechtskenntnisse im gesamten Spektrum des Sozialrechts sind zwingend notwendig. Zudem werden hinreichende Kenntnisse im System der Rehabilitationsträger und den Systemen sozialer Absicherung (Aufgaben, Leistungen, Abläufe etc.) gefordert sein.

 

Mit der Aufnahme der Tätigkeit wird es wichtig sein einen niedrigschwelligen Zugang zu den Beratungsleistungen für die jungen Menschen und Familien zu schaffen. In diesem Zusammenhang bedarf es unter anderem der Erstellung von Informationsmaterialien und der Durchführung von Vorträgen/Veranstaltungen und Bekanntmachungen im Netzwerk der Kooperationspartner*innen.

 

Gegenüber den Familien wird eine nachvollziehbare Rolle des Verfahrenslots*innen zu vermitteln sein. So kann Vorbehalten von Familien gegenüber den Verfahrenslots*innen, als Teil des Jugendamtes, begegnet und eine gewinnbringende Beratung stattfinden.

 

Die gesetzlich verankerte regelmäßige Berichterstattung wird langfristig das Ziel einer Handlungsempfehlung für die angestrebte Zusammenführung und Ausgestaltung der inklusiven Lösung haben.

Hierfür ist es wichtig die bereits vorgehaltenen inklusiven Angebote zu analysieren und weitere Maßnahmen zu entwickeln. Insbesondere die Bedarfsklärungen innerhalb der Beratungen inklusive der statistischen Auswertungen (s.o.) sollen zu neuen und weiteren Erkenntnissen über die noch fehlenden Angebote führen.
 

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Auswirkungen

Finanzielle Auswirkungen

 

 

JA

NEIN

 

 

 

x

 

 

 

 

Investive Auswirkungen

Ansatz

20xx

Fortgeschriebener Ansatz 20xx

Ansatz 20xx ff.

Fortgeschriebener Ansatz 20xx ff.

Gesamt­bedarf (alt)

Gesamt­bedarf (neu)

Einzahlungen

0

0

0

0

0

0

Auszahlungen

0

0

0

0

0

0

Ergebnis

0

0

0

0

0

0

+ Verbesserung /

- Verschlechterung

0

0

 

 

Deckung ist gegeben/ keine ausreichende Deckung vorhanden

Deckung ist gegeben/ keine ausreichende Deckung vorhanden

 

konsumtive Auswirkungen

Ansatz

20xx

Fortgeschriebener Ansatz 20xx

Ansatz 20xx ff.

Fortgeschriebener Ansatz 20xx ff.

Folge-kosten (alt)

Folge-kosten (neu)

Ertrag

0

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0

0

0

0

Personal-/

Sachaufwand

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0

0

Abschreibungen

0

0

0

0

0

0

Ergebnis

0

0

0

0

0

0

+ Verbesserung /

- Verschlechterung

0

0

 

 

Deckung ist gegeben

Deckung ist gegeben

 

Weitere Erläuterungen (bei Bedarf):

 


Klimarelevanz

Bedeutung der Maßnahme für den Klimaschutz/Bedeutung der Maßnahme für die

Klimafolgenanpassung (in den freien Feldern ankreuzen)

Zur Relevanz der Maßnahme für den Klimaschutz

Die Maßnahme hat folgende Relevanz:

keine

positiv

negativ

nicht eindeutig

x

 

 

 

 

Der Effekt auf die CO2-Emissionen ist:

gering

mittel

groß

nicht ermittelbar

 

 

 

 

 

Zur Relevanz der Maßnahme für die Klimafolgenanpassung

Die Maßnahme hat folgende Relevanz:

keine

positiv

negativ

nicht eindeutig

x

 

 

 

 

Größenordnung der Effekte

Wenn quantitative Auswirkungen ermittelbar sind, sind die Felder entsprechend anzukreuzen.

 

Die CO2-Einsparung durch die Maßnahme ist (bei positiven Maßnahmen):

gering

 

 

unter 80 t / Jahr (0,1% des jährl. Einsparziels)

mittel

 

 

80 t bis ca. 770 t / Jahr (0,1% bis 1% des jährl. Einsparziels)

groß

 

 

mehr als 770 t / Jahr  (über 1% des jährl. Einsparziels)

 

Die Erhöhung der CO2-Emissionen durch die Maßnahme ist (bei negativen Maßnahmen):

gering

 

 

unter 80 t / Jahr (0,1% des jährl. Einsparziels)

mittel

 

 

80 bis ca. 770 t / Jahr (0,1% bis 1% des jährl. Einsparziels)

groß

 

 

mehr als 770 t / Jahr (über 1% des jährl. Einsparziels)

 

Eine Kompensation der zusätzlich entstehenden CO2-Emissionen erfolgt:

 

 

 

vollständig

 

 

 

überwiegend (50% - 99%)

 

 

 

teilweise (1% - 49 %)

 

 

 

nicht

 

 

 

nicht bekannt

 

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