Entscheidungsvorlage - AVV/0097/WP18

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Beratungsfolge

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Beschlussvorschlag

Beschlussvorschlag:
Der regionale AVV-Beirat der Stadt Aachen nimmt die Ausführungen zur Kenntnis und stimmt der weiteren Anwendung des Deutschlandtickets und den damit verbundenen Tarifbestimmungen und Beförderungsbedingungen als Bestandteil des AVV-Verbundtarifs sowie der Anerkennung von Deutschlandtickets jeglicher Art im AVV-Raum, die außerhalb des AVV verkauft wurden, zunächst bis zum 31.12.2024 unter dem Vorbehalt zu, dass die daraus resultierenden finanziellen Belastungen aus Mindereinnahmen für die kommunalen Haushalte und/oder die Verkehrsunternehmen bzw. erlösverantwortlichen Aufgabenträger durch den Bund und/oder das Land NRW für diesen Zeitraum auf der Grundlage der Förderregularien rechtsverbindlich ausgeglichen werden.

 

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Erläuterungen

Erläuterungen:

Aktueller Sachstand der Beratungen von Bund und Ländern zur weiteren Finanzierung und Fortführung des Deutschlandtickets

Über die Modalitäten zur Sicherstellung einer auskömmlichen Finanzierung über das Jahr 2023 hinaus hatten der Bund und die Länder im Herbst 2023 u.a. auf Ebene sowohl der Verkehrsminister als auch der Ministerpräsidenten intensiv beraten. Im Nachgang zu einem Abstimmungsgespräch mit dem Bundeskanzler am 06.11.2023 wurde im Ergebnis angekündigt, Restmittel zur Finanzierung des Deutschlandtickets aus dem Jahr 2023, die aus der verzögerten Einführung des Deutschlandtickets erst zum 1. Mai 2023 resultieren, in Höhe von insgesamt 700 Mio. Euro (paritätisch zu tragen von Bund bzw. Ländern) auf das Jahr 2024 zu übertragen. Der auf den Bund entfallende Anteil in Höhe von 350 Mio. Euro sollte dabei durch eine entsprechende Änderung des Regionalisierungsgesetzes eingebracht werden. Bund und Länder haben weiterhin im Rahmen der Besprechung vom 06.11.2023 die Verkehrsministerkonferenz beauftragt, rechtzeitig vor dem 01.05.2024 ein Konzept zur Durchführung des Deutschlandtickets ab dem Jahr 2024 vorzulegen. Im Übrigen hatten Bund und Länder vereinbart, sich im Laufe des Jahres 2024 dann über eine weitere Finanzierung des Deutschlandtickets zu verständigen. Eine Nachschusspflicht durch Bund und Länder im Jahr 2024 entsprechend der für 2023 vereinbarten Modalitäten wird dabei weiterhin ausgeschlossen.

 

Die vorgenannte Berücksichtigung der Restmittel 2023 im Entwurf des Bundeshaushalts für das Jahr 2024 ist  angesichts der durch das Urteil des Bundesverfassungsgerichts ausgelösten Haushaltskrise jedoch bislang ausgeblieben. Da die Finanzierung der somit ggf. nicht gedeckten wirtschaftlichen Schäden potenziell an den Aufgabenträgern des ÖPNV hängen bliebe, würde eine solche Entwicklung die weiterhin bundesweite Anwendung bzw. Anerkennung des Deutschlandtickets erheblich gefährden. Verschiedene Interessenvertretungen, darunter der Deutsche Landkreistag sowie auch der Branchenverband VDV, setzen sich vor diesem Hintergrund nachdrücklich für eine Korrektur dieser drohenden Entwicklung ein.

 

Nachdem die in Aussicht gestellte Übertragung der bundesseitig zu tragenden Restmittel in Höhe von 350 Mio. Euro aus dem Vorjahr angesichts der aktuellen Einsparbemühungen im Bundeshaushalt weiterhin unklar scheint, haben die Verkehrsminister der Länder mit Beschluss ihrer Sonderkonferenz am 22.01.2024 den Bund aufgefordert, die im Beschluss der Ministerpräsidentenkonferenz am 06.11.2023 vereinbarte Übertragung der Restmittel 2023 in das Jahr 2024 zügig umzusetzen und zudem auf den Gesamtzeitraum 2023 – 2025 auszudehnen.

 

Unter der Voraussetzung, dass auf eine Kürzung der 350 Mio. Euro verzichtet und eine entsprechende Übertragung erfolgen werde, hat die Verkehrsministerkonferenz (VMK) im Übrigen festgestellt, dass die Mittel zur Finanzierung des Deutschlandtickets in 2024 auch ohne eine Anpassung des Ticketpreises von 49,- Euro ausreichen würden. Als Grundlage für diese Feststellung wurden aktuelle Prognosedaten der hiermit beauftragten Szenarien-AG angeführt.

