Kenntnisnahme - FB 56/0399/WP18

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Beratungsfolge

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Beschlussvorschlag

Beschlussvorschlag:

 

Der Wohnungs- und Liegenschaftsausschuss nimmt die Ausführungen der Verwaltung zur Kenntnis.
 

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Erläuterungen

Erläuterungen:

Mit Ratsantrag vom 05. Dezember 2023 beantragt die Fraktion Die Linke im Rat der Stadt Aachen, die Verwaltung zu beauftragen, ein Unterstützungsangebot für Menschen anzubieten, die Opfer von Mietpreisüberhöhungen nach § 5 WiStG wurden (Anlage 1).

Mit Tagesordnungsantrag vom 26. Februar 2024 beantragt die Fraktion Bündnis 90 Die Grünen / SPD im Rat der Stadt Aachen, die Verwaltung möge darlegen, welche Maßnahmen in der Vergangenheit i.S.d. Art. 5 Wirtschaftsstrafgesetz und des Paragrafen 291 StGB ergriffen worden sind, um in Aachen Mietwucher zu bekämpfen und welche Maßnahmen in Zukunft ergriffen werden könnten (Anlage 2).

Der Grundsatz der Vertragsfreiheit lässt es zu, dass Mieter*innen und Vermieter*innen die Höhe der jeweiligen Miete frei vereinbaren können. Damit ein*e Mieter*in aber einer*m möglicherweise wirtschaftlich stärkeren Vermieter*in nicht völlig schutzlos ausgeliefert ist, gibt es für die Höhe der Miete Grenzen. Geahndet wird insbesondere der Mietwucher als Sonderfall des Wuchers, strafbar nach § 291 Strafgesetzbuch (StGB). Eine Strafbarkeit liegt vor, wenn die ortsübliche Vergleichsmiete um 50% überschritten wird. Die Vorschrift wird jedoch flankiert durch die Ordnungswidrigkeit der Mietpreisüberhöhung nach § 5 Wirtschaftsstrafgesetz (WiStG).

Lässt sich ein*e Vermieter*in eine unangemessen hohe Miete versprechen, stellt dies eine Ordnungswidrigkeit dar und kann mit einer Geldbuße von bis zu 50.000 EUR belegt werden. Darüber hinaus kann der/die Mieter*in die Rückzahlung der überzahlten Miete verlangen.

Was eine unangemessen hohe Miete ist, regelt § 5 WiStG. Zum einen muss die im Vertrag vereinbarte Miete mindestens 20% über der ortsüblichen Vergleichsmiete liegen. Zum anderen muss eine Mangellage an vergleichbaren Wohnungen vorliegen, und der/die Vermieter*in muss diese Mangellage bewusst ausgenutzt haben.

Bei der Anwendung des § 5 WiStG ist zudem das Tatbestandsmerkmal der „Ausnutzung eines geringen Angebots an vergleichbaren Räumen“ von entscheidender Bedeutung.

Der Bundesgerichtshof hat am 28. Januar 2004 für einen Fall aus Berlin geurteilt, dass das Tatbestandsmerkmal der „Ausnutzung eines geringen Angebots“ nur erfüllt ist, wenn die Mangellage auf dem Wohnungsmarkt für die Vereinbarung der Miete im Einzelfall ursächlich war (BGH Karlsruhe, Versäumnisurteil vom 28.01.2004 – AZ VIII ZR 190/03 -). Dazu hat der Mieter darzulegen und gegebenenfalls zu beweisen, welche Bemühungen bei der Wohnungssuche er bereits unternommen hat, weshalb diese erfolglos geblieben sind und dass er mangels einer Ausweichmöglichkeit nunmehr auf den Abschluss des Mietvertrages angewiesen war.

Ein Jahr später wurde die Rechtsprechung durch den BGH noch ausgeweitet. In einem Fall aus München wurde geurteilt, dass zur Beantwortung der Frage, ob der Vermieter ein geringes Angebot an vergleichbaren Räumen ausgenutzt hat, auf das gesamte Gebiet der Gemeinde und nicht lediglich auf den Stadtteil abzustellen sei, in dem sich die Mietwohnung befindet. Das Tatbestandsmerkmal des „geringen Angebots“ sei dann nicht erfüllt, wenn der Wohnungsmarkt für vergleichbare Wohnungen nur in dem betreffenden Stadtteil angespannt, im übrigen Stadtgebiet aber entspannt sei (BGH vom 13.04.2005, VIII ZR 44/04).

