Kenntnisnahme - A 51/0102/WP15-2
Grunddaten
- Status:
- öffentlich (Vorlage abgeschlossen)
- Vorlageart:
- Kenntnisnahme
- Federführend:
- FB 45 - Fachbereich Kinder, Jugend und Schule
- Beteiligt:
- Schule
- Verfasst von:
- A 51/00
Beratungsfolge
Status | Datum | Gremium | Beschluss | NA |
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Erledigt
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Schulausschuss
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16.05.2006
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Erledigt
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Kinder- und Jugendausschuss
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Kenntnisnahme
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16.05.2006
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Erläuterungen
Erläuterungen:
Mit Datum vom 06.04.2006 beantragen die Grünen – Fraktion im Rat der Stadt Aachen – das Thema „Gewalt und Jugendlichen in Aachen“ in einer gemeinsamen Sitzung von Kinder- und Jugendausschuss sowie Schulausschuss zu thematisieren.
Der erste umfassende Bericht über das Ausmaß und die Häufigkeit von Gewalt unter Jugendlichen wurde im Jahre 2002 mit der Euregionalen Befragung zum gesundheitlichen Risikoverhalten Jugendlicher veröffentlicht. Im Rahmen dieser Befragung wurden über
3000 Schülerinnen und Schüler der Klassen 8 und 10 aller Schulformen u.a. auch zum Thema Gewalt befragt.
Gewalt durch Schlagen erfahren haben in der Klasse 8 bei den Jungen 16,5 % und bei den Mädchen 6,6 %, in der Klasse 10 bei den Jungen 9,8 % und bei den Mädchen 5,8 %. Leider liegt hierzu keine Folgestudie vor, so dass zu möglichen Veränderungen keine Aussagen gemacht werden können.
Durch eine Veröffentlichung des Bundesverbandes der Unfallkassen vom Mai 2005 wissen wir, dass die Zahl der anzeigenpflichtigen „Raufunfälle mit erheblichen Verletzungsfolgen“ pro 1000 Schüler an den Schulen von 1997 bis 2003 um 28 % zurückgegangen ist.
Allerdings
ist der harte Kern der sogenannten „ Intensivtäter“ mit fünf und mehr
Gewaltdelikten nahezu unverändert geblieben.
Die damaligen Ergebnisse der Auswertung:
· Die häufigste Form der Gewalt an Schulen ist die verbale Gewalt.
Mit Ausnahme der verbalen Gewalt ist Gewalt von Schülern deutlich eine Domäne männlicher Schüler.
· Aggressive Auseinandersetzungen sind in der Altersgruppe der 13-16 Jährigen am häufigsten.
(Schäfer/Korn (2001); bei Fuchs et. al. (2001) ist der Aggressionsschwerpunkt in die älteren Jahrgänge der 15-17 Jährigen verlegt).
· Gewalt an Schulen nimmt tendenziell mit steigendem Bildungsniveau ab. Hauptschulen weisen besonders bei physischer Gewalt deutlich höhere Werte auf als Gymnasien.
· Häufige Gewaltanwendung geht von einem kleinen, gewaltaktiven Kern aus. Je gravierender die Gewalthandlungen werden, desto größer wird auch der Anteil zunächst gewaltpassiver Schüler.
· Täter- und Opferstatus hängen relativ eng miteinander zusammen. Schüler, die überproportional häufig den Gewalthandlungen ihrer Mitschüler ausgesetzt sind, üben auch überproportional oft selbst Gewalt aus. Andererseits sind Täter mehrheitlich zugleich auch Opfer von Gewalt
· Immer größere Beachtung für die Einschätzung der schulinternen Gewaltlage findet auch das Phänomen des „Bullying“ oder „Mobbing“ (vgl. Olweus, 1997). Es handelt sich hier um spezifische Formen von Aggressionen, bei denen bestimmte, viktimisierte Schüler längerfristig negativen Handlungen von Mitschülern ausgesetzt sind.
Ausführlich hat hierzu der Kriminologe Christian Pfeiffer in dem Artikel „Friedlich nach innen – die Faust dem Fremden“ Stellung genommen – siehe Anlage 1 -.
Weitere Informationen sind in der polizeilichen Statistik, sowie aus der Jugendgerichtshilfestatistik, die in der KJA-Sitzung am 24.08.2006 vorgestellt wird, zu entnehmen.
Herr Kriminalhauptkommissar Kahlen wird in der Sitzung mündlich zu der aktuellen Gewaltsituation und gegebenenfalls auch zur polizeilichen Statistik Stellung nehmen.
Zu den bereits ergriffenen Gegen- und Präventivmaßnahmen haben innerhalb der Verwaltung des Jugendamtes der Kinderbeauftragte, die Sozialraumteams 1, 2 und 3, die Jugendpflege, die AGOT (Arbeitsgemeinschaft der Offenen Türen) sowie die Schulsozialarbeiter Stellung genommen.
Weiter liegt ein Ergebnisprotokoll eines sogenannten runden Tisches zur Situation
Jugendlicher in Driescher Hof und Brand vom 31.01.2006 vor.