 

Der Branchenverband VDV hat die von der VMK beschlossene Preisstabilität des Deutschlandtickets in 2024 im Rahmen seiner Jahrespressekonferenz zwischenzeitlich als vertretbar bewertet und in diesem Kontext ebenfalls auf eine aktualisierte Kalkulation verwiesen. Hiernach würden die für das Jahr 2023 bislang auf rd. 2,3 Mrd. Euro bezifferten Schäden aus dem Deutschlandticket nunmehr nur noch mit rd. 2,0 Mrd. Euro prognostiziert, woraus sich entsprechender Spielraum für die beschlossene Preisstabilität ergibt. Dessen ungeachtet fordert der VDV mit Blick auf die Rahmenbedingungen für die weitere Entwicklung des Deutschlandtickets weiterhin nachdrücklich verlässliche Rahmenbedingungen und eine dauerhaft tragfähige Finanzierung.

 

Über aktuelle Entwicklungen in dieser Thematik wird bei Bedarf im Rahmen der Sitzung mündlich berichtet.

 

Im Rahmen der regelmäßig stattfindenden Austauschtermine zwischen dem Ministerium für Umwelt, Naturschutz und Verkehr (MUNV), dem Kompetenzcenter Marketing NRW (KCM), den Verkehrsverbünden und Verkehrsunternehmen hat das MUNV im Übrigen darüber informiert, dass die Konzepterstellung zur Fortführung des Deutschlandtickets und Abstimmung zu Beginn des Jahres 2024 erfolgen sollen, so dass ausreichend Zeit vorhanden ist, etwaige Anpassungen bei den Tariforganisationen und Verkehrsunternehmen vorzunehmen.

 

Im AVV hat die Verbandsversammlung in ihrer Sitzung am 29.11.2023 der weiteren Anwendung des Deutschlandtickets und den damit verbundenen Tarifbestimmungen und Beförderungsbedingungen als Bestandteil des AVV-Verbundtarifs sowie der Anerkennung von Deutschlandtickets jeglicher Art im AVV-Raum, die außerhalb des AVV verkauft wurden, zunächst nur bis zum 30.04.2024 unter dem Vorbehalt zugestimmt, dass die daraus resultierenden finanziellen Belastungen aus Mindereinnahmen für die kommunalen Haushalte und/oder die Verkehrsunternehmen bzw. erlösverantwortlichen Aufgabenträger durch den Bund und/oder das Land NRW für diesen Zeitraum auf der Grundlage der Förderregularien rechtsverbindlich ausgeglichen werden.

 

Richtlinien des Landes NRW zum Ausgleich Deutschlandticket-bedingter Schäden in 2024

Die zur Finanzierung der mit dem Deutschlandticket verbundenen Schäden im Jahr 2024 erforderlichen Richtlinien des Landes NRW wurden unter dem Datum vom 30.11.2023 zwischenzeitlich in Kraft gesetzt. Die hierin verankerten Ausgleichsparameter sind gegenüber dem Vorjahr weitgehend vergleichbar geblieben, wobei Änderungen insbesondere hinsichtlich der mit der erstmaligen Umsetzung des Deutschlandtickets begründeten vertrieblichen Mehr- bzw. Umstellungsaufwendungen bestehen.

 

Die neuen NRW-Richtlinien beinhalten unter Verweis auf die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens weiterhin offenen Fragen zur dauerhaften Finanzierung eine ausdrückliche Empfehlung, diesbezügliche Beschlüsse auf den Zeitraum bis zum 30. April 2024 zu befristen, weshalb in Bezug auf die darüberhinausgehende Fortführung des Angebots eine erneute Beratung und ggf. Beschlussfassung erforderlich ist. Grundlage für die befristete Finanzierungssicherheit waren die zum Zeitpunkt des Erlasses der Landesrichtlinie zwischen dem Bund und den Ländern abgestimmten Rahmenbedingungen.

 

Antragstellung 2024

Nachdem bereits die Antragstellung in Bezug auf die durch das Deutschlandticket verursachten Schäden für den Zeitraum von Mai 2023 bis Dezember 2023 grundsätzlich bis Ende September 2023 vorzunehmen war, sieht auch die NRW-Richtlinie für das Jahr 2024 eine Antragstellung bis Ende September dieses Jahres vor. Zur Sicherstellung der Liquidität gewährt das Land den Antragstellenden über die Bezirksregierungen auf formlosen Antrag ab Januar 2024 jedoch monatliche Abschlagszahlungen, deren Höhe sich nach dem für das Jahr 2023 vorläufig beantragten Ausgleichsbedarf richtet.