 

Damit ist nach Ansicht einiger Mietervereine, so z.B. der des Berliner Mietervereins, die Vorschrift des § 5 WiStG faktisch nicht mehr anwendbar.[1]

 

Dieser Einschätzung schließt sich der wissenschaftliche Dienst des Bundestages in seiner Kurzinformation „Mieten- und wohnungsmarktpolitische Instrumente“ an (WD 7 – 3000 – 056/19 vom 27.03.2019): „Unter anderem durch die restriktive Rechtsprechung finden diese Vorschriften sowohl als Ordnungswidrigkeit als auch durch das Verbotsgesetz im Sinne des § 134 BGB in der Praxis keine nennenswerte Anwendung (…).“[2]

 

Mit dem vorliegenden Antrag der Fraktion Die Linke wird auf die Berichterstattung zum Frankfurter Wohnungsamt verwiesen. Dort wird eine Unterstützung für Mieter*innen angeboten, die sich von einer überhöhten Miete betroffen sehen.

 

Durch das Mietrechtsnovellierungsgesetz wurde in § 556 d Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) die Möglichkeit geschaffen, in einem durch Rechtsverordnung nach Abs. 2 dieser Vorschrift bestimmten Gebiet mit einem angespannten Wohnungsmarkt die Miete zu Beginn eines Mietverhältnisses auf höchstens 10% über der ortsüblichen Vergleichsmiete zu begrenzen (Mietpreisbremse). Aufgrund der Mietpreisbegrenzungsverordnung NRW wurde die Stadt Aachen seit dem 01. Juli 2015 als ein Gebiet mit angespanntem Wohnungsmarkt ausgewiesen. Im März 2020 wurde ein durch das Ministerium für Heimat, Kommunales, Bau und Gleichstellung beauftragtes Gutachten zur Wirksamkeit folgender vier mietrechtlichen Verordnungen veröffentlicht:

  • Mietpreisbegrenzungsverordnung gem. § 556 d BGB,
  • Kappungsgrenzenverordnung gem. § 558 Abs. 3, S. 2 und 3 BGB,
  • ndigungssperrfristverordnung gem. § 557 a Abs. 2 BGB,
  • Umwandlungsverordnung gem. § 172 Abs. 1, S. 4 BauGB.

Aus diesem Gutachten ging hervor, dass der Wohnungsmarkt in Aachen nicht als angespannt zu bezeichnen sei, obwohl die Wohnungsmarktberichte der Vorjahre das Gegenteil aussagten. Hierzu wird auf die damalige Berichterstattung verwiesen. Die Mietpreisbremse endete daher zum 30. Juni 2020. Aktuell ist ein neues Gutachten in der Erstellung; die Gebietskulisse wird weiterhin beobachtet.

 

Mit der hessischen Mieterschutzverordnung (MiSchuV) vom 18. November 2020 hat die Landesregierung Hessen erneut Gebiete mit angespannten Wohnungsmärkten in Hessen bestimmt, in denen die Mietpreisbremse, die abgesenkte Kappungsgrenze und die verlängerte Kündigungssperrfrist gelten. Die Stadt Frankfurt am Main ist dabei eine von 49 Gemeinden, deren Wohnungsmarkt seither als angespannt gilt. Die Mietpreisbremse gilt dabei in Frankfurt bereits seit dem 28. Juni 2019.

 

 

 

Aus den Ländern Bayern, Berlin, Brandenburg, Hamburg und Nordrhein-Westfalen wurde während der 19. Wahlperiode des Bundestags ein Initiativantrag zur Änderung des § 5 WiStG gestellt. Ziel war eine vereinfachte Anwendung der Vorschrift unter Änderung der Voraussetzung „infolge der Ausnutzung“ in „“bei Vorliegen“ und unter Erhöhung der Geldbuße auf bis zu 100.000 EUR. Damit wäre es Mieter*innen ermöglicht worden, Mietwucher allein durch eine Überschreitung von 20% über der ortsüblichen Vergleichsmiete bei einem geringen Wohnungsangebot nachzuweisen. Die Gesetzesinitiative wurde im Dokumentationssystem des Bundestags als „erledigt durch Ablauf der Wahlperiode“ abgeschlossen. Noch im Frühjahr 2022 hat der Bundesrat einem gleichlautenden Gesetzesentwurf durch die Länder Bayern und Brandenburg zugestimmt, jedoch äußerte der Bundesminister für Justiz, Herr Buschmann, Bedenken und empfahl dem Bundestag, den Antrag abzulehnen.[3]

 

Im Februar 2024 wurde der Gesetzesentwurf im Rechtsausschuss behandelt und Sachverständige von Mieter- und Vermieterverbänden angehört, darunter auch die Leiterin des Frankfurter Amtes für Wohnungswesen, Frau Katharina Wagner.[4] Auch seitens der Stadt Frankfurt würde der dringende Handlungsbedarf gesehen, § 5 WiStG an die Gegebenheiten auf den Mietwohnungsmärkten anzupassen, da eine sichere und effektive Anwendung des § 5 WiStG unter den aktuellen Bedingungen nicht möglich sei.[5]

Hinsichtlich des aktuellen Stands des Gesetzgebungsverfahrens ist mitzuteilen, dass die Meinungsbildung innerhalb der Bundesregierung noch nicht abgeschlossen ist.[6]

 

Unter den dargelegten Hindernissen eines Wohnungsmarktes, der, anders als in Frankfurt am Main, als nicht angespannt gilt und dem daraus resultierenden Fehlen der Mietpreisbremse, sowie der geltenden Tatbestandsvoraussetzungen des § 5 WiStG und der damit einhergehenden breiten Mitwirkungspflichten für Mieter*innen, sieht die Verwaltung derzeit keine Möglichkeit, ein Unterstützungsangebot für Menschen, die Opfer von Mietpreisüberhöhungen nach § 5 WiStG wurden, zu schaffen.