Hieraus ergibt sich, dass
mit dem Thema „Gewalt unter Jugendlichen“ in der Jugendhilfe seit Jahren sehr
sensibel umgegangen wird und durch Initiierung präventiver Maßnahmen Rechnung
getragen wird.
Beispielhaft
seien hier als Präventivmaßnahmen genannt:
-
Ausbau
und Implantierung des Müttercafés Aachen-Ost
-
Schüler
helfen Schülern – Ein Kooperationsmodell des Polizeipräsidiums Aachen und des
Schulamtes für die Stadt Aachen
-
Aachener
Wirbelsturm gegen Gewalt
-
Tagaktiv/Nachtaktiv
– Eine Kooperation des StadtSportBund Aachen e. V., Sportamt Aachen,
Kommissariat Vorbeugung, Jugendamt
-
Mediation/Streitschlichtung
-
Patenausbildung
-
Antigewalttraining
als delikt- und defizitspezifischer Trainingsansatz für gewaltbereite
jugendliche Mehrfachtäter
-
Soziales Kompetenztraining (Fit for Life)
-
Intensive
personenorientierte Berufsvorbereitung zur Perspektiventwicklung
-
Intenisve
Elternarbeit und Elternberatung in allen Bereichen der Jugendhilfe und der
Schularbeit
-
Vorträge
und Workshops für Eltern zur Stärkung der Erziehungsfähigkeit
-
Stadterneuerung
Aachen-Ost „Gemeinsam gegen Gewalt“
-
Runder
Tisch Robert-Koch-Straße (Straßenbezogene niederschwellige Familienberatung)
-
Aufsuchende
Arbeit der Offenen Jugendeinrichtungen
-
Aufsuchende
Arbeit der Suchtprophylaxe an Schulen
-
Aufsuchende
Jugendarbeit des Bezirkspolizisten in Driescher Hof in Kooperation mit der
dortigen OT
-
Entimon
– Lebensraumbezogenes Projekt am Oberplatz
-
Intensivtäterprogramm
Beigefügt sind als Anlage alle von o. g.
Organisationseinheiten erstellten Stellungnahmen.
Vorschläge,
wie dem Anstieg der Gewaltausübung von Jugendlichen zu begegnen ist, sind aus
Sicht der einzelnen Fachabteilungen/Teams benannt. Auch hier im einzelnen
beispielhaft eine kurze Auflistung:
-
Fortführung
und finanzielle Absicherung des Müttercafés
-
Implantierung
des Kooperationsprojektes der Polizei und des Schulamtes
-
Förderung
gewaltfreier Erziehung, gesunde Ernährung, adäquate Sprachentwicklung
-
Stärkung
der elterlichen Erziehungskompetenz
-
Integration
von ausländischen Kindern und deren Familien
-
Implantierung
weiterer Suchtprävention
-
Ausbau
der offenen Ganztagsschulen
-
Weitere
Vernetzung der Institutionen, die in einem Sozialraum arbeiten
-
Konzeptionierung
und Implantierung
-
Engere
Zusammenarbeit von Jugendhilfe, Polizei, Staatsanwaltschaft und Gericht
Um einen Überblick über die aktuelle Situation, laufende Maßnahmen und auch die Auffassung zum Thema „Gewalt unter Jugendlichen“ von den Aachener Schulen zu erhalten, wurden durch die Schulverwaltung die städt. Schulen mit Schreiben vom
19. 04. 06 (sh. Anlage) um Bericht gebeten.
In Anbetracht der zu diesem Zeitpunkt laufenden Osterferien wurde hierfür eine Frist bis zum 05. Mai 06 gesetzt.
Bis zu diesem Datum stellte sich das Ergebnis der Umfrage folgendermaßen dar:
1. Anzahl der Antworten:
29 Grundschulen (von 42),
5 Hauptschulen ( von 6),
3 Realschulen (von 4),
4 Gymnasien (von 8),
2 Gesamtschulen (von3),
6 Förderschulen (von 8) sowie
die Schule für Kranke
haben auf die Anfrage reagiert.
2. Darstellung des Themas „Gewalt“ an den Schulen:
An den Grundschulen wird das Thema überwiegend als nicht besonders gravierend eingeschätzt.
Gleichwohl fällt auch hier wohl auf, dass die Toleranzgrenze gegenüber der Ausübung körperlicher und/oder verbaler Gewalt zu sinken scheint.
Gewalttätige Auseinandersetzungen finden eher außerhalb des
Unterrichts statt, Jungen scheinen eher zu körperlichen Auseinandersetzungen zu
neigen als Mädchen, spracharme Kinder mit Migrationshintergrund haben
naturgemäß größere Probleme, Konflikte verbal zu lösen.
An den Hauptschulen stellt sich die Situation unterschiedlich dar.
Während 3 Schulen das Thema „Gewalt“ als eher punktuelles Problem mit „üblichen altersgemäßen Rangeleien“ erleben und eine weitere Schule hierin wohl auch eher ein schulform- und altersspezifisch bedingtes Alltagsproblem sieht, dem es adäquat und frühzeitig zu begegnen gilt, schildert doch eine Schule recht drastische Vorfälle und Einstellungen ihrer Schüler.