 

Die Antragstellung erfolgt im AVV vereinbarungsgemäß durch die Aufgabenträger selbst, welche im Rahmen ihrer öffentlichen Dienstleistungsaufträge eine rechtskonforme und verwaltungssparsame Weiterleitung der Ausgleichsmittel auf direktem Wege an ihre Verkehrsunternehmen vornehmen.

 

Im Rahmen ihrer Antragstellung erhalten die Aufgabenträger und Verkehrsunternehmen durch die Verbundgesellschaft über die antragsrelevanten Daten zur Entwicklung ihrer Fahrgelder nach Einnahmenaufteilung hinaus auch weitergehende inhaltliche Unterstützung etwa bei Abstimmungsbedarf gegenüber dem Land NRW oder der Bezirksregierung Köln.

 

Einnahmesituation AVV

Basierend auf den Verkaufszahlen ergibt sich die in der Anlage 1 dargestellte Einnahmesituation im AVV bezogen auf das Deutschlandticket (Stand Dezember 2023) und den AVV-Tarif (November 2023).

 

Im Ergebnis zeigt sich, dass die Verkaufszahlen des Deutschlandtickets inkl. etwaiger Derivate seit der Einführung stetig steigen. Mit knapp 90.000 verkauften Deutschlandtickets (inkl. Jobticket, Upgrade Semesterticket, Schule) wurde im Dezember 2023 der bisherige monatliche Höchstwert erreicht.

 

Die Entwicklung des AVV-Tarifs zeigt, dass die Einnahmen im November 2023 bei ca. 3,5 Mio. Euro lagen, was einen Rückgang von ca. 60 % im Vergleich zum Vorjahreszeitraum bedeutet.

 

Im Gesamtergebnis lässt sich festhalten, dass die Einnahmen aus dem Deutschlandticket auch auf absehbare Zeit nicht das aus den bisherigen Ticketverkäufen resultierende Einnahmenniveau erreichen. Die Verluste im AVV von Mai bis Dezember 2023 (verglichen mit den Soll-Einnahmen 2023) liegen nach aktuellen Prognosen bei etwa 20 Mio. Euro. Für das Jahr 2024 wird ein Verlust von rund 30 Mio. Euro erwartet.

 

Der Einnahmenrückgang im AVV-Tarif fiel in den ersten Monaten nach Einführung zunächst geringer aus, als anfangs prognostiziert. Insbesondere aufgrund der Überführung der AVV-Schülerticketmodelle in das Deutschlandticket Schule fällt der Einnahmenrückgang im AVV-Tarif nun jedoch deutlich höher aus und wird sich mit der Überführung des Semestertickets in das Deutschlandsemesterticket und dem Wechsel weiterer Unternehmen in das Deutschland-Jobticket weiter fortsetzen. Allerdings ist der langfristige Trend aufgrund des bisher kurzen Betrachtungszeitraums, der schweren Vergleichbarkeit zum Vorjahr (9 Euro-Ticket) sowie der möglichen Preisfortschreibung des Deutschlandtickets noch unklar. Weitere strategische Überlegungen zur Tarifgestaltung müssen auf Basis der anhaltenden dynamischen Entwicklungen im Zusammenhang mit der Einführung des Deutschlandtickets getroffen werden.

 

Deutschlandticket Schule

Sachstand bei den Schulträgern im AVV

Zum 01.08.2023 wurde zusätzlich zu den bestehenden AVV-Tarifprodukten für Schülerinnen und Schüler das Deutschlandticket Schule auf Basis des Erlasses des Ministeriums für Umwelt, Naturschutz und Verkehr NRW (MUNV) eingeführt. Die Schulträger im AVV hatten die Wahlmöglichkeit, ihren anspruchsberechtigten Schülerinnen und Schülern für die Fahrten zur Schule ein School&Fun-Ticket bzw. eine Schülerjahreskarte oder ein Deutschlandticket Schule anzubieten. Insgesamt ergibt sich im laufenden Schuljahr 2023/2024 hinsichtlich des von den Schulträgern gewählten Schülermodells auch weiterhin ein heterogenes Bild im AVV. Der Großteil der Schulträger im AVV (ca. 47 %) bietet das Deutschlandticket Schule unter dem landesweiten Modellansatz des MUNV NRW an. Circa ein Drittel der Schulträger im AVV entschied sich für eine Einführung des Deutschlandtickets für anspruchsberechtigte Schülerinnen und Schüler, wobei einige Schulträger die aus dem Wechsel vom bisherigen regionalen Schulträgerprodukt ins Deutschlandticket resultierenden Einsparungen dazu verwenden, die durch Selbstzahler abgenommenen Deutschlandtickets zu subventionieren.  Die übrigen Schulträger im AVV verblieben in ihren bisherigen Schulträgerprodukten und bieten weiterhin das School&Fun-Ticket oder die Schülerjahreskarte an.