 

Gleichwohl hat die Verwaltung Kontakt zur Stadt Frankfurt am Main aufgenommen und wurde zu einer Fachtagung des dortigen „Netzwerks Mietpreis“ mit dem Zweck eines interkommunalen Austauschs im Mai 2024 eingeladen. Zudem wird die Verwaltung den Themenkomplex des Mietwuchers als Tagesordnungspunkt für den nächsten Arbeitskreis Wohnen im Deutschen Städtetag anmelden. Im Hinblick auf eventuelle künftige Änderungen, z.B. der erneuten Feststellung eines angespannten Wohnungsmarktes in Aachen, beabsichtigt die Verwaltung, von den bereits gesammelten Erfahrungen anderer Kommunen zu profitieren, um sich im Vorfeld möglichst rechtssicher aufzustellen.
 


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Auswirkungen

Finanzielle Auswirkungen

 

 

JA

NEIN

 

 

 

x

 

 

 

 

Investive Auswirkungen

Ansatz

20xx

Fortgeschriebener Ansatz 20xx

Ansatz 20xx ff.

Fortgeschriebener Ansatz 20xx ff.

Gesamt­bedarf (alt)

Gesamt­bedarf (neu)

Einzahlungen

0

0

0

0

0

0

Auszahlungen

0

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0

0

0

0

Ergebnis

0

0

0

0

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0

+ Verbesserung /

- Verschlechterung

0

0

 

 

Deckung ist gegeben/ keine ausreichende Deckung vorhanden

Deckung ist gegeben/ keine ausreichende Deckung vorhanden

 

konsumtive Auswirkungen

Ansatz

20xx

Fortgeschriebener Ansatz 20xx

Ansatz 20xx ff.

Fortgeschriebener Ansatz 20xx ff.

Folge-kosten (alt)

Folge-kosten (neu)

Ertrag

0

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0

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0

0

Personal-/

Sachaufwand

0

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0

0

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0

Abschreibungen

0

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Ergebnis

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0

+ Verbesserung /

- Verschlechterung

0

0

 

 

Deckung ist gegeben/ keine ausreichende Deckung vorhanden

Deckung ist gegeben/ keine ausreichende Deckung vorhanden

 

 


Klimarelevanz

Bedeutung der Maßnahme für den Klimaschutz/Bedeutung der Maßnahme für die

Klimafolgenanpassung (in den freien Feldern ankreuzen)

Zur Relevanz der Maßnahme für den Klimaschutz

Die Maßnahme hat folgende Relevanz:

keine

positiv

negativ

nicht eindeutig

x

 

 

 

 

Der Effekt auf die CO2-Emissionen ist:

gering

mittel

groß

nicht ermittelbar

 

 

 

x

 

Zur Relevanz der Maßnahme für die Klimafolgenanpassung

Die Maßnahme hat folgende Relevanz:

keine

positiv

negativ

nicht eindeutig

x

 

 

 

 

Größenordnung der Effekte

Wenn quantitative Auswirkungen ermittelbar sind, sind die Felder entsprechend anzukreuzen.

 

Die CO2-Einsparung durch die Maßnahme ist (bei positiven Maßnahmen):

gering

 

 

unter 80 t / Jahr (0,1% des jährl. Einsparziels)

mittel

 

 

80 t bis ca. 770 t / Jahr (0,1% bis 1% des jährl. Einsparziels)

groß

 

 

mehr als 770 t / Jahr  (über 1% des jährl. Einsparziels)

 

Die Erhöhung der CO2-Emissionen durch die Maßnahme ist (bei negativen Maßnahmen):

gering

 

 

unter 80 t / Jahr (0,1% des jährl. Einsparziels)

mittel

 

 

80 bis ca. 770 t / Jahr (0,1% bis 1% des jährl. Einsparziels)

groß

 

 

mehr als 770 t / Jahr (über 1% des jährl. Einsparziels)

 

Eine Kompensation der zusätzlich entstehenden CO2-Emissionen erfolgt:

 

 

 

vollständig

 

 

 

überwiegend (50% - 99%)

 

 

 

teilweise (1% - 49 %)

 

 

 

nicht

 

 

 

nicht bekannt

 

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Anlagen

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