Auch an den Realschulen scheint das Thema „Gewalt“ keine ausgeprägte Bedeutung zu haben, wenngleich es durchaus zu Tätlichkeiten und Übergriffen - allerdings meist eher harmloser Art - auch hier kommt.
Gewaltdarstellungen auf Handys werden jedoch zunehmend häufiger bei den Schülern (auch der unteren Jahrgangsstufen) wahrgenommen und größere Konflikte gibt es eher mit Schülern anderer Schulen.
An drei der vier Gymnasien, die auf die Anfrage reagiert haben, wird dem Thema ebenfalls keine besonders außergewöhnliche Rolle beigemessen. Auch hier gibt es Einzelfälle, auf die auch sofort reagiert wird, auch hier wird der Einfluss der Medien und insbesondere des Internets gesehen, auch hier wird die subtilere Form verbaler oder „psychischer Gewalt“ (Mobbing) beobachtet, doch kann von auffälliger Gewaltzunahme wohl nicht gesprochen werden.
Das Anne-Frank-Gymnasium allerdings sieht sich auf Grund seiner Lage im Schulzentrum Laurensberg in einer besonderen Situation und beobachtet eine Häufung und Intensivierung der „Vorkommnisse“, die allerdings auch überwiegend als „Rangeleien“ bewertet werden.
Auch an der Gesamtschule Brand und an der Maria-Montessori-Gesamtschule „stellt sich Gewalt nicht als vorrangiges Problem dar“. Gleichwohl gibt es Einzelfälle und auch Ansätze von Mobbing.
Im Bereich der Förderschulen ergibt sich ein differenzierteres Bild.
Die Schule am Kennedypark und auch die Kleebachschule erleben Gewalt unter Kindern und Jugendlichen „äußerst selten“, die Schule Am Kurbrunnen erfährt das Problem „tagtäglich in den unterschiedlichsten Facetten“
Hier wird verbale Gewalt aus zum Teil nichtigen Anlässen als die häufigste Form, die „stille Gewalt“ (Mobbing, Drohungen, Erpressungen etc.) als die am meisten zunehmende Form erlebt.
Körperliche Gewalt spielt auch hier wohl eine eher untergeordnete Rolle.
Die Förderschule Beginenstr. Sieht zwar aktuell keine Zunahme der Gewaltbereitschaft, erlebt diese aber seit Jahren auf gleichbleibend hohem Niveau.
Die Förderschule Am Rödgerbach sieht z. Zt. eher verbale Formen bzw. Formen von „Psychoterror“.
Die Martin-Luther-King-Förderschule ist durchgängig mit einem hohen Maß an Gewaltbereitschaft konfrontiert und gibt an, dass fast alle Schüler hierbei bereits auch polizeilich auffällig geworden sind.
Die Schule für Kranke verweist auf die sehr speziellen Probleme ihrer Schülerschaft, die sich z. T. aus der Kinder- und Jugendpsychiatrie rekrutiert.
3. Präventivmaßnahmen und Projekte:
Die Fülle der Maßnahmen und Projekte zum Thema „Gewalt“ an allen Schulformen sowie an nahezu allen einzelnen Schulen ist beeindruckend.
Dabei fällt auf, dass auch an den Schulen, die das Thema „Gewalt“ als nicht besonders dominierend bezeichnen und erleben, z. T. intensivst in präventiver und reaktiver Form an diesem Thema gearbeitet wird.
Da die Zahl und Vielfalt der dargestellten Maßnahmen so groß ist, wird auf eine Zusammenfassung verzichtet und auf die beigefügten Berichte der Schulen verwiesen.
4. Vorschläge der Schulen für Maßnahmen gegen einen
weiteren Anstieg der Gewalt
unter Kindern und Jugendlichen:
Auch hier sind Zahl und Vielfalt der Vorschläge so groß, dass auf die beigefügten Berichte verwiesen wird.
Allerdings fällt auf, dass Themen wie
- mehr Schulsozialarbeiter,
- Verbesserung der Schüler-Lehrer-Relation,
- Elternschulung,
- Ausweitung des schulpsychologischen Beratungsangebotes,
- Personelle Verstärkung der sozialen Dienste,
- Verbesserung des Freizeitangebotes für Jugendliche,
- schnellere Reaktionen der Justiz
überwiegend genannt werden.
Zusammenfassend wird seitens der Verwaltung festgestellt, dass, ausgehend von der Thematik „Gewalt unter Jugendlichen“ sowohl durch Jugendhilfeträger wie auch Schulen sensibel, jedoch auch mutig und offensiv umgegangen wird.
Ausgehend von den vielfältigen Lösungsvorschlägen sowohl aus dem Jugendhilfe- wie auch aus dem Schulbereich, dem Anstieg der Gewaltausübung von Jugendlichen zu begegnen, schlägt die Verwaltung des Jugendamtes vor, eine Tagung zum Thema „Gewalt unter Jugendlichen“ in der 2. Jahreshälfte gemeinsam mit der Politik durchzuführen.
Anlagen
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