 

Im Dezember 2023 besaßen insgesamt rund 48.000 Schülerinnen und Schüler der 65 Schulträger im AVV ein vergünstigtes Deutschlandticket Schule. Unter den Inhabern dieser Deutschlandtickets entfallen rund 10.500 Deutschlandtickets auf die Gruppe der Nichtanspruchsberechtigten/Selbstzahler (ca. 22 %).

 

Weitere Entwicklungen

Der landesweite Modellansatz zum Deutschlandticket Schule ist zunächst gemäß dem Runderlass befristet auf das Schuljahr 2023/2024 und soll laut Aussage des Landes NRW lediglich eine Übergangslösung bis zu einer geplanten, langfristigen Neuregelung der Schülerverkehre in NRW darstellen. Vor diesem Hintergrund sind die NRW-Verbünde und das Kompetenzcenter Marketing NRW (KCM) unter gutachterlicher Begleitung in die fachliche Diskussion zu alternativen Zukunftsmodellen sowie zur möglichen Ablösung des derzeit bestehenden „Übergangsmodells“ eingestiegen.

 

Im Rahmen des Kick-Off-Termins zur Schülerticketreform in NRW wurde am 02.11.2023 seitens der kommunalen Spitzenverbände deutlich gemacht, dass – neben einem attraktiven Schülerticketprodukt - auch eine Reduzierung des bisherigen Aufwandes auf Seiten der Schulträger als ein wesentliches Kriterium einer Reform erachtet wird. Des Weiteren wurde seitens der kommunalen Spitzenverbände in Anbetracht der Tatsache, dass der Beschluss zur Einführung des Landesmodells bei den Kommunen zum Ende des Schuljahres 2023/2024 ausläuft, auf eine schnelle Erarbeitung eines Vorschlages sowie die enge Einbindung des Ministeriums für Schule und Bildung (MSB NRW) gedrängt.

 

Deutschlandticket Sozial

Basierend auf der Beschlussfassung im vergangenen Beirat, erfolgte zum 01.01.2024 die verbundweite Einführung des Deutschlandticket Sozial mit Vertriebsstart zum 01.12.2023. Das Deutschlandticket Sozial wird ergänzend zu den bestehenden regionalen Tarifangeboten für diese Zielgruppe im AVV angeboten. Der Preis des Deutschlandticket Sozial liegt derzeitig bei 39 Euro je Monat und soll bei etwaigen Preisfortschreibungen konstant 10 Euro unter dem Preis des Deutschlandtickets liegen.

 

Wie bereits eingangs beschrieben, ist die Einführung des Deutschlandticket Sozial im AVV zunächst befristet bis zum 30.04.2024 von der Verbandsversammlung des Zweckverband AVV beschlossen worden. Zur Fortführung des Deutschlandticket Sozial im AVV über den 30.04.2024 hinaus bedarf es daher einer entsprechenden Beschlussfassung.

 

Sachstand Einnahmenaufteilung Deutschlandticket

Zur bundesweiten Einnahmenaufteilung des Deutschlandtickets wurde wie bereits berichtet, ein dreistufiges Verfahren für die kommenden Jahre entwickelt. Nachdem im Jahr 2023 (1. Stufe des Leipziger Modells) die Einnahmen aus dem Deutschlandticket zunächst bei jedem Tarifgeber verbleiben, sollte zum 01.01.2024 das bundesweite Einnahmenaufteilungsverfahren gemäß der 2. Stufe des Leipziger Modelles zur Anwendung kommen. Das Verfahren sieht im Grundsatz eine Verteilung der Einnahmen anhand der Postleitzahlen der Ticketinhaber auf die einzelnen Bundesländer (inkl. Ansätze für SPNV und landesübergreifende Nutzung) vor. Entgegen der zeitlichen Planung zur Umsetzung der drei Stufen der Einnahmenaufteilung konnte bislang noch kein Beschluss im Rahmen des Koordinierungsrates zur Umsetzung der 2. Stufe erfolgen. Im Koordinierungsrat am 12.12.2023 erfolgte der Beschluss, den Start der Stufe 2 (Verfahren nach dem Wohnortprinzip) im Rahmen des Einnahmeaufteilungsverfahrens auf den 01.01.2025 zu verschieben. Für das Jahr 2024 wird wie bereits im Jahr 2023 entsprechend nach Stufe 1 verfahren.

 

Weitere Beschlussfassung

In Anbetracht der in der AVV-Verbandsversammlung befristeten Beschlüsse zur Fortführung des Deutschlandtickets und der befristeten Umsetzung des Deutschlandticket Sozial bedarf es nunmehr einer Beschlussfassung zur weiteren Anwendung des Deutschlandticket und etwaiger abgeleiteter Produkte.

 

Über die weiteren Entwicklungen wird im Rahmen der Sitzung berichtet.

 


 